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Hintergrund: VPS ist ein bekannter Inhibitor der HDAC. In den zurückliegenden Jahren sind mehrere Publikationen erschienen, die VPS eine bedeutende Rolle in Bezug auf eine neuroprotektive Wirkung zugeschrieben haben. Jedoch sind in diesem Zeitraum auch gegenteilige Ergebnisse veröffentlicht worden. In bisherigen eigenen Voruntersuchungen sahen wir, dass VPS weder neuroprotektive noch zytotoxische Effekte hervorgerufen hatte. In der vorliegenden Arbeit untersuchten wir unter Verwendung von Dosierungen, die dem therapeutischen Wirkspiegel von VPS entsprachen, ob VPS die neurotoxische Wirkung von MPP+ inhibieren konnte.
Hypothese: Die vorliegende Dissertation soll einen Beitrag zur Erweiterung des Verständnisses der Auswirkungen einer VPS-Gabe auf das Verhalten neuraler Vorläuferzellen liefern. Insbesondere sollte die postulierte neuroprotektive Wirkung von VPS gegenüber dem neurotoxischen Agens MPP+ evaluiert werden.
Methoden: Die fmNPZ werden in einer feuchtigkeitsgesättigten Atmosphäre in einem Expansionsmedium propagiert. Die Differenzierung erfolgt auf PLL beschichteten Kulturplatten in P4-8F Medium mit ohne VPS, 100μg/ml VPS und 200μg/ml VPS für bis zu 96 Stunden. Zur Detektion neuroprotektiver Effekte von VPS verwendeten wir einen Zytotoxizitästest: neben der simultanen Gabe von MPP+ und VPS erfolgte eine 24-stündige Vorbehandlung mit VPS, bevor MPP+ appliziert wurde. Zur Auswertung der Tests kamen histochemische Verfahren (PI/bisBenzimid-Färbung) zur Anwendung. Zur Evaluation des Proliferationspotenzials der fmNPZ unter Anwendung von VPS nutzen wir immunhistochemische Verfahren nach Standardprotokollen unter Verwendung folgender Antikörper: Maus Anti-BrdU (Konzentration: 60μl 5mM Stocklösung/ml), Kaninchen Anti-Ki-67 (1:500) und entsprechende Floureszenz-gelabelte Sekundär-AK (1:500).
Ergebnisse: 100μg/ml als auch 200μg/ml VPS - als Einzelsubstanz - bewirkten nach 96 Stunden Differenzierungszeit eine signifikante Zunahme an avitalen Zellen. MPP+ - als Einzelsubstanz - zeigte die erwartete konzentrationsabhängige signifikante Zunahme an nekrotischen Zellen. Nach Simultangabe von MPP+/VPS bewirkte VPS sowohl unter Expansions- als auch unter Differenzierungsbedingungen keinen signifikant neuroprotektiven Effekt gegenüber MPP+. Nach 24-stündiger Vorbehandlung mit VPS sahen wir unter Expansionsbedingungen nach Applikation von 200μg/ml VPS einen die Toxizität von MPP+ verstärkenden Effekt. Unter Differenzierungsbedingungen bewirkte erst die Zugabe von 60μM MPP+ und eine weitere gemeinsame Kultivierungszeit von 72 Stunden einen signifikanten Anstieg an avitalen Zellen.
Die Proliferationskapazität der fmNPZ war nach Zugabe von 100μg/ml VPS nicht verändert.
Schlussfolgerungen: Zur Klärung der Frage welche Effekte VPS auf das Verhalten prädopaminerger, neuraler Progenitorzellen auslöst, konnte diese Arbeit einen weiteren wichtigen Beitrag leisten. Das gesetzte Ziel konnten wir somit erreichen.
Die Therapie neurodegenerativer Erkrankungen wie die des Morbus Parkinson besteht derzeit in einer rein symptomatischen Behandlung ohne die Progredienz der Erkrankungen deutlich verlangsamen oder gar stoppen zu können. Eine kausale Therapie wie zum Beispiel eine zellbasierte Ersatztherapie konnte bis dato noch nicht erfolgreich etabliert werden.
Unsere Arbeit liefert einen weiteren Beitrag zum Verständnis der Wirkungen von VPS auf das Differenzierungs- und Expansionsverhalten prädopaminerger, neuraler Progenitorzellen.
Unter Berücksichtigung des in dieser Arbeit verwendeten Versuchsaufbaus kann postuliert werden, dass VPS keinen neuroprotektiven Effekt auf die fmNPZ ausübt. In höherer Dosierung als die die dem therapeutischen Wirkspiegel von VPS entsprechen, konnte unter bestimmten Bedingungen ein zytotoxischer Effekt nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse passen sowohl zu früheren Publikationen mit anderen Zellsystemen, die einen toxischen Effekt von VPS beobachtet hatten, als auch zu den Ergebnissen eigener Voruntersuchungen.
Die gewonnenen Erkenntnisse sind unter dem Aspekt der zukünftigen Entwicklung Stammzell-basierter Zellersatztherapien als auch der pharmakologischen Beeinflussung der in vivo Neurogenese von Bedeutung, weil diese Erkenntnisse einerseits Wirkungen von VPS auf Ebene neuraler Vorläuferzellen aufzeigen und andererseits daraus folgend eine kritische Evaluation der Anwendung von VPS ermöglicht.
Stigmatisierung tritt bei psychischen, körperlichen sowie chronisch neurologischen Erkrankungen auf. Stigma kann vielfältige Auswirkungen auf Betroffene haben: Es vergrößert Gesundheitsunterschiede, verringert Lebensqualität und schafft Hürden, Gesundheitsleistungen zu nutzen. Internationale Studien zu diesem Thema zeig-ten, dass Stigma bei MS-Patient*innen u.a. die Lebensqualität, das psychische Wohlbefinden, das Offenlegen der Erkrankung und die Einhaltung von Therapien beeinflusst. Hinsichtlich der Stigmatisierung bei chronisch neurologischen Erkran-kungen, wie Multipler Sklerose (MS), gibt es in Deutschland bisher keine Studien. Ziel dieser Arbeit war eine erstmalige Datenerhebung zu Stigmatisierung bei MS. Endpunkte der Erhebung sind, welche Formen von Stigma in dieser Kohorte vorlie-gen und ob es psychische Komponenten, krankheitsspezifische Eigenschaften o-der soziodemographische Daten gibt, die im Zusammenhang mit Stigma stehen. Diese Daten wurden daraufhin in Vergleich zu internationalen Daten gestellt. Auch bisher noch kaum erforschte Assoziationen zu Stigma und Fatigue wurden näher betrachtet.
Die Studie wurde als prospektive Kohortenstudie in Form validierter Fragebögen an der Universität Greifswald (Klinik für Psychiatrie und Klinik für Neurologie) durchge-führt. Zur Auswertung unserer Daten wurden zunächst Basistabellen mit Angaben aus Mittelwert, Standardabweichung, Median und Interquartilenabstand verwendet. Um einen monotonen Zusammenhang zwischen den Variablen zu untersuchen, wurde der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman angewandt; um Assoziatio-nen aufzuzeigen die negative binomiale Regression.
Die Zusammensetzung der Kohorte mit dem Anteil an Männern (26%) und Frauen (74%) ist repräsentativ für MS. Alter und Erkrankungsdauer sind heterogen verteilt. 88 Personen hatten den schubförmig remittierenden MS-Typ, 11 den sekundär pro-gredienten und ein Patient den primär progredienten Verlaufstyp. Der Stigmatisie-rungsgrad in dieser MS-Kohorte ist gering. Der Modalwert für beide Stigma-Skalen liegt jeweils beim Minimum. Stigmatisierung korreliert signifikant auf hohem zweisei-tigen Signifikanzniveau (p>0,05) mit Depression (Korrelationskoeffizient 0,55), Fati-gue (0,51) und Behinderung (0,34). Für Lebensqualität liegt eine negative Korrelati-on vor (-0,54). Bei hohem Signifikanzniveau (p=0,001) erhöhen Behinderung und Depression das Risiko für MS-bezogene Stigmatisierung im Vergleich zu einer ge-sunden Referenzgruppe: Behinderung erhöht es jährlich um 38% und Depression um 5%. Mit jedem weiteren Lebensjahr der Patient*innen sinkt das Stigma-Risiko um 2,7 %. Bei Menschen mit Fatigue steigt das Risiko stigmatisiert zu werden jähr-lich um 2%.
Durch die vorliegende Arbeit konnten Ergebnisse internationaler Studien hinsicht-lich der Zusammenhänge zwischen Depression und Behinderung zu Stigma bestä-tigt werden. Ebenfalls konnte bestätigt werden, dass der Stigmatisierungsgrad bei MS eher gering ist. Der Grad der Behinderung beeinflusst das Stigmatisierungser-leben am stärksten, was sich häufiger in Form von internalisiertem statt öffentlichem Stigma äußert. Dass Jüngere eher betroffen sind, kann mit dem Vorkommen von erwartetem Stigma bei Unvorhersagbarkeit der Diagnose erklärt werden. Das erwar-tete Stigma kann schließlich besonders bei jüngeren Patient*innen zur Verheimli-chung der Erkrankung führen. Dies wurde im Prozess dieser Arbeit herausgearbei-tet und sollte in weiteren Studien noch eingehender untersucht werden. Da im Alter Stigmatisierung vorliegt und Behinderung ebenso wie behinderungsbezogenes Stigma mit dem Alter zunehmen, liegt die Vermutung nahe, dass im Alter andere Formen von Stigma eine Rolle spielen.
Einleitung/Hintergrund
DC_TRAIN_APHASIA ist eine multizentrische, randomisiert-kontrollierte Studie, die seit November 2019 unter Federführung der Universitätsmedizin Greifswald durchgeführt wird (ClinicalTrials.gov Identifier: NCT03930121). Die Studie untersucht, ob adjuvante transkranielle Gleichstromstimulation („transcranial direct current stimulation“, tDCS) den Erfolg einer 3‑wöchigen intensiven Sprachtherapie bei chronischer Aphasie steigern kann.
Material und Methode
Bis Ende 2024 sollen bundesweit 130 Patient:innen eingeschlossen werden. Die Entwicklung innovativer Rekrutierungsstrategien stellt seit Beginn der Studie eine Herausforderung dar. Neben gängigen Rekrutierungsmethoden wie der direkten Ansprache von Menschen mit Aphasie in Kliniken, Logopädiepraxen, Rehabilitationseinrichtungen und Selbsthilfegruppen wurden Radiowerbespots, Fernsehbeiträge und Auftritte in sozialen Medien erprobt.
Zwischenergebnisse
Bis zum aktuellen Zeitpunkt konnten 110 Patient:innen in die Studie eingeschlossen werden. Zum größten kurzzeitigen Rücklauf führte die Rekrutierung über einen Fernseh- bzw. Radiobeitrag. Den größten langfristigen Rücklauf ergab die Rekrutierung über Logopädie- und Neurologiepraxen, Selbsthilfegruppen und soziale Medien. Teilnehmer:innen berichteten als „Testimonials“ positiv von der Sprachtherapie und der Anwendung von tDCS, die sich als gut verträglich erwies.
Diskussion
Die multizentrische Studie DC_TRAIN_APHASIA prüft die Wirksamkeit von tDCS als adjuvante Applikation für intensive Sprachtherapie bei chronischer Aphasie. Die vorliegende Übersicht soll künftigen Studien als Leitfaden zur Rekrutierung von Stichproben dienen, die Menschen mit eingeschränkten kommunikativen Fähigkeiten umfassen.
Epileptische Anfälle zählen weltweit zu den häufigsten neurologischen Symptomen. Obwohl bereits sehr viele Daten belegen, dass andere neurologische, akut die Hirnfunktion beein-trächtigende Erkrankungen, wie der Schlaganfall, zu einer systemisch peripheren Immunal-teration führen, existieren bisher wenige humane Daten über den Einfluss epileptischer An-fälle auf das erworbene und angeborene Immunsystem. Ziel der vorliegenden Arbeit war es herauszufinden, ob ein epileptischer Anfall ebenfalls zu Veränderungen der erworbenen und angeborenen Immunantwort führt.
Im Rahmen dieser explorativ prospektiven Kohortenstudie wurden Immunparameter im EDTA-Blut von 31 Patient*innen an Tag 0 und 1 nach einem gesicherten epileptischen An-fall (fokale Anfälle oder generalisiert tonisch-klonische Anfälle) analysiert. Als Kontroll-gruppe (n = 18) dienten mehrheitlich Patient*innen mit Kopfschmerzen ohne entzündliche Genese sowie Patient*innen vor einer Katarakt Operation. Die Analyse von Quantitäts-, Charakterisierungs- und Aktivierungszustand der Lymphozyten, Monozyten und Granulozy-ten erfolgte mittels fluoreszenzmarkierter Antikörper (verwendete Marker: CD3, CD4, CD8, HLA-DR, CD32, CD14, CD16 und CD62-L). Zusätzlich wurden die Werte mit bereits publizierten Daten von Patient*innen nach einem Mediainfarkt, die nach demselben Protokoll untersucht wurden, verglichen. Die Auswertung der Facs-Rohdaten erfolgte mittels der Flow-Jo10-Software. Als statistische Tests dienten der Kruskal-Wallis-Test sowie der Dunns-Test als Post-Hoc-Test. (GraphPad Prism 6.0).
Parallel zum Schlaganfall traten nach einem epileptischen Anfall eine Reduktion der Lym-phozytenzahl, eine Monozytose, eine reduzierte monozytäre HLA-DR-Expressionsdichte sowie eine erhöhte Expressionsdichte des Rezeptors CD32 auf. Unterschiede in der Immun-antwort nach Schlaganfall und epileptischem Anfall bestanden in der zeitlichen Dauer der Veränderungen sowie der Zusammensetzung der Monozyten-Subpopulationen.
Diese Studie liefert Daten zu strukturellen und molekularen Veränderungen der unmittelba-ren Immunantwort nach einem epileptischen Anfall. Die erworbene und angeborene postik-tale Immunreaktion ist abhängig von der Art der Anfälle. Sie scheint aber unabhängig davon zu sein, ob ein erstmaliger Anfall oder eine bereits diagnostizierte Epilepsie vorliegt. Lym-phozyten, Monozyten und Granulozyten sind essentielle Elemente der humanen Immunab-wehr. Gezeigte Immunalterationen durch epileptische Anfälle könnten bei Patient*innen zu einer passager reduzierten Abwehrlage führen. Ausgehend von diesen grundlegenden Er-kenntnissen können in Folgestudien umfassendere Zellfunktionsanalysen durchgeführt wer-den, um die tatsächliche klinische Relevanz und Folgen dieser beobachteten Immunalterati-onen zu prüfen.
IFN-β1b hat eine Vielzahl von Effekten auf das Immunsystem, die wir noch nicht ganz verstehen und deren Auswirkung auf die Behandlung von MS wir nicht transferieren können. In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass der Einfluss des IFN-β1b auf die Zytokinsekretion abhängig vom Krankheits- und Zelltyp ist. Dazu wurde ein in-vitro System entwickelt, in dem die Effekte von IFN-β1b auf die Proliferation und die Zytokinsekretion proinflammatorischer Zytokine (IFN-gamma, TNF-alpha, IL-17) und antiinflammatorischer Zytokine (IL-4, IL-5 und IL-10) von mononukleären Zellen (PBMC) und T-Lymphozyten (CD4+ und CD8+ T-Zellen) von Gesunden und Patienten mit schubförmiger (RRMS) und primär progredienter Multiplen Sklerose (PPMS)untersucht werden. In den Ergebnissen zeigte sich eine deutlich größere IFN-β1b- Prävalenz in der RRMS-Gruppe, welches konform zu den bisherigen klinischen Beobachtungen in der MS-Therapie ist und einen möglichen Erklärungsansatz bietet, warum IFN-β1b in der RRMS-Behandlung etabliert ist, nicht jedoch in der PPMS. Zusammen mit den Beobachtungen der Mitoxantronstudie unterstützen diese Ergebnisse die Hypothese, dass der Schlüssel für die Therapie in der Multiplen Sklerose auf der immunmodulatorischen Ebene zu finden ist. Um auch Fortschritte in der Entwicklung wirksamer Langzeittherapien für PPMS-Patienten zu machen, ist es wichtig, die Pathogenese der PPMS besser zu verstehen. Erst das genaue Verständnis der pathologischen Mechanismen kann es ermöglichen, neue Angriffspunkte für Medikamente zu entdecken. Die Schwierigkeit für die neuroimmunologische Forschung besteht zusätzlich darin, dass die Veränderungen bei der PPMS, im Gegensatz zur RRMS, nicht sprunghaft, sondern schleichend verlaufen und damit klinische Effekte schwerer zu beurteilen sind.
Kognitive Leistungsentwicklung nach epilepsiechirurgischen Eingriffen im Epilepsiezentrum Greifswald
(2003)
Im Rahmen der prächirurgischen Epilepsiediagnostik des Zentrums für prächirurgische Epilepsiediagnostik und Epilepsiechirurgie am Klinikum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald rekrutierten wir 20 rechtshändige, an einer pharmakoresistenten Epilpesie leidende Patienten mit linkshirnig nachgewiesener Sprachrepräsentation. Von den 10 männlichen und 10 weiblichen Patienten im Alter zwischen 16 und 55 Jahren wiesen 11 einen linkstemporalen und 9 einen rechtstemporalen epileptogenen Fokus auf. Nach dem Aufbau einer epilepsiechirurgischen Datenbank werteten wir die präoperativ und 3- und 12- Monate postoperativ erhobenen Befunde der neuropsychologischen Diagnostik in den Bereichen allgemeine Intelligenz, Tempo/Konzentration/Umstellfähigkeit und Gedächtnis aus. Dabei bezogen wir Einflussfaktoren wie die Ätiologie des Epilepsiesyndroms, Fokuslateralisation und -lokalisation, Geschlecht, Alter, Erkrankungsdauer, Operationsmodus sowie den psychosozialen Belastungsgrad in unsere Untersuchung ein.
Die Studie zielte darauf ab, mittels einer inhibitorischen TMS (cTBS-600) rechtshemisphärischer, temporoparietaler und frontaler Hirnareale (TPJ und pMFG) Einfluss auf die visuell-räumliche Wahrnehmungsleistung junger, gesunder Probanden zu nehmen und die Reversibilität potentieller Effekte durch eine konsekutive cTBS der homologen linkshemisphärischen Areale zu untersuchen. Auf Base-Line-Niveau zeigte sich bei den gesunden Probanden ein systematischer Links-Bias, sowohl für perceptiv/visuo-räumliche, als auch für explorativ/visuo-motorische Aufgaben. Das Ausmaß dieses Links-Bias reduzierte sich nach cTBS der rechten TPJ und weniger systematisch auch nach cTBS des rechten pMFGs. Eine konsekutive cTBS der linken TPJ führte zu einer Rückkehr auf das Base-Line-Niveau für perceptiv/visuo-räumliche Aufgaben. Die Ergebnisse sprechen für eine spezifische Beteiligung der rechten TPJ (und weniger konsistent auch des rechten pMFGs) an visuellen Raumwahrnehmungsleistungen. Weiterhin deuten die Ergebnisse darauf hin, dass eine inhibitorische Magnetstimulation der linken TPJ das Potential besitzt, einen Rechts-Bias infolge einer dysfunktionalen rechten TPJ aufzuheben. Diese Erkenntnis könnte für den therapeutischen Einsatz einer inhibitorischen cTBS der linken TPJ bei Patienten mit rechtshemisphärischem Schlaganfall und resultierender Neglectsymptomatik von Bedeutung sein.
Die hier berichteten Ergebnisse wurden in einem Peer-Review Journal publiziert (Platz et al., 2016).
Nach Schlaganfall werden infolge einer einsetzenden Immunsuppression häufig Sekundärinfektionen beobachtet. Diese beeinflussen das Outcome und die Mortalität der Patienten bedeutend. In der vorliegenden Arbeit wurden als Mechanismen der angeborenen Immunantwort die Migration, Phagozytose und NETose neutrophiler Granulozyten und Monozyten untersucht, um mögliche Einschränkungen infolge der Immunsuppression zu erkennen. Dafür wurden Leukozyten von Schlaganfallpatienten mit denen gesunder Probanden verglichen. Während Migration und Phagozytose nach Schlaganfall unbeeinträchtigt waren, zeigten sich für die mittlere NET-Fläche am Tag 1 nach Schlaganfall deutlich reduzierte Werte nach Stimulation mit fMLP und PMA im Vergleich zu gesunden Kontrollen. Dieser Effekt verlor sich in der ersten Woche nach Schlaganfall. In der reduzierten NET-Fläche kann eine mögliche Ursache für das Auftreten von Sekundärinfektionen gesehen werden.
Es gibt Hinweise darauf, dass das Kleinhirn an affektiven und kognitiven Verarbeitungsprozessen und an Arbeitsgedächtnisleistungen beteiligt ist. In dieser Arbeit wurden 8 Patienten mit Kleinhirninsulten (Durchschnittsalter 61,25 Jahre), die in der neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Greifswald behandelt wurden und 7 Patienten mit peripher neurologischen Erkrankungen (Durchschnittsalter 56,71 Jahre), bei denen eine Kleinhirnläsion ausgeschlossen worden war, untersucht. Zur Beurteilung veränderter neuronaler Aktivitäten wurde eine 129-Kanal-Elektroenzephalographie-Studie (EEG) verwendet und mithilfe der Interpretation ereigniskorrelierter Potentiale (EKP) verschiedene affektive und kognitive Verarbeitungsprozesse analysiert. In der Teilstudie 1 wurde die frühe Verarbeitung visuell-affektiver Stimuli, in der Teilstudie 2 affektive und kognitive Verarbeitungsprozesse während der Präsentation visueller Stimuli, in der Teilstudie 3 affektive und kognitive Verarbeitungsprozesse während der Präsentation visueller und akustischer Stimuli und in der Teilstudie 4 die späte Verarbeitung visuell-affektiver Stimuli untersucht. Zur Untersuchung der affektiven Verarbeitungsprozesse wurden Bilder verschiedenen emotionalen Inhaltes (angenehm, neutral, unangenehm) und Erregungsstufe (schwach bis stark erregend) aus dem Katalog des International Affective Picture System (IAPS) verwendet. Es wurden Bilder in schneller 333ms (Teilstudien 1 bis 3) oder in langsamer Abfolge von 1000ms (Teilstudie 4) präsentiert. Zur Untersuchung kognitiver Verarbeitungsprozesse wurden die IAPS-Bilder bearbeitet. Für die Teilstudie 2 wurden sie mit Linien (horizontal/vertikal) überlagert und für die Teilstudie 3 mit Tönen (hoch/tief) synchronisiert. Linien und Töne unterschieden sich in ihrer Wahrscheinlichkeit des Auftretens, wobei die seltenen Reize als Zielreize dienten, welche von den Probanden mitgezählt werden mussten. Es wurden durch dieses Studiendesign folgende ereigniskorrelierte Potentiale gemessen: Die EPN, die visuelle P200 und P300, die akustische P300 und das LPP. Bezüglich der frühen und späten Verarbeitung visuell-affektiver Stimuli konnten folgende Daten erhoben werden. In der Teilstudie 1 lösten in der Läsionsgruppe nur stark erregend angenehme vs. neutrale Bilder eine EPN aus. Ein signifikanter Gruppeneffekt bestand jedoch nicht. In der Teilstudie 2 war weder für schwach noch für starke erregend affektive vs. neutrale Bilder eine EPN in der Läsions- und Kontrollgruppe nachweisbar. In der Teilstudie 3 konnte zwar nur in der Kontrollgruppe für stark erregend angenehme vs. neutrale Bilder eine EPN nachgewiesen werden, die Gruppen unterschieden sich jedoch nicht signifikant voneinander. In der Teilstudie 4 lösten weder schwach noch stark erregend affektive Bilder ein LPP in der Läsionsgruppe aus. Ein signifikanter Gruppeneffekt bestand nicht, trotz nachweisbaren LPPs in der Kontrollgruppe für schwach erregend angenehme und stark erregend affektive vs. neutrale Bilder. Bezogen auf kognitive Verarbeitungsprozesse konnte in beiden Gruppen in der Teilstudie 2 eine visuelle P300 nach der Präsentation seltener Zielreize nachgewiesen werden. Die Läsionsgruppe wies dagegen eine signifikante visuelle P200 nach Präsentation von Zielreizen gegenüber der Kontrollgruppe auf. Eine akustische P300 (P3b) war in der Teilstudie 3 nach der Präsentation akustischer Zielreize in keiner Gruppe nachweisbar. Dagegen bestand in der Kontrollgruppe eine signifikant stärkere P3a. Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit einer Kleinhirnläsion keine Beeinträchtigung in der frühen oder späten Verarbeitung visuell-affektiver Stimuli aufweisen. Sie sind in der Lage, eine Bottom-up-Prozessierung visuell-affektiver Stimuli durchzuführen und sie nach ihrer Motivationsrelevanz einzuordnen. Patienten mit einer Kleinhirnläsion unterscheiden sich nicht signifikant in ihrer neuronalen Aktivität gegenüber der Kontrollgruppe während intra- und crossmodaler Verarbeitungsprozesse von visuell-affektiven Stimuli während visueller oder akustischer Aufgaben. Die in vielen Studien beobachteten affektiven Auffälligkeiten bei Patienten mit einer Kleinhirnischämie sind daher auf spätere Verarbeitungs- und Ausführungsprozesse von Emotionen zurückzuführen, welche einer kognitiven und somit Top-down-Kontrolle unterliegen. Patienten mit einer Kleinhirnläsion benötigen allerdings mehr Arbeitsgedächtnisleistung, um die gestellte visuell-kognitive Aufgabe zu absolvieren. Des Weiteren weisen sie Beeinträchtigungen in supramodalen kognitiven Verarbeitungsprozessen auf. Je schwieriger die kognitiven Anforderungen sind, umso mehr weisen Patienten mit einer Kleinhirnläsion Beeinträchtigungen in Form veränderter neuronaler Aktivität auf. Die Ergebnisse dieser Arbeit weisen darauf hin, dass das Kleinhirn vor allem an kognitiven und weniger an affektiven Verarbeitungsprozessen beteiligt ist.
Wir leben in einer älter werdenden Gesellschaft, in der die gesundheitlichen Herausforderungen u.a. durch zerebrovaskuläre Erkrankungen steigen. Ein Schlaganfall wird dank exzellenter Akutversorgung zwar oftmals überlebt, ein Großteil der Patienten hat jedoch starke Funktionseinbußen und benötigt rehabilitative Unterstützung, um eine persistierende Behinderung zu vermeiden. Oft ist für längere Zeit sowohl in der akuten als auch in der chronischen Phase nach Schlaganfall eine optimale Therapie unabdingbar, um dem Patienten das Wiedererlangen einer möglichst hohen Selbstständigkeit im Alltag zu ermöglichen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird eine evidenzbasierte rehabilitative Behandlung der Armparese nach Schlaganfall durch eine systematische Suche und kritische Würdigung sowie Synthese der besten verfügbaren Evidenz aus klinischen Studien charakterisiert. Zu diesem Zweck wurden bei einer systematischen Literaturrecherche für den Zeitraum vom 12.2003 bis 11.2013 932 Referenzen in der Fachdatenbank PubMed identifiziert. Aus diesen wurden nach Ein- und Ausschlusskriterien 202 Studien für die Fragestellung relevante randomisierte kontrollierte Studien selektiert. Anschließend fand für jede RKS eine standardisierte Datenextraktion, kritische Würdigung der methodischen Studienqualität (Critical appraisal) sowie die Formulierung der ableitbaren klinischen Schlussfolgerungen statt. Daran anknüpfend erfolgte für einzelne Therapieverfahren (über alle RKS zu einem Thema hinweg) eine Ableitung von konkreten Empfehlungen für die klinische Praxis. Für die Bewertung der Qualität der Evidenz der eingeschlossenen Quellen und die Graduierung der Empfehlungsstärke wurden die Standards der Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation (kurz GRADE) genutzt.
Die Evidenz belegt, dass eine ganze Reihe therapeutischer Verfahren die Erholung der Armfunktion nach Schlaganfall unterstützen kann. Eine Überlegenheit gegenüber anderen Verfahren wurde für nur wenige Therapien gezeigt, wie z.B. für die Constraint-induced movement therapy und das schädigungsorientierte Training in Form des Arm-Fähigkeits- und Arm-Basis-Trainings (Therapie ohne Geräte), die Arm-Robot-Therapie oder die Spiegeltherapie (Therapie mit Geräten). Abschließend erhält der Leser eine Art ‚Rezeptblock‘, anhand dessen eine mögliche und evidenzbasierte Therapie bzw. Therapiealternative direkt abgelesen werden kann und der die praktische Umsetzung der evidenzbasierten Empfehlungen fördern soll. Gegliedert wurde der ‚Rezeptblock‘ nach der Schwere der Armlähmung (leichte, mittlere und schwere Parese) und der Chronizität der Schlaganfallresiduen (akute, subakute, chronische Phase).