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Das alpha-Toxin (Hla) von Staphylococcus aureus (S. aureus) spielt eine bedeutende Rolle bei S. aureus-induzierten Pneumonien. Hla bindet zunächst als Monomer an die Plasmamembran eukaryotischer Wirtszellen und assoziiert sich zu heptameren Transmembranporen. Die Sensitivität gegenüber dem Toxin ist bei verschiedenen Atemwegsepithelzelllinien unterschiedlich ausgeprägt. Die Gründe dafür sind bis jetzt nicht vollends verstanden. Mögliche Faktoren, die einen Einfluss auf die Hla-Sensitivität der Zellen haben, könnten die Rezeptordichte und Effizienz der Porenbildung sowie die Entsorgung von Poren aus der PM durch Internalisierung und Degradation (lysosomal, proteasomal) oder durch Ausschleusung von extrazellulären Vesikeln in den Extrazellularraum sein.
Ziel dieser Arbeit war es, die Bedeutung der Faktoren, die einen Einfluss auf die Toxin-Sensitivität von Wirtszellen haben könnten, am Beispiel der drei Atemwegs-Modellzelllinien 16HBE14o-, S9 sowie A549 genauer zu untersuchen.
Dabei konnte gezeigt werden, dass die Menge an rHla, allem voran die Abundanz der Heptamere in der Plasmamembran der Zellen, einen starken Einfluss auf die Toxinsensitivität (gemessen an der Rate parazellulärer Lückenbildung in den Zellverbänden) der Zelllinien hat. Diese Ergebnisse korrelierten am besten mit der Häufigkeit des potenziellen Hla-Rezeptors ADAM10 in der Plasmamembran der drei Zelltypen, aber auch das Phospholipid Sphingomyelin scheint ebenfalls einen Einfluss auf die Hla-Sensitivität der Zellen zu haben. Die Zellgröße, der für die Hla-Vorpore stabilisierende Faktor Caveolin-1, Integrin α5β1 als weiterer möglicher Hla-Rezeptor und die Lipide Phosphatidylcholin/-serin zeigten dagegen keine Korrelation zur Hla-Sensitivität der drei Atemwegsepithelzelllinien. Das Lipid Phosphatidylethanolamin wies zwar das gleiche Muster wie das des Sphingomyelins bei den Zelllinien auf, jedoch muss eine mögliche Bedeutung des Lipids in der Hla-Bindung und/oder -Heptamerisierung erst noch untersucht werden.
Untersuchungen der Internalisierung des Toxins zeigten, dass von den drei Atemwegsepithelzelllinien nur die S9-Zellen in der Lage waren die rHla-Heptamere effizient zu internalisieren. Dabei konnte unter Verwendung der rHla-Mutante rH35L, die keine Transmembranpore ausbilden kann, gezeigt werden, dass die Internalisierung der Toxin-Heptamere wahrscheinlich Poren-unabhängig geschieht. Durch die Überprüfung des rHla-Abbaus in S9-Zellen nach Inhibierung der lysosomalen oder proteasomalen Proteindegradation konnte ein Abbau des Toxins über das Proteasom ausgeschlossen werden. Dagegen scheint der lysosomale Weg von entscheidender Bedeutung für die Hla-Heptamer-Degradation zu sein. Eine saure Hydrolyse der Protease-resistenten Toxin-Heptamere in rHla-Monomere konnte allerdings nicht nachgewiesen werden und scheint somit bei dem lysosomalen Abbau keine Rolle zu spielen. Präparierte extrazelluläre Vesikel von rHla-behandelten S9-Zellen zeigten zudem, dass eine Entsorgung des Toxins über Exosomen und/oder Mikrovesikel ebenfalls bei diesen Zellen möglich zu sein scheint. Der primäre Weg der Hla-Prozessierung ist bei den S9-Zellen dennoch der lysosomale Abbau.
Staphylococcus (S.) aureus kann viele unterschiedliche Infektionstypen verursachen. Infektionen mit S. aureus können sowohl lokal, als auch systemisch auftreten, und dann zu Bakteriämien oder sogar Sepsis führen. S. aureus ist ein prominentes Beispiel für die aktuelle Antibiotika-Krise. Resistenzen gegenüber zahlreichen Antibiotika erfordern neue Präventions- und Therapieansätze gegen S. aureus-Infektionen. Ideal wäre eine Antikörper-induzierende anti-S. aureus-Vakzine. Bisher sind jedoch alle Vakzinekandidaten in der klinischen Prüfung gescheitert. Aktuell wird daher von einigen Experten bezweifelt, dass S. aureus-spezifische Antikörper überhaupt protektiv wirken können. Dagegen werden nun Th17-Zellen als entscheidende Komponente des Immunsystems bei der Abwehr von S. aureus angesehen. Um die Rolle von Antikörpern bei S. aureus-Infektionen zu untersuchen, wurde in dieser Arbeit ein Verfahren entwickelt, um die IgG-Bindung an S. aureus-Proteine zu quantifizieren. Eigens für diesen Zweck wurde eine Protein A-negative Mutante des S. aureus-Stamms USA300 hergestellt. Die Bakterien wurden unter Eisenlimitation kultiviert, da sich herausgestellt hat, dass sich dadurch mehr Informationen über die IgG-Bindung an S. aureus-Proteine erhalten ließen. Es wurden Seren von gesunden Probanden und von verschiedenen Patientenkohorten getestet. Die Daten zeigen, dass Erreger-spezifische Antikörper bei S. aureus-Bakteriämie und Zystischer Fibrose zumindest als Marker für die Protektion vor einem schweren Verlauf angesehen werden können. Die Information über die IgG-Bindung an acht S. aureus-Proteine erlaubte die Stratifizierung von Patienten, die während der Bakteriämie eine Sepsis entwickelten von solchen, die keine Sepsis entwickelten. Hinweise, dass die spezifischen Antikörper sogar protektiv wirken, zeigten Untersuchungen der Seren von Hyper-IgE-Syndrom-Patienten. Diese Patienten leiden häufig unter schweren S. aureus-Infektionen. Neben ihrem angeborenen Th17-Zelldefekt mangelte es ihnen auch an S. aureus-spezifischen IgG-Antikörpern. Es konnte gezeigt werden, dass die Substitution spezifischer IgG-Antikörper bei diesen immunkompromittierten Patienten vor neuen S. aureus-Infektionen schützt. Das heißt, dass diese Patienten trotz ihres Th17-Zelldefekts S. aureus besser abwehren können. Diese Daten verdeutlichen das mögliche Potenzial von IgG bei der Protektion vor S. aureus-Infektionen. Neben den beiden Rollen als Kommensale und als Pathogen, wird über eine dritte Rolle von S. aureus diskutiert: S. aureus als Allergen. Die Empfänglichkeit für eine S. aureus-Besiedlung ist bei Th2-dominierten Erkrankungen erhöht. Jedoch ist unbekannt, ob S. aureus aufgrund von Überlebensvorteilen so häufig bei diesen Erkrankungen vorkommt, oder ob das Bakterium sogar selbst diese Th2-dominierte Ausrichtung der Immunantwort durch Allergene induzieren kann. Deshalb sollte in dieser Arbeit nach S. aureus-Allergenen gesucht werden, die diese Qualität der Immunantwort induzieren können. IgG4 diente dabei als Surrogatmarker für eine Th2-Immunantwort. Die IgG4-Bindung aus Seren gesunder Spender an S. aureus-Proteine wurde untersucht. S. aureus-Serinproteasen (SplA bis SplF) stellten sich dabei als die dominanten IgG4-bindenden Proteine heraus. Deshalb wurde die adaptive Immunantwort auf die Spls genauer untersucht. Die IgG-Antwort auf Spls ist in Richtung IgG4 verschoben und Spl-spezifische T-Zellen sezernierten Zytokine, die typisch für eine Th2-Immunantwort sind. Insgesamt zeigen die Daten, dass bereits bei gesunden Probanden die Immunantwort gegenüber Spls in Richtung einer Typ 2 Inflammation verschoben ist. Spls scheinen in der Lage zu sein, durch die Induktion eines entsprechenden Zytokinprofils die Qualität der Immunantwort auf S. aureus zu modulieren. Bei entsprechend prädisponierten Menschen könnte die Immunantwort durch Spls in Richtung Th2 entgleisen. Dann würde allergenspezifisches IgE synthetisiert und eine Allergie ausgelöst werden. Patienten, deren Lunge mit S. aureus besiedelt/infiziert war, besaßen besonders viel Spl-spezifisches IgE. Eine adäquate Immunreaktion gegen S. aureus ist essentiell für die Abwehr des Mikroorganismus. Die Ergebnisse dieser Arbeit stellen heraus, dass S. aureus-spezifische Antikörper – entgegen der Meinung einiger Experten – einen positiven Beitrag leisten können, indem sie vor schweren Infektionsverläufen schützen. Es werden Vorschläge für die Zusammensetzung einer auf Antikörpern basierenden anti-S. aureus-Vakzine aufgezeigt. Aber die Immunreaktion gegen S. aureus kann auch pathologische Folgen haben. Die Ergebnisse dieser Arbeit stützen die Hypothese, dass S. aureus Allergien verursachen kann. Sie liefern außerdem starke Hinweise darauf, dass Spls dabei als Allergene eine Schlüsselrolle einnehmen. Diese Erkenntnis ist neu und unerwartet. Angesichts der weltweiten Bedeutung von Allergien, besonders von Asthma, muss die mögliche Rolle der Spls bei deren Pathogenese mit hoher Priorität weiter aufgeklärt werden.
Das Auftreten einer postoperativen Wundinfektion bedeutet für den Patienten die Verwirklichung eines gefürchteten persönlichen Risikos, stellt den behandelnden Ärzten oft vor schwer zu lösende Aufgaben und belastet die Solidargemeinschaft durch einen erheblichen Kostenanstieg. Obwohl Staphylococcus aureus weltweit als der häufigste und gefährlichste Erreger von SSI gilt, muss jede Klinik die lokalen Gegebenheiten (Erreger-Prävalenz, Resistenzlage etc.) kennen und sich ihnen stellen.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Bedeutung von Staphyloccocus aureus für die Klinik und Poliklinik für Unfall-, Wiederherstellungschirurgie und Rehabilitative Medizin der Universitätsmedizin Greifswald zu untersuchen. Dazu wurden drei klinische Studien durchgeführt: zur Erfassung der Prävalenz von MRSA und MSSA, zur Untersuchung der Effektivität präoperativer Hautantiseptik bei unfallchirurgischen Patienten sowie zur Frage, ob Staphylococcus aureus als verursachendes Pathogen einer Implantat-assoziierten Infektion einen Risikofaktor für ein Wiederauftreten der Infektion nach erfolgter Therapie darstellt.
Es konnte gezeigt werden, dass etwa ein Fünftel der Patienten der Unfallchirurgie Greifswald bereits bei Ankunft im Krankenhaus Träger von MRSA oder MSSA war. Während operativer Eingriffe gelang trotz einer leitliniengerecht durchgeführten Hautantisepsis nur bei 65% der Patienten eine vollständige Keimreduktion. In einem Fall konnte die Verschleppung eines MSSA-Klons von der präantiseptischen Hautflora in die postantiseptische Wundflora bewiesen werden. Nicht zuletzt hatten Patienten mit durch MSSA infiziertem Osteosynthesematerial ein deutlich erhöhtes Risiko einer Re-Infektion nach zunächst erfolgreicher Beruhigung der Infektion.
Die Ergebnisse der drei durchgeführten Studien zeigen, dass Staphylococcus aureus auch in Greifswald bei der Behandlung unfallchirurgischer Patienten die antizipierte, bestimmende Rolle spielt. Prävalenz des Pathogen, Persistenz trotz etabliertem perioperativen Hygieneregime und Auswirkung einer tatsächlich eingetretenen Infektion auf die Heilungschancen wurden dargelegt.
Den Fokus perioperativer Hygiene-Maßnahmen zur Vermeidung von SSI weiterhin auf Gram-positive Erreger, namentlich Staphylokokken, zu richten, ist aktuell in der Klinik für Unfallchirurgie in Greifswald gerechtfertigt.
Das Gram-positive Bakterium S. aureus besiedelt rund 20 % der Menschen persistent und asymptomatisch, während sich bei den anderen Phasen der Kolonisation und Nicht-Kolonisation abwechseln. Als opportunistisches Pathogen kann S. aureus seinen Wirt auch infizieren und eine Vielzahl von Krankheitsbildern hervorrufen. Diese reichen von oberflächlichen Haut- und Weichteilinfektionen bis hin zu komplexen Infektionsgeschehen wie der Sepsis und können den Tod der betroffenen Person zur Folge haben. Antibiotika-resistente Varianten wie Methicillin-resistente S. aureus (MRSA) verkomplizieren die Therapie und sind als „Krankenhauskeime“ gefürchtet. Die Kolonisierung und Infektion mit MRSA beschränkt sich allerdings nicht nur auf Gesundheitseinrichtungen, sondern etablierte sich auch in der Allgemeinbevölkerung sowie in Landwirtschaftsbetrieben. Da S. aureus neben dem Menschen ebenfalls eine Vielzahl von Wild- und Nutztieren kolonisieren und infizieren kann, welche als Reservoir, Überträger sowie als Brutstätten neuer Varianten fungieren, ist ein holistischer Ansatz wie das „One Health“-Konzept gefordert, um Ausbreitung und Infektionen unter Kontrolle zu halten.
Dies erfordert geeignete Tiermodelle, um die komplexen Interaktionen von S. aureus mit seinem Wirt zu analysieren und therapeutisch zu beeinflussen. Am häufigsten werden dafür etablierte Labormaus-Stämme (z.B. C57BL/6, BALB/c) eingesetzt und mit S. aureus-Stämmen des Menschen kolonisiert oder infiziert. Weil S. aureus jedoch einen Wirtstropismus ausbildet, ist die Aussagekraft solcher Mausmodelle durch die Inkompatibilität zwischen Erreger und Wirt limitiert. Manche Aspekte der Wirt-Pathogen-Interaktion lassen sich in diesen Modellen gar nicht untersuchen. Hier könnten murin-adaptierte S. aureus-Stämme eine bessere Option sein, zumal Vorarbeiten unserer Arbeitsgruppe zeigten, dass Mäuse natürliche Wirte von S. aureus sind.
In dieser Arbeit sollte daher untersucht werden, ob Befunde aus dem Menschen in der Maus repliziert werden können, wo die Limitationen von Mausmodellen liegen und wie mögliche Optimierungsansätze aussehen könnten. Weitere Schwerpunkte lagen auf Analysen der Populationsstruktur von S. aureus in murinen Spezies unterschiedlicher Habitate und der Adaptation muriner S. aureus-Isolate an ihren Wirt. Außerdem wurden Maus-adaptierte Stämme in Infektions- und Kolonisationsmodellen eingesetzt, um ihre Eignung im Mausmodell zu testen.
In einer Originalarbeit (Mrochen et al.; Front. Immunol.; 2021) haben wir anhand der Immunantwort auf die beiden S. aureus-Virulenzfaktoren SplB und GlpQ beschrieben, dass Daten aus klinischen Studien in der Maus rekapituliert werden können. S. aureus-naive Mäuse zeigten nach Vakzinierung mit SplB eine sehr ähnliche Polarität der Immunantwort wie Menschen nach natürlicher Besiedlung/Infektion mit S. aureus. Mäuse reagierten mit einer Th2-Antwort auf das nicht-adjuvantierte Protein SplB, zudem war die Anzahl an Eosinophilen in der Milz signifikant erhöht. Im Serum der Mäuse ließ sich SplB-spezifisches IgE messen. Damit spiegelte das Mausmodell den beim Menschen bekannten Typ2-Bias der Immunreaktion auf Spls von S. aureus wider. GlpQ löste hingegen ohne Adjuvans keine messbare Immunreaktion aus, hatte also eine geringe Immunogenität. Dies zeigt, dass S. aureus-naive Mäuse sich dazu eignen könnten, die intrinsische Immunogenität und das Immunpolarisationspotential von S. aureus-Proteinen zu untersuchen, was für die Entwicklung von S. aureus-Vakzinen von Bedeutung ist.
In einem Übersichtsartikel (Mrochen et al.; Int. J. Mol. Sci.; 2020) haben wir die Limitationen von konventionellen S. aureus-Infektionsmodellen, bei denen Mäuse mit human-adaptierten S. aureus-Isolaten infiziert werden, veranschaulicht und Alternativen aufgezeigt. Zunächst stellten wir den Wirtstropismus von S. aureus und Mechanismen der Wirtsanpassung dar. Darauf aufbauend diskutierten wir einige Limitationen konventioneller Mausmodelle. Wir betrachteten Aspekte der genetischen Variation der verwendeten Maus- und S. aureus-Stämme, wirtsspezifische Virulenzfaktoren, Unterschiede des humanen und murinen Immunsystems, den Einfluss des murinen Mikrobioms und der verwendeten Infektionsdosen. Zusammenfassend kann dazu gesagt werden, dass durch die Inkompatibilitäten zwischen humanen S. aureus-Isolaten und der Maus die bakterielle Fitness und Virulenz eingeschränkt ist. Dies kann die Aussagekraft von Experimenten massiv einschränken. Beispielsweise können in ihrer Affinität verminderte Rezeptor-Ligand-Interaktionen die Akquisition von Nährstoffen erschweren und die Wirkungslosigkeit bestimmter Virulenzfaktoren (wie z.B. Superantigenen) die Immunevasion behindern. Wir haben daraufhin alternative Modell-Ansätze vorgestellt und diskutiert, welche unterschiedliche Aspekte der Wirt-S. aureus-Interaktion verbessern sollen (humanisierte Mäuse, dirty mice, Wildlinge). Die ebenfalls mögliche Verwendung murin-adaptierter S. aureus-Stämme beseitigt Inkompatibilitäten zwischen Maus und S. aureus komplett, kann aber manche humanspezifischen Vorgänge nicht modellieren.
In zwei weiteren Originalarbeiten (Mrochen et al.; Int. J. Med. Microbiol.; 2018 und Raafat et al.; Toxins; 2020) haben wir die Populationsstruktur von S. aureus in Labormäusen bzw. Ratten unterschiedlicher Habitate (Labor, Wildnis) beschrieben und die Adaptation der Bakterien an diese Wirte dargestellt. Rund um den Globus sind Labormäuse mit S. aureus besiedelt. Einige murine Isolate gehörten zu klonalen Komplexen wie CC1, CC5, CC8 und CC15, die sich auch beim Menschen finden, sodass hier eine Übertragung vom Menschen auf die Maus wahrscheinlich ist. Dennoch zeigten viele der Isolate eindeutige Zeichen einer Wirtsadaptation. So waren humanspezifische Virulenzfaktoren seltener als bei humanen Referenzisolaten gleicher Linien vorhanden. 47 % der Isolate gehörten jedoch zum klonalen Komplex CC88, der selten beim Menschen ist. Diese Linie war in Vorarbeiten unserer Arbeitsgruppe bereits als murin-adaptiert identifiziert worden, was sich hier bestätigte.
Bei Laborratten zeigte sich ein ähnliches Bild. Auch hier wurden viele Stämme isoliert, die zu typisch humanen Linien (z.B. CC1, CC8, CC15) gehören, außerdem CC88-Isolate. Sie zeigten Zeichen einer Adaptation an Ratten. S. aureus-Isolate aus Wildratten und aus von Wildratten abstammenden Ratten in Gefangenschaft besaßen eine vollkommen andere Populationsstruktur. Hier fanden sich u.a. Linien (CC49, CC130, ST890), die wir in einer anderen Studie aus Wildmäusen isoliert haben. Auch sie wiesen die Zeichen einer Wirtsadaptation auf.
Diese Studien zeigen, dass die Besiedlung von Labormäusen und -ratten durch S. aureus weit verbreitet ist und vermutlich meist vom Menschen ausgeht. Dennoch weisen die Laborstämme Anzeichen einer Adaptation an die Nager auf, was eine längere Kontaktzeit voraussetzt, die diese evolutionären Vorgänge ermöglicht. Die Besiedlung der Labortiere hat zudem Folgen für die Konstitution des Immunsystems, da es auf dieses Bakterium geprimt wird. Weiterhin kann eine Besiedlung zu opportunistischen Infektionen führen. Folglich sollte bei Experimenten stets der S. aureus-Besiedlungsstatus erfasst werden, um einen etwaigen Einfluss auf die erzielten Ergebnisse ausschließen bzw. nachweisen zu können. Bei Wildnagern und ihren Verwandten weist S. aureus eine andere Populationsstruktur auf, welche über einen gewissen Zeitraum auch in Gefangenschaft stabil zu sein scheint. Wildtiere sind damit ein bedeutendes Reservoir und potentielle Überträger von S. aureus, aber ebenfalls eine Quelle neuer Stämme, die zu Forschungszwecken eingesetzt werden könnten.
In zwei weiteren Originalarbeiten (Trübe et al.; Int. J. Med. Microbiol.; 2019 und Fernandes et al.; Microorganisms; 2021) haben wir die Eignung verschiedener murin-adaptierter Stämme in Infektions- und Kolonisationsmodellen diskutiert. S. aureus-Isolate aus Wild- und Labormäusen wurden in BALB/c-Mäusen mit dem humanen Stamm Newman verglichen. Ein CC49-Isolat (S. aureus DIP), das aus Rötel- und Gelbhalsmäusen stammte, erwies sich als besonders virulent und provozierte selbst in einer im Vergleich mit dem Stamm Newman zehnfach geringeren Infektionsdosis vergleichbare Symptome und Immunreaktionen. Die geringere Infektionsdosis ist wahrscheinlich klinisch relevanter, da pathophysiologische Eigenschaften von S. aureus auch dichteabhängig reguliert werden (quorum sensing).
In einem Kolonisationsmodell mit dem murin-adaptierten Laborstamm JSNZ wurde die dekolonisierende Wirkung von Aurintricarbonsäure (ATA) evaluiert. ATA war zuvor in breit angelegten in vitro-Screenings als potenter Adhäsionsinhibitor identifiziert worden. C57BL/6-Mäuse wurden mit JSNZ kolonisiert und anschließend mit ATA behandelt. Leider war ATA im Mausmodell wirkungslos, während mit der in der Klinik eingesetzten Kontrollsubstanz Mupirocin eine vollständige Dekolonisation erreicht werden konnte. JSNZ bestätigte sich jedoch als persistierender Besiedler der Maus. Dieses Besiedlungsmodell ist daher sehr gut geeignet, um neue Agenzien für eine S. aureus-Dekolonisierung zu testen oder die Wirt-Pathogen-Interaktion bei der Kolonisation im Detail zu analysieren.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass sich Mausmodelle besser für die Forschung an S. aureus eignen als bisher angenommen. Trotzdem muss die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen stets kritisch überprüft werden. Die Maus-adaptierten S. aureus-Stämme sind ein neues und potentes Werkzeug, die S. aureus-Forschung zu optimieren. Von besonderem Interesse ist die Möglichkeit, Mäuse persistent zu kolonisieren, wie dies typisch für die Interaktion von S. aureus mit seinem menschlichen Wirt ist. Diese wichtige Facette im Zusammenspiel zwischen dem Erreger und seinem Wirt wird nun erstmals der experimentellen Forschung zugänglich.
Zielsetzung: Die antimikrobielle Wirksamkeit von kaltem Atmosphärendruckplasma(CAP), auch als gewebeverträgliches Plasma (TTP) bezeichnet,könnte eine aussichtsreiche Option zur Eradikation von Methicillinempfindlichen ebenso wie von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen sein, die oft chronische Wunden kolonisieren. Bisher wurde der Einfluss von CAP auf die Antibiotikaempfindlichkeit von S. aureus kaum untersucht. Da eine Veränderung der Antibiotikaempfindlichkeit für die Wundbehandlung relevant sein könnte, sollte der Einfluss von CAP auf die Empfindlichkeit verschiedener S. aureus-Stämme gegen unterschiedliche Antibiotika untersucht werden.
Methode: Im Agardiffusionstest wurden Antibiotikatestplättchen mit Cefuroxim, Gentamicin, Oxacillin, Vancomycin, Ciprofloxacin, Co-Trimoxazol, Clindamycin und Erythromycin eingesetzt. Die Teststämme wurden auf Agar ausplattiert und mit CAP exponiert, bevor die Testplättchen aufgelegt wurden. Nach 24 h Bebrütung wurden die Inhibitionszonen gemessen und statistisch auf Unterschiede geprüft.
Ergebnisse: In den meisten Fällen war die Einfluss von CAP auf die Antibiotikaempfindlichkeit zu vernachlässigen. Für zwei Stämme wurde die Empfindlichkeit gegenüber β-Lactam-Antibiotika signifikant herabgesetzt.
Schlussfolgerung: Da CAP die Antibiotikaempfindlichkeit beeinflussen kann, sollten vor beabsichtigter kombinierter lokaler CAP-Behandlung und gleichzeitiger systemischer Antibiotikagabe Interaktionen in vitro untersucht werden, um unerwünschte Kombinationseffekte auszuschließen.
Das humanpathogene Bakterium Staphylococcus aureus kann verschiedene, zum Teil lebensbedrohliche Erkrankungen wie Hautinfektionen (Furunkel, Karbunkel), Lungen-entzündung, Osteomyelitis (Knochenmarksentzündung), Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut) und Sepsis auslösen. Dabei gehört S. aureus zu den häufigsten Erregern von Krankenhausinfektionen, sogenannten Nosokomialinfektionen. Deren Behandlung mittels Antibiotika stellt aufgrund von multiplen Antibiotikaresistenzen von S. aureus eine immer größere Heraus¬forderung dar, da dieser fähig ist, sich rapide an verändernde Umweltbedingungen anzu¬passen. Die Interaktion des pathogenen Bakteriums mit seiner Umwelt und seinem Wirt ist insbesondere durch den Proteinbestand, der auf der Zelloberfläche exponiert ist, bestimmt. S. aureus exprimiert ein Arsenal an Zellober-flächen-gebundenen Virulenzfaktoren, die zur Kolonisierung und Infektion von humanem Gewebe führen. Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung und Anwendung von Massen¬spektrometrie-basierten Methoden zur Identifizierung und Quantifizierung der Zellober¬flächen¬-assoziierten Proteine von S. aureus. Dabei ist es gelungen, durch die Gel-freien und GeLC-MS/MS-basierten Methoden Biotinylierung und Trypsin-Behandlung 77% aller be-kannten Oberflächenproteine und zwei Drittel aller nach außen ragenden Membran-veran-kerten Lipoproteine von S. aureus zugänglich zu machen. Bei der Biotinylierung handelt es sich um eine Methode, bei der die Oberflächenproteine von intakten Zellen mit einem membranimpermeablen Reagenz markiert und anschließend über Affinitäts¬chroma-tographie aufgereinigt werden. Dagegen erfolgt bei der Trypsin-Behandlung die proteo-lytische Abspaltung der Oberflächen-exponierten Protein¬domänen. Erstmalig ist durch Markierung der Proteine mit stabilen Isotopen, dem sogenannten 14N/15N-metabolischen Labeling, auch eine relative Quantifizierung der Oberflächenproteine von S. aureus möglich. Bei der Analyse des Oberflächenproteoms von wachsenden und nicht-wachsenden S. aureus Zellen konnten mittels Biotinylierung 146 Oberflächenproteine identifiziert werden. Durch relative Quantifizierung wurde gezeigt, dass Zelloberflächen-assoziierte Adhäsine von S. aureus, wie der Fibrinogen-bindende clumping Faktor B, vorzugsweise während des Wachstums exprimiert werden, während nicht-wachsende Zellen erhöhte Mengen an clumping Faktor A aufweisen. Desweiteren war die Menge an immunodominanten Antigen B auf der Zelloberfläche in der stationären Phase mehr als 10-fach erhöht. Bei dieser Arbeit wurde erstmalig das Gesamt¬proteom des Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus COL, bestehend aus cytosolischem, extra¬zellulärem, Membran- und Oberflächenproteom, um¬fassend identifiziert und quantifiziert (Becher et al., 2009). Um die Pathogenität von S. aureus näher zu erforschen, wurde das Oberflächenproteom des Wildtyps mit dem einer sigB-Mutante verglichen. Der alternative Sigma-Faktor SigmaB kontrolliert ein großes Regulon bestehend aus etwa 300 Genen, von denen viele in die Virulenz von S. aureus involviert sind. Durch Kombination von 14N/15N-metabolischen Labeling, Biotinylierung und GeLC-MS/MS konnten 98 Oberflächen-proteine quantifiziert werden. Von den 49 Proteinen, die in der sigB-Mutante verändert vorlagen, waren 21 schon als SigmaB-abhängig oder durch SigmaB beeinflusst bekannt. In dieser Arbeit konnten weitere 28 Oberflächenproteine erstmalig als SigmaB-abhängig beschrieben werden. Die Gruppe der Zelloberflächen-assoziierten Proteine und Virulenz-faktoren, die durch SigmaB beeinflusst werden, wurde so erweitert (Hempel et al., 2010). Durch Trypsin-Behandlung wurden insgesamt 63 Oberflächen¬proteine beim Vergleich vier verschiedener S. aureus Stämme identifiziert. Hierbei konnte gezeigt werden, dass das Oberflächenproteom verschiedener S. aureus Stämme extrem variabel ist. Weniger als 10% der identifizierten Oberflächenproteine aller vier Stämme stimmten überein (Dreisbach et al., 2010). Eine optimale Analyse der Oberflächen¬proteine von S. aureus wird durch eine Kombination von Biotinylierung und Trypsin-Behandlung erreicht. Es konnte gezeigt werden, dass Sortase-Substrate insbesondere durch Trypsin zugänglich sind, während Lipoproteine optimal durch Biotinylierung analysiert werden können. Das Protokoll zur Trypsin-Behandlung wurde modifiziert, stark vereinfacht und ist auch zur Quantifizierung von Oberflächen¬proteinen geeignet. Durch Kombi¬nation beider Methoden mit 14N/15N-metabolischen Labeling konnten 221 Oberflächen¬proteine identifiziert und 158 quantifiziert werden. Hierbei wurde S. aureus unter Eisenmangel-bedingungen untersucht. In den Körperflüssigkeiten von Säugetieren herrschen Eisenmangelbedingungen, und diese fungieren als wichtiges Wirtssignal für die Bakterien um Virulenzproteine zu exprimieren. Unter diesen infektionsrelevanten in vitro Bedingungen wurden insbesondere Zelloberflächenproteine wie die eisenabhängigen Häm-bindenden Proteine IsdA, IsdB, IsdC und IsdD, sowie lipidver¬ankerte Eisen-bindende Proteine stark induziert gefunden (Hempel et al., unpublished).
Staphylococcus aureus (S. aureus) ist einer der meist gefürchtetsten pathogenen Mikroorganismen, der verantwortlich ist für eine Vielzahl von nosokomialen Infektionen und Krankheiten. S. aureus ist in der Lage, sich an verändernde Umweltbedingungen auf Ebene der Genexpression anzupassen, was zu unterschiedlichen Proteinzusammensetzungen und somit zu Veränderungen in der Metabolitenkomposition und metabolischen Aktivität führt. Außerdem stellt die Fähigkeit, Resistenzen gegen gegenwärtig genutzte Antibiotika zu entwickeln, eine Gefahr dar und macht diesen Keim in seiner Behandlung so schwierig. Für ein vollständiges Verstehen der Proteom-, Transkriptom- und Metabolomdaten ist die Untersuchung der Enzymaktivitäten ein entscheidendes Hilfsmittel. In der vorliegenden Arbeit wurden die enzymkatalytischen Eigenschaften sowie die spezifischen Enzymaktivitäten der Enzyme des Intermediär- und Fermentationsstoffwechsels untersucht. Aus Zellen der logarithmischen, transienten und stationären Wachstumsphase unter aeroben wie auch anaeroben Bedingungen wurden für die Enzyme das pH-Optimum, die maximale Reaktionsgeschwindigkeit (vmax) und die Substratkonzentration der halbmaximalen Reaktionsgeschwindigkeit (Km) bestimmt. In S. aureus COL wird die Glucose unter aeroben Bedingungen hauptsächlich über die Glycolyse metabolisiert. Glucose-6-phosphat wird weiter zu Pyruvat umgesetzt, welches wiederum durch die Pyruvat-Oxidase zu Acetylphosphat oder durch den Pyruvat-Dehydrogenase-Komplex zu Acetyl-CoA verstoffwechselt wird. Durch die Phosphatacetyl-Transferase wird das Acetyl-CoA im Folgenden ebenfalls zu Acetylphosphat umgesetzt und nicht dem Citrat-Zyklus zugeführt. Die Acetat-Kinase nutzt das Acetylphosphat zur Generierung von ATP. Geringe extrazelluläre Lactat-Konzentrationen weisen auf eine geringere Bedeutung der Lactat-Dehydrogenase unter aeroben Wachstumsbedingungen hin. Gleichwohl wird ein kleiner Teil des Pyruvates zur Regeneration von NAD+ durch die Lactat-Dehydrogenase genutzt. In der transienten und stationären Wachstumsphase werden die Gene der Enzyme für Gluconeogenese und Citrat-Zyklus vermehrt exprimiert. Lactat und Acetat werden als Kohlenstoff- und Energiequelle wieder aufgenommen und dienen der Bildung unterschiedlicher Intermediate, wie beispielsweise der Bildung von NADPH über Glucose-6-phosphat im Pentose-Phosphat-Weg. Lediglich die Citrat-Synthase, Isocitrat-Dehydrogenase und Fumarat-Hydratase des Citrat-Zyklus konnten enzymologisch untersucht werden, was auf eine geringe metabolische Aktivität im Citrat-Zyklus hinweist. Möglicherweise dient der erste Teil des Citrat-Zyklus nur der Einführung von Aminosäuren als Kohlen- und Stickstoffquelle in den Metabolismus. Unter anaeroben Bedingungen wird die Glucose in der Glycolyse und der gemischten Säuregärung zu Lactat und Ethanol umgesetzt. Hohe spezifische Enzymaktivitäten der Lactat- und Alkohol-Dehydrogenase konnten nachgewiesen werden. Die Energie in Form von ATP wird auch in dieser Phase des Wachstums durch Substratkettenphosphorylierung generiert. Bacillus subtilis 168 (B. subtilis 168) ist ein grampositives apathogenes Bakterium, das durch die Zugabe von Pyruvat auch zum Wachstum unter sauerstofffreien Bedingungen befähigt ist. Es exprimiert Enzyme der 2,3-Butandiol- und Lactatfermentation. In der hier vorliegenden Arbeit wurden die enzymkatalytischen Eigenschaften von Enzymen des Intermediär- und Fermentationsstoffwechsels untersucht. In der logarithmischen Wachstumsphase wird die Glucose über die Glycolyse verstoffwechselt. Wie bei S. aureus COL ist der Eintritt des Glucose-6-phosphates in den Pentose-Phosphat-Weg aufgrund einer höheren spezifischen Enzymaktivität der Glucose-6-phosphat-Isomerase limitiert. Die Energie in Form von ATP wird auch hier hauptsächlich über Substratkettenphosphorylierungsreaktionen generiert. Die Bedeutung der Lactat-Dehydrogenase-Aktivität unter aeroben Bedingungen ist noch nicht eindeutig geklärt, jedoch kann davon ausgegangen werden, dass auch hier ein Teil des Pyruvates zur Regeneration von NAD+ durch die Lactat-Dehydrogenase umgesetzt wird. Unter anaeroben Bedingungen wurden hohe Lactat-Dehydrogenasen-Aktivitäten gemessen. Außerdem wird die Glucose zur Regeneration von NAD+ zu D-2,3-Butandiol fermentiert. Zusammenfassend ist zu sagen, dass enzymologische Untersuchungen und die Erforschung der spezifischen Enzymaktivitäten unter bestimmten Bedingungen ein gutes Hilfsmittel für metabolische Studien ist und diese gut mit vorhandenen Proteom- und Metabolomdaten verglichen werden können. Enzymanalysen sind nicht einfach handhabbar, bieten aber die Möglichkeit, einen Blick in die Physiologie von Mikroorganismen zu werfen. Für ein allumfassendes Verständnis ist es wichtig, Enzymaktivitäten zu untersuchen.
Staphylococcus aureus, einer der häufigsten Erreger von Pneumonien, Endokardien und Sepsen (Frank et al. 2010), gehört bei nahezu einem Drittel der Bevölkerung zur normalen Nasenschleimhautflora (van Belkum et al. 2009) und kann unter bestimmten Risikobedingungen, vor allem in nosokomialer Umgebung, weiter in die unteren Atemwege vordringen und sich dort vermehren (van Belkum et al. 2009, Ahmed et al. 2015). Da das respiratorische Epithel von einer dicken, viskösen Mukusschicht bedeckt ist (Knowles & Boucher 2002), die Bakterien aufgrund ihrer Größe kaum durchdringen können, liegt die Hypothese nahe, dass es die sehr viel kleineren, löslichen Virulenzfaktoren der Bakterien sind, die den Mukus überqueren und einen ersten Pathogen-Wirt-Kontakt herstellen können. Das lösliche, porenbildende α-Hämolysin (Hämolysin a, Hla) ist einer der Haupt-Virulenzfaktor von S. aureus (Spaulding 2012). Studien hatten gezeigt, dass Hla auch in sublytischer Konzentration zu einer Auflösung der Zell-Zell- (Inoshima et al 2012) und Zell-Matrix-Kontakte (Hermann et al. 2015) humaner Atemwegsepithelzellen führte und so eine Lückenbildung im Zellverband induzierte. In vivo könnten solche Hla-vermittelten Prozesse dazu beitragen, dass eine erste Schädigung des Epithels erfolgt und die Überwindung der epithelialen Barriere für S. aures erleichtert wird. Die vorliegende Arbeit konnte in einem ersten Teil zeigen, dass diese Unfähigkeit von humanen Atemwegsepithelzellen (16HBE14o- und S9), nach Inkubation mit rHla den epithelialen Zusammenhalt aufrecht zu erhalten und entstandene parazelluläre Lücken durch aktive Migration zu schließen, auf eine rHla-induzierte Hyperphosphorylierung des fokalen Kontaktproteins Paxillin an Tyrosin 118 (und damit erhöhten Turnover der fokalen Kontakte) und Hypophosphorylierung des Actin-depolymerisierenden Faktors Cofilin an Serin 3 (und damit verstärkten Abbau von Stressfasern) zurückzuführen war. Der Hla-Effekt konnte so in fünf Prüfgrößen quantifizierbar erfasst werden: (1) Verlust des epithelialen Zusammenhalts, (2) Reorganisation des Actinzytoskeletts, (3) Auflösung fokaler Kontakte, (4) Hyperphosphorylierung von Paxillin und (5) Hypophosphorylierung von Cofilin. Im zweiten Teil der Arbeit wurden diese Prüfgrößen herangezogen, um den Mechanismus der Hla-Wirkung genauer aufzuklären. Durch Einsatz einer nichtporenbildenden Mutante rHla-H35L und dem Porenblocker IB201 konnte zunächst gezeigt werden, dass für die schädigenden Effekte auf den epithelialen Zusammenhalt der Zellen Ausbildung einer funktionellen Hla-Pore notwendig war und nicht Bindungsereignisse der Monomere, der Vorpore oder der Pore allein den Hla-Effekt auslösen konnten. Um die porenabhängigen Ereignisse zu untersuchen, wurden Ionenströme durch die Hla-Pore identifiziert und mit Ionomycin (erzeugt einen Calciumeinstrom) und Gramicidin (erzeugt einen Natriumeinstrom und Membrandepolarisierung) nachgebildet. Beide Ionenströme zusammen konnten den Hla-Effekt nahezu vollständig erzeugen. Die Ergebnisse wiesen darüber hinaus darauf hin, dass die Hla-erzeugten ionalen Veränderungen an der Membran unterschiedliche Signalveränderungen in der Zelle vermittelten: Calciumaktivierte Signalwege schienen vor allem für die beobachtete Paxillin-Phosphorylierung verantwortlich zu sein, während ein Natriumeinstrom zu einer Cofilin-Dephosphorylierung führte. Die genaue Signaltransduktion zwischen Einstrom der Ionen und (De-)Phosphorylierungsereignissen erfordert jedoch noch eine genauere Aufklärung. Des Weiteren konnte die Modellierung der Ionenströme den Hla-Effekt nicht komplett nachbilden, sodass wahrscheinlich zusätzliche porenabhängige Signalwege nach Hla-Behandlung (z.B. Verlust von ATP, Baaske & Richter et al. 2016) aktiviert werden.
Staphylococcus (S.) aureus besiedelt bei 30 % der gesunden Bevölkerung den Nasenraum, meist ohne Symptome zu verursachen (sog. Carrier). Die Bakterienspezies ist aber auch eine der häufigsten Ursachen für nosokomiale Infektionen mit zum Teil hoher Letalität, wie z. B. bei einer S. aureus-Sepsis. In den letzen Jahrzehnten haben sich multiresistente S. aureus-Isolate in und außerhalb der Krankenhäuser stark ausgebreitet. Dies lässt befürchten, dass eine erfolgreiche antibiotische Behandlung schwerer S. aureus-Infektionen in der Zukunft immer seltener möglich sein wird. Deshalb werden andere präventive und therapeutische Strategien wie Impfstoffe benötigt. Die Impfstoffentwicklung gestaltet sich jedoch schwierig. Zum einen ist die Variabilität der Spezies S. aureus sehr groß: Zwei Isolate können sich in bis zu 20 % ihres Genoms unterscheiden. Zum anderen ist auch die Immunantwort des Wirts sehr komplex. Die Mechanismen der angeborenen Immunabwehr sind bereits gut untersucht, das Zusammenspiel von S. aureus mit dem adaptiven Immunsystem dagegen weniger umfassend charakterisiert. Dabei ist gerade dies für die Vakzineentwicklung bedeutsam, denn jede erfolgreiche Vakzinierung beruht auf der Bildung eines Immungedächtnisses, der Kernkompetenz des adaptiven Immunsystems. Da sich die gegen S. aureus gerichtete adaptive Immunantwort von Individuum zu Individuum stark unterscheidet, ist die Entschlüsselung der zugrunde liegenden Mechanismen eine besondere Herausforderung. Die rasche Entwicklung von OMICs-Techniken ermöglicht nun erstmals eine umfassende Charakterisierung des Immunoms von S. aureus; der Gesamtheit der von B-Zellen (und Antikörpern) und T-Zellen erkannten bakteriellen Antigene. In dieser Arbeit sollten diese modernen Methoden eingesetzt werden, um einen Beitrag zum Verständnis der vielfältigen Interaktionen zwischen S. aureus und dem adaptiven Immunsystem zu leisten; mittelfristig soll dieses Projekt zur Entwicklung wirksamer Impfstoffe gegen S. aureus beitragen. Informativ erschien ein Vergleich der adaptiven Immunantwort bei S. aureus-Carriern und Patienten, weil er Aufschluss darüber verspricht, wie die Interaktion zwischen Erreger und Wirt in der Balance gehalten wird und was dieses Gleichgewicht stört. Weil die individuelle Antiköperantwort (IgG, IgA und IgM) in ihrer Komplexität und Variabilität erfasst werden sollte, wurde ein personalisierter Ansatz gewählt, d.h. mittels zweidimensionaler Immunoblots (2D-IB) wurde bei jedem S. aureus-Carrier oder Patienten die Antikörperantwort auf den eigenen kolonisierenden bzw. invasiven S. aureus-Stamm untersucht. Durch die Kombination mit massenspektrometrischen Analysen ließ sich das S. aureus-Immunom der Kolonisierung und der Bakteriämie herauskristallisieren. Um in der Zukunft auch S. aureus-spezifische T-Zellen charakterisieren zu können, wurde ein Verfahren für die Herstellung von humanen T-Zellbanken entwickelt, das die funktionelle Analyse von T-Lymphozyten auf Einzelzellebene ermöglicht.
Neue Antibiotika und Präventionsmaßnahmen gegen S. aureus sind aufgrund der starken Ausbreitung multiresistenter S. aureus-Stämme dringend erforderlich. Zur Entwicklung von Therapie- und Präventionsmaßnahmen werden geeignete Infektionsmodellen benötigt, die die klinische Situation möglichst exakt widerspiegeln. Da die Spezies S. aureus stark wirtsspezifisch ist, könnten wirtsadaptierte S. aureus-Stämme hierbei äußerst hilfreich sein. In der Infektionsforschung werden vor allem Mausmodelle verwendet. Da bisher jedoch angenommen wurde, dass Mäuse keine natürlichen Wirte von S. aureus sind, sind S. aureus-Forscher davon ausgegangen, dass Mäuse kein geeignetes Modell darstellen. Das wurde durch unsere und andere Arbeitsgruppen allerdings in den letzten Jahren widerlegt. Wir konnten zeigen, dass Labor- und Wildmäuse mit S. aureus besiedelt sind.
Im Rahmen dieser Arbeit sollte geklärt werden, ob murine Infektionsmodelle durch die Verwendung von mausadaptierten S. aureus-Stämmen optimiert werden können. Aus über 250 S. aureus-Stämmen, die aus Labor und Wildmäusen isoliert wurden, wurden vier mausadaptierte S. aureus-Isolate ausgewählt und mit dem humanen S. aureus-Isolat Newman in einem Pneumonie- und Bakteriämiemodell vergleichen. Diese Stämme wiesen einen repräsentativen spa-Typ sowie typischen Phagenmuster und Virulenzgene auf. Zudem waren sie in der Lage, murines Plasma zu koagulieren und in murinem Vollblut zu replizieren.
Es zeigte sich, dass das murine Isolat S. aureus DIP sowohl im Pneumonie- als auch im Bakteriämiemodell deutlich virulenter war als das humane Isolat Newman und die anderen getesteten mausadaptierten Stämme. Nach kürzester Zeit starben alle Tiere, die mit S. aureus DIP infiziert wurden. Wurde die Infektionsdosis im Vergleich zu Newman um 90 % reduziert, waren die bakterielle Last, der Belastungsscore, sowie die Zytokin- und Chemokinkonzentrationen nach Infektion mit S. aureus DIP bzw. S. aureus Newman vergleichbar. Im Besiedlungsmodell konnte gezeigt werden, dass die mausadaptierten Stämme S. aureus JSNZ sowie S. aureus DIP in der Lage sind, Mäuse über einen Zeitraum von 7 Tagen stabil zu besiedeln. Mäuse, die mit S. aureus Newman besiedelt waren, konnten den Stamm innerhalb dieses Zeitraums eliminieren. Die Genomsequenzierung der in vivo verwendeten S. aureus Stämme zeigte, dass lediglich S. aureus DIP für das Leukozidin LukMF‘ kodiert. Das lässt vermuten, dass die Präsenz des Virulenzfaktors für die gesteigerte Virulenz von S. aureus DIP verantwortlich sein könnte.
Des Weiteren sollten in dieser Arbeit ein Besiedlungsmodell mit murinen S. aureus-Isolaten etabliert und die beteiligten Immunzellen quantifiziert werden. Es zeigte sich, dass Mäuse mit murinen S. aureus-Isolaten bis zu 7 Tage besiedelt werden können wohingegen S. aureus Newman zu diesem Zeitpunkt nur noch in 20 % der Tiere nachweisbar war. Zudem konnte bei der intranasalen Besiedlung mit einer hohen Dosis S. aureus DIP [1 × 10^8 CFU] gezeigt werden, dass sowohl Th17-Zellen als auch γδ-T-Zellen nach 7 Tagen IL-17A, IL-17F und IL-22 produzieren. Jedoch konnte die Zytokinproduktion nur in Tieren nachgewiesen werden, die einen hohen Belastungsscore aufwiesen. Da nach 24 Stunden bei Tieren mit hohem Belastungsscore auch Bakterien in der Lunge detektiert wurde, ist anzunehmen, dass S. aureus diese Tiere nicht nur besiedelt, sondern bei ihnen auch eine Atemwegsinfektion verursacht hatte. Durch den geringen prozentualen Anteil an ILCs in den zervikalen Lymphknoten war es nicht möglich Rückschlüsse auf deren Zytokinproduktion zu ziehen. Somit gelang es zwar ein murines S. aureus-Besiedlungsmodell zu etablieren, jedoch kann keine Aussage zu den beteiligten Zellen des Immunsystems getroffen werden.
Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass Labormäuse mit mausadaptierten S. aureus-Stämmen länger besiedelt werden können als mit dem humanen Referenzstamm Newman. Zudem konnte mit Hilfe des mausadaptierten Stammes S. aureus DIP die Infektionsdosis im Pneumonie- und Bakteriämiemodell erheblich reduziert werden. Somit gelang es Mausmodelle durch die Verwendung von mausadaptierten S. aureus-Stämmen zu optimieren, auch wenn das nicht auf alle getesteten Isolate zutrifft. Durch die Anpassung an den murinen Wirt stellen mausadaptierte S. aureus-Stämme wie DIP und JSNZ ein physiologischeres Modell der Pathogen-Wirts-Interaktion dar. Die Verwendung eines solchen Stammes ermöglicht es ein besseres Verständnis für Infektionsprozesse und die Pathogen-Wirt-Interaktionen zu erlangen und dadurch eventuell neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.
Es ist zu berücksichtigen, dass auch die Verwendung mausadaptierter S. aureus-Stämme in murinen Besiedlungs- und Infektionsmodellen lediglich ein Modell darstellt, welches Vor- und Nachteile hat. Daher ist es essenziell, dass Wissenschaftler die Grenzen jedes Modellsystems kennen und das richtige Infektionsmodell (oder eine Kombination davon) auswählen, um ihre Forschungsfragen zu beantworten.