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Hintergrund der Studie ist der demografische Wandel in ländlichen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns. Dieser Wandel ist mit Konsequenzen für das Gesundheitswesen verbunden, etwa einer Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen, die durch das jetzige Gesundheitssystem nicht mehr vollständig abgedeckt werden können. Insbesondere im medizinischen Versorgungssektor Mecklenburg-Vorpommerns sind strukturelle Umwandlungen notwendig, da dies durch Abwanderungen von Einwohnern im erwerbstätigen und gebärfähigen Alter im Gesundheitssektor gekennzeichnet ist. Mangelnde Infrastrukturen sind insbesondere bei Älteren risikobehaftet, da diese neben einer Vielzahl an Erkrankungen häufig Einschränkungen in der Mobilität unterliegen. Da viele von ihnen zudem über ein lückenhaftes familiäres Netzwerk im direkten Umfeld verfügen und sie häufig nicht mehr in der Lage sind, ihre Arzneimittel selbständig in der Apotheke abzuholen, erfahren sie oft weder eine direkte Beratung noch eine pharmazeutische Betreuung durch einen Apotheker. Dies bedeutet, dass sie hinsichtlich ihrer Arzneimitteltherapie häufig auf sich allein gestellt sind, was eine erhöhte Prävalenz an Arzneimittel-bezogenen Problemen (ABP) nach sich zieht. Dies verlangt nach Strukturen zur pharmazeutischen Betreuung im häuslichen Umfeld. Diese Strukturen wurden im Rahmen der Vorarbeiten zu einer Pilotstudie in mehreren Teilprojekten entwickelt. Sie umschlossen eine Querschnittserhebung zur Arzt-Apotheker-Kooperation in Mecklenburg-Vorpommern, ein Experten-gestütztes Delphi-Verfahren zur Konsensfindung hinsichtlich der Erhebungs- und Analyseverfahren, vier Patientenfokusgruppen sowie Probandeninterviews zur Gewährleistung der Inter-Rater- und Test-Retest-Reliabilität der Instrumente. Auch Fallvignetten wurden generiert, anhand derer die Detektionsleistung des Analyseleitfadens getestet wurde. Als Hilfsmittel für Lösungsstrategien wurden patientenzentrierte Instruktionen, zusammengefasst unter dem Begriff „Memory Tool“, konstruiert und in aufwändigem, multizentrischem Verfahren einer Überprüfung auf Validität unterzogen. In einer Pilotstudie wurde dann untersucht, ob eine pharmazeutische Betreuung eingeschränkt mobiler Patienten zu einer signifikanten Abnahme an ABP führt. Dazu wurden Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern rekrutiert, die auf Kontroll- oder Interventionsgruppe randomisiert wurden. Es folgte die Rekrutierung von Patienten nach definierten Ein- und Ausschlusskriterien, welche daraufhin im Abstand von 6 Monaten je zweimal durch einen Apotheker in der Häuslichkeit einem Anamnesegespräch unterzogen wurden. Anhand des Analyseleitfadens ermittelte der Apotheker auf Basis der in den Medikationsanamnesen erhaltenen Daten die ABP des Patienten. In der Interventionsgruppe wurden zusammen mit dem Arzt Lösungsstrategien für die ABP entwickelt. Nach dem Follow-up-Interview wurde analysiert, ob die pharmazeutische Betreuung zu einer hypothetisch angenommenen Reduktion an ABP um 37,5% führte. Die Umfrage zur Arzt-Apotheker-Kooperation ergab, dass Interaktionen zwischen beiden Mitgliedern des Gesundheitssystems zum Zeitpunkt der Umfrage zwar niedrig frequentiert erfolgten, aber, hatten sie einmal stattgefunden, von beiden Seiten als nützlich eingestuft wurden. Ebenso wurde dem Apotheker ein vergleichsweise geringerer Anteil bezüglich der Förderung der Adhärenz durch den Arzt zugesprochen, welches sich in dem mehrheitlichen ärztlichen Wunsch nach einem Ausmaß von 25 (Apotheker) zu 75 Prozent (Arzt) in der Verantwortung niederspiegelte. Durch die sich anschließenden vielfältigen Verfahren zur Generierung und Validierung konnten verständliche, zuverlässige und valide Mess- und Analyseinstrumente für häusliche Medikationsanamnesen erhalten werden. So wurden nach der abschließenden Runde des mehrstufigen Delphi-Verfahrens 92% der Items des Interviewbogens und 72% der des Analyseleitfadens von den 6 beteiligten Experten akzeptiert. Die Überprüfung der Test-Retest- und der Inter-Rater-Reliabilität des Interviewbogens mittels doppelt durchgeführter Interviews mit demselben Patienten aber unterschiedlichen Interviewern ergab, dass unterschiedlich beantwortete Fragen zu 40% Interviewer-induziert, zu 60% Patienten-induziert, zu keinem Anteil jedoch Fragebogen-induziert waren.Die konstruierten und realen Fallvignetten ergaben eine hohe Test-Retest- und Inter-Rater-Reliabilität (Cohens κ>0,7). In der Interventionsgruppe (N=29) erfolgte eine durchschnittliche Abnahme der Anzahl an ABP um 4,6 (52,0%). In der Kontrollgruppe (N=18) nahm die Anzahl der ABP hingegen um 0,4 (2,9%) zu. Es war somit eine signifikante Abnahme (p<0,0001, 95% CI; Mann-Whitney-U-Test) an ABP in der Interventions- gegenüber der Kontrollgruppe zu beobachten, sodass die Alternativhypothese angenommen werden kann. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass eine pharmazeutische Betreuung zur signifikanten Abnahme an ABP bei älteren Patienten führt.
Tumornachsorge - Die Rolle des Pharmazeuten im Gesamtkonzept am Beispiel einer häufigen Tumorentität
(2011)
In der vorliegenden Arbeit wurden die Bedürfnisse gynäkologischer Patienten in der Situation nach der Primärbehandlung erfasst und analysiert. Dabei hatte diese Arbeit das Ziel, herauszufinden, welche Aufgaben ein Apotheker für Tumorpatienten sinnvoll übernehmen kann. Da es sich um generelle Aufgaben handelt, gelten die Ergebnisse nicht nur für Patienten mit gynäkologischen Tumoren, sondern für Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren wie für Patienten mit anderen Tumorentitäten gleichermaßen. Die Bündelung von Kompetenzen durch besondere Qualifikationen im Bereich der onkologischen Behandlung sowie umfassende Versorgungsangebote und Nutzung vorhandener Strukturen machen es den Patienten leicht, während der Primärbehandlung, über den gesamten Krankheitsverlauf professionelle Partner für eine festgelegte Zeit an der Seite zu haben. Danach ist die Betreuung entsprechend der Leitlinien und Vorgaben abgeschlossen und die Patienten empfinden sich dann wie „in ein Loch gefallen“. Für diese Situation wünschen sich Patienten veränderte Betreuung und Nachsorgemöglichkeiten. Apotheker spielen eine große Rolle bei der Beschaffung, Bereitstellung und dem Erklären/Verständlich - Machen von Informationen. Das „Benutzen des Apothekers“ als zusätzlichen Betreuer und das Wissen der dadurch erlangten Informationen können den Patienten helfen, besser mit der Erkrankung Krebs in ihrem Alltag umzugehen. Durch die Tatsache, dass der Apotheker der „Versorger“ für alle Arzneimittel ist, auch der Arzneimittel, die durch Komorbiditäten von anderen Fachärzten verordnet oder die durch Selbstmedikation gewünscht wurden, kann der Apotheker eine Übersicht über die gesamte Medikation für den Patienten und die behandelnden Ärzte erstellen und daraus einen Plan für die optimale Anwendung entwickeln mit dem Ziel die Wirkungsweise zu optimieren, die Nebenwirkungen zu vermindern und die Compliance der Patienten zu fördern. Um diese Aufgaben für alle Beteiligten zuverlässig ausüben zu können, ist eine Zusammenarbeit zwischen den behandelnden Ärzten und den Apothekern unerlässlich. Gleichzeitig ist eine Transparenz in der Kommunikation zwischen Arzt/Apothekern und Patienten zu fordern, damit sich alle Beteiligten als zuverlässige Partner akzeptieren können. Um all diese geforderten Arbeiten dem Kunden Patient und dem Kunden Arzt gegenüber auch inhaltlich kompetent durchführen zu können, ist eine spezielle zusätzliche onkologische Ausbildung für die pharmazeutische Betreuung von Krebspatienten unerlässlich. Dabei wünschen sich die Patienten ein kontinuierliches interprofessionelles Team. Diese Forderung entspricht den von der Politik im Nationalen Krebsplan geforderten Voraussetzungen. Im Alltag und retrospektiven dokumentierten Arbeitsgesprächen lässt sich feststellen dass die Aktivität und Einbindung des Apothekers in die pharmazeutische Betreuung die direkte Kommunikation aller Beteiligten wesentlich fördert. Aus der intensiven Zusammenarbeit ziehen nicht nur die verschiedenen Berufsgruppen, Abteilungen, sondern auch die Patienten im Sinne einer optimierten Pharmakotherapie ihren Nutzen. Bisher sind in Deutschland solche Strukturen punktuell, jedoch nicht flächendeckend vorhanden. Die generelle Einbindung eines onkologisch ausgebildeten Apothekers ins onkologische Betreuungsteam ist deshalb wünschenswert. Um diese generelle Einbindung eines Apothekers ins onkologische Team zu ermöglichen und um den hier nachgewiesenen Nutzen erreichen zu können, sollte zusätzlich die wirtschaftliche Rentabilität untersucht werden.