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Demographischer Wandel und eine stetig steigende Lebenserwartung stellen Gesellschaft und Individuum vor große Herausforderungen. Altern in Gesundheit und Wohlbefinden (erfolgreiches Altern) ist deshalb ein zentrales Thema in der Medizinischen Psychologie. Nach Aaron Antonovsky und seiner salutogenetischen Forschungsperspektive bestimmt das Kohaerenzgefuehl (sense of coherence, SOC) verschiedene Aspekte erfolgreichen Alterns. Das Kohaerenzgefuehl als individueller Elastizitaetsfaktor gegenueber Stressoren entsteht aus dem Wechselspiel zwischen Erfahrungen und den einem Individuum zur Verfuegung stehenden (Widerstands-) Ressourcen. Diese Arbeit untersucht Zeitperspektiven und deren salutogenetische Bedeutung als potenzielle psychologische Widerstandsressource, welche sich ueber das SOC auf erfolgreiches Altern auswirkt. Zeitperspektiven (Zimbardo) beschreiben dabei das Resultat eines individuell ordnenden Vorganges für persoenlich Erfahrenes und Erlebtes in bestimmte zeitliche Kategorien (Vergangenheit - positive/ negative, Gegenwart - fatalistische/ hedonistische sowie Zukunft). An einer Stichprobe von 210 aelteren Erwachsenen (127 Frauen und 83 Maenner)ab dem 60. Lebensjahr (M = 70,38 Jahre) wurde anhand von fünf Forschungsfragen erstmals empirisch geprueft, inwieweit diese zeitlichen Kategorien das Kohaerenzgefuehl und dementsprechend Gesundheit und Wohlbefinden beeinflussen. Als wesentliche Ergebnisse bildeten sich für diejenigen Senioren ein starkes Kohaerenzgefuehl und erfolgreiches Altern ab, welche eine geringe negative Sicht auf ihre Vergangenheit, eine niedrige fatalistische Einstellung zu ihrem jetzigen Leben und eine positive Vorstellung von ihrer Zukunft aufwiesen. Weiterhin wurde die vermittelnde Rolle des Kohaerenzgefuehls in der Beziehung zwischen diesen Zeitperspektiven und positivem Alterserleben, psychischer Gesundheit sowie subjektivem Wohlbefinden als Indizes für erfolgreiches Altern nachgewiesen. Eine für das SOC geringe Auspraegung unguenstiger und eine starke Auspraegung guenstiger Zeitkategorien fuehrt demnach ueber das Kohaerenzgefuehl vermittelt zu gesundheits- und wohlbefindensfoerderlichen Lebenserfahrungen im Alter.
Gesundheit und Lebensqualität im Alter stellen angesichts steigender Kosten im Gesundheitssystem und immer wiederkehrender Debatten über mangelnde Versorgung in Seniorenheimen und Desintegration der älteren Generation eine aktuelle relevante Thematik dar. Vor allem die gesundheitspolitische Bedeutung wird im Zusammenhang mit der steigenden gesellschaftlichen Alterung noch weiter zunehmen. Bei der bisherigen Forschung auf diesem Gebiet lassen sich vor allem Evaluationen der Qualität in der Pflege sowie Studien zu Gesundheit und sozialen Netzwerken mit älteren, aber selbständigen Menschen finden. Studien mit Bewohnern von Seniorenheimen sind vor allem aufgrund der Befragungsschwierigkeiten rar. Noch in weiten Teilen unbeachtet ist auch der Einfluss des Kohärenzgefühls, einem Kernstück des Konzeptes der Salutogenese, sowie die subjektive Bewertung von Gesundheit und Lebenszufriedenheit durch institutionalisiert lebende ältere Menschen. Bei dieser Studie, in der ausschließlich in Seniorenheimen lebende Personen befragt wurden, wurde hypothetisch angenommen, dass das Kohärenzgefühl und die sozialen Netzwerke, in Form von sozialer Integration und sozialer Unterstützung, miteinander korreliert sind und sowohl die Gesundheit als auch die Lebenszufriedenheit positiv beeinflussen. Weiterhin wurde davon ausgegangen, dass das Kohärenzgefühl als Mediatorvariable zwischen den sozialen Netzwerken auf der einen und Gesundheit und Lebenszufriedenheit auf der anderen Seite fungiert. Schließlich wurde auch die Existenz eines signifikanten Einflusses der subjektiv wahrgenommenen Gesundheit auf Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit postuliert. Unter diesen Annahmen wurde mit Hilfe eines Fragebogens aus mehreren modifizierten Messinstrumenten eine Befragung mit 190 Personen zwischen 65 und 102 Jahren aus 20 verschiedenen Seniorenheimen in Einzel-Interviews durchgeführt. Die Auswertung der erhobenen Daten zeigte einen starken Zusammenhang zwischen sozialen Netzwerken und dem Kohärenzgefühl sowie einen hohen Einfluss des Kohärenzgefühls auf die subjektiv wahrgenommene Gesundheit und die Lebenszufriedenheit. Ein direkter Einfluss von sozialer Integration und sozialer Unterstützung konnte nicht nachgewiesen werden, ein Zusammenhang bestand jedoch über das Kohärenzgefühl als Mediatorvariable. Weiterhin konnte ein positiver Einfluss der subjektiv wahrgenommenen Gesundheit auf die Lebenszufriedenheit erhoben werden, während ein Zusammenhang zwischen Kohärenzgefühl und objektiver Gesundheit nicht messbar war.