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Hintergrund: Der Begriff ‚Systemmedizin‘ (SM) prägt seit einigen Jahren die Diskussion um die zukünftige Gesundheitsversorgung. Fallen durch den Einsatz der Systemmedizin jedoch Kosten an, die nicht durch entsprechende Erlöse gedeckt werden können, wird sie ohne externe Anreize kaum zum Standard werden können. Um eine Aussage zu einer potentiell ökonomischen Vorteilhaftigkeit systemmedizinischer Ansätze treffen zu können, ist es daher nötig, die entstehenden Kosten und mögliche Erlöse zu identifizieren. Weiterhin wird erwartetet, dass es auch zur Zunahme von sogenannten Zusatzbefunden kommt, die ebenfalls ökonomische Konsequenzen entfalten können.
Methodik: Primäres Ziel ist daher die Ermittlung von Kosten und Erlösen systemmedizinischer Ansätze und das Auftreten von Zusatzbefunden für ausgewählte Diagnostiken zu ermitteln (Ganzkörper-CT, Depressionsdiagnostik, Whole Genome/Exome Sequencing), um hieraus Implikationen für eine gegebenenfalls notwendige Anpassung der Finanzierung medizinischer Leistungen abzuleiten.
Ergebnisse: Der Begriff ‚Systemmedizin‘ existiert derzeit nicht, vielmehr vereint sich hinter diesem Wort eine Vielzahl von Maßnahmen, die das gemeinsame Ziel einer besseren Gesundheitsversorgung verfolgen und zumindest in Teilen eine Fortführung der Individualisierten oder Personalisierten Medizin darstellen. Die gesetzlichen Krankenversicherungen, als wichtige Entscheidungsträger bei der Innovationsadoption im Gesundheitswesen, sehen in der Systemmedizin ein gewisses Potential zu einer verbesserten und effizienteren Erkennung, Behandlung und Therapie von Krankheiten, betonen jedoch den weitestgehend ausstehenden, evidenzbasierten Nutzennachweis. Solang dieser Nachweis aussteht, stellt sich für die GKV die Frage nach einer Erstattung solcher Leistungen grundsätzlich nicht. Die Kosten- und Erlösanalysen der untersuchten Diagnostiken konnten jedoch zeigen, dass genau diese Anpassung der Erstattung medizinischer Leistungen erforderlich wäre, um zukünftig systemmedizinische Maßnahmen zu finanzieren. Dies wird durch die Problematik von erwarteten Zusatzbefunden verstärkt.
Diskussion: Die Adoption einer umfassenden Systemmedizin als neue Standardlösung scheint zum jetzigen Zeitpunkt nicht realistisch, wenngleich die Anwendung ausgewählter Maßnahmen mit systemmedizinischem Charakter durch die Einbindung von Big Data in den klinischen Alltag mittelfristig möglich scheint. Zur Umsetzung einer Systemmedizin bedarf es in erster Linie weiterer Forschungs- und Überzeugungsarbeit zum Nutzennachweis, weitere gesundheitsökonomische Kosten- und Nutzenanalysen, hohe Investitionen für notwendige IT-Infrastrukturen und nicht zuletzt eine gesellschaftliche Debatte zum Umgang mit zukünftigen Krankheitsrisiken.