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Die Praxis der Transfusion von Blutprodukten bei septischen Patienten – eine Observationsstudie
(2023)
Die Sepsis ist noch immer ein weit verbreitetes und gefürchtetes Krankheitsbild und kann prinzipiell jeden Menschen betreffen. Die Ausprägung und der Verlauf der Erkrankung können je nach Individuum, Vorerkrankungen und Erregern sehr unterschiedlich sein und bedürfen daher eines komplexen Zusammenspiels unterschiedlicher Therapiesäulen. Eine der Therapiemaßnahmen ist die Verabreichung von Blutprodukten. Diesbezüglich hat die Surviving Sepsis Campaign (SSC) Empfehlungen herausgegeben, deren Umsetzung in der klinischen Praxis bisher noch nicht ausreichend untersucht wurde.
Primäres Ziel der hier diskutierten Observationsstudie war daher die retrospektive Analyse der klinischen Praxis des Transfusionsmanagements bei Patienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock, die an der Universitätsmedizin Greifswald in den Jahren 2010-2013 auf einer Intensivstation behandelt wurden. Dabei stand die Untersuchung der Verabreichung von Erythrozytenkonzentraten im Vordergrund, jedoch wurden auch die Gaben von Fresh Frozen Plasma und Thrombozytenkonzentraten analysiert. Von den Patienten wurden neben allgemeinen Daten auch jede Transfusion von Blutprodukten während des aktuellen Krankenhausaufenthaltes vor Sepsisbeginn und bis 28 Tage nach Sepsisbeginn einschließlich der jeweiligen Transfusionstrigger erfasst und ausgewertet.
Von den 614 eingeschlossenen Patienten erhielten 79,8 % ein Blutprodukt. Der mittlere Hb-Wert (Hämoglobinwert), der als Transfusionstrigger zu der Verabreichung eines Erythrozytenkonzentrats führte, war 5,1 mmol/l. Die Daten bzgl. der Sterblichkeit der Patienten zeigten sich widersprüchlich, sodass anhand dieser Arbeit keine Aussage zu Ursache und Wirkung der Transfusion von Blutprodukten bei septischen Patienten möglich ist. Es konnte lediglich festgestellt werden, dass in dem Zeitraum 2010-2013 an der Universitätsmedizin Greifswald in der Praxis ein höherer Transfusionstrigger genutzt wurde als in der Leitlinie der SSC empfohlen (4,4 mmol/l). Dabei fanden allerdings weitere Einflussfaktoren, die zu einer Transfusion führen können, wie z. B. der klinische Zustand des Patienten, Einsatz von Vasopressoren oder auch geplante operative Eingriffe keine Berücksichtigung.
Um die aktuelle Empfehlung der SSC von 2021 für ein restriktives Transfusionsmanagement zu stützen, sind weitere multizentrische und randomisierte Studien notwendig, die u. a. auch weitere Einflussfaktoren für eine Transfusion außer dem Hb-Wert untersuchen.
Die Störungen des Sauerstofftransports und die daraus resultierenden Oxygenierungsstörungen der Gewebe mit Entwicklung von Organdysfunktionen bis hin zum Organversagen sind in der Sepsis die Hauptursachen für die hohe Mortalität. Zum Therapieziel gehört daher die Stabilisierung der Hämodynamik und das Aufrechterhalten bzw. Wiederherstellen eines suffizienten Sauerstofftransports. In diesem Behandlungsregime nimmt die Bluttransfusion einen festen Platz ein. Ihre Effektivität wird jedoch möglicherweise stark von der Qualität der Erythrozyten beeinflusst. Die Ursache liegt in der Abnahme der Funktionsfähigkeit der Erythrozyten im Laufe der Lagerung der Blutkonserven. Ziel der vorliegenden Pilotstudie war es daher, den Effekt der Lagerungsdauer von Erythrozytenkonzentraten anhand der Messung systemischer Sauerstofftransport-parameter als auch regionaler Parameter der Gewebeoxygenierung zu beurteilen. Zu diesem Zweck wurden 13 Patienten doppelblind in zwei Behandlungsgruppen randomisiert. Den Patienten der Gruppe 1 wurden lang gelagerte Erythrozyten-konzentraten (> 28 – 35 Tage), den Patienten der Gruppe 2 kurz gelagerte Erythrozyten-konzentrate (< 5 Tage) ab einem Hämoglobinwert von 7,0 mmol/l (11,3 g/dl) transfundiert. Vor Beginn der Transfusion, unmittelbar nach deren Beendigung und bis 7 Stunden danach wurden zu festgelegten Messpunkten Hämoglobin und Hämatokrit, hämodynamische Parameter (HF, MAP, CI, ZVD, PCWP), systemische Sauerstofftransportparameter (DO2, VO2, SmvO2), die Laktatkonzentration und tonometrische Daten (pHi, CO2gap) bestimmt. Die Bluttransfusion erreichte eine Steigerung der Hämoglobinkonzentration, des Hämatokrits und der DO2 in beiden Behandlungsgruppen. Der Verlauf des VO2 konnte jedoch nicht beeinflusst werden. Dies scheint Indiz dafür, dass sich die Patienten trotz erhöhter Laktatwerte und eines hohen SOFAscores nicht in einer oxygen-supply-dependency befanden. Das Alter der transfundierten Erythrozyten-konzentrate kann möglicherweise einen Einfluß auf die Oxygenierung im Splanchnikusgebiet ausüben. Diese Hypothese konnte die vorliegende Pilotstudie aufgrund der stark streuenden Werte des kleinen Patientenkollektivs jedoch nicht bestätigen.