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Staphylococcus aureus is a pathogenic bacterium infecting the human host. It’s multifaced adaptation to various environmental conditions is mediated by a tight regulation of the virulence factors influencing the host’s immune system. In this thesis two regulators of gene expression were analysed: (i) the global influence of the two-component system SaePQRS and (ii) the regulation of superantigen gene expression by the alternative sigma factor σB. At the outset of this thesis, single target genes induced by SaeRS were known (hla, hlb, cap5, fnbA, coa). In order to get a general idea of the Sae-regulon, the influence of SaePQRS on gene-expression was analysed in two strain backgrounds by proteomics and transcriptomics aproaches. Recapitulatory, expression of at least 18 secreted and two covalently cell-wall bound proteins was decreased following inactivation of the Sae-system. Sae-dependently expressed were, amongst others, well decribed virulence factors like the y-hemolysins HlgA, HlgB, HlgC, LukM and LukF, the innate immune system modulating proteins Efb, CHIPS and SCIN-B as well as the enterotoxin SEB. SaeR acts as an activator of its target genes. Some proteins were detected in increased amounts in the extracellular proteome of the Sae-deficient strain. However, these changes did not occur at the transcriptional level. The expression of virulence factors is determined by other global regulators. No influence of SaePQRS on the transcription of five substancial regulators, namely the Agr-system and its effector molecule RNAIII, the alternative sigma factor σB, the two-component system ArlRS and the DNA-binding protein SarA, could be shown. In the second part of this thesis the issue was broached to the regulation of gene-expression of a subgroup of virulence factors, the superantigens (SAgs) of S. aureus by SaePQRS and σB. In contrast to their well described molecule structure and function, the regulation of their gene expression was largely unknown. Six different S. aureus strains (two laboratory strains and four clinical isolates) encoding one to seven SAg-genes each, were used for analysis of a total of twelve SAgs regarding their transcription and mitogenic activity. The transcriptional units were characterized using Northern-Blotting. The expression of SAgs could be correlated to the respective growth phase. While egc-SAgs were expressed mainly at low optical densities, seb was induced during late growth phase. In contrast, the transcription of sea, seh, sek, tst and sep remained constant and growth-phase independent. The transcriptional dataset was verified using T-cell proliferation assays. The expression of seh, tst and the egc-operon was dependent on σB. A potential σB-dependent promotor could be identified preceeding seo, the first gene of the egc-operon. In contrast, the expression of seb was increased in sigB-deficient background. This might be due to indirect effects. Expression of seb required SaePQRS. Transcriptional datasets were verified by Immuno-Blotting and T-cell-proliferation assays. In conclusion, the same mutation in sigB but in different strain backgrounds could result in opposite phenotypes with respect to their mitogenic activity. Besides well characterized virulence factors, some secreted proteins with so far unknown function belong to the Sae-regulon. Given that the influence of SaePQRS was restricted to virulence factors and induced especially modulators of the innate immune system, it can be assumed, that these proteins potentially play a role in virulence of S. aureus. In the third part of this thesis, one of these potential new virulence factors, namely SACOL0908, was analysed in detail. In cooperation with the group of Prof. Stehle, Tübingen, the crystal structure was solved. The protein folding of SACOL0908 is new with only minor similarities to described protein structures. Recombinantly expressed SACOL0908 binds to granulocytes. These cells belong to the innate immune system, incorporate bacteria by phagocytosis and kill them. The receptor for SACOL0908 on the surface of granulocytes could not be identified using immunoprecipitation, antibody-blocking assays and functional assays in cooperation with the group of Prof. Peschel, Tübingen. The gene encoding SACOL0908 was deleted in two S. aureus strain backgrounds (COL and Newman). These mutants are currently in use to characterize their phenotype in mouse-infection studies.
Staphylococcus aureus ist einer der bedeutendsten Erreger von Infektionen der Milchdrüse (Mastitis). In dieser Arbeit wurden 16 S. aureus-Isolate aus bovinen Mastitisinfektionen unterschiedlicher geografischer Herkunft umfassend charakterisiert, um tiefere Einblicke in die Wirtsspezifität von S. aureus zu erlangen. Das bovine Mastitisisolat S. aureus RF122, dessen Genomsequenz seit kurzem verfügbar ist, wurde zum Vergleich in die Studien einbezogen. Mittels Multilocus Sequence Typing wurde die klonale Verwandtschaft der Stämme analysiert und ihre Zugehörigkeit zu bestimmten Sequenztypen bzw. klonalen Komplexen ermittelt, von denen einige unter bovinen S. aureus-Isolaten weltweit sehr verbreitet sind.Zum Nachweis von virulenz- und resistenzassoziierten Genen, sowie regulatorischen und speziesspezifischen Markergenen wurde ein diagnostischer DNA-Microarray eingesetzt. Es konnte gezeigt werden, dass das individuelle Profil der Isolate sehr stark variierte und sich selbst Stämme mit dem gleichen Sequenztyp in ihrem variablen Genom teilweise erheblich unterschieden. Nur 43 Gene, die u.a. für Hämolysine, Proteasen, Leukocidine kodieren, waren in allen Stämmen konserviert. Es wurde auch die Existenz einiger als bovin-spezifisch angesehener Gene, bzw. die Abwesenheit humanspezifischer Gene nachgewiesen. Zusätzlich wurde die Expression von Virulenzfaktoren mittels 2D-Gelelektrophorese und massenspektrometrischer Identifizierung analysiert. Wie erwartet unterschieden sich die extrazellulären Proteommuster der einzelnen Stämme stark. Nur zwölf sekretierte Proteine wurden (in unterschiedlicher Menge) von mindestens 80 % der bovinen Isolate gebildet, und bilden das sogenannte „Core-Exoproteom“. Auch Isolate mit nahezu identischer genetischer Zusammensetzung unterschieden sich z.T. erheblich in ihrem Exoproteom, was sehr gut mit der Transkription des Virulenzgenregulators RNAIII korrelierte. Weiterhin wurde die mitogene Wirkung der Kulturüberstände auf humane und bovine PBMC (mononukleäre Zellen aus peripherem Blut) untersucht. Dabei fiel auf, dass zwei Isolate, welche Gene der bovinen Pathogenitätsinsel SaPIbov trugen, bovine T-Zellen stärker als humane stimulierten, was auf wirtsspezifische Unterschiede in der Aktivität dieser Superantigene hindeutet. Schließlich konnten durch den Vergleich mit S. aureus-Isolaten aus humanen Infektionen bestimmte Proteine ermittelt werden, die häufiger mit einem bestimmten Wirt assoziiert sind. Die Variabilität in der Expressionshäufigkeit dieser Proteine könnte mit der Wirtsspezifität von S. aureus im Zusammenhang stehen. Als pathogener Mikroorganismus ist S. aureus hohen Konzentrationen an reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies (ROS und RNS) ausgesetzt, die im Rahmen der unspezifischen Wirts-Immunantwort gebildet werden. Um das Verständnis über seine Anpassungsstrategien zu erweitern, wurden vier Substanzen, die oxidativen bzw. nitrosativen Stress verursachen, eingesetzt: Wasserstoffperoxid (H2O2), eine Vorstufe des stark toxischen Hydroxylradikals; Diamid, ein spezifisches Thiol-Oxidationsmittel, die Superoxidanion-generierende Substanz Paraquat, sowie der NO-Donor MAHMA NONOate. Für jeden Stressor wurden Proteomsignaturen durch Auftrennung der cytoplasmatischen Proteine mittels 2D-Proteingelelektrophorese und anschließender massenspektrometrischer Identifizierung erstellt. Die zu verschiedenen Zeitpunkten nach Stressauslösung neu synthetisierten Proteine wurden mittels L-[35S]-Methionin radioaktiv markiert und quantifiziert. Mindestens zweifach induzierte Proteine wurden als Markerproteine für einen bestimmten Stressor definiert. Durch Zugabe von 10 mM H2O2 wurden verstärkt Proteine synthetisiert, die an Synthese, Reparatur oder Schutz von Nukleinsäuren oder DNA beteiligt sind, was bestätigt, dass die DNA ein Hauptziel H2O2-induzierter Schädigung ist. Unter Einfluss von 10 nM Paraquat wurden Proteine mit sehr unterschiedlichen biologischen Funktionen, wie z.B. Aminosäuresyntheseenzyme und Cofaktoren, induziert. Der durch 1 mM Diamid induzierte Thiolstress führte wie erwartet zur verstärkten Neusynthese CtsR und HrcA-kontrollierter Chaperone und Proteasen, was auf die Akkumulation fehlgefalteter Proteine hindeutet, die höchstwahrscheinlich durch nichtnative Disulfidbrücken an den Thiolgruppen der Cysteinreste entstanden sind. Die Induktion von Peroxiredoxinen und einer Thioredoxinreduktase lassen auf ein gestörtes Redoxgleichgewicht in der Zelle schließen. Die Effekte von NO ähnelten denen, die auch unter Sauerstofflimitation beobachteten wurden. Viele Markerproteine sind in Glykolyse und Fermentation involviert und durch Nachweis der entsprechenden Fermentationsprodukte konnte eine höhere Aktivität fermentativer Stoffwechselwege bestätigt werden. Die Fähigkeit, unter Einfluss von NO auf anaeroben Metabolismus umzuschalten, könnte ein entscheidender Vorteil von S. aureus und essentiell für seine höhere Resistenz gegenüber NO sein.
Molekulare Mechanismen der Adaptation sowie Impfstudien zur Bekämpfung von aviären Influenza-A-Viren
(2010)
Wildvögel stellen die natürlichen Wirte und das Hauptreservoir für Influenza-A-Viren dar. Einige Influenza-Stämme konnten sich zudem an verschiedene Säugetierarten wie Mensch, Schwein oder Pferd anpassen. Die molekularen Mechanismen der Adaptation von Influenza-A-Viren an einen neuen Wirt sind komplex. Sie werden u. a. auf eine modifizierte Interaktion viraler Proteine mit Wirtszellproteinen zurückgeführt, die in Verbindung mit dem Auftreten von Punktmutationen in viralen Proteinen, vor allem den Polymeraseproteinen, steht und zu einer optimierten Replikation von Influenza-A-Viren im neuen Wirt führen kann. Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurden molekulare Werkzeuge entwickelt, die der Identifizierung wirtsspezifischer Interaktionspartner der viralen Ribonukleoprotein-Komplexe (vRNP) dienen können. Dazu wurden mittels reverser Genetik rekombinante Influenza-A-Viren unterschiedlichen Wirtsspektrums mit einem Strep-tag als Markierung am C-Terminus der Polymerase-Untereinheit PB2 generiert. Zu den verwendeten Viren zählten das humane A/HongKong/1/68 (H3N2), die beiden speziesübergreifenden Viren A/swan/Germany/R65/06 (H5N1) (‚R65‘) sowie A/seal/Massachusetts/1/80 (H7N7) und das aviäre A/duck/Ukraine/1/63 (H3N8). Durch Immunfluoreszenz- und Western-Blot-Analysen wurde die stabile Expression des Strep-PB2-Fusionsproteins in infizierten Zellen bestätigt. Es wurde zudem gezeigt, dass die markierten Viren auf Säuger- und Vogelzellen vergleichbar mit den entsprechenden unmarkierten Viren replizieren. Anhand des Strep-getaggten PB2-Proteins des R65-Virus wurden erfolgreich virale RNP-Komple xe aus infizierten Säuger- und Vogel-Zellen mittels Affinitätschromatographie aufgereinigt und deren vier Protein-Bestandteile PB2, PB1, PA und NP durch MALDI-tof-Massenspektrometrie identifiziert. Die Palette getaggter Viren bildet die Grundlage für weiterführende Studien zur Untersuchung Virus-Wirt-spezifischer Wechselwirkungen, die für den Wirtswechsel und die Adaptation von Influenza-A-Viren entscheidend sein können. Die Entstehung des pandemischen Influenza-Virus A/HongKong/1/68 (H3N2) (‚Hk68‘) geht auf ein Reassortment zwischen dem zuvor zirkulierenden humanen H2N2-Virus und einem aviären H3-Stamm zurück. Hierbei wurden die Segmente des humanen Virus, die für das Rezeptor-bindende Protein Haemagglutinin (HA) und die Polymerase-Untereinheit PB1 kodieren, gegen die entsprechenden Segmente des aviären H3-Virus ausgetauscht. Bei einem Sequenzvergleich zwischen dem Hk68-PB1 und dem PB1 des dem unbekannten aviären Donor nahestehenden Isolates A/duck/Ukraine/1/63 (H3N8) (‚dUk‘) wurden lediglich sechs Unterschiede in der Aminosäuresequenz identifiziert, die möglicherweise Folge der Adaptation des Hk68-Virus an den humanen Wirt sind. Nach dem Einfügen der einzelnen Mutationen in das dUk-PB1 wurden homologe RNP-Komplexe (PB2, PB1 und PA sowie NP von Hk68) und heterologe RNP-Komplexe (PB2, PA, NP von Hk68 und PB1 bzw. PB1-Punktmutante von dUk) in transfizierten Säugerzellen rekonstituiert. Mit Hil fe eines Luciferase-Reportertests konnte gezeigt werden, dass der heterologe Hk68/dUk-PB1-Komplex im Vergleich zum homologen Hk68-Komplex eine um 50% erniedrigte Polymerase-Aktivität aufweist. Dieser negative Effekt konnte durch das Einfügen der Mutation PB1 I12V in das dUk-PB1, aber nicht durch eine der anderen fünf Punktmutationen, vollständig aufgehoben werden. Folglich könnte es sich bei dieser Mutation um eine adaptive Mutation handeln. Untersuchungen an in vitro rekonstituierten RNP-Komplexen anderer Viren konnten diese Theorie unterstützen. Wachstumskinetiken des homologen Hk68- und dUk-Virus sowie von ihnen abgeleiteter PB1-Reassortanten und PB1-Mutanten deuteten ebenfalls auf einen Einfluss von Aminosäureposition 12 im PB1-Protein auf die Virusreplikation hin. Mit Hilfe eines ELISAs durchgeführte Bindungsstudien zwischen den PA-Proteinen verschiedener Influenza-A-Viren und PB1-Peptiden mit Valin oder Isoleucin an Position 12 legten zudem eine Zu- bzw. Abnahme der Af finität zwischen PA und PB1 als Ursache für die veränderte Polymeraseaktivität nahe. Hochpathogene aviäre Influenza-A-Viren (HPAIV) vom Subtyp H5 oder H7 verursachen enorme wirtschaftliche Schäden und stellen eine potentielle Bedrohung für den Menschen dar. Die Entwicklung effektiver Impfstoffe ist deshalb in vielfacher Hinsicht sinnvoll. In der vorliegenden Arbeit wurde mittels reverser Genetik eine Elastase-abhängige Mutante des HPAIV A/swan/Germany/R65/06 (H5N1), genannt R65-E, als potentielle lebend-attenuierte Vakzine erzeugt. Dazu wurde die polybasische Spaltstelle im HA des hochpathogenen Virus gegen eine Spaltstelle für die in vivo kaum verfügbare Protease Elastase ersetzt. In vitro wurde mit Hilfe von Plaquetests, Wachstumskinetiken und Western-Blot-Analysen die strikte Abhängigkeit der R65-E-Replikation und der R65-E-HA-Spaltung von Elastase nachgewiesen. Im Gegensatz zum R65-Wildtyp war die R65-E-Mutante in vivo aufgrund der Abwesenheit von Elastase auf einen Replikationszyklus beschränkt und somit hochgradig attenuiert. Insgesamt erwies sich die R65-E-Mutante im Huhn jedoch als wenig immunogen. So kam es 7 Tage nach okulonasaler Infektion von Eintagsküken lediglich zu einer schwachen zellulären Immunantwort basierend auf CD8+ zytotoxischen T-Zellen in der Milz. Eine Antikörper-Antwort wurde nach o kulonasaler oder in ovo Infektion nur bei jeweils einem von zehn bzw. einem von sieben Tieren induziert. Das Vorhandensein H5-spezifischer Antikörper korrelierte hierbei mit einem Schutz der Tiere gegen eine Belastungsinfektion mit dem homologen HPAIV R65. Gleichermaßen ging die Abwesenheit H5-spezifischer Antikörper bei den übrigen Versuchstieren mit einem letalen Verlauf der homologen R65-Belastungsinfektion einher. Ein partieller Schutz gegen eine heterosubtypische Belastungsinfektion mit dem HPAIV R65-H9R66mutR65 sowie eine reduzierte Virusausscheidung bei einigen Tieren der Boostergruppe, die drei Wochen nach okulonasaler Infektion eine zweite Dosis R65-E erhalten hatten, deuteten auf eine R65-E-induzierte zellvermittelte Schutzwirkung hin. Es ist zu vermuten, dass die R65-E-Mutante in vivo überattenuiert war und aus diesem Grund keine protektive Immunabwehr induzieren konnte. R65-E eignet sich daher nicht als lebend-attenuierte Geflügelvakzine.
Influenza-A-Viren sind wichtige Pathogene von Mensch und Tier. Als Erreger der klassischen Geflügelpest führen hoch-pathogene aviäre Influenzaviren (HPAIV) weltweit zu hohen Verlusten in der Geflügelindustrie. Des Weiteren stellen der zoonotische Charakter und das pandemische Potential, vor allem von Stämmen des Subtyps H5N1, eine ernste gesundheitliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Zur Risikobewertung dieser Viren ist es daher notwendig, genetische Marker zu ermitteln, welche die Virulenz und das Wirtsspektrum beeinflussen. Für die Identifizierung dieser Virulenzdeterminanten sind Pathogenese-Studien in verschiedenen Tiermodellen wie Hühnern und Mäusen essenziell. Bisher wurde gezeigt, dass HPAIV aus niedrig-virulenten Vorläufern durch den Erwerb eines polybasischen Spaltmotives im Hämagglutinin (HA) im Zuge der Adaptation an terrestrisches Geflügel hervorgehen. Im ersten Teil dieser Arbeit sollte daher die Fähigkeit eines niedrig-pathogenen aviären Influenzavirus (LPAIV) vom Subtyp H5N1 zur Ausbildung eines HPAIV-Phänotyps untersucht werden. Dazu wurde das revers-genetische System für das Isolat A/Teal/Germany/Wv632/05 (H5N1) etabliert und das Virus TG05 generiert. In-vitro konnte die Trypsin-Abhängigkeit als Merkmal von LPAIV bestätigt werden. Im Huhn verhielt sich dieses Virus avirulent. Durch zielgerichtete Mutagenese wurde die HA-Spaltstelle in ein polybasisches Motiv mutiert und das Virus TG05poly generiert. Das Virus war wie ein HPAIV zur in-vitro-Replikation ohne Trypsin-Zusatz fähig, löste aber nach der Infektion von Hühnern nur eine zeitlich begrenzte Erkrankung aus. Des Weiteren wurde die HA-Reassortante TG05-HAR65 generiert, deren Genom aus dem HA-Gen des HPAIV-Isolates A/Swan/Germany/R65/06 (H5N1) (R65) und den anderen sieben Gensegmenten von TG05 besteht. Dieses Virus konnte in-vitro ebenfalls Trypsin-unabhängig replizieren, führte aber zu einer Letalität von 30%. Eine weitere Reassortante, R65-HATG05poly, enthielt die umgekehrte Genkonstellation: das mutierte TG05-HA und die anderen Gensegmente des R65. An der Infektion verstarben acht von zehn Hühnern, was der Letalität von „natürlichen“ HPAIV entspricht. Der Erwerb einer polybasischen HA-Spaltstelle ist daher ein notwendiger, aber nicht hinreichender Schritt in der Evolution von LPAIV zu HPAIV. So kann nicht jeder H5- oder H7-LPAIV-Stamm als unmittelbarer HPAIV-Vorläufer dienen. Zusätzlich zur HA-Spaltstelle sind weitere Virulenz-Determinanten im HA selbst, aber auch in den anderen viralen Proteinen, vorhanden. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde daher auch der Einfluss der Aminosäuren der unmittelbaren Spaltstellen-Umgebung untersucht. Dazu wurden verschiedene Virus-Mutanten des R65 mit Aminosäure-Substitutionen in der HA-Spaltstelle selbst (Motive ETR und ER) und in ihrer direkten Umgebung (HA-S346V) generiert und hinsichtlich der in-vitro-Replikation und der Virulenz im Huhn untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass HA-346S einen Vorteil für die Replikation von LPAIV und HPAIV vermittelt. T an Position 2 der Spaltstelle unterstützt die Replikation von LPAIV. Bei Erwerb der polybasischen Spaltstelle während der Evolution von LPAIV zu HPAIV müssen also auch die benachbarten Regionen im HA angepasst werden. Die H5N1 HPAIV der Clade 2.2 verbreiteten sich über infizierte Vögel von Südostasien nach Europa, infizierten aber auch eine Vielzahl von Säugerspezies. Normalerweise weisen aviäre Influenzaviren PB2-627E auf; im Gegensatz dazu besitzen die Clade 2.2-Viren PB2-627K, was sonst in humanen Stämmen zu finden ist. Um im dritten Teil dieser Arbeit den Einfluss dieser Mutation auf das breite Wirtspektrum der Clade 2.2-Viren zu untersuchen, wurde im HPAIV-Isolat R65 PB2-627K durch E ersetzt und die Virusmutante R65-PB2K627E generiert. Im Vergleich zu R65 war die Replikation von R65-PB2K627E in Säugerzellen drastisch reduziert, in Vogelzellen replizierten beide Viren jedoch gleich. Des Weiteren führte die Substitution zu einer extrem verringerten Polymerase-Aktivität auf 5% in Säugerzellen, aber nur zu einer vergleichsweise wenig verringerten Aktivität in Vogelzellen. Während die Virulenz im Huhn durch die Mutation nicht verändert wurde, konnte bei der Bestimmung der LD50 in der Maus eine drastische Attenuierung gezeigt werden. Interessanterweise revertierte bereits nach einer Mauspassage PB2-K627E zurück zu K, im Huhn erfolgte diese Reversion aber nicht. Um zu untersuchen, ob andere virale Proteine für diese Reversion notwendig sind, wurden Reassortanten generiert, welche R65-PB2-K627E und ein oder mehrere Gensegmente des R65 im Hintergrund des HPAIV A/Hong Kong/156/97 (H5N1) tragen, welches natürlicherweise PB2-627E besitzt. Mittels Zellkultur-Passagen dieser Reassortanten konnte gezeigt werden, dass die Reversion zu PB2-627K nur in Säugerzellen auftritt, und dass dazu das Nukleoprotein des R65 notwendig ist. Die schnelle Reversion zu PB2-627K in Säugerzellen und in Mäusen zeigt, dass die H5N1 HPAIV der Clade 2.2 in ihrer Evolution möglicherweise mehrere Wirte gehabt haben, zu denen wahrscheinlich auch Säuger gehörten.
Untersuchung von Virulenzdeterminanten des Newcastle Disease Virus mit Hilfe von Virusrekombinanten
(2020)
Die Newcastle Krankheit (Newcastle Disease, ND) wird durch das aviäre Paramyxovirus-1 (APMV-1) verursacht und zählt zu den bedeutendsten Viruserkrankungen des Geflügels, wobei die Ausprägung der Krankheitssymptome sehr stark variiert. Das APMV-1 der Taube (pigeontype paramyxovirus, PPMV-1) infiziert größtenteils Brief-, Rasse-, Stadt- und Wildtauben, jedoch ist auch Wirtschaftsgeflügel für diesen Erreger empfänglich. Die Krankheit ist weltweit verbreitet und besonders die schweren Verlaufsformen, ausgelöst durch den mesogenen und den velogenen Pathogenitätstyp, führen bis heute zu hohen wirtschaftlichen Verlusten. Durch die Entwicklung des reversen genetischen Systems für das NDV ist es möglich, verschiedene Bereiche des viralen Genoms unterschiedlich pathogener NDV-Isolate auszutauschen und rekombinante Viren zu generieren, um mögliche Virulenzdeterminanten zu identifizieren. Lange Zeit galt die Aminosäuresequenz an der proteolytischen Spaltstelle des Fusionsproteins als die Virulenzdeterminante des NDV. Studien der letzten Jahre belegen aber zunehmend, dass es weitere Sequenzabschnitte im Genom gibt, die Einfluss auf die Pathogenität haben. Besonders bei den Taubenisolaten zeigte sich, dass diese trotz einer polybasischen Aminosäuresequenz an der proteolytischen Spaltstelle des F-Proteins, die typisch für meso- und velogene APMV-1 ist, mit einem ermittelten intrazerebralen Pathogenitätsindex (ICPI) < 0,7 als lentogen (niedrig virulent) einzuordnen sind.
Die Bestimmung der Gesamtsequenz des vorliegenden PPMV-1 Isolates R75/98 und die Herstellung des entsprechenden rekombinanten Virus rR75/98 waren Ziel dieser Arbeit. Nach der in vitro-Charakterisierung, die keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Wildtyp und der Rekombinante zeigte, verdeutlichte die ICPI-Bestimmung, dass sich R75/98 und rR75/98 in ihrer Pathogenität unterschieden. Während R75/98 mit einem ICPI von 1,1 als mesogen eingestuft wurde, entsprach das rekombinante Virus rR75/98 mit einem ICPI von 0,28 dem lentogenen Pathotyp. Durch einmalige Passage der Rekombinante im Tier entstand das Reisolat RrR75/98, welches sich in seinen in vitro-Eigenschaften nicht von den beiden anderen Isolaten unterschied, aber in seiner Pathogenität (ICPI 0,93) wieder dem mesogenen Ausgansvirus R75/98 entsprach. Unter Nutzung des Next Generation Sequencing war es möglich, die Grundlagen für diese Pathogenitätsunterschiede aufzuzeigen. Während es zwischen R75/98 und rR75/98 insgesamt acht Aminosäuresubstitutionen gab (drei im F-Protein, zwei im HN-Protein und drei im L-Protein), die zu einer Verminderung der Pathogenität führten, wurden nur zwei Aminosäuremodifikationen (jeweils eine im F- und L-Protein) nachgewiesen, um die Pathogenitätssteigerung vom lentogenen rR75/98 hin zum mesogenen RrR75/98 hervorzurufen. Beide Aminosäureaustausche haben einen Effekt auf die vorhergesagte Proteinstruktur und beeinflussen vermutlich die Proteinfaltung, was wiederum eine nicht unwesentliche Auswirkung auf die biologische Aktivität des Virus haben kann. Besonders die Modifikation im F-Protein an Aminosäureposition 472 verdeutlicht, dass neben der Aminosäuresequenz an der proteolytischen Spaltstelle andere Bereiche dieses Proteins Einfluss auf die NDV-Virulenz haben.
Zur Untersuchung des Einflusses einzelner Abschnitte des F-Proteins auf die Pathogenität wurden im ursprünglich lentogenen NDV Clone 30 einzelne Sequenzbereiche durch die des mesogenen PPMV-1 R75/98 substituiert, die entsprechenden rekombinanten Viren generiert und charakterisiert. Es zeigte sich, dass sowohl die Expression als auch die Inkorporation der chimären Fusionsproteine mittels Western-Blot nachgewiesen werden konnte. Die Rekombinanten unterschieden sich weder in Größe noch in Form (Elektronenmikroskopie) und die chimären Fusionsproteine konnten an der Plasmamembran der Wirtszellen detektiert werden. Alle Rekombinanten waren in der Lage, Synzytien auszubilden und in verschiedenen Zelllinien (Wachtelmuskelzelle, Hühnerembryofibroblasten) bzw. in embryonierten Hühnereiern zu replizieren. Bei der Bestimmung des ICPIs zeigten sich jedoch Unterschiede. Zwei der sechs Rekombinanten wurden als lentogen eingestuft, die anderen vier wurden dem mesogenen Pathogenitätstyp zugeordnet. Es konnte gezeigt werden, dass neben der Interaktion der homologen F1- und F2-Untereinheit, die zytoplasmatische Domäne des Fusionsproteins einen bedeutenden Einfluss auf die Pathogenität von NDV hat. Auch für andere Vertreter der Paramyxoviren ist bekannt, dass die zytoplasmatische Domäne der beiden Oberflächenproteine F und HN mit dem M-Protein interagiert und diese Interaktion wichtig für den Zusammenbau der Viruspartikel, den Knospungsvorgang und die Freisetzung der Viren ist.
Neben dem Fusionsprotein existieren zusätzlich Virulenzdeterminanten in den weiteren NDV-Proteinen. Während es bereits Untersuchungen zum Einfluss auf die Pathogenität für die Proteine NP, P, V, M, F, HN und L gibt, war es noch nicht möglich, eine Aussage zum W-Protein zu treffen, da der Nachweis dieses Proteins bis dato nicht erfolgte. Zunächst wurde für unterschiedlich pathogene NDV der Bereich der P-Gen-Editierungsstelle amplifiziert, gefolgt von einer Tiefensequenzierung, um zusätzlich zur P- und V-mRNA auch die W-mRNA nachzuweisen und deren mengenmäßigen Anteil zu bestimmen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden außerdem Plasmide hergestellt, die für weiterführende Arbeiten genutzt werden konnten, in denen erstmals der Nachweis des W-Proteins für NDV gelang.
Vergleichende Untersuchungen zu rekombinanten Toxoplasma-gondii-Isolaten natürlichen Ursprungs
(2020)
Toxoplasma gondii ist ein weltweit vorkommender einzelliger Parasit mit hohem zoonotischen Potential. In Nordamerika und Europa haben sich drei klonale Toxoplasma-Linien durchgesetzt, Typ I, Typ II und Typ III. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Virulenz in Labormäusen: Toxoplasma gondii vom Typ I gilt im Allgemeinen als hochvirulent, wohingegen Typ II und III wenig virulent in Labormäusen sind. In Deutschland dominieren T. gondii vom Typ II. Trotz selten vorkommender natürlicher sexueller Rekombinationen von T. gondii in Deutschland konnten in einer vorausgegangenen Studie rekombinante T. gondii-Typ II-III-Oozysten aus dem Kot einer natürlich infizierten Katze in Deutschland isoliert werden. Mittels klonaler Vereinzelung wurden in einer weiteren vorausgegangenen Studie aus diesen Oozysten die fünf Tachyzoiten-Klone B6-H6, 2-C10, 2-H8, C12 und A7 generiert, die sich in der Verteilung ihrer Typ II- und III-Allele voneinander unterschieden. Ziel dieser Arbeit war es, die fünf Klone vergleichend zu untersuchen hinsichtlich ihrer Geno- und Phänotypen. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die bekannten polymorphen Virulenzfaktoren ROP18, ROP5, ROP16 und GRA15 gelegt, die maßgeblich für Unterschiede in der Labormausvirulenz zwischen den klonalen Linien sorgen können. ROP18 und ROP5 sind an der Inhibition der IRG-vermittelten Zerstörung der parasitophoren Vakuole, dem Hauptabwehrmechanismus in Mäusen, beteiligt. Während alle fünf Klone das virulente Allel von ROP5 besaßen, hatten nur zwei der fünf Klone, B6-H6 und 2-C10, das virulente Allel von ROP18, dessen virulenter Genotyp in einer hohen Expression resultiert. Diese beiden Klone lösten auch eine 100 %-ige Mortalität in den infizierten BALB/c-Mäusen aus. Hier stimmte der virulente ROP18-Genotyp mit der hohen Mausvirulenz überein. Die anderen drei Klone, 2-H8, C12 und A7, besaßen das nicht virulente Allel von ROP18. Von letzteren drei Klonen lösten jedoch lediglich nur C12 und A7 eine geringere, 30 %-ige Mortalität in infizierten BALB/c-Mäusen aus. Hier würde der nicht-virulente ROP18-Genotyp die niedrigere Virulenz erklären. Der Klon 2-H8, der ebenso ein nicht-virulentes ROP18-Allel besaß, löste dagegen eine 100 %-ige Mortalität aus. Demnach ließe sich die Virulenz der infizierten BALB/c-Mäuse in dieser Studie nur in vier von fünf Klonen mit dem ROP18-Genotypen erklären. Neben ROP5 und ROP18 wurden auch die Virulenzfaktoren ROP16 und GRA15 untersucht. Diese regulieren das Zytokinprofil in infizierten Makrophagen und können dadurch Einfluss auf den klinischen Verlauf der Infektion nehmen. Von ROP16 und GRA15 besaßen jeweils alle fünf Klone das virulente Allel. Daher kann auch der Genotyp dieser Virulenzfaktoren hier nicht alleine die Unterschiede in der BALB/c-Mausvirulenz erklären. Auch das Expressionsprofil der Virulenzfaktoren in in-vitro inokulierten J-774A.1-Makrophagen mit geringen, wahrscheinlich nicht biologisch relevanten Abweichungen, ließ keine eindeutigen Rückschlüsse für die Ursache der unterschiedlichen Mausvirulenzen zu. Die in-vitro-Inokulation von J-774A.1-Makrophagen mit den Klonen ergab weiterhin, dass der mittelvirulente Klon C12 in der Lage war, die Makrophagen deutlich früher zu infizieren und eine höhere IL-12-Expression hervorzurufen. In überlebenden BALB/c-Mäusen verursachte er einen geringeren Gewichtsverlust gegenüber den anderen Klonen. Es kann für diese Studie festgehalten werden, dass sich die Virulenz der Klone in Labormäusen nicht allein durch das Vorhandensein virulenz-vermittelnder ROP18- oder anderer Virulenzgene erklären ließ. Durch die sexuelle Rekombination zwischen T. gondii des Typs II und III waren offenbar Allelkombinationen entstanden, welche auf ein komplexes multifaktorielles Netzwerk schließen lässt, das ursächlich für die Unterschiede in der Mausvirulenz und der Makrophagenfunktionalität zu sein schien.
Hochpathogene aviäre Influenza-Viren (HPAIV) entstehen aus niedrig pathogenen aviären Influenza-Viren (LPAIV) durch die Erlangung einer polybasischen Spaltstelle im Hämagglutinin (HA). Diese gilt als Hauptvirulenzdeterminante. Durch die polybasische Spaltstelle kann das HA-Vorläuferprotein ubiquitär durch Subtilisin- ähnliche Proteasen gespalten werden, was zu einer systemischen Infektion führt. Bis jetzt sind in der Natur nur HPAIV der Serotypen H5 und H7 bekannt. Es ist noch unklar, ob die Umgebung der HA-Spaltstelle in der Evolution zum HPAIV angepasst werden muss, oder ob HA vom Serotyp H5 die polybasische HA-Spaltstelle besonders schnell erwerben können und ob die artifizielle Einführung einer polybasischen HA-Spaltstelle in verschiedene LPAIV HA-Serotypen zu einem hochpathogenen Phänotyp führt. Diese drei Fragestellungen wurden in separaten Projekten in der vorliegenden Arbeit untersucht. Vergleiche der HA-Spaltstellenumgebungen zeigten, dass die meisten HPAIV H5- Isolate entweder Serin oder Threonin an Position 323 (H3-Nummerierung) des HA tragen. LPAIV H5-Isolate besitzen dagegen an der korrespondierenden Stelle Valin. Darüber hinaus weisen die meisten LPAIV H5 an Position P2 der HA-Spaltstelle ein Threonin auf. Daher wurde der Einfluss dieser beiden Positionen auf die Virulenz untersucht. Hierzu wurden monobasische und polybasische HA-Spaltstellenmutanten des HPAIV A/Swan/Germany/R65/02 H5N1 (H5/R65) mit Hilfe der reversen Genetik hergestellt. In den in vitro Untersuchungen zeigten alle monobasischen HA-Spaltstellenmutanten den erwarteten Phänotyp eines LPAIV. Beim Wachstumsverhalten führte allerdings Serin zu einer effizienteren frühen Replikation. Außerdem scheint das HA-Spaltmotiv E-R!G, welches bisher in keinem LPAIV H5 gefunden wurde, einen Nachteil gegenüber dem HA-Spaltstellenmotiv E-T-R!G zu haben, welches bei LPAIV H5- Isolaten fast ausschließlich zu finden ist. Dieser Nachteil kann allerdings durch den Austausch von Valin 323 zu Serin aufgehoben werden. Im Gegensatz dazu führte der Austausch von Serin 323 zu Valin im HPAIV H5/R65 zu keinen Unterschieden in vitro. In vivo zeigten mit H5/R65-V infizierte Hühner aber ein verlängertes Überleben. Daher ist anzunehmen, dass Serin an Position 323 zur Virulenz im Huhn beiträgt. Die Evolution vom LPAIV Vorläufer zum HPAIV scheint nicht nur den Erwerb der polybasischen HA-Spaltstelle zu benötigen sondern auch die Veränderung von Regionen außerhalb der Spaltstelle. Um zu untersuchen, ob auch andere LPAIV außer H5 und H7 in der Lage sind, polybasische HA-Spaltstellen zu erwerben, wurden Selektionsversuche durchgeführt. Die HA verschiedener Serotypen (H3, H4, H5, H6, H7, H8, H9) wurden, um möglichst naturnahe Bedingungen zu schaffen, degeneriert mutagenisiert und dann ohne Zugabe einer externen Protease auf Trypsin-unabhängiges Wachstum hin selektiert. Es wurden nur von der monobasischen HA-Spaltstellenmutante des H5/R65 mit degeneriert mutagenisiertem HA, polybasische HA-Mutanten selektiert. Diese Viren zeigten eine ungewöhnliche AS-Komposition an der Spaltstelle, die weder der Wildtyp-Spaltstelle von H5/R65 noch einer natürlich bei HPAIV H5 vorkommenden Spaltstelle ähnelt. Zwei der isolierten Selektanten zeigten in weiteren in vitro Charakterisierungen den Phänotyp eines HPAIV. Da die Selektanten die restlichen sieben Gene und, außer der Spaltstelle, auch das HA mit H5/R65 gemeinsam haben, ist davon auszugehen, dass sie auch in vivo den Phänotyp eines HPAIV zeigen würden. Außerdem scheint es bei H5-Stämmen eine Prädisposition zum leichteren Erwerb einer polybasischen HA-Spaltstelle zu geben, wohingegen andere LPAIV-HA unter naturnahen Bedingungen polybasische HA-Spaltstellen deutlich schwerer erwerben können. Bei A/Chicken/Emirates/R66/02 H9N2 (H9/R66) führte die artifizielle Einführung der polybasischen HA-Spaltstellen eines HPAIV H5 oder H7 allein zwar zu Trypsin- unabhängigem Wachstum in vitro, bei Infektion von Hühnern blieb der Phänotyp aber unverändert niedrigpathogen. Die HA-Reassortante H9/R66+HAH5/R65 führte zur vorübergehenden nicht-letalen Erkrankung mit influenzatypischen Symptomen. Dagegen wies die Reassortante H5/R65+HAH9/R66mutR65 mit einem intravenösen Pathogenitäs-Index von 1,23 den Phänotyp eines HPAIV auf. Dies zeigt, dass ein HPAIV vom Serotyp H9 möglich ist, wenn das HA eine polybasische Spaltstelle erwirbt und einige oder alle anderen Gene von einem HPAIV H5 abstammen.