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Der Replikationszyklus der Herpesviren ist sehr komplex und im Detail unzureichend verstanden. Die Funktionen und Eigenschaften einiger viraler Proteine sind bisher kaum charakterisiert. Folglich gibt es wenige Strukturmodelle dieser Proteine, wodurch beispielsweise eine rationale Medikamentenentwicklung kaum möglich war. Die Zielstellung dieser Arbeit war, neun dieser Proteine (pUL4, -7, -11, -16, -21, -26, -26.5, -32 und -33) aus dem pseudorabies virus (PrV) zu charakterisieren und nach Möglichkeit deren Struktur aufzuklären. Hierzu wurden die zur Verfügung gestellten Gensequenzen in geeignete bakterielle Expressionsvektoren umkloniert und in E. coli exprimiert. Lösliche Proteine wurden gereinigt und anschließend Kristallisationsexperimenten unterzogen, während unlösliche Proteine zum Teil auf ihre Renaturierbarkeit getestet wurden. Die Strukturen des kristallisierten N-terminalen Teils von pUL26 (Assemblin) wurden mittels Röntgenkristallographie aufgeklärt. Außerdem wurden alle Proteine in silico auf Signalsequenzen, Phosphorylierungen und Sequenzmuster untersucht. Von der N-terminalen Serinproteasedomäne (Assemblin) von pUL26 wurden drei Strukturen durch Röntgenkristallographie bestimmt: eine native dimere, eine inhibierte dimere, sowie eine native monomere Struktur. Letztere ist das erste bekannte Strukturmodell der monomeren Form eines Assemblins. In Verbindung mit den dimeren Strukturen konnte experimentell bestätigt werden, dass die Aktivierung der Assembline über die Verschiebung eines loop bei der Dimerisierung erfolgt. Die Umlagerung dieses loop basiert darauf, dass sich der in der monomeren Form teilweise flexible Dimerisierungsbereich durch die Dimerisierung etwas verändert und eine weitestgehend starre Konformation einnimmt. Die Helix α8 wird etwas verkürzt und die Helix α7 etwas verlängert und begradigt, wodurch sich der Oxyanionenloch-Loop vom Dimerisierungsbereich entfernt und ein ausgedehntes Wasserstoffbrückenbindungsnetzwerk aufbaut. In dieser Konformation stabilisiert der loop das Oxyanionenloch, wodurch die Protease aktiviert wird. Weiterhin wurde durch small-angle X-ray scattering bestätigt, dass der Dimerisierungsgrad von der Assemblin- und Mg²+;-Ionenkonzentration abhängig ist. Diese Informationen zur Dimerisierung des PrV-Assemblins können dazu beitragen, rationale Medikamentenentwicklung zu betreiben. Daraus resultierende Wirkstoffe können die Dimerisierung und somit die Aktivierung dieses Schlüsselproteins verhindern. Durch die hohe Ähnlichkeit der Assembline in anderen Herpesviren, kann die nun bekannte monomere Struktur des PrV-Assemblins als Modell für die monomere Struktur anderer, zum Teil humanpathogener Herpesviren genutzt werden. Demzufolge könnte dieses Modell auch die Entwicklung von Medikamenten beispielsweise gegen das Epstein-Barr virus oder das herpes simplex virus 1 ermöglichen. Es stellte sich zudem heraus, dass die bisher für das PrV-pUL26 bzw. -pUL26.5 vorhergesagte zweite Assemblinschnittstelle (M-site) vermutlich nicht korrekt ist. Es wurde eine andere M-site vorgeschlagen, welche ebenfalls infrage kommt. Eine Charakterisierung in vitro war bei fünf der neun zu untersuchenden Proteine möglich. Die anderen vier Proteine (pUL7, -16, -21 und -32) konnten aus verschiedenen Gründen nicht erfolgreich exprimiert werden. Die Proteine pUL4, pUL26.5 und pUL33 wurden unlöslich exprimiert, wobei pUL33 renaturiert werden konnte. Der Membrananker pUL11 und die N-terminale Serinproteasedomäne von pUL26 konnten löslich exprimiert werden. Untersuchungen in silico ergaben, dass der Membrananker pUL11 aus dem pseudorabies virus wahrscheinlich ein nukleäres Exportsignal trägt, was bisher nicht bekannt war. Es ist zudem wahrscheinlich, dass pUL11 selbst keine definierte Struktur hat, da es mit 63 Aminosäuren ein sehr kleines Protein ist und über Sequenzmuster mit anderen Proteinen interagiert.
Der Kernexport neusynthetisierter Kapside stellt einen Schlüsselprozess in der Herpesvirus-Replikation dar. Die zugrundeliegenden Mechanismen dieser Vesikel-vermittelten Translokation sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. Der nuclear egress wird dabei maßgeblich von zwei viralen Proteinen dirigiert, die in PrV und HSV-1/-2 als pUL31 und pUL34 bezeichnet werden und in allen Herpesviren konserviert sind. Beide Proteine interagieren an der inneren Kernmembran, wo sie den sogenannten nuclear egress complex (NEC) bilden. Während pUL34 ein membranständiges Protein in der Kernmembran ist, gelangt das lösliche pUL31 über einen aktiven Transport in den Kern. Obwohl der erste Schritt der Freisetzung aus dem Kern, die Vesikelbildung und Abschnürung an der inneren Kernmembran, schon gut untersucht ist und auch die Kristallstrukturen des NEC für verschiedene Herpesviren ermittelt werden konnte, sind noch viele Fragen offen. So war zu Beginn dieser Arbeit noch unklar wie die Kapside in diese Hüllen rekrutiert werden und welche Rolle die nicht konservierte und offensichtlich flexible N-terminale Domäne von pUL31, die nicht in den Kristallstrukturen dargestellt werden konnte, für die Regulierung dieses Prozesses spielt. So konzentrierte sich diese Arbeit auf die Fragen, wie die Kapside mit dem NEC interagieren (Paper I und II) und wie der pUL31-N-Terminus diesen ungewöhnlichen Transportweg beeinflusst (Paper III).
Paper I und II: Untersuchungen zur Nukleokapsid/NEC Interaktion
Unklar ist, wie der NEC mit seiner Fracht, den Nukleokapsiden, interagiert. Auf Grundlage der vorhandenen Kristallstrukturen des Komplexes unterschiedlicher Herpesviren wurde eine Interaktionsdomäne in pUL31 postuliert und angenommen, dass dies mittels elektrostatischer Wechselwirkungen erfolgt. Um dies näher zu untersuchen, wurden in dieser Arbeit geladene Aminosäuren, die als mögliche Interaktionspartner in Frage kommen, zu Alanin mutiert. Die so generierten pUL31 Mutanten wurden, nach Transfektion entsprechender Expressionsplasmide in Kaninchennierenzellen (RK13), auf ihre Lokalisation und nach Koexpression mit pUL34 auf Interaktion getestet. Die Funktionalität der mutierten Proteine während der Virusreplikation wurde mit Hilfe stabiler Zelllinien nach Infektion mit PrV-∆UL31 untersucht. Über elektronenmikroskopische Analysen wurde der Einfluss auf den Kernexport im Detail betrachtet. Hierbei konnte einem konservierten Lysin an Position 242 in PrV pUL31 im Prozess der Kapsidumhüllung eine Schlüsselrolle zugeordnet werden. Dieses Lysin befindet sich im membrandistalen Bereich des NECs, in der Alphahelix H10 von PrV pUL31. Die Substitution des K242 zu Alanin führte zu einem Abschnüren und einer Akkumulation leerer, Virushüllen-ähnlicher Vesikel im PNS, obwohl reife Kapside im Kern und in unmittelbarer Nähe zu den Akkumulationen vorhanden waren. Dies führte zu der Hypothese, dass die Ladung des Lysins direkt an der Interaktion mit dem Kapsid beteiligt ist (Paper I).
Obwohl das Lysin 242 in der Struktur des Dimers oberflächenexponiert erschien, zeigten Modellierungen im NEC Oligomer, dass diese Aminosäure vermutlich zu tief in der Struktur verborgen ist um als direkter Interaktionspartner in Frage zu kommen. Um die im vorherigen Paper aufgestellte Hypothese zu verifizieren oder auch zu widerlegen, wurde das Lysin nicht nur durch Alanin, sondern auch durch andere nicht geladene, sowohl positiv als auch negativ geladene oder in ihrer Größe variierende Aminosäuren substituiert (Paper II).
Die neu generierten Substitutionsmutanten wurden nach Transfektion der Expressionsplasmide auf ihre Lokalisation und nach Kotransfektion mit pUL34, auf ihre Interaktion untersucht. Die Funktionalität der mutierten Proteine wurde ebenfalls mit Hilfe stabil exprimierender Zelllinien analysiert. Die vorliegenden Phänotypen wurden weiter mittels elektronenmikroskopischer Analysen bestimmt. Es stellte sich heraus, dass unabhängig von der vorhandenen Ladung der Aminosäure an Position 242 der Kernexport signifikant beeinträchtigt wurde. In Strukturanalysen der einzelnen Mutanten zeigte sich, dass vielmehr die Ausrichtung und Größe der Seitenkette der ersetzten Aminosäure entscheidend war. So störte beispielsweise die Substitution zu Serin und Tyrosin, die die Lage der Seitenketten des ursprünglich vorliegenden Lysins imitierten, die Funktion des pUL31 am wenigsten und die Titer erreichten fast Wildtypwerte. Dagegen führten Substitutionen zu deutlich längeren Aminosäuren, wie Glutaminsäure oder Arginin, zu massiven Beeinträchtigungen des nuclear egress. Allerdings führte keine der Substitutionen zu einem unkontrollierten Abschnüren von Vesikeln ohne Aufnahme eines Kapsids an der inneren Kernmembran.
Die hier gezeigten Ergebnisse entkräfteten die Annahme einer elektrostatischen Interaktion über pUL31 K242 mit den Nukleokapsiden in PrV. Vielmehr deuteten sie auf eine strukturell basierte Störung der Kapsidaufnahme in die Vesikel hin (Paper II).
Mittels serieller Passagen von Virusmutanten die das UL31 mit der K242A Substitution exprimierten, wurde nach möglichen kompensatorischen (second-site) Mutationen gesucht, die den Defekt ausgleichen und darüber hinaus Aufschluss auf die molekularen Ursachen ziehen lassen.
Die generierten Virusrekombinanten erreichten bereits nach ca. 10 Passagen Wildtpy-ähnliche Titer. Aus den Passagen wurden verschiedene Isolate charakterisiert. Es zeigte sich zwar keine Reversion zum Lysin 242, vielmehr waren jedoch entweder weitere Mutationen in pUL31 oder in pUL34 zu finden. Während die detektierten pUL34 Mutationen zu einem späteren Zeitpunkt charakterisiert werden müssen, wurden die second-site mutierten pUL31 Proteine auf Lokalisation, Kolokalisation und Kompensation des K242A Defektes getestet. Die Ergebnisse bestärkten die Annahme eines Strukturdefektes durch K242A. Darüber hinaus konnten durch Rückmutation des K242A Defektes in den second-site mutierten pUL31 zwei Helices bestätigt werden (H5 und H11), die ähnlich der H10 einen starken Einfluss auf den Kernexport besitzen.
Die erhaltenen Ergebnisse zeigten, dass die Aminosäure an Position 242 nicht direkt mit den Nukleokapsiden interagiert, dass eingeführte Mutationen jedoch die Umorganisation des NEC-Oligomers, welche offensichtlich notwendig für die effiziente Kapsidumhüllung an der inneren Kernmembran ist, stört und so den nuclear egress inhibiert (Paper II).
Es zeigte sich, dass sich die Struktur-Funktions-Beziehungen in den NECs komplexer darstellen als vermutet. Die Ergebnisse dieser Arbeit können zwar nicht den Mechanismus des Kapsidexports bzw. der Kapsidbindung und -inkorporation aufklären doch zeigen sie, dass die Interaktionen der NECs miteinander sehr viel komplexer aber auch wesentlich flexibler sind als zunächst angenommen.
Paper III: Untersuchung der N-terminalen Domäne von PrV pUL31
Neben einem Kernlokalisationssignal (NLS) beherbergt der N-terminus verschiedener pUL31 Homologer auch zahlreiche vorhergesagte Phosphorylierungsstellen, die an der Regulation des Kernexportes beteiligt sind bzw. sein könnten. Dieser flexible N-terminale Bereich hat in PrV pUL31 eine Länge von 25 Aminosäuren, wobei auffallend viele basische Aminosäuren in Clustern und verschiedene mögliche Phosphorylierungsstellen enthalten sind. Computer-unterstütze Analysen (NLStradamus) erkennen in der Aminosäuresequenz ein bipartites NLS (AS 5-20). Um die Rolle des N-terminalen Bereiches in PrV pUL31 näher zu untersuchen, wurde dieser schrittweise verkürzt und die basischen Aminosäuren, sowie die möglichen Phosphorylierungsstellen, durch gerichtete Mutagenese durch Alanin ersetzt. Getestet wurden diese Mutanten nach Transfektion der entsprechenden Expressionsplasmide in RK13 Zellen auf ihre Lokalisation und, nach Koexpression von pUL34, auf Interaktion und der Umorganisation der Kernmembran. Über stabil-exprimierende Zelllinien und nach Infektion mit der UL31 negativen Virusmutante (PrV-∆UL31) wurde die Funktionalität in eplikationsassays und auch ultrastrukturell charakterisiert. Erstaunlicherweise zeigte sich, dass weder das bipartite NLS noch die vorhergesagten Phosphorylierungsstellen eine entscheidende Rolle spielen. Vielmehr konnte der größte Teil des N-Terminus ohne sichtbaren Funktionsverlust deletiert werden, sofern mindestens ein Cluster basischer Aminosäuren in dieser Region erhalten blieb. Die Ergebnisse zeigten, dass der basische Charakter dieser Region entscheidend für die korrekte Lokalisation, sowie für die Bildung und Funktionalität des NEC ist. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Phosphorylierung im N-Terminus von PrV pUL31, wie auch die roteinkinase pUS3, zwar nicht essenziell für die Freisetzung der Nukleokapside aus dem perinukleären Spalt sind, jedoch diesen Prozess unterstützen (Paper III).
Die Glykoproteine gB und gH-gL sind bei allen Herpesviren konserviert und wichtig für den Viruseintritt und die direkte Zell-Zell-Ausbreitung. Allerdings kann sich PrV in Abwesenheit von gL noch in einem sehr geringen Ausmaß von Zelle zu Zelle ausbreiten, was Reversionsanalysen durch serielle Zellkultur-Passagen einer gL-negativen PrV-Mutante erlaubt. So konnte in einem Passageexperiment die Revertante PrV-ΔgLPassB4.1 isoliert werden. In der vorliegenden Arbeit wurden die molekularen Grundlagen der gL-unabhängigen Infektiosität von PrV-ΔgLPassB4.1 untersucht. Dabei wurden Mutationen in den Glykoproteinen gB, gH und gD nachgewiesen und deren Auswirkung auf die Proteinfunktion mit Hilfe von transienten Transfektions-Fusionsassays untersucht. Die Aufklärung der Kristallstrukturen eröffnete die Möglichkeit, über zielgerichtete Mutagenese die Funktion von gH-gL besser zu analysieren. Erstaunlich war, dass im gH des Impfstammes PrV-Bartha ein ansonsten hochkonserviertes Prolin durch Serin ersetzt ist. Für dieses Prolin wurde postuliert, dass es für die Ausbildung einer ebenfalls bei allen Herpesviren konservierten Disulfidbrücke notwendig ist. Um den Effekt der Substitution und die Funktion der Disulfidbrücke zu testen, wurden gH Mutanten hergestellt, die entweder Prolin oder Serin an Position 438 oder Serin statt Cystein an Position 404 exprimierten. Diese wurden in transienten Transfektions-Fusionsassays sowie während einer Virusinfektion getestet. Obwohl die Aminosäuresequenzen der gH-Proteine der Herpesviren nur eine geringe Homologie aufweisen, sind die Kristallstrukturen erstaunlich ähnlich. Daher sind konservierte Strukturmotive wie die Disulfidbrücke in der Domäne III, für die eine Bedeutung für die Faltung und Stabilität der Domäne III postuliert wurde, von besonderem Interesse. Um weitere funktionsrelevante konservierte Regionen in Domäne III aufzudecken, welche für die Lokalisierung und Funktion des gH wichtig sein könnten, wurden zunächst Sequenzvergleiche zwischen EBV und PrV gH unter Berücksichtigung der vorhandenen gH-Kristallstrukturen durchgeführt. Hierbei wurden komplexe Interaktionsnetzwerke über Wasserstoffbrückenbindungen zwischen konservierten und benachbarten nicht-konservierten Aminosäuren vorhergesagt. Diese wurden im EBV und PrV gH mutiert und die gH-Proteine anschließend auf ihre Oberflächenexpression und Fusionsfunktion untersucht. Zusätzlich wurden PrV Rekombinanten mit entsprechenden gH-Mutationen hergestellt und charakterisiert.
Herpesviren nutzen einen Vesikel-vermittelten Transportweg für die Translokation von Nukleokapsiden aus dem Zellkern, um für die weitere Virusmorphogenese in das Zytoplasma zu gelangen. Den dafür notwendigen Kernfreisetzungskomplex (nuclear egress complex; NEC) bilden zwei konservierte herpesvirale Proteine, die als pUL34 und pUL31 bezeichnet werden. Die Kristallstrukturen der NECs aus verschiedenen Herpesviren zeigten eine stabile Interaktion zwischen der N-terminalen Domäne von pUL31 und dem Kern von pUL34. Darüber hinaus gehören die am stärksten konservierten Reste von pUL31 zu einem Zinkfinger-Motiv (ZNF). Zur Klärung der funktionellen Bedeutung des ZNF-Motivs in PrV pUL31, das aus drei Cysteinen (C73, C89 und C92) der CR1 und einem Histidin (H188) der CR3 besteht, wurden die Cysteine einzeln zu Serinresten und das Histidin H188 zu Alanin substituiert. Funktionelle Analysen der mutierten Proteine, die in vitro mit artifiziellen Membranen und in situ in eukaryotischen Zellen durchgeführt wurden, zeigten, dass das ZNF-Motiv eine wesentliche Voraussetzung für die NEC-Bildung und die notwendige Membranveränderung darstellt. Der N-terminale Bereich von pUL31 und der anderen Homologen ist sehr variabel und wurde daher in den Konstrukten für die Kristallisierung weggelassen. Wie auch einige andere pUL31-Homologe enthält PrV pUL31 ein Kernlokalisationssignal (NLS) im N-Terminus für einen effizienten Kernimport. Neben der Funktionalität des Kernimports scheint dieser spezifische Bereich ebenfalls eine Rolle bei der Freisetzung von Nukleokapsiden aus dem Kernspalt, der Vorbeugung von einer vorzeitigen Komplexbildung im Zytoplasma, der Translokation der reifen Kapside an die INM und bei der Regulierung des envelopment/deenvelopment Prozesses über Phosphorylierung zu spielen. Um zu untersuchen welche zusätzlichen Funktionen der N-terminale Bereich einnimmt, wurde der N-Terminus von PrV pUL31 schrittweise verkürzt. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Aminosäuren 2-13 (pUL31-N14), einschließlich des Hauptteils des vorhergesagten NLS, für die NEC-Bildung und -Funktion entbehrlich sind. Die Deletion von vier zusätzlichen Aminosäuren (pUL31-N18), die alle grundlegenden Patches eliminierte, führte jedoch zu einem defekten Protein. Die vollständige Deletion der 25 N-terminalen Aminosäuren zeigte in Gegenwart von Wildtyp pUL31 eine Inhibierung des Kernaustritts. pUL31-N18, was überwiegend im Zytoplasma gefunden wurde, zeigte keinen dominant-negativen Effekt. Die Phosphorylierung der beiden vorhergesagten Stellen im N-Terminus von PrV pUL31 (S12/S13) spielt offensichtlich keine Rolle beim Kernaustritt. Die Titer von PrV-Mutanten denen pUL34 oder pUL31 fehlt, werden drastisch reduziert, jedoch die Freisetzung infektiöser Nachkommen nicht komplett inhibiert, was auf einen alternativen Austrittsweg hinweist. Wiederholtes Passagieren dieser Mutanten führte zu Revertanten, die eine Wildtyp-ähnliche Replikation wiedererlangten. PrV-ΔUL34Pass und PrV-ΔUL31Pass umgingen dabei den vesikulären Transportweg durch das Induzieren einer Fragmentierung der Zellkernmembran (NEBD). Um zu testen, ob CDKs eine Rolle im viral induzierten NEBD spielen, wurden Wildtyp- (wt) oder dominant-negative (DN) Versionen der zellulären CDKs 1-6 getestet. In Gegenwart von CDK2DN wurden die Titer für beide Viren signifikant reduziert. Ultrastrukturelle Analysen zeigten, dass die Freisetzung von PrV-Ka primären Virionen aus dem perinukleären Raum beeinträchtigt oder verzögert war und NEBD nur selten in PrV-ΔUL34Pass-ΔgG-CDK2DN-infizierten Zellen beobachtet wurde. Die genaue Zusammensetzung der primären Virionen sowie der Maschinerie für die Verschmelzung der primären Hülle mit der äußeren Kernmembran sind nicht bekannt. Um virale und/oder zelluläre Proteine und andere primäre Virion-Komponenten zu identifizieren, sollen primär umhüllte Virionen aus dem perinukleären Raum isoliert und durch Massenspektrometrie analysiert werden. Da die Reinigung der primären Virionen aus dem perinukleären Raum nicht ganz einfach ist, wurde das membranverankerte pUL34 mit verschiedenen Affinitätsmarken markiert. Vier markierte pUL34-Konstrukte wurden nach Transfektion und Infektion generiert und getestet. Drei von ihnen erwiesen sich als funktionell während des herpesviralen Kernaustritts und es konnten stabil exprimierende Zelllinien hergestellt werden. Diese Zelllinien bilden nun eine solide Grundlage für weitere Experimente, um zuverlässige Protokolle für die Reinigung von primären Virionen aus dem perinukleären Raum zu etablieren.