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Mit weltweit potenziell 5,3 Millionen Todesopfern pro Jahr ist die Sepsis eine der häufigs-ten Todesursachen3. Ursprung dieser ist eine Dysregulation einer immunologischen Reak-tion mit Inflammation und daraus folgenden Organschäden9,10. Der Nutzen von Albumin in der supportiven Therapie dieser lebensbedrohenden Erkrankung wird seit längerem disku-tiert. Aus diesem Grund befasst sich die hier vorliegende Arbeit mit dem Zusammenhang zwischen der Albuminsubstitution und Letalität der schweren Sepsis und des septischen Schocks. Als Grundlage dienten die Patient*innendaten aus der intensivmedizinischen Sepsisdatenbank der Universitätsmedizin Greifswald, im Zeitraum von 2010 bis 2015. Zu-nächst wurden die Patient*innen in zwei Gruppen eingeteilt. Die Patientin*innen der „Gruppe A“ erhielten kein Albumin und die Patient*innen der „Gruppe B“ bekamen Albumin substituiert. Anschließend erfolgte die Unterteilung je nach Ausprägung der Hypalbuminä-mie, bemessen am niedrigsten Serumalbuminwert, in vier Subgruppen (Gruppe 1 A/B bis 4 A/B). In einer weiteren Unterteilung, anhand einer messbaren Erhöhung des Serumal-bumins nach Substitution, wurden die Patient*innen der „Gruppe B“ in „Responder“ und „Nonresponder“ gruppiert.
Insgesamt konnten dadurch 701 Patient*innen in die Studie eingeschlossen werden. Von diesen waren 258 weiblich (36,8 %) und 443 männlich (63,20 %). Entsprechend lag das akkumulierte mittlere Erkrankungsalter aller Patient*innen bei 67,93 ± 12,6 (MW ± SD) Jahren. In der Gesamtheit betrachtet war der septische Schock mit 76,03 % (n = 533) häufiger vertreten als die schwere Sepsis mit 23,97 % (n = 168). Der „APACHE II Score“ der Gesamtpopulation lag im Mittel bei 20,19, was einem Mortalitätsrisiko von rund 40 % entspricht. Die Patient*innen, die kein Albumin substituiert bekamen, wiesen ein 30 % höheres Risiko auf innerhalb der ersten 28 Tage nach Sepsisdiagnose zu versterben (Fisher-Exact-Test: p = 0,0279; KI: 1.019 - 1.257). Die statistische Betrachtung der Pati-ent*innen mit besonders niedrigen Albuminwerten (≤ 15 g/l) zeigte, dass Patient*innen ohne Substitution ein 56 % höheres Risiko hatten in den ersten 28 Tagen zu versterben. Im Vergleich der Gruppen bezüglich ihrer 90-Tage-, Intensiv- und Krankenhaussterblich-keit ergab sich keinen signifikanten Unterschied. Bei den Gruppen B 2-4 mit Albuminkon-zentrationen über 15 g/l konnte ebenfalls, im Vergleich der Letalität, keine Unterschiede ausgemacht werden.
Grundsätzlich wurde anhand der vorliegenden Daten aufgezeigt, dass die Substitution von Albumin mit einer reduzierten Letalität in den ersten 28 Tagen assoziiert ist. Dies gilt für alle Patient*innen mit einer Albumintherapie und insbesondere für Patient*innen mit einem Albuminwert unter 15 g/l. Fraglich bleibt jedoch, ob eine alleinige Albuminsubstitution eine Letalitätsreduktion bedingt. Allerdings konnte die Hypalbuminämie als unabhängiger Risi-kofaktor für eine erhöhte Letalität in der Sepsis bestätigt werden.
Abschließend kann gesagt werden, dass die durch diese Studie gewonnenen Ergebnisse die aktuellen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der Sepsis unterstützen7. Um aller-dings genauere Aussagen über den Einfluss von Albumin in Bezug auf die Letalität in der Sepsis machen zu können, sollten Studien unter kontrollierten Bedingungen und unter der Einbeziehung einer größeren Studienpolulation durchgeführt werden.
Ziel dieser tierexperimentellen Studie war es, die Auswirkungen der häufig verwendeten Anästhetika Ketamin und Propofol auf die intestinale Mikrozirkulation während Endotoxinämie zu untersuchen. Endotoxinämie bewirkt Abfall des mittleren arteriellen Blutdrucks, induziert permanente Leukozytenadhärenz (Sticking) und bewirkt die Ausschüttung von Zytokinen (TNF-a, IL-1ß, IL-6 und IL-10). Diese endotoxinämietypischen Veränderungen werden weder von Ketamin noch von Propofol beeinflusst.
Die zwei für die Dissertation ausgewählten Studien gruppieren sich um die Thematik der Identifikation von Barrieren und fördernden Faktoren zur Verbesserung der frühen Detektion und schnellen Initialtherapie der schweren Sepsis / des septischen Schocks.
Vorausgehend zu den im Folgenden präsentierten Untersuchungen wurde die erste Interventionsphase einer im cluster-randomisierten Design angelegten Studie, in der unter der Beteiligung von 44 Kliniken untersucht wurde, a) inwiefern eine zeitgerechte antimikrobielle Therapie einen Einfluss auf die 28-Tage-Sterblichkeit von Patienten mit schwerer Sepsis / septischem Schock hat und b) ob eine multimodale Intervention, die u.a. die Etablierung eines Change Teams umfasst, die Einhaltung der Sepsis-Leitlinien stärker beeinflusst als das Implementieren üblicherweise durchgeführter Weiterbildungen in einer Kontrollgruppe, beendet (MEDUSA: Medical EDUcation for sepsis Source control & Antibiotics). Hierbei zeigte sich, dass es zwischen der Interventions- (IG) und der Kontroll-gruppe (KG) keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, leitliniengerecht innerhalb der ersten Stunde eine antimikrobielle Therapie zu erhalten, gab (IG: 39.6%; KG: 36.0%; p=0.12). Bezüglich der Abnahme von mindestens zwei Blutkultursets vor der Gabe eines Breitband-antibiotikums wurde zunächst ein stetiger Anstieg ersichtlich, der bei fast 70% stagnierte und konstant blieb, wohingegen die Einhaltung dieser Leitlinie in der KG über die Zeit hinweg zwischen 45% und 58% variierte (p=0.001). Innerhalb der IG war die 28-Tage-Sterblichkeit der Patienten höher als in der KG (p=0.001). Diese Differenz durchzog sich allerdings vom Studienbeginn bis zum Ende.
Im Rahmen der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung sollte untersucht werden, inwiefern es möglich ist, die Intervention in Vorbereitung auf die zweite Studienphase zu optimieren. Vor diesem Hintergrund wurden a) durch die MEDUSA Mitarbeiter dokumentierte Eindrücke aus 83 Besuchen in 16 Interventionskliniken inhaltsanalytisch nach Mayring ausgewertet sowie semistrukturierte Experten-interviews mit 17 Change Team Leitern am Ende der ersten Interventionsphase geführt, welche in Anlehnung an die Grounded Theory von Strauss & Corbin analysiert wurden. Hierdurch war es möglich, ein Rahmenmodell zu unterstützenden Bedingungen bei der Implementierung von Veränderungs-maßnahmen mittels Change Teams zu entwickeln, das sich aus fünf Kernkategorien zusammensetzt, denen einzelne unterstützende Bedingungen zugeordnet werden konnten: (1) das Zur-Verfügung-Stehen externer Unterstützungsleistungen, (2) aktivitätsfördernde Eigenschaften der Change Teams und deren Mitglieder, (3) unterstützende Implementierungsstrategien, (4) veränderungsförderliche Mitarbeiter-eigenschaften und (5) hilfreiche, strukturelle Begebenheiten in den Kliniken vor Ort.
Ergänzend zu der zuvor beschriebenen Untersuchung war es darüber hinaus nötig, konkrete Ursachen zu identifizieren, die eine leitliniengerechte antimikrobielle medizinische Versorgung von Patienten mit Sepsis verhindern. Hierzu wurden fünf Fokusgruppen mit insgesamt 29 Mitarbeitern – 11 Ärzten und 18 Pflegekräften – zu Barrieren bei der Früherkennung und leitliniengerechten Therapie der Sepsis befragt. Die Auswertung erfolgte in Anlehnung an die Prinzipien des Framework Approach von Ritchie und Spencer. Basierend auf den identifizierten Ursachen für das zu späte Erkennen einer Sepsis als auch den Gründen für eine zeit¬verzögerte Therapie nach bereits erfolgter Identifikation war es möglich, ein Rahmenmodell zu entwickeln, in dem stationsinterne als auch -externe Kommunikationsdefizite und Übergabe¬schwierigkeiten über den gesamten Behandlungspfad eines Patienten hinweg übersichtsartig dargestellt sind. Hierbei stehen die fünf Kernbereiche: (1) Präklinik, (2) Rettungsdienst, (3) Notaufnahme, (4) Normalstation und (5) Intermediate Care Station / Intensivstation im Vordergrund. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die alleinige Etablierung eines Change Teams je Krankenhaus nicht ausreichend war, um eine signifikante Verbesserung der zeitgerechten Identifikation und leitliniengerechten Therapie der Sepsis zu erreichen.
Die Evaluation des Einflusses der Antibiotika Linezolid und Tigecyclin auf die Mikrozirkulation im Rahmen einer akuten experimentellen Endotoxinämie war Ziel unserer Arbeit. Das Monitoring der Vitalparameter erfasste Herzfrequenz, mittleren arteriellen Blutdruck, Atemfrequenz und Körpertemperatur über die gesamte Dauer des Experiments. Mit Hilfe der Intravitalmikroskopie ermittelten wir in postkapillären mesenterialen Venolen die temporäre und permanente Leukozyten-Adhärenz nach Anfärben mit Rhodamin sowie das Ausmaß der Plasmaextravasation aus dem Gefäß in das Interstitium mittels FITC-markiertem Albumin. Zudem wurden die Konzentrationen pro- und antiinflammatorischer Zytokine aus Serumproben zu Beginn und am Ende des Versuches ermittelt. Durch die experimentelle Endotoxinämie kam es tendenziell zu einem Blutdruckabfall in den LPS-belasteten Gruppen, durch hämodynamische Stabilisierung mit Hilfe von Volumentherapie wurde dieser allerdings begrenzt. An den drei Mikroskopierzeitpunkten befanden sich alle Gruppen auf etwa gleichem Blutdruck-Niveau. Des Weiteren führte die LPS-Applikation zu einem Anstieg der Herz- und Atemfrequenz. Die Körpertemperatur wurde auf konstant 36°C gehalten. Aus den Untersuchungsergebnissen ist abzuleiten, dass die beiden Antibiotika keinen Einfluss auf die Makrohämodynamik haben. Zudem zeigte sich in unseren Messungen unter Endotoxinämie ein erwarteter Anstieg aller gemessenen Zytokinspiegel (TNF-α, IL-1β, IL-4, IL-6 und IFN-γ), welche weder von Linezolid noch von Tigecyclin beeinflusst wurden. Die endotoxämischen Bedingungen erzeugten typische pathophysiologische Veränderungen im Gebiet des Mesenteriums: eine gesteigerte Leukozytenaktivierung und Adhäsivität am Endothel sowie die daraus bedingte Reduktion des Rollerflows. Die Therapie mit Tigecyclin konnte eine signifikante Zunahme der adhärenten Leukozyten im Vergleich zur Kontrollgruppe nicht verhindern, erzielte allerdings eine signifikante Abnahme der Anzahl der „Sticker“ im Vergleich zur LPS-Gruppe. Dementsprechend konnte die Tigecyclin-Applikation den Roller-Flow signifikant verbessern, erreichte aber nicht das statistische Niveau der Kontrollgruppe. Linezolid konnte hatte ebenfalls die Leukozytenaktivierung vermindern, jedoch ohne eine statistische Signifikanz zu erzielen. Zusammenfassend bewirkte der Einsatz des Antibiotikums Tigecyclin eine signifikante Verminderung der Leukozytenaktivierung in der intestinalen Mikrozirkulation, was die Evaluation dieses Medikamentes für die eine immunmodulatorische Therapie der Sepsis in weiterführenden tierexperimentellen und klinischen Studien sinnvoll erscheinen lässt. Linezolid zeigte eine nur tendenzielle Abnahme der Leukozyten-Endothel-Interaktion, was jedoch in weiteren Studienmodellen evaluiert werden sollte.
Die Sepsis und der septische Schock sind lebensbedrohliche Erkrankungen, an denen weltweit Millionen Menschen erkranken und infolgedessen sterben. Die Blutkulturdiagnostik hilft die im Blut zirkulierenden Erreger und deren Sensitivität gegenüber Antiifektiva zu bestimmen und ermöglicht so die Umstellung auf eine gezielte Therapie. Mehrere internationale Studien konnten zeigen, dass durch eine Deeskalation der antiinfektiven Therapie das Outcome der Sepsis-Patienten verbessert werden kann. Außerdem kann eine Umstellung der kalkulierten Therapie nicht nur zu einer Abnahme der Sterblichkeit und der Ersparnis von Ressourcen, sondern auch zu einer Reduzierung von Resistenzbildung führen. Zur Identifizierung und zur Outcome-Einschätzung von kritisch-kranken Patienten können eine große Anzahl an Scores, Laborparametern, Vitalzeichen, Vorerkrankungen und weiteren Kriterien betrachtet werden. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist Scores und klinische Parameter zu ermitteln, die eine Aussage über die Positivitätswahrscheinlichkeit der Blutkulturdiagnostik treffen können. In der retrospektiven Studie wurden Daten von 635 Blutprobensets von 481 Patienten, die vom 11/2016 bis zum 03/2018 in der Universitätsmedizin Greifswald auf der Intensivstation behandelt wurden, analysiert. Dabei wurden Daten 24 Stunden vor und 4 Stunden nach der dokumentierten Blutkulturabnahme erfasst und ausgewertet. Es erfolgte eine Unterteilung der positiven Blutkulturen in zwei Gruppen: Alle Blutkultursets und GNSA Blutkultursets (gram-negative Keime und Staphylococcus aureus). Die im Rahmen der Arbeit erhobenen Daten zeigen die Schwierigkeit ressourcensparende Diagnostikinstrumente für den klinischen Alltag zu finden. Mit alleiniger Verwendung der Scores lassen sich nur unzureichende Aussagen über das Resultat der Blutkulturdiagnostik treffen (Area unter the curve <0.7). Ebenfalls verdeutlicht die Untersuchung den Aufwand von personellen und diagnostischen Ressourcen, die bei der Bestimmung von Scores benötigt werden. In der klinischen Praxis kann dies zu einer erheblichen Verzögerung führen. Im Vergleich dazu weisen einzelne Laborparameter wie stabkernige Granulozyten sowie die Zusammenführung signifikanter Prädiktoren eine stärkere Diskriminierungsfähigkeit auf. Die Sepsis und der septische Schock sind komplexe Krankheitsbilder, sodass die Positivitätswahrscheinlichkeit einer Blutkultur nicht mit endgültiger Sicherheit anhand nur eines einzelnen Scores oder eines Laborparameters vorherzusagen ist.
Im Rahmen der Sepsis besitzt die Mikrozirkulation und insbesondere die intestinale Mikrozirkulation eine tragende Rolle in Bezug auf Organversagen und septischen Schock und ist somit ausschlaggebend für die Prognose septischer Patienten. Unser Anliegen bestand darin den antiinflammatorischen Einfluss der Antibiotika Linezolid und Tigecyclin auf die intestinale Mikrozirkulation septischer Ratten zu untersuchen. Linezolid, ein Vertreter der synthetischen Oxazolidinone, wird häufig in der Therapie der schweren gram-positiven Sepsis eingesetzt. Tigecyclin ist ein Vertreter der Glycylcycline, einer neuen Klasse von Antibiotika, und besitzt bakteriostatische Aktivität gegen ein breites Spektrum gram negativer und gram positiver Bakterien. Für unsere Untersuchungen nutzten wir das Colon ascendens Stent Peritonitis (CASP) Modell. Die Beurteilung der intestinalen Mikrozirkulation erfolgte mittels Intravitalmikroskopie. Linezolid führte zu einer statistisch signifikanten Verbesserung der intestinalen Mikrozirkulation. Die FCD der Lamina muscularis longitudinalis wurde um 30 % gesteigert, die FCD der Lamina muscularis circularis um 37 % und die FCD der Mukosa steigerte sich sogar um 64 % (p < 0,05). Linezolid besaß zudem Einfluss auf die Leukozyten Endothel Interaktionen der septischen Tiere. So sank die Anzahl temporär mit dem Endothel interagierender Leukozyten in den V1 Venolen der Submukosa um 40 % und die der adhärenten Leukozyten um 32 % signifikant (p < 0,05). Tigecyclin zeigte ebenfalls einen positiven Einfluss auf die intestinale Mikrozirkulation der septischen Tiere. Die FCD der Lamina muscularis longitudinalis verbesserte sich signifikant um 20 %, die FCD der Lamina muscularis circularis um 15 % und die FCD der Mukosa um 43 % (p < 0,05). In der Submukosa reduzierte Tigecyclin die Anzahl der adhärenten Leukozyten in den V1 Venolen signifikant um 58 % und in den V3 Venolen um 66 % (p < 0,05). Linezolid und Tigecyclin besitzen folglich neben ihren antimikrobiellen Eigenschaften auch eine antiinflammatorische Wirkung im CASP Modell der Sepsis. In klinischen Studien sollte die antiinflammatorische Wirkung und ihr Nutzen für die Therapie septischer Patienten untersucht werden, um ein weiteres Kriterium für die Auswahl der Antibiotika zur Sepsistherapie zu finden.
Im Rahmen einer Sepsis oder experimentellen Endotoxinämie zeigt sich eine Aktivierung des Gerinnungs-Fibrinolyse-Systems, des Kontakt- und Komplementsystems. Es kommt es zu einer erhöhten Leukozyten-Endothelinteraktion, einer endothelialen Dysfunktion und einem Capillary-leakage-Syndrom. Bei Sepsis-Patienten kann eine verminderte Konzentration des funktionellen C1-Esterase-Inhibitors festgestellt werden. Durch exogene Zufuhr konnte in klinischen und tierexperimentellen Untersuchungen eine Verminderung des capillary leakage und eine hämodynamische Stabilisierung erreicht werden. Ziel unserer Untersuchungen war die Bestimmung des Einflusses des C1-INH auf hämodynamische, biochemische und intravitalmikroskopische Parameter der Mikrozirkulation unter Endotoxinämie. Die Untersuchungen wurden an der Darmwand (Submukosa-Muskularis-Mukosa)und am Mesenterium durchgeführt. Die Hämodynamik blieb durch den C1-INH im Wesentlichen unbeeinflusst. Es zeigte sich eine Reduktion der funktionellen Kapillardichte der Mukosa des Darmes durch die Endotoxinämie. Die funktionelle Kapillardichte war in der Tunica muscularis circularis im Sinne eines „mismatch“ erhöht. Somit zeigte sich eine typische septische Mikrozirkulationsstörung. Die Gabe von C1-INH konnte die Mukosadurchblutung ohne Einfluss auf dieses „mismatch“ signifikant erhöhen. Die Endotoxinämie führte zu einer vermehrten Leukozytenadhärenz. C1-INH konnte diese Endotoxinwirkung signifikant vermindern. Nach unseren Erkenntnissen ist dies der erste intravitalmikroskopische Nachweis einer verminderten Leukoyzten-Endothel-Interaktion durch C1-INH in postkapillären Venolen der Darmwand. Die zur Quantifizierung des Capillary-leakage-Syndroms gemessene Plasmaextravasation konnte durch C1-INH ebenfalls reduziert werden. Als biochemischen Parameter einer proinflammatorischen Immunantwort zeigte sich ein erhöhter TNF-alpha-Spiegel in beiden Verumgruppen. Im Gegensatz dazu ergab sich durch die Applikation von C1-INH ein Anstieg der Konzentration des antiinflammatorischen Interleukin-10. Zusammenschauend könnten diese C1-INH-Wirkungen, insbesondere eines verminderten capillary leakage, entweder auf die verminderte Leukozytenadhärenz oder die beobachtete Immunmodulation zurückzuführen sein. Nach Analyse der Literatur scheint der von uns gefundene erhöhte Interleukin-10-Spiegel in der Frühphase der Sepsis einen positiven Einfluss aufzuweisen. Weitere tierexperimentelle Arbeiten sollten Adhäsionsmoleküle sowie Parameter des Kontakt- und Komplementsystems erfassen.
Eine adäquate Flüssigkeitssubstitution stellt im Rahmen der Sepsis und des septischen Schocks einen Grundpfeiler der Basistherapie dar. Hierbei spielt nicht nur die Aufrechterhaltung der Makrohämodynamik, sondern auch der Erhalt der Kapillarperfusion eine entscheidende Rolle. Fällt diese Barriere beispielsweise im Intestinum, folgt die Bakterientranslokation in das Blut und eine Verschärfung der Sepsis ist die Folge. In der Vergangenheit konnte gezeigt werden, dass Hydroxyethylstärke-haltige Lösungen immunmodulatorische Eigenschaften besitzen. Ziel dieser Arbeit war es, die Effekte „älterer“ (200/0,5) und „neuerer“ (130/0,4) HES Lösungen auf die intestinale Mikrozirkulation im Rahmen einer experimentellen Sepsis zu untersuchen und zu vergleichen. Es sollten etwaige immunmodulatorische Unterschiede sowie differente Einflüsse auf die Kapillarperfusion genauer beleuchtet werden. Als Vergleich dienten Untersuchungsgruppen, die mit Ringerlaktat sowie mit volumenäquivalenten Mengen Ringerlaktat behandelt wurden. Die Colon Ascendens Stent Peritonitis (CASP) wurde als Tiermodell genutzt. Zur Beurteilung der intestinalen Mikrozirkulation wurde die Intravitalmikroskopie verwendet. Hierbei erfolgte die Untersuchung der Kapillarperfusion sowie der Leukozytenaktivierung im terminalen Ileum der Ratte. Zudem wurden klinische Parameter wie Blutdruck, Herzfrequenz und Körpertemperatur aufgezeichnet sowie anti- und proinflammatorische Zytokine im Blut bestimmt. Zu Beginn des Experimentes herrschten in allen Untersuchungsgruppen normotone Druckverhältnisse, so dass makrohämodynamische Einflüsse ausgeschlossen werden konnten. Es zeigte sich, dass alle HES-Präparate sowie eine volumenäquivalente Flüssigkeitssubstitution mit Ringerlaktat die Kapillarperfusion signifikant verbessern. Unterschiede zwischen „neueren“ und „älteren“ HES-Lösungen sind, mit Ausnahme von Tetraspan, welches einen geringeren Effekt auf die Kapillarperfusion in der Lamina muscularis circularis aufweist, nicht vorhanden. Zudem zeigte sich kein Vorteil zugunsten von HES Präparaten im Vergleich zur volumenäquivalenten Substitution mit Ringerlaktat. Alle HES-Lösungen, hier ebenfalls Tetraspan in einem Teilbereich ausgenommen, führten zu einer signifikanten Reduktion der Leukozytenaktivierung im terminalen Ileum. Dies spiegelte sich jedoch nicht in den systemischen Zytokinleveln wider. Infusionslösungen mit Hydroxyethylstärke zeigen, ungeachtet der Generation, akute positive immunmodulatorische sowie mikrozirkulatorische Effekte. Gerade in der Frühphase der Sepsis kann dies, bei gleichem Volumeneffekt, ein Vorteil im Gegensatz zu Ringerlaktat oder NaCl-Lösungen mit sich bringen. Somit sollte die Gabe von HES in diesem Krankheitsstadium erwogen werden. Da der Darm weiterhin als Motor des Multiorganversagens im Rahmen der Sepsis gilt, sollten in dieser Hinsicht zukünftige experimentelle Studien untersuchen, inwieweit sich neue Ansatzpunkte der kausalen Therapie ergeben.
Patienten mit Sepsis haben eine schlechte Mikrozirkulation sowie kardiovaskuläre Depression. Zur Therapie müssen unbedingt und schnellstmöglich Antibiotika gegeben werden, die oft kombiniert wird mit Antikoagulantien-Therapie. Nun stellt sich die Frage, welchen direkten Effekt Antibiotika und Antikoagulantien auf den Gefäßtonus beim septischen Patienten haben. Als ersten Schritt dieser Forschung wurden an gesunden Ratten-Aortenringen Antibiotika und Antikoagulantien durch Messung der isometrischen Kontraktion in vitro getestet. Alle Medikamente wurden hinsichtlich ihrer Relaxationsfähigkeit bei Vorkontraktion mit 20/40 mM KCl oder Phenylephrin (5x10-7M oder 5x10-8M) getestet, sowie die Phenylephrin Dosis-Wirkungs-Kurve nach 30 Minuten bzw. 20 Stunden Inkubation (bei 37°C) konstruiert. Zudem wurde die Wirkung des Medikaments in hohen Konzentrationen auf den Ruhezustand der Ringe erprobt. Bei den Antibiotika konnte festgestellt werden, dass Linezolid möglicherweise ein K+-Kanal Aktivator ist, da es bei einer Präkontraktion von 40mM KCl und darauffolgender kumulativer Gabe von Linezolid signifikant weniger stark relaxiert, als bei 20mM KCl Vorkontraktion (P=0,02). Weiterhin könnten sowohl Linezolid als auch Daptomycin intrazelluläre Mechanismen beeinflussen, da sie bei der Inkubation von 30 Minuten (pEC50: 7.47±0.06(Lin)/7.45±0.08(Dap) vs 6.96±0.05(Kon)) und 20 Stunden (pEC50: 7.2±0.04 (Lin)/ 7.45±0.04 (Dap) vs 6.89±0.05(Kon)) und folgender Phenylephrin-Dosis-Wirkungs-Kurve beide eine Linksverschiebung der Kurve im Vergleich zur Kontrolle bewirken (P<0,05). Zudem ist ihre erreichte Maximalspannung in beiden Versuchsreihen signifikant höher als die der Kontrolle. Bei den Antikoagulantien wurde ermittelt, dass bei Enoxaparin (P=0,00002), Tinzaparin (P=0,0002) und Danaparoid (P=0,005) möglicherweise eine K+-Kanal Aktivierung vorliegen könnte, da sie alle bei 20mM KCl Vorkontraktion stärker relaxieren als bei 40mM KCl Präkontraktion. Zudem konnte bei Tinzaparin (P=0,002) und Enoxaparin (P=0,01) nach Vorkontraktion mit Phenylephrin eine signifikante Relaxation im Vergleich zur Kontrolle festgestellt werden, was eventuell hinweist auf eine α-adrenerge Stimulation. Nach 30 Minuten Inkubation fanden wir heraus, dass Argatroban und Danaparoid eine Linksverschiebung der Phenylephrin-Dosis-Wirkungs-Kurve gegenüber der Kontrolle bewirken (pEC50: 7.17±0.08(Arg)/7.12±0.05(Dan) vs 6.96±0.05(Kon)), während Enoxaparin (pEC50: 6.77±0.03) eine Rechtsverschiebung zeigte (bei allen P<0,05). Bei der 20-stündigen Inkubation hingegen zeigten alle Antikoagulantien im Vergleich zur Kontrolle eine erhöhte Sensitivität gegenüber Phenylephrin (pEC50: 7.37±0.05(Arg)/7.13±0.04(Dan)/7.1±0.05(Eno)/ 7.06±0.04(Tin) vs 6.89±0.05(Kon)). Möglicherweise beeinflussen sie also intrazelluläre Mechanismen. Die Maximalspannung war, im Vergleich zur Kontrolle, bei Enoxaparin und Argatroban erhöht. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass einige der getesteten Substanzen möglicherweise eine K+-Kanal Aktivierung, eine α-adrenerge Stimulation oder eine intrazelluläre Modulation bewirken. Ob diese Ergebnisse eine Bedeutung für den Menschen haben und ob sie bedeutsam bei Sepsis sind, muss noch untersucht werden.
Die erfolgreiche Behandlung der Sepsis ist bis heute eine Herausforderung in der Intensivmedizin. Antikoagulantien stellen eine neue Therapieoption dar, denn das Gerinnungs- und Immunsystem sind eng miteinander verknüpft sind. Thrombin scheint eines der wichtigsten verknüpfenden Enzyme zu sein, da es sowohl an der Gerinnungskaskade und auch an der Leukozytenrekrutierung und der darauffolgenden Störung der Mikrozirkulation beteiligt ist. In dieser Arbeit wurden die Effekte des direkten Thrombininhibitor Argatroban auf die intestinale Kapillarperfusion und die Endothel-Leukozyten-Interaktion von Ratten während experimentell induzierter Sepsis untersucht. 40 männliche Lewis Ratten wurden in 4 Gruppen eingeteilt (n=10): Schein-Operation (SHAM), experimentelle Sepsis (colon ascendens stent peritonitis – CASP), CASP-Gruppe mit Argatroban-Gabe (CASP+ARG) und SHAM-Gruppe mit Argatroban-Gabe (SHAM+ARG). 16 Stunden nach Einsetzen des Stents oder der SHAM-Operation erhielten die Tiere der CASP+ARG und SHAM+ARG Gruppen 2 mg/kg Argatroban (ARG) intravenös. Die Tiere der anderen Gruppen erhielten einen volumenäquivalenten Bolus an isotonischer 0,9 % Natriumchloridlösung. Anschließend erfolgte nach 60 Minuten die Intravitalmikroskopie. Die Gabe von Argatroban verbesserte statistisch signifikant im Vergleich zu unbehandelten Tieren bei CASP-Tieren die Kapillarperfusion, besonders der Mukosa und verringerte statistisch signifikant in Venolen mit einem Durchmesser von 50-80 µm die Anzahl von aktivierten Leukozyten in der intestinalen Submukosa. Die funktionelle Kapillardichte, als Marker der kapillaren Perfusion, wurde durch Argatroban in septischen Ratten verbessert und gleichzeitig wurden durch die verminderte Leukozytenadhärenz am Endothel antiinflammatorische Eigenschaften nachgewiesen. Die Therapie der Sepsis mit Argatroban könnte durch die verbesserte intestinale Kapillarperfusion vorteilhaft für das Outcome sein.