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Im heutigen Klinikalltag werden zur Behandlung chronischer Wunden Antiseptika und Antibiotika häufig kombiniert. Die vorliegende Arbeit hinterfragt diese Kombinationen, da sie oft ohne Wissen möglicher Wechselwirkungen verabreicht werden. Wir haben das Interaktionspotential der drei Antiseptika Octenidindihydrochlorid, Polihexanid und Chlorhexidindigluconat mit folgenden ß-Lactam-Antibiotika untersucht: Oxacillin, Ampicillin, Piperacillin + Tazobactam, Imipenem und Ceftazidim. In der Auswahl der Erreger haben wir uns auf die konzentriert, die statistisch besonders häufig in chronischen Wunden nachgewiesen werden: zwei S. aureus Stämme, ein MRSA-Stamm, zwei Enterococcus-, vier Pseudomonaden- und zwei E. coli-Stämme. In Vorversuchen haben wir mit der Mikroagardilutionsmethode die MHK’s der Erreger der verschiedenen Antiseptika auf den verschiedenen Agarsorten (Müller-Hinton-, Isosensitest-, CSA- und Blutagar) bestimmt. Orientierend an diesen Werten haben wir in den Hauptversuchen mittels Agardiffusions-Dilutions-Combitest das Interaktionspotential der oben genannten Antiinfektiva untersucht. Dazu haben wir Platten mit den Konzentrationen MHK, 1/8 MHK und 1/16 MHK gegossen. Bei der Auswertung wird deutlich, dass nicht alle Kombinationen bedenkenlos zusammengestellt werden sollten. In unseren Versuchen schneidet OCT am besten ab, hier vor allem die Kombination mit IMP 10. Auch PHMB weist gute Ergebnisse auf und nimmt eine Position zwischen OCT und CHX ein. CHX schneidet bei unseren Versuchen am schlechtesten ab und sollte sehr kritisch eingesetzt werden. Die Ergebnisse machen aber auch deutlich, dass es klare Unterschiede bezüglich der Erreger gibt.
Postoperative Wundinfektionen (surgical site infections: SSI) stellen in Deutschland derzeit die häufigste nosokomiale Infektion dar. In der heutigen Zeit sind die Standards zur Prävention von SSI sehr komplex und effizient. Mit der Absicht der weiteren Reduktion von SSI’s wurde der mikrobielle Hautversiegler InteguSeal® entwickelt. Ergänzend zu den bereits veröffentlichten Studien zur Wirksamkeit des Versieglers untersuchten wir die Haut von 128 Patienten, die sich zu geplanten traumatologischen Eingriffen in der Universitätsmedizin Greifswald einfanden. Die Patienten wurden in zwei Gruppen (Kontrollgruppe und Verumgruppe) aufgeteilt. Wir überprüften Koloniezahlen und Erregerspezies von Wundgrund, Wundrand und Wundnaht im Verlauf von operativen Eingriffen an der Wirbelsäule und an den Extremitäten. Im Vergleich mit der Kontrollgruppe ohne Versiegleranwendung konnten bei den Patienten, die der Verumgruppe mit Versiegleranwendung angehörten, an allen drei untersuchten Arealen weniger Koloniezahlen detektiert werden. Statistische Signifikanz wurde aber lediglich an der Wundnaht erreicht. Schlussfolgernd konnten wir zwar einen Trend zu Gunsten des sogenannten Sealings herausarbeiten, zur zukünftigen Integration der Versieglertechnik in die Standards zur präoperativen Vorbereitung zwecks Reduktion der Wundkontamination bzw. von Wundinfektionen müssen allerdings weitere Untersuchungen durchgeführt werden.
Durch in vitro-Studien konnte gezeigt werden, dass Polihexanid im Vergleich zu anderen bekannten antimikrobiellen Wirkstoffen sowie in Anwesenheit anwendungsnah simulierter organischer Belastungen ein für die Wundantisepsis geeigneter Wirkstoff ist. Im Kontext mit den bekannten Daten zur Verträglichkeit zumindest im Bereich der medizinischen Anwendungskonzentrationen (0,02 % und 0,04 % Polihexanid) und zum Einfluss auf die Wundheilung stützen die hier erhobenen Daten die bestehende Konsensusempfehlung zur Wundantiseptik, nach der Polihexanid zwar auch zur akuten Wundantiseptik, insbesondere aber zur Behandlung chronischer Wunden als geeignet angesehen wird. Auf Basis der biochemischen und biopysikalischen Grundlagen der Wirksamkeit von Polihexanid wurde die Möglichkeit der weiteren Verminderung der Zytotoxizität des Polihexanids bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der bakteriziden Wirksamkeit durch die Bindung an Phosphatidylcholin-haltige o/w-Emulsionen gezeigt; im Testsystem bei gleichzeitiger Anwesenheit von Bakterien und eukaryotischen Zellen unter simulierten Wundbedingungen war bereits die Kombination 0,05 % PHMB / 0,4 % EPC vollständig bakterizid und dabei ohne zytotoxischen Effekt wirksam. Diese Darreichungsform fungiert weiterhin als PHMB-Depot, das auch nach wiederholter Passage durch eine Bakteriensuspension noch die gleiche wundantiseptische Wirksamkeit aufweist wie in der ersten Passage. Erste in vitro- und in vivo-Erfahrungen mit den hier beschriebenen PHMB-haltigen o/w-Emulsionen wurden bereits durch andere Arbeitsgruppen publiziert. Demnach führt diese neue Darreichungsform zu einer größeren Eindringtiefe des Wirkstoffs in die Haarfollikel, die in Bezug auf die Hautfläche das mit Abstand größte Reservoir für die mikrobielle Hautflora und nicht zuletzt auch für eine Repopulation oberflächlich desinfizierter Haut darstellen. Die in vivo–Daten deuten darauf hin, dass mit partikel-gebundenem PHMB eine bessere und nachhaltigere Antisepsis erreicht werden kann als mit freiem PHMB. Zusätzlich zum Beitrag an der Konsensusempfehlung des Polihexanids zur Behandlung chronischer Wunden wird damit als wesentliches Ergebnis der Dissertation die Erschließung von bisher für wässrige PHMB-Lösungen nicht möglicher medizinischer Einsatzorte wie in sensiblen Geweben oder Anwendung bei Neugeborenen, am Auge, in Gegenwart von Knorpel, am Peritoneum und in anderen Körperhöhlen (Blase, Harnröhre, vereiterte Gelenkhöhlen), zur Mukositis-Prophylaxe, bei der Krebschemotherapie, bei Verbrennungen 3. Grades, aber auch in der antimikrobiellen Behandlung von Zellkulturen vorstellbar. Bis zu einer solchen therapeutischen Nutzung sind jedoch noch weitere Studien notwendig. Als günstig dürfte sich erweisen, dass es sich sowohl beim Polihexanid, als auch bei dem hier verwendeten Lipofundin ® um bereits etablierte und gut verstandene Medizinprodukte handelt. Im Kontext der weltweit zunehmenden Antibiotikaresistenzen und Verbreitungswege nosokomialer Erreger bei entsprechend geringer werdenden chemotherapeutischen Interventionsmöglichkeiten durch Antibiotika gewinnt die Möglichkeit des Einsatzes von Antiseptika mit breitem Wirkungsspektrum und guter Verträglichkeit immer mehr an Bedeutung, und dabei auch umso mehr die Erweiterung bestehender Einsatz-Indikationen. Neben der auf den ersten Blick vordringlich erscheinenden Identifikation neuer Wirkstoffe kann nicht zuletzt auf Basis der hier vorgelegten Ergebnisse die auf das gewünschte Wirkumfeld zugeschnittene Modifikation der Darreichungsform bekannter antiseptischer Wirkstoffe als möglicher Weg zur verbesserten antimikrobiellen Therapie herausgestellt werden. Diesem Gedanken folgen beispielsweise bereits Versuche, die die besonderen Eigenschaften von Nanopartikeln oder Peptid-basierten Nanostrukturen für die Bekämpfung von Infektionen und Kolonisationen zu nutzen, wobei deren Einsatz wegen der zum Teil hohen ökologischen Fremdartigkeit für biologische Systeme kritisch evaluiert werden muss. Im Gegensatz dazu ähnelt die Wirkung des Polihexanids auf die zwangsläufig und physiologisch kaum modifizierbar negativ geladenen bakteriellen Zellwandstrukturen dem Wirkmechanismen natürlich vorkommender antibakterieller Peptide wie dem β-Defensin, die einen wesentlichen Bestandteil des evolutionär sehr alten, angeborenen Immunsystems der Vertebraten darstellen – mikrobielle Zellumhüllungen sind anfällig gegenüber polykationischen Verbindungen mit hydrophoben Domänen. Auch das stellt einen Vorteil des Polihexanids gegenüber anderen Antiseptika dar.
Im deutschen Gesundheitswesen stellt MRSA nicht nur im stationären, sondern auch im ambulanten Bereich eine Behandlungserschwernis dar. Patienten mit chronischen Wunden sind bei MRSA-Infektionen besonders gefährdet. Deshalb wurden als Ausgangslage für die vorliegende Arbeit die Forschungsfragen formuliert, ob a) eine ambulante MRSA-Sanierung bei Patienten mit chronischen Wunden durchführbar ist und b) die damit erzielbaren Fallerlöse die Praxiskosten decken. Zur Beantwortung der Frage wurden a) Berichtsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung an das Bundesministerium für Gesundheit b) Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern und c) die Daten der MRSA-fokussierten MEracL-Studie (MRSA eradication for chronic lesions) analysiert. Auf Grund der Ergebnisse konnten fünf Kernaussagen formuliert werden: 1) Die Durchführung einer ambulanten Sanierungsbehandlung ist möglich. 2) Das Vorhandensein einer chronischen Wunde ist ein MRSA-Risikofaktor, aber kein Hemmnis für die Durchführung einer ambulanten Sanierungsbehandlung. 3) Die Akzeptanz der Ärzte hinsichtlich der Durchführung einer ambulanten Sanierungsbehandlung ist regional unterschiedlich. 4) Die errechneten Fallerlöse decken nicht die realen Praxiskosten. 5) Das Budget für Leistungen im Zusammenhang mit MRSA sollte sektorenübergreifend geplant und eingesetzt werden. Die vorliegende Arbeit unterstreicht die Wichtigkeit einer gesundheitsökonomischen Analyse bei der Einführung neuer Behandlungsmethoden.