Stammspezifische StresssuszeptibilitÀt bei BALB/c- und C57BL/6-MÀusen im psychischen Stress
(2010)
Chronischer psychischer Stress, der durch die wiederholte Kombination von akustischem und Immobilisationsstress erzeugt wurde, fĂŒhrt bei BALB/c-MĂ€usen zu einer Immunsuppression. Im Verlauf der chronischen Stressbehandlung zeigen BALB/c-MĂ€use auĂerdem ein reduziertes Erkundungsverhalten sowie verminderten Kontakt zu den Artgenossen, was einem depressionsĂ€hnlichen Verhalten entspricht. Die Immunsuppression und die VerhaltensĂ€nderungen werden auf eine stressbedingte Darmbarrierestörung mit bakterieller Translokation und systemischer IDO1-Aktivierung zurĂŒckgefĂŒhrt. Um zu prĂŒfen, ob die beobachteten VerĂ€nderungen mausstammspezifische Stresseffekte darstellen, wurden C57BL/6- und BALB/c-MĂ€use, die generelle Unterschiede in der QualitĂ€t ihrer Immunantwort aufweisen, in einer einzelnen Stresssitzung (akutes Stressmodell) oder in neun aufeinanderfolgenden Stresssitzungen (chronisches Stressmodell) verglichen. Nach akuter Stressexposition kam es, ebenso wie bei BALB/c-MĂ€usen, bei C57BL/6-MĂ€usen zu einer bakteriellen Translokation in die mesenterialen Lymphknoten, womit auch bei C57BL/6-MĂ€usen eine stressbedingte SchĂ€digung der Darmbarriere aufzutreten scheint. Eine systemische IDO1-Aktivierung infolge bakterieller Translokation erfolgte im akuten Stressmodell unabhĂ€ngig vom Mausstamm. Allerdings hielt der Tryptophanabbau entlang des Kynureninweges in C57BL/6-MĂ€usen kĂŒrzer an als in BALB/c-MĂ€usen. Im chronischen Stressmodell war nur bei BALB/c-MĂ€usen ein aktivierter Kynureninstoffwechsel messbar. Da keine Hinweise auf einen aktivierten Tryptophanabbau in chronisch gestressten C57BL/6-MĂ€usen gefunden wurden, kann vermutet werden, dass diese MĂ€use keine Immunsuppression entwickeln. Desweiteren könnten damit die unterschiedlichen VerhaltensĂ€nderungen wĂ€hrend chronischer Stressexposition erklĂ€rt werden. Die Entwicklung eines depressionsĂ€hnlichen Verhaltens im Verlauf des chronischen Stressmodells wurde nur bei BALB/c-MĂ€usen aber nicht bei C57BL/6-MĂ€usen beobachtet. Bei chronisch gestressten C57BL/6-MĂ€usen wurde jedoch eine deutlich vermehrte Kot- und Urinabgabe nachgewiesen, was auf eine durch den Sympathikus getriebene Pathologie der Stressantwort bei diesen MĂ€usen hindeuten könnte. Eine stressbedingte Aktivierung der HPA-Achse, gekennzeichnet durch ansteigende Plasmakortikosteronspiegel sowie durch eine periphere Leuko- und Lymphozytopenie, konnte bei beiden MausstĂ€mmen sowohl im akuten als auch im chronischen Stressmodell nachgewiesen werden. WĂ€hrend der akuten Stressantwort eine aktivierende Funktion bezĂŒglich des Organismus zukommt, die meist keine gefĂ€hrlichen Auswirkungen hinterlĂ€sst, kann eine chronische Stressexposition hingegen das Individuum schĂ€digen. Dass sich dabei die stressbedingten Konsequenzen zwischen verschiedenen Individuen unterscheiden, konnte durch die vergleichenden Untersuchungen von BALB/c- und C57BL/6-MĂ€usen gezeigt werden.