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Staphylococcus (S.) aureus besiedelt bei 30 % der gesunden Bevölkerung den Nasenraum, meist ohne Symptome zu verursachen (sog. Carrier). Die Bakterienspezies ist aber auch eine der häufigsten Ursachen für nosokomiale Infektionen mit zum Teil hoher Letalität, wie z. B. bei einer S. aureus-Sepsis. In den letzen Jahrzehnten haben sich multiresistente S. aureus-Isolate in und außerhalb der Krankenhäuser stark ausgebreitet. Dies lässt befürchten, dass eine erfolgreiche antibiotische Behandlung schwerer S. aureus-Infektionen in der Zukunft immer seltener möglich sein wird. Deshalb werden andere präventive und therapeutische Strategien wie Impfstoffe benötigt. Die Impfstoffentwicklung gestaltet sich jedoch schwierig. Zum einen ist die Variabilität der Spezies S. aureus sehr groß: Zwei Isolate können sich in bis zu 20 % ihres Genoms unterscheiden. Zum anderen ist auch die Immunantwort des Wirts sehr komplex. Die Mechanismen der angeborenen Immunabwehr sind bereits gut untersucht, das Zusammenspiel von S. aureus mit dem adaptiven Immunsystem dagegen weniger umfassend charakterisiert. Dabei ist gerade dies für die Vakzineentwicklung bedeutsam, denn jede erfolgreiche Vakzinierung beruht auf der Bildung eines Immungedächtnisses, der Kernkompetenz des adaptiven Immunsystems. Da sich die gegen S. aureus gerichtete adaptive Immunantwort von Individuum zu Individuum stark unterscheidet, ist die Entschlüsselung der zugrunde liegenden Mechanismen eine besondere Herausforderung. Die rasche Entwicklung von OMICs-Techniken ermöglicht nun erstmals eine umfassende Charakterisierung des Immunoms von S. aureus; der Gesamtheit der von B-Zellen (und Antikörpern) und T-Zellen erkannten bakteriellen Antigene. In dieser Arbeit sollten diese modernen Methoden eingesetzt werden, um einen Beitrag zum Verständnis der vielfältigen Interaktionen zwischen S. aureus und dem adaptiven Immunsystem zu leisten; mittelfristig soll dieses Projekt zur Entwicklung wirksamer Impfstoffe gegen S. aureus beitragen. Informativ erschien ein Vergleich der adaptiven Immunantwort bei S. aureus-Carriern und Patienten, weil er Aufschluss darüber verspricht, wie die Interaktion zwischen Erreger und Wirt in der Balance gehalten wird und was dieses Gleichgewicht stört. Weil die individuelle Antiköperantwort (IgG, IgA und IgM) in ihrer Komplexität und Variabilität erfasst werden sollte, wurde ein personalisierter Ansatz gewählt, d.h. mittels zweidimensionaler Immunoblots (2D-IB) wurde bei jedem S. aureus-Carrier oder Patienten die Antikörperantwort auf den eigenen kolonisierenden bzw. invasiven S. aureus-Stamm untersucht. Durch die Kombination mit massenspektrometrischen Analysen ließ sich das S. aureus-Immunom der Kolonisierung und der Bakteriämie herauskristallisieren. Um in der Zukunft auch S. aureus-spezifische T-Zellen charakterisieren zu können, wurde ein Verfahren für die Herstellung von humanen T-Zellbanken entwickelt, das die funktionelle Analyse von T-Lymphozyten auf Einzelzellebene ermöglicht.
Staphylococcus aureus (S. aureus) ist einer der meist gefürchtetsten pathogenen Mikroorganismen, der verantwortlich ist für eine Vielzahl von nosokomialen Infektionen und Krankheiten. S. aureus ist in der Lage, sich an verändernde Umweltbedingungen auf Ebene der Genexpression anzupassen, was zu unterschiedlichen Proteinzusammensetzungen und somit zu Veränderungen in der Metabolitenkomposition und metabolischen Aktivität führt. Außerdem stellt die Fähigkeit, Resistenzen gegen gegenwärtig genutzte Antibiotika zu entwickeln, eine Gefahr dar und macht diesen Keim in seiner Behandlung so schwierig. Für ein vollständiges Verstehen der Proteom-, Transkriptom- und Metabolomdaten ist die Untersuchung der Enzymaktivitäten ein entscheidendes Hilfsmittel. In der vorliegenden Arbeit wurden die enzymkatalytischen Eigenschaften sowie die spezifischen Enzymaktivitäten der Enzyme des Intermediär- und Fermentationsstoffwechsels untersucht. Aus Zellen der logarithmischen, transienten und stationären Wachstumsphase unter aeroben wie auch anaeroben Bedingungen wurden für die Enzyme das pH-Optimum, die maximale Reaktionsgeschwindigkeit (vmax) und die Substratkonzentration der halbmaximalen Reaktionsgeschwindigkeit (Km) bestimmt. In S. aureus COL wird die Glucose unter aeroben Bedingungen hauptsächlich über die Glycolyse metabolisiert. Glucose-6-phosphat wird weiter zu Pyruvat umgesetzt, welches wiederum durch die Pyruvat-Oxidase zu Acetylphosphat oder durch den Pyruvat-Dehydrogenase-Komplex zu Acetyl-CoA verstoffwechselt wird. Durch die Phosphatacetyl-Transferase wird das Acetyl-CoA im Folgenden ebenfalls zu Acetylphosphat umgesetzt und nicht dem Citrat-Zyklus zugeführt. Die Acetat-Kinase nutzt das Acetylphosphat zur Generierung von ATP. Geringe extrazelluläre Lactat-Konzentrationen weisen auf eine geringere Bedeutung der Lactat-Dehydrogenase unter aeroben Wachstumsbedingungen hin. Gleichwohl wird ein kleiner Teil des Pyruvates zur Regeneration von NAD+ durch die Lactat-Dehydrogenase genutzt. In der transienten und stationären Wachstumsphase werden die Gene der Enzyme für Gluconeogenese und Citrat-Zyklus vermehrt exprimiert. Lactat und Acetat werden als Kohlenstoff- und Energiequelle wieder aufgenommen und dienen der Bildung unterschiedlicher Intermediate, wie beispielsweise der Bildung von NADPH über Glucose-6-phosphat im Pentose-Phosphat-Weg. Lediglich die Citrat-Synthase, Isocitrat-Dehydrogenase und Fumarat-Hydratase des Citrat-Zyklus konnten enzymologisch untersucht werden, was auf eine geringe metabolische Aktivität im Citrat-Zyklus hinweist. Möglicherweise dient der erste Teil des Citrat-Zyklus nur der Einführung von Aminosäuren als Kohlen- und Stickstoffquelle in den Metabolismus. Unter anaeroben Bedingungen wird die Glucose in der Glycolyse und der gemischten Säuregärung zu Lactat und Ethanol umgesetzt. Hohe spezifische Enzymaktivitäten der Lactat- und Alkohol-Dehydrogenase konnten nachgewiesen werden. Die Energie in Form von ATP wird auch in dieser Phase des Wachstums durch Substratkettenphosphorylierung generiert. Bacillus subtilis 168 (B. subtilis 168) ist ein grampositives apathogenes Bakterium, das durch die Zugabe von Pyruvat auch zum Wachstum unter sauerstofffreien Bedingungen befähigt ist. Es exprimiert Enzyme der 2,3-Butandiol- und Lactatfermentation. In der hier vorliegenden Arbeit wurden die enzymkatalytischen Eigenschaften von Enzymen des Intermediär- und Fermentationsstoffwechsels untersucht. In der logarithmischen Wachstumsphase wird die Glucose über die Glycolyse verstoffwechselt. Wie bei S. aureus COL ist der Eintritt des Glucose-6-phosphates in den Pentose-Phosphat-Weg aufgrund einer höheren spezifischen Enzymaktivität der Glucose-6-phosphat-Isomerase limitiert. Die Energie in Form von ATP wird auch hier hauptsächlich über Substratkettenphosphorylierungsreaktionen generiert. Die Bedeutung der Lactat-Dehydrogenase-Aktivität unter aeroben Bedingungen ist noch nicht eindeutig geklärt, jedoch kann davon ausgegangen werden, dass auch hier ein Teil des Pyruvates zur Regeneration von NAD+ durch die Lactat-Dehydrogenase umgesetzt wird. Unter anaeroben Bedingungen wurden hohe Lactat-Dehydrogenasen-Aktivitäten gemessen. Außerdem wird die Glucose zur Regeneration von NAD+ zu D-2,3-Butandiol fermentiert. Zusammenfassend ist zu sagen, dass enzymologische Untersuchungen und die Erforschung der spezifischen Enzymaktivitäten unter bestimmten Bedingungen ein gutes Hilfsmittel für metabolische Studien ist und diese gut mit vorhandenen Proteom- und Metabolomdaten verglichen werden können. Enzymanalysen sind nicht einfach handhabbar, bieten aber die Möglichkeit, einen Blick in die Physiologie von Mikroorganismen zu werfen. Für ein allumfassendes Verständnis ist es wichtig, Enzymaktivitäten zu untersuchen.
Für die Bekämpfung bakterieller Infektionen ist das angeborene Immunsystem von essenzieller Bedeutung. Im Rahmen dieser Promotion wurden murine angeborene Immunmechanismen bei systemischer Infektion mit Burkholderia pseudomallei, dem gram-negativen Erreger der Melioidose, sowie pulmonaler Infektion mit dem gram-positiven Erreger Staphylococcus aureus bei genetisch heterogenen BALB/c- und C57BL/6-Mäusen untersucht. Für in vitro-Untersuchungen wurde zunächst im ersten Teil eine Methode zur serumfreien Kultivierung von primären Makrophagen aus murinen Knochenmarkstammzellen unter Verwendung des lipoproteinreduzierten Serumsupplements Panexin® etabliert. Derart kultivierte Makrophagen von BALB/c- und C57BL/6-Mäusen wiesen wichtige Effektor-funktionen wie die Fc-Rezeptor-vermittelte Phagozytose und bakterizide Aktivität auf. Außerdem gelang es, die in der Literatur unter FCS-Bedingungen beschriebenen polarisierten Makrophagen-Phänotypen auch unter serumfreien Bedingungen funktionell nachzuweisen. So wiesen C57BL/6-Makrophagen im Vergleich zu BALB/c-Makrophagen ein deutlich höheres bakterizides Potenzial gegenüber B. pseudomallei auf und produzierten größere Mengen des zytotoxischen Stickoxids, unterschieden sich jedoch nicht in ihrer Fähigkeit, E. coli zu eliminieren. Im zweiten Teil der Arbeit konnte mithilfe dieses standardisierten Zellkultursystems gezeigt werden, dass Caspase-1 bereits in der Frühphase der B. pseudomallei-Infektion IFNγ-unabhängig für die bakterizide Potenz der Makrophagen erforderlich ist, die Caspase-1-Aktivität andererseits im gleichen Zeitraum jedoch eine Zunahme des zytotoxischen Erregereffektes verursacht. Durch die gestörte intrazelluläre Erregerelimination unmittelbar nach Infektion kam es im weiteren zeitlichen Verlauf zur Zunahme des erregerabhängigen Zelltodes, für den in der Literatur allerdings ursächlich auch das Fehlen verzögerter Caspase-1-abhängiger protektiver Effekte diskutiert wird. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass Caspase-1 eine essenzielle Bedeutung für die in vivo-Resistenz und Generierung der inflammatorischen Zytokinantwort hat, welche zur Überwindung der akuten Infektion beiträgt. Während die Caspase-1-Expression bei unterschiedlich empfänglichen BALB/c- und C57BL/6-Makrophagen nach Infektion vergleichbar war, könnte die gesteigerte IL-1β-Produktion bei resistenteren C57BL/6-Makrophagen darauf hinweisen, dass unterschiedliche Aktivitäten des Enzyms in Mausstämmen mit unterschiedlichen genotypischen Eigenschaften den Verlauf der murinen Melioidose beeinflussen. Im letzten Teil dieser Dissertation wurde erstmals am Beispiel von BALB/c- und C57BL/6-Mäusen ein vergleichendes S. aureus-Pneumoniemodell entwickelt, bei dem BALB/c-Mäuse neben einer höheren Empfänglichkeit auch eine verminderte Fähigkeit aufwiesen, den Erreger aus der Lunge zu eliminieren. Während neutrophile Granulozyten für das Überleben erforderlich waren und die Organkeimzahlen signifikant zu reduzieren vermochten, steigerten Makrophagen die Mortalität, ohne jedoch Einfluss auf die Bakterienelimination zu haben. Für diese Mortalitätszunahme könnte eine überschießende Zytokinantwort mit der Folge eines Zytokinschocks verantwortlich sein. Schließlich wurde gezeigt, dass das bakterielle sae-Regulon, welches die Expression verschiedener bakterieller Proteine steuert, sowohl für die Virulenz, als auch für die intrapulmonale Persistenz des Erregers in diesem Infektionsmodell von entscheidender Bedeutung ist. Die zu beobachtenden Unterschiede in Mortalität und Organkeimzahlen belegen zugleich, dass das etablierte Mausmodell eine für die Untersuchung bakterieller Virulenzfaktoren ausreichende Sensitivität aufweist.
Hintergrund: Wie in vielen anderen Bereichen der Medizin kann ein Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) auch zahnmedizinisches Personal sowie ihre Patient*innen besiedeln. Studien zur Prävalenz von MRSA und Methicillin-sensiblem S. aureus (MSSA) bei dieser Berufsgruppe sowie zum Trageverhalten bei persönlicher Schutzausrüstung (PSA) sind jedoch rar.
Ziel: Es wurde eine Beobachtungsstudie (StaphDent Studie) durchgeführt, um die Prävalenz von MRSA und MSSA bei Zahnärzt*innen und zahnärztlichem Personal in der Region Mecklenburg-Vorpommern zu bestimmen. Des Weiteren sollte die Compliance zum Einhalten der Hygienemaßnahmen anhand des Trageverhaltens von PSA ausgewertet werden, um daraus mögliche Rückschlüsse in Bezug auf die Prävalenz von MRSA und MSSA ableiten zu können.
Methoden: Von Zahnärzt*innen (n= 149), zahnärztlichem Personal (n= 297) sowie von weiteren Praxisangestellten wurden zum größten Teil im Selbsttestverfahren Nasenabstriche entnommen. Es erfolgte die Auswertung im Fachbereich Mikrobiologie. Die klonale Verwandtschaft der MSSA-Isolate wurde durch spa-Typisierung und in einigen Fällen durch Ganzgenomsequenzierung charakterisiert. Die Verwendung von PSA wurde anhand eines Fragebogens ermittelt.
Ergebnisse: Während 23,7% (115/485) der Teilnehmenden mit MSSA kolonisiert waren, konnte MRSA in keiner der Proben nachgewiesen werden. Die MSSA-Prävalenz steht in keinem statistischen Zusammenhang mit der Praxisgröße, dem Geschlecht, dem Alter oder der Dauer der Beschäftigung. Die identifizierten 61 spa-Typen ließen sich 17 klonalen Komplexen und vier Sequenztypen zuordnen. Die meisten spa-Typen (n= 51) wurden nur einmal nachgewiesen. In 10 Zahnarztpraxen trat ein spa-Typ zweimal auf. Die Ganzgenomsequenzierung bestätigt eine enge klonale Beziehung für 4/10 dieser Isolatpaare. PSA wurde von den meisten Zahnärzt*innen und ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen regelmäßig verwendet.
Schlussfolgerung: Der fehlende Nachweis von MRSA spiegelt die geringere MRSA-Prävalenz in dieser Berufsgruppe wider. Das zum größten Teil konsequente Tragen der PSA und die damit verbundene hohe Compliance bei der Einhaltung der Hygienemaßnahmen scheinen für dieses Ergebnis ursächlich zu sein.
Zielsetzung: Die antimikrobielle Wirksamkeit von kaltem Atmosphärendruckplasma(CAP), auch als gewebeverträgliches Plasma (TTP) bezeichnet,könnte eine aussichtsreiche Option zur Eradikation von Methicillinempfindlichen ebenso wie von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen sein, die oft chronische Wunden kolonisieren. Bisher wurde der Einfluss von CAP auf die Antibiotikaempfindlichkeit von S. aureus kaum untersucht. Da eine Veränderung der Antibiotikaempfindlichkeit für die Wundbehandlung relevant sein könnte, sollte der Einfluss von CAP auf die Empfindlichkeit verschiedener S. aureus-Stämme gegen unterschiedliche Antibiotika untersucht werden.
Methode: Im Agardiffusionstest wurden Antibiotikatestplättchen mit Cefuroxim, Gentamicin, Oxacillin, Vancomycin, Ciprofloxacin, Co-Trimoxazol, Clindamycin und Erythromycin eingesetzt. Die Teststämme wurden auf Agar ausplattiert und mit CAP exponiert, bevor die Testplättchen aufgelegt wurden. Nach 24 h Bebrütung wurden die Inhibitionszonen gemessen und statistisch auf Unterschiede geprüft.
Ergebnisse: In den meisten Fällen war die Einfluss von CAP auf die Antibiotikaempfindlichkeit zu vernachlässigen. Für zwei Stämme wurde die Empfindlichkeit gegenüber β-Lactam-Antibiotika signifikant herabgesetzt.
Schlussfolgerung: Da CAP die Antibiotikaempfindlichkeit beeinflussen kann, sollten vor beabsichtigter kombinierter lokaler CAP-Behandlung und gleichzeitiger systemischer Antibiotikagabe Interaktionen in vitro untersucht werden, um unerwünschte Kombinationseffekte auszuschließen.
Das Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung und Etablierung von Methoden zur absoluten und relativen Proteinquantifizierung. In darauf aufbauenden Studien sollten diese Methoden für die Untersuchung physiologisch relevanter Fragestellungen in Bakterien genutzt werden. Zum tieferen Verständnis der Bakterienphysiologie ist es unabdingbar, Mengenänderungen von Proteinen hochaufgelöst darstellen zu können. Relative Proteinquantifizierung erlaubt dabei die Untersuchung von Änderungen der Menge eines Proteins zwischen verschiedenen Proben eines Experiments. Im Rahmen der hier vorgelegten Arbeit wurden 2D PAGE und gelfreie massenspektrometrische Methoden in einer Studie (Tefon et al. 2011, Artikel I) angewendet, um Oberflächen- und Immunoproteine zweier Vakzinationsstämme des humanpathogenen Bakteriums Bordetella pertussis zu charakterisieren. Die relative Proteinquantifizierung erlaubt zwar Rückschlüsse auf die Mengenänderung eines Proteins zwischen verschiedenen Bedingungen, ermöglicht aber nur bedingt Aussagen über die absolute Menge der Proteine. Gerade absolute Proteinmengen und damit Proteinkonzentrationen sind jedoch Grundvoraussetzung für ein zielorientiertes Verwenden der gewonnenen Daten nicht nur im Kontext der Systembiologie. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine Methode entwickelt, in der durch Kombination zweier etablierter Proteomik-Methoden die absolute Quantifizierung für einen großen Teil der cytosolischen Proteine eines Organismus ermöglicht wird. In dieser Methode werden ausgewählte Proteine, deren genaue Konzentration durch gerichtete Massenspektrometrie bestimmt wurde, für die Kalibration von hoch auflösenden 2D Gelen genutzt (Maass et al. 2011, Artikel II). Um das Potential dieses Verfahrens zu verdeutlichen, wurde es für die Analyse der Anpassung von Bacillus subtilis und Staphylococcus aureus an Glukosehunger angewendet. Dabei konnten für 467 Proteine von B. subtilis in drei Zeitpunkten Proteinkonzentrationen bestimmt werden. Für die Etablierung der Methoden waren verschiedene Vorarbeiten nötig: I) Selektion geeigneter Kalibrationsproteine, II) Selektion geeigneter Standardpeptide und Optimierung der massenspektrometrischen Parameter zu deren absoluten Quantifizierung, III) Selektion eines geeigneten, proteinunspezifischen und hoch sensitiven Gelfarbstoffes, IV) Testung verschiedener Zellaufschlussmethoden und Etablierung einer Methode zur Bestimmung der Zellaufschlusseffizienz, V) Testung verschiedener Proteinbestimmungsmethoden zur genauen Bestimmung der Gesamtproteinkonzentration im komplexen cytosolischen Extrakt und VI) Optimierung der vollständigen enzymatischen Spaltung aller Proteine vor der massenspektrometrischen Analyse. Im Rahmen dieser Arbeit konnte außerdem gezeigt werden, dass sich die Kalibration der 2D Gele für die Ermittlung absoluter Daten zwischen Gelen übertragen lässt, was den Aufwand für große Zeitreihenexperimente deutlich reduziert. Die Genauigkeit und der dynamische Bereich 2D-gelbasierter relativer und absoluter Proteinquantifizierung kann durch eine erhöhte Reproduzierbarkeit, Auflösung und Sensitivität der Gele verbessert werden. Die Etablierung von HPE-Gelen führte zu 25 % mehr detektierbaren und damit quantifizierbaren Proteinspots und Proteinen bei deutlich erhöhter Reproduzierbarkeit (Moche et al. 2013, Artikel III). Die zusätzlich höhere Anzahl von Gelen mit quantifizierbarer Qualität verringert außerdem den Zeit- und Kostenaufwand vor allem für komplexe experimentelle Ansätze. Die neue Methode zur gelbasierten absoluten Proteinquantifizierung wurde in einer Folgestudie angewendet, um die Konzentrationen von mehr als 700 Proteinen von B. subtilis während der physiologisch relevanten Anpassung an verschiedene Stressbedingungen, nämlich Glukosehunger und Hitzestress, zu bestimmen (Maaß et al. 2014, Artikel IV). Der Vergleich der beiden Stressbedingungen ermöglicht eine Unterscheidung der generellen von der spezifischen Stressantwort, wobei die Analyse der Daten durch Berechnung der Proteinkosten und der Ressourcenverteilung auf verschiedene metabolische Pfade und regulatorische Einheiten unterstützt wurde. Da die Nutzung von 2D PAGE zur Proteinquantifizierung auf im Gel detektierbare Proteine beschränkt ist, ist es für eine höhere Proteomabdeckung sinnvoll, gelbasierte Methoden mit gelfreien Methoden zu ergänzen. Deshalb wurde eine Methode zur labelfreien MS-basierten absoluten Quantifizierung von Proteinen im großen Maßstab entwickelt und etabliert. In dieser gel- und labelfreien Quantifizierungstechnik wurde datenunabhängige, parallele Fragmentierung aller zeitgleich eluierenden Vorläufermoleküle (LC-MSE) genutzt. Auch für diese Methode der absoluten Proteinquantifizierung bildeten die im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Probenaufbereitungsverfahren die Grundlage (Muntel et al. 2014, Artikel V).
Das Gram-positive Bakterium S. aureus besiedelt rund 20 % der Menschen persistent und asymptomatisch, während sich bei den anderen Phasen der Kolonisation und Nicht-Kolonisation abwechseln. Als opportunistisches Pathogen kann S. aureus seinen Wirt auch infizieren und eine Vielzahl von Krankheitsbildern hervorrufen. Diese reichen von oberflächlichen Haut- und Weichteilinfektionen bis hin zu komplexen Infektionsgeschehen wie der Sepsis und können den Tod der betroffenen Person zur Folge haben. Antibiotika-resistente Varianten wie Methicillin-resistente S. aureus (MRSA) verkomplizieren die Therapie und sind als „Krankenhauskeime“ gefürchtet. Die Kolonisierung und Infektion mit MRSA beschränkt sich allerdings nicht nur auf Gesundheitseinrichtungen, sondern etablierte sich auch in der Allgemeinbevölkerung sowie in Landwirtschaftsbetrieben. Da S. aureus neben dem Menschen ebenfalls eine Vielzahl von Wild- und Nutztieren kolonisieren und infizieren kann, welche als Reservoir, Überträger sowie als Brutstätten neuer Varianten fungieren, ist ein holistischer Ansatz wie das „One Health“-Konzept gefordert, um Ausbreitung und Infektionen unter Kontrolle zu halten.
Dies erfordert geeignete Tiermodelle, um die komplexen Interaktionen von S. aureus mit seinem Wirt zu analysieren und therapeutisch zu beeinflussen. Am häufigsten werden dafür etablierte Labormaus-Stämme (z.B. C57BL/6, BALB/c) eingesetzt und mit S. aureus-Stämmen des Menschen kolonisiert oder infiziert. Weil S. aureus jedoch einen Wirtstropismus ausbildet, ist die Aussagekraft solcher Mausmodelle durch die Inkompatibilität zwischen Erreger und Wirt limitiert. Manche Aspekte der Wirt-Pathogen-Interaktion lassen sich in diesen Modellen gar nicht untersuchen. Hier könnten murin-adaptierte S. aureus-Stämme eine bessere Option sein, zumal Vorarbeiten unserer Arbeitsgruppe zeigten, dass Mäuse natürliche Wirte von S. aureus sind.
In dieser Arbeit sollte daher untersucht werden, ob Befunde aus dem Menschen in der Maus repliziert werden können, wo die Limitationen von Mausmodellen liegen und wie mögliche Optimierungsansätze aussehen könnten. Weitere Schwerpunkte lagen auf Analysen der Populationsstruktur von S. aureus in murinen Spezies unterschiedlicher Habitate und der Adaptation muriner S. aureus-Isolate an ihren Wirt. Außerdem wurden Maus-adaptierte Stämme in Infektions- und Kolonisationsmodellen eingesetzt, um ihre Eignung im Mausmodell zu testen.
In einer Originalarbeit (Mrochen et al.; Front. Immunol.; 2021) haben wir anhand der Immunantwort auf die beiden S. aureus-Virulenzfaktoren SplB und GlpQ beschrieben, dass Daten aus klinischen Studien in der Maus rekapituliert werden können. S. aureus-naive Mäuse zeigten nach Vakzinierung mit SplB eine sehr ähnliche Polarität der Immunantwort wie Menschen nach natürlicher Besiedlung/Infektion mit S. aureus. Mäuse reagierten mit einer Th2-Antwort auf das nicht-adjuvantierte Protein SplB, zudem war die Anzahl an Eosinophilen in der Milz signifikant erhöht. Im Serum der Mäuse ließ sich SplB-spezifisches IgE messen. Damit spiegelte das Mausmodell den beim Menschen bekannten Typ2-Bias der Immunreaktion auf Spls von S. aureus wider. GlpQ löste hingegen ohne Adjuvans keine messbare Immunreaktion aus, hatte also eine geringe Immunogenität. Dies zeigt, dass S. aureus-naive Mäuse sich dazu eignen könnten, die intrinsische Immunogenität und das Immunpolarisationspotential von S. aureus-Proteinen zu untersuchen, was für die Entwicklung von S. aureus-Vakzinen von Bedeutung ist.
In einem Übersichtsartikel (Mrochen et al.; Int. J. Mol. Sci.; 2020) haben wir die Limitationen von konventionellen S. aureus-Infektionsmodellen, bei denen Mäuse mit human-adaptierten S. aureus-Isolaten infiziert werden, veranschaulicht und Alternativen aufgezeigt. Zunächst stellten wir den Wirtstropismus von S. aureus und Mechanismen der Wirtsanpassung dar. Darauf aufbauend diskutierten wir einige Limitationen konventioneller Mausmodelle. Wir betrachteten Aspekte der genetischen Variation der verwendeten Maus- und S. aureus-Stämme, wirtsspezifische Virulenzfaktoren, Unterschiede des humanen und murinen Immunsystems, den Einfluss des murinen Mikrobioms und der verwendeten Infektionsdosen. Zusammenfassend kann dazu gesagt werden, dass durch die Inkompatibilitäten zwischen humanen S. aureus-Isolaten und der Maus die bakterielle Fitness und Virulenz eingeschränkt ist. Dies kann die Aussagekraft von Experimenten massiv einschränken. Beispielsweise können in ihrer Affinität verminderte Rezeptor-Ligand-Interaktionen die Akquisition von Nährstoffen erschweren und die Wirkungslosigkeit bestimmter Virulenzfaktoren (wie z.B. Superantigenen) die Immunevasion behindern. Wir haben daraufhin alternative Modell-Ansätze vorgestellt und diskutiert, welche unterschiedliche Aspekte der Wirt-S. aureus-Interaktion verbessern sollen (humanisierte Mäuse, dirty mice, Wildlinge). Die ebenfalls mögliche Verwendung murin-adaptierter S. aureus-Stämme beseitigt Inkompatibilitäten zwischen Maus und S. aureus komplett, kann aber manche humanspezifischen Vorgänge nicht modellieren.
In zwei weiteren Originalarbeiten (Mrochen et al.; Int. J. Med. Microbiol.; 2018 und Raafat et al.; Toxins; 2020) haben wir die Populationsstruktur von S. aureus in Labormäusen bzw. Ratten unterschiedlicher Habitate (Labor, Wildnis) beschrieben und die Adaptation der Bakterien an diese Wirte dargestellt. Rund um den Globus sind Labormäuse mit S. aureus besiedelt. Einige murine Isolate gehörten zu klonalen Komplexen wie CC1, CC5, CC8 und CC15, die sich auch beim Menschen finden, sodass hier eine Übertragung vom Menschen auf die Maus wahrscheinlich ist. Dennoch zeigten viele der Isolate eindeutige Zeichen einer Wirtsadaptation. So waren humanspezifische Virulenzfaktoren seltener als bei humanen Referenzisolaten gleicher Linien vorhanden. 47 % der Isolate gehörten jedoch zum klonalen Komplex CC88, der selten beim Menschen ist. Diese Linie war in Vorarbeiten unserer Arbeitsgruppe bereits als murin-adaptiert identifiziert worden, was sich hier bestätigte.
Bei Laborratten zeigte sich ein ähnliches Bild. Auch hier wurden viele Stämme isoliert, die zu typisch humanen Linien (z.B. CC1, CC8, CC15) gehören, außerdem CC88-Isolate. Sie zeigten Zeichen einer Adaptation an Ratten. S. aureus-Isolate aus Wildratten und aus von Wildratten abstammenden Ratten in Gefangenschaft besaßen eine vollkommen andere Populationsstruktur. Hier fanden sich u.a. Linien (CC49, CC130, ST890), die wir in einer anderen Studie aus Wildmäusen isoliert haben. Auch sie wiesen die Zeichen einer Wirtsadaptation auf.
Diese Studien zeigen, dass die Besiedlung von Labormäusen und -ratten durch S. aureus weit verbreitet ist und vermutlich meist vom Menschen ausgeht. Dennoch weisen die Laborstämme Anzeichen einer Adaptation an die Nager auf, was eine längere Kontaktzeit voraussetzt, die diese evolutionären Vorgänge ermöglicht. Die Besiedlung der Labortiere hat zudem Folgen für die Konstitution des Immunsystems, da es auf dieses Bakterium geprimt wird. Weiterhin kann eine Besiedlung zu opportunistischen Infektionen führen. Folglich sollte bei Experimenten stets der S. aureus-Besiedlungsstatus erfasst werden, um einen etwaigen Einfluss auf die erzielten Ergebnisse ausschließen bzw. nachweisen zu können. Bei Wildnagern und ihren Verwandten weist S. aureus eine andere Populationsstruktur auf, welche über einen gewissen Zeitraum auch in Gefangenschaft stabil zu sein scheint. Wildtiere sind damit ein bedeutendes Reservoir und potentielle Überträger von S. aureus, aber ebenfalls eine Quelle neuer Stämme, die zu Forschungszwecken eingesetzt werden könnten.
In zwei weiteren Originalarbeiten (Trübe et al.; Int. J. Med. Microbiol.; 2019 und Fernandes et al.; Microorganisms; 2021) haben wir die Eignung verschiedener murin-adaptierter Stämme in Infektions- und Kolonisationsmodellen diskutiert. S. aureus-Isolate aus Wild- und Labormäusen wurden in BALB/c-Mäusen mit dem humanen Stamm Newman verglichen. Ein CC49-Isolat (S. aureus DIP), das aus Rötel- und Gelbhalsmäusen stammte, erwies sich als besonders virulent und provozierte selbst in einer im Vergleich mit dem Stamm Newman zehnfach geringeren Infektionsdosis vergleichbare Symptome und Immunreaktionen. Die geringere Infektionsdosis ist wahrscheinlich klinisch relevanter, da pathophysiologische Eigenschaften von S. aureus auch dichteabhängig reguliert werden (quorum sensing).
In einem Kolonisationsmodell mit dem murin-adaptierten Laborstamm JSNZ wurde die dekolonisierende Wirkung von Aurintricarbonsäure (ATA) evaluiert. ATA war zuvor in breit angelegten in vitro-Screenings als potenter Adhäsionsinhibitor identifiziert worden. C57BL/6-Mäuse wurden mit JSNZ kolonisiert und anschließend mit ATA behandelt. Leider war ATA im Mausmodell wirkungslos, während mit der in der Klinik eingesetzten Kontrollsubstanz Mupirocin eine vollständige Dekolonisation erreicht werden konnte. JSNZ bestätigte sich jedoch als persistierender Besiedler der Maus. Dieses Besiedlungsmodell ist daher sehr gut geeignet, um neue Agenzien für eine S. aureus-Dekolonisierung zu testen oder die Wirt-Pathogen-Interaktion bei der Kolonisation im Detail zu analysieren.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass sich Mausmodelle besser für die Forschung an S. aureus eignen als bisher angenommen. Trotzdem muss die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen stets kritisch überprüft werden. Die Maus-adaptierten S. aureus-Stämme sind ein neues und potentes Werkzeug, die S. aureus-Forschung zu optimieren. Von besonderem Interesse ist die Möglichkeit, Mäuse persistent zu kolonisieren, wie dies typisch für die Interaktion von S. aureus mit seinem menschlichen Wirt ist. Diese wichtige Facette im Zusammenspiel zwischen dem Erreger und seinem Wirt wird nun erstmals der experimentellen Forschung zugänglich.
Das alpha-Toxin (Hla) von Staphylococcus aureus (S. aureus) spielt eine bedeutende Rolle bei S. aureus-induzierten Pneumonien. Hla bindet zunächst als Monomer an die Plasmamembran eukaryotischer Wirtszellen und assoziiert sich zu heptameren Transmembranporen. Die Sensitivität gegenüber dem Toxin ist bei verschiedenen Atemwegsepithelzelllinien unterschiedlich ausgeprägt. Die Gründe dafür sind bis jetzt nicht vollends verstanden. Mögliche Faktoren, die einen Einfluss auf die Hla-Sensitivität der Zellen haben, könnten die Rezeptordichte und Effizienz der Porenbildung sowie die Entsorgung von Poren aus der PM durch Internalisierung und Degradation (lysosomal, proteasomal) oder durch Ausschleusung von extrazellulären Vesikeln in den Extrazellularraum sein.
Ziel dieser Arbeit war es, die Bedeutung der Faktoren, die einen Einfluss auf die Toxin-Sensitivität von Wirtszellen haben könnten, am Beispiel der drei Atemwegs-Modellzelllinien 16HBE14o-, S9 sowie A549 genauer zu untersuchen.
Dabei konnte gezeigt werden, dass die Menge an rHla, allem voran die Abundanz der Heptamere in der Plasmamembran der Zellen, einen starken Einfluss auf die Toxinsensitivität (gemessen an der Rate parazellulärer Lückenbildung in den Zellverbänden) der Zelllinien hat. Diese Ergebnisse korrelierten am besten mit der Häufigkeit des potenziellen Hla-Rezeptors ADAM10 in der Plasmamembran der drei Zelltypen, aber auch das Phospholipid Sphingomyelin scheint ebenfalls einen Einfluss auf die Hla-Sensitivität der Zellen zu haben. Die Zellgröße, der für die Hla-Vorpore stabilisierende Faktor Caveolin-1, Integrin α5β1 als weiterer möglicher Hla-Rezeptor und die Lipide Phosphatidylcholin/-serin zeigten dagegen keine Korrelation zur Hla-Sensitivität der drei Atemwegsepithelzelllinien. Das Lipid Phosphatidylethanolamin wies zwar das gleiche Muster wie das des Sphingomyelins bei den Zelllinien auf, jedoch muss eine mögliche Bedeutung des Lipids in der Hla-Bindung und/oder -Heptamerisierung erst noch untersucht werden.
Untersuchungen der Internalisierung des Toxins zeigten, dass von den drei Atemwegsepithelzelllinien nur die S9-Zellen in der Lage waren die rHla-Heptamere effizient zu internalisieren. Dabei konnte unter Verwendung der rHla-Mutante rH35L, die keine Transmembranpore ausbilden kann, gezeigt werden, dass die Internalisierung der Toxin-Heptamere wahrscheinlich Poren-unabhängig geschieht. Durch die Überprüfung des rHla-Abbaus in S9-Zellen nach Inhibierung der lysosomalen oder proteasomalen Proteindegradation konnte ein Abbau des Toxins über das Proteasom ausgeschlossen werden. Dagegen scheint der lysosomale Weg von entscheidender Bedeutung für die Hla-Heptamer-Degradation zu sein. Eine saure Hydrolyse der Protease-resistenten Toxin-Heptamere in rHla-Monomere konnte allerdings nicht nachgewiesen werden und scheint somit bei dem lysosomalen Abbau keine Rolle zu spielen. Präparierte extrazelluläre Vesikel von rHla-behandelten S9-Zellen zeigten zudem, dass eine Entsorgung des Toxins über Exosomen und/oder Mikrovesikel ebenfalls bei diesen Zellen möglich zu sein scheint. Der primäre Weg der Hla-Prozessierung ist bei den S9-Zellen dennoch der lysosomale Abbau.
Selbst bei intensiv erforschten Modellorganismen ist die Funktion von mindestens einem Drittel der codierten Proteine bis heute vollkommen unbekannt. Dies trifft auch auf das Gram-positive, fakultativ pathogene Bakterium Staphylococcus aureus zu. Mit 25.000 Molekülen pro Zelle ist das alkalische Schock Protein Asp23 eines der abundantesten Proteine in S. aureus. Abgesehen davon, dass die Expression von asp23 unter alkalischen Schock Bedingungen induziert ist, weshalb es seinen Namen erhielt, und dass es alleinig σB-abhängig transkribiert wird und somit gut als Marker für σB-Aktivität geeignet ist, war über Asp23 zu Beginn dieser Arbeit nichts bekannt. Das asp23-Gen liegt in einem tetracistronischen Operon. Bestandteil dieses Operons sind außerdem opuD2, das für einen Transporter für Osmoprotektantien codiert, und SAOUHSC_02442 und SAOUHSC_02443, die beide für Membranproteine unbekannter Funktion codieren. Interessanterweise enthalten sowohl Asp23 als auch SAOUHSC_02443 eine DUF322-Domäne. DUF322-Domänen sind in Gram-positiven Bakterien sehr konserviert und kommen normalerweise in mehreren Kopien pro Genom vor. Fluoreszenzmikroskopische Untersuchungen zeigten, dass das cytoplasmatische Protein Asp23 nahe der Membran lokalisiert ist. Dabei konnte Asp23 entlang der gesamten Membran nachgewiesen werden. Auffällig war jedoch, dass in sich teilenden Zellen die Stellen frei von Asp23 blieben, wo sich das neue Septum gebildet hat. Nur in Zellen, die sich vermutlich in einem fortgeschrittenen Stadium der Zellteilung befanden, konnte auch am Septum Asp23 nachgewiesen werden. Da für Asp23 selbst keine Transmembrandomänen vorhergesagt werden, wurde untersucht, ob eines der im asp23-Operon codierten Membranproteine an der Verankerung von Asp23 an der Membran beteiligt ist. Dazu wurden Deletionsmutanten der drei Gene opuD2, SAOUHSC_02443 und SAOUHSC_02442 konstruiert und die Lokalisation von Asp23 in diesen Mutanten fluoreszenzmikroskopisch untersucht. Ein eindeutiger Einfluss auf die Lokalisation von Asp23 konnte nur für die Deletion von SAOUHSC_02443 nachgewiesen werden. Mittels BACTH-Analyse konnte außerdem eine direkte Interaktion zwischen SAOUHSC_02443 und Asp23 gezeigt werden. SAOUHSC_02443 ist somit maßgeblich an der Verankerung von Asp23 an der Membran beteiligt und wurde deshalb als „Asp23 membrane anchoring protein“, kurz AmaP, benannt. Mithilfe des BACTH-Systems wurden zudem alle theoretisch möglichen Interaktionen zwischen den im asp23-Operon codierten Proteinen untersucht. Dabei konnten Selbstinteraktionen von allen vier Proteinen, OpuD2, AmaP, SAOUHSC_02442 und Asp23, nachgewiesen werden und eine Interaktion zwischen SAOUHSC_02442 und der Membrandomäne von AmaP. Die Selbstinteraktion von AmaP wird über dessen Membrandomäne vermittelt. Für die Selbstinteraktion von Asp23 ist hingegen dessen DUF322-Domäne in Kombination mit dem C-Terminus wichtig. Die Interaktion zwischen Asp23 und AmaP konnte nur dann nachgewiesen werden, wenn AmaP intakt war, was dafür spricht, dass AmaP eine von seinem Membranteil abhängige Quartärstruktur einnehmen muss, um die Bindungsstelle für Asp23 zu bilden. Da neben der mittels BACTH-Analyse gezeigten Selbstinteraktion von Asp23 auch Ergebnisse von Gelfiltrationsexperimenten dafür sprachen, dass Asp23 polymere Strukturen ausbildet, wurde Asp23 mit einem Strep-tag in Escherichia coli exprimiert, gereinigt und mittels Elektronenmikroskopie visualisiert. So konnte gezeigt werden, dass Asp23 in vitro spiralig gewundene, bis zu mehrere Mikrometer lange Filamente bildet. Im Zuge einer strukturellen Charakterisierung der Filamente wurden drei Punktmutationen in Asp23 identifiziert (K51A, E106A, K117A), die die Filamentbildung in vitro beeinträchtigten. In einer vergleichenden Transkriptionsanalyse der asp23-Deletionsmutante und des Wildtyps konnten 16 in der asp23-Mutante hochregulierte Gene identifiziert werden. Darunter waren viele Gene, die zum Vancomycin-Stimulon gehören. Mittels Northern Blot konnte das Ergebnis der DNA-Microarray-Analysen bestätigt werden. Zudem konnte so gezeigt werden, dass die in der asp23-Mutante hochregulierten Gene auch in der amaP-Mutante hochreguliert sind, in der Asp23 vorhanden, aber delokalisiert ist. Die phänotypische Charakterisierung deutet somit ebenso wie die Lokalisation von Asp23 auf eine Zellwand-assoziierte Funktion hin.
Staphylococcus aureus ist ein Gram-positives pathogenes Bakterium, welches bei ca. 30 % der gesunden Bevölkerung zur kommensalen Flora der Nasenschleimhaut gehört. Jedoch zählt S. aureus auch zu den häufigsten Erregern bakterieller Infektionen beim Menschen. Aus diesem Grund wurden S. aureus-Stämme in zahlreichen Studien untersucht, um die Pathophysiologie und Virulenz der Bakterien sowie die zugrundeliegenden Regulationsmechanismen zu verstehen. Die Expression von Virulenzfaktoren wird direkt oder indirekt durch verschiedene Regulatoren beeinflusst. Zu diesen zählen beispielsweise das Quorum-Sensing-System Agr, der alternative Sigma-Faktor SigB und das Zweikomponentensystem SaeRS. Bei der Regulation der Genexpression spielt neben Mechanismen, die die Transkriptionsinitiation beeinflussen, auch die Transkriptions-termination eine Rolle. Bei Bakterien unterscheidet man zwischen der Rho-unabhängigen und der Rho-abhängigen Transkriptionstermination. In bisherigen Studien wurde die Rolle des Transkriptionsterminationsfaktors Rho in Escherichia coli, Bacillus subtilis und Mycobacterium tuberculosis untersucht. Hierzu zählt unter anderem das Silencing von horizontal erworbenen Genen, die Verhinderung von DNA-Doppelstrangbrüchen und die Unterdrückung der persistierenden Antisense-Transkripten. Besonders die erhöhte Antisense-Transkription konnte auch in einer Tiling Array-Studie des S. aureus Wildtypstammes HG001 und einer isogenen Δrho-Mutante ST1258 festgestellt werden. In dieser Transkriptom-Analyse wurden die S. aureus-Stämme in RPMI- und TSB-Medium in der exponentiellen und stationären Wachstumsphase untersucht. Es konnten insgesamt 416 chromosomale Regionen identifiziert werden, deren Transkriptmenge in einer der vier Bedingungen in der Δrho-Mutante im Vergleich zum Wildtyp wenigstens 4-fach erhöht waren. Von diesen Regionen ließen sich nur 11 % annotierten Genen zuordnen, während eine massive Erhöhung der Menge solcher Transkripte festgestellt wurde, die vom Gegenstrang kodierender Gene stammen.
Ausgehend von diesen Befunden wurde in dieser Studie das zelluläre und extrazelluläre Proteom des S. aureus Wildtyps HG001 und der Δrho-Mutante ST1258 verglichen, um die Auswirkungen der Abwesenheit von Rho auf das Proteom zu untersuchen. Dabei lag die Mehrheit der relativ quantifizierten Proteine in erhöhten Mengen in der Δrho-Mutante im Vergleich zum Wildtyp vor. Viele dieser Proteine konnten dem SaeRS-Zweikomponentensystem von S. aureus zugeordnet werden. In der Proteomanalyse konnten 34 von 39 Proteinen, die durch SaeR reguliert werden, quantifiziert werden. Von diesen wiesen 29 erhöhte Proteinmengen in der Δrho-Mutante auf. Durch das Sae-System werden Gene reguliert, von denen die meisten für Virulenzfaktoren, wie Adhäsine, Toxine und immune evasion-Proteine, kodieren. Die Daten der Proteomanalyse zeigen, dass in S. aureus-Zellen, denen die Aktivität von Rho fehlt, das Sae-System aktiviert wird und dadurch die Induktion des SaeR-Regulons zu beobachten ist.
Die Relevanz dieser Ergebnisse wurde durch ein in vivo-Infektionsexperiment untersucht. In einem Bakteriämie-Modell führte die Inaktivierung von Rho zu einer signifikant erhöhten Virulenz von S. aureus, welche sich in einer signifikant reduzierten Überlebensrate der Mäuse äußerte. Zwischen dem Wildtyp und dem Komplementationsstamm konnte kein signifikanter Unterschied in der Überlebensrate der infizierten Mäuse gezeigt werden.
Es ist bekannt, dass SaeRS-abhängige Virulenzfaktoren auch für die Invasion in Epithel- und Endothelzellen entscheidend sind. Anhand der Zahl der internalisierten S. aureus-Bakterien nach Infektion von humanen Lungenepithelzellen konnten in dieser Arbeit keine Unterschiede zwischen dem Wildtyp HG001 und ∆rho-Mutante ST1258 im zeitlichen Verlauf festgestellt werden. Dabei konnten weder Unterschiede im Überleben in 16HBE14o- Zellen noch in der Internalisierungsrate in A549-Zellen zwischen den beiden Stämmen gezeigt werden.
Das Antibiotikum Bicyclomycin ist ein spezifischer Inhibitor des Transkriptionsterminationsfaktors Rho und wird in Studien zur Rho-abhängigen Transkriptionstermination in Gram-negativen Bakterien eingesetzt, da in diesen Rho ein essentielles Protein ist. In Transkriptom- und Proteomanalysen konnten vergleichbare Effekte durch die Behandlung des Wildtyps mit Bicyclomycin wie in der ∆rho-Mutante hervorgerufen werden. Die Antisense-Transkription und die Expression SaeRS-abhängigen Gene waren im Wildtyp nach Gabe von Bicyclomycin deutlich erhöht. Es konnte gezeigt werden, dass die Aktivierung des Sae-Systems unter Rho-defizienten Bedingungen direkt mit der Transkriptionsterminationsaktivität von Rho verbunden ist und eine neue Verbindung zwischen antibiotischer Wirkung und schädlicher Virulenzgenexpression in S. aureus herstellt werden konnte. In anderen Studien konnten Effekte von Antibiotika auf die Expression von Virulenzfaktoren in S. aureus gezeigt werden, jedoch wurden in diesen Studien die Effekte von Anti-Staphylokokken-Wirkstoffen untersucht. Im Gegensatz dazu ist im Fall von Bicyclomycin ein Antibiotikum verwendet worden, das gegen Gram-negative Bakterien wirksam ist und dennoch die Expression von Virulenzfaktoren in S. aureus beeinflusst. Diese Untersuchungen haben damit auch klinische Relevanz, nicht nur für Patienten, die an gemischten Infektionen mit verschiedenen Bakterienarten leiden, sondern auch für Patienten mit einer Gram-negativen bakteriellen Infektion, die jedoch Träger von S. aureus sind.