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Sepsis ist ein Krankheitsbild mit ausgeprägter klinischer Relevanz, das im klinischen Alltag immer wieder große Probleme aufwirft. Zum einen sind die zugrunde liegenden pathophysiologischen Vorgänge im Wesentlichen unverstanden und zum anderen sind große interindividuelle Unterschiede im Erfolg verschiedener Therapieansätze zu beobachten. Die Funktion und Relevanz von Arzneimitteltransportern ist letztlich unklar und unter Umständen stellen sie Einflussgrößen dar, die sich auf Therapie und Prognose einzelner Patienten auswirken können. Des Weiteren muss aufgrund der Vielzahl der parallel verwendeten Wirkstoffe von einem großen Interaktionspotential der verwendeten Substanzen ausgegangen werden. Im Rahmen der vorgelegten Dissertation wurde die Frage eruiert, ob eine systemische Entzündungsreaktion die Expression dieser Transportproteine beeinflusst. Dafür standen Proben zweier unterschiedlicher Sepsismodelle zur Verfügung, die mittels quantitativer PCR und Immunfluoreszenz auf die Expression der pharmakologisch wichtigen ABC-Transporter P-gp, mrp2, BCRP1 und mrp5 in verschiedenen Organen hin untersucht wurden. Bis auf das mrp2, das nur in Darm, Niere und Leber detektiert werden konnte, konnten alle untersuchten Transporter in den betrachteten Organen auf mRNA-Ebene nachgewiesen werden. Diese Befunde wurden teilweise mittels Immunfluoreszenz-Untersuchungen bestätigt. So konnte beispielsweise die kanalikuläre Lokalisation des mrp2 bestätigt und MRP5, wie schon für das humane Herz beschrieben, in den Kardiomyozyten und Endothelzellen lokalisiert werden. Der Vergleich der Sepsismodelle und der nativen Proben zeigt ein uneinheitliches Bild: Hier wurden in den meisten Fällen erhöhte Expressionsspiegel für die CASP-Sepsis beobachtet, wohingegen es beim LPS-Modell vorrangig zu einer Abnahme kam. Lediglich mrp2, das in beiden Modellen vermindert exprimiert war, bildete hier eine Ausnahme. Diese sehr differierenden Ergebnisse sind dabei sehr wahrscheinlich im Versuchdesign begründet. Aufgrund der unterschiedlichen Applikationsverfahren ist beispielsweise mit verschiedenen Anwartzeiten und einem differierenden Zytokinprofil zu rechnen, wodurch die voneinander abweichenden Effekte hinsichtlich der Transporterexpression zu erklären wären. Betrachtet man die Ergebnisse im Einzelnen, so zeigt sich für P-gp nur im CASP-Sepsismodell eine signifikante Expressionsänderung. Die hier beobachtete gesteigerte Transporterexpression könnte durch eine Verminderung der lokalen und systemischen Verfügbarkeit von P-gp Substraten auch funktionelle Bedeutung haben. Die ebenfalls gemessene BCRP1-Expression unterlag insgesamt erheblichen Schwankungen, so dass hier keine eindeutigen Ergebnisse erzielt werden konnten. Für BCRP1 konnte lediglich im Gehirn während beiden Sepsisanordnungen eine deutlich erhöhte Expression festgestellt werden. Vor dem Hintergrund einer möglichen cerebralen Hypoxie im Rahmen der Sepsis, könnte die Zunahme als kompensatorischer Schutzmechanismus vor Akkumulation von BCRP1-Substraten, wie beispielsweise Porphyrinen, interpretiert werden. Die cGMP/cAMP-Effluxpumpe mrp5 zeigt schließlich in allen Organen der CASP-Gruppe ebenfalls eine Expressionszunahme, während es im LPS-Modell in Darm, Niere und Milz zu einer Expressionsabnahme kommt. Es wird diskutiert, ob der Transporter an der Regulation der intrazellulären Konzentration der second messengers cAMP und cGMP beteiligt ist, was im Hinblick auf eine sepsisbedingte Vasodilatation und myokardiale Depression, die beide u.a. über den NO-cGMP-Signaltransduktionsweg reguliert werden, von Interesse wäre. Im Rahmen der Experimente kam es in den Herzproben bei LPS- bzw. CASP-Sepsis zu einem gleich bleibenden Verhalten bzw. zu einer Zunahme des Transportervorkommens, so dass letztlich keine sichere Korrelation zwischen den pathophysiologischen Veränderungen im Rahmen einer Sepsis und der Funktion von mrp5 gestellt werden kann. Zusammenfassend kann man eine Beeinflussung der Transporter durch ein septisches Geschehen ausmachen, wobei die klinische Relevanz und Funktion der Transporter durch weitere Analysen zu klären bleibt.
Die Sepsis (Typ B) als Folge des regelhaft auftretenden postoperativen Immundysfunktions-syndroms ist prognostisch als besonders ungünstig einzustufen und ein immer noch schwer beherrschbares Problem auf chirurgischen Intensivstationen. Eine adäquate Therapie ist vor diesem Hintergrund unbedingt erforderlich. In diesem Kontext war es das Ziel, den Einfluss von R-848 als synthetischen TLR7-Agonisten in murinen Sepsismodellen zu untersuchen und nähere Aussagen über die Expression von TLR7 in der murinen Sepsis zu gewinnen. Methodisch wurde die 16G-CASP als endogenes und die i.v.-Infektion mit Burkholderia pseudomallei als exogenes Sepsismodell verwendet. Sowohl immunhistochemisch als auch auf molekularer Ebene (mRNA) konnte eine schwache Expression von TLR7 in nativen murinen Milzmakrophagen, B-Zellen und plasmazytoiden dendritischen Zellen und im Verlauf der Sepsis eine Hochregulation dieses Rezeptors gezeigt werden. Ex vivo wurde der Nachweis erbracht, dass R-848 in vergleichbarem Maße wie LPS pro- und antiinflammatorische Zytokine induziert. Eine immunstimulatorische Potenz des TLR7-Agonisten konnte in der nativen Maus anhand von Analysen der Zytokine nach Gabe von R-848 in vivo gezeigt werden. TLR7-Stimulation ändert den Ablauf der Sepsis in vivo, was zunächst im CASP-Modell untersucht wurde. Die Überlebenskinetik zeigte einen Trend zur Mortalitätsreduktion nach R-848-Vorbehandlung. Unter Burkholderieninfektion konnte eine signifikante Verlängerung des Überlebens ebenfalls ermittelt werden. Um diesen Unterschied erklären zu können, wurden als nächstes die bakterielle Belastung und Zytokinspiegel verschiedener Kompartimente unter TLR7-Stimulation 12 und 20 Stunden nach CASP analysiert. Bei tendentiell gegenläufigem Zytokinprofil zeigte sich die Bakterienzahl unter R-848-Stimulation sowohl im Peritoneum, als auch in der Milz signifikant gegenüber der Kontrolle abgesunken. R-848 konnte in vorinfizierten RAW-Makrophagen die Phagozytoserate gegenüber der physiologischen Kontrolle steigern, zeigte jedoch keinen Unterschied bei nicht-infizierten Makrophagen. In einem Replikations- und Invasionsassay fand sich die intrazelluläre Keimzahl unter R-848-Stimulation um 50 Prozent nicht signifikant abgesunken. Septische Apoptoseraten korrelieren mit dem Schweregrad des Sepsisverlaufs. Der protektive Einfluß von R-848 konnte anhand eines signifikanten Rückgangs der Apoptoserate in immunologisch bedeutenden Organen gezeigt werden. TLR7 als primär für die Virusabwehr bekannter Mustererkennungsrezeptor kann demnach auch in systemischen bakteriellen Infektionen ein mögliches Ziel immuntherapeutischer Interventionen sein, was weitergehend untersucht werden sollte.
Die abdominelle Sepsis ist nach wie vor mit einer erheblichen Mortalität verbunden. Häufig stellt eine sekundäre Peritonitis als Folge einer Hohlorganperforation oder Anastomoseninsuffizienz den Fokus dar, welcher sich rasch systemisch auswirkt. Durch den bakteriellen Abfluss der Bakterien über das portokavernöse System agiert die Leber als zentrale Filterstation und wird dabei gleichzeitig durch infiltrierende Leukozyten und schockbedingte Minderperfusion geschädigt. Verantwortlich für die bakterielle Clearance in der Leber sind die Kupfferzellen, die zudem durch Freisetzung pro- und antiinflammatorischer Mediatoren den systemischen Entzündungsverlauf entscheidend beeinflussen. In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss der selektiven Kupfferzell-Depletion mittels Dichloromethylen-Bisphosphonat (Cl2MBP-Clodronat) im murinen Sepsismodell der Colon Ascendens Stent Peritonitis (CASP) auf die Mikrozirkulation der Leber mit Hilfe der intravitalen Fluoreszenzmikroskopie sowie mit ex vivo Analysen untersucht. Zudem erfolgte die Beurteilung der systemischen Reaktion hinsichtlich der Mortalität sowie der veränderten Freisetzung von Entzündungsmediatoren in Serum, Milz, Leber und Lunge. Die polymikrobielle Sepsis führte in der Leber zu einer erheblichen Perfusionsstörung nach 12h sowie zu einer signifikanten sinusoidalen Leukozytenstase nach 3h Sepsis, die nach 12h rückläufig war. Des Weiteren konnte ein deutlicher Anstieg der hepatozellulären Apoptose 12h nach CASP nachgewiesen werden. Die Kupfferzell-Depletion verminderte sowohl die sinusoidale Leukozytenstase als auch die hepatozelluläre Apoptose signifikant und wirkte somit protektiv in der Ausbildung des Leberschadens. Erstmals konnte eine reduzierte Leukozytenstase nach Kupfferzell-Depletion bei gleichzeitigem lokalem Anstieg von TNF nachgewiesen werden. Bezüglich der Phagozytoserate zeigte sich in der polymikrobiellen Sepsis eine initiale Hyperaktivität mit nachfolgender Erschöpfung der Kupfferzellen. Nach Clodronat-Applikation war, wie erwartet, die Phagozytoseaktivität zu beiden Zeitpunkten deutlich eingeschränkt. Systemisch führte die Kupfferzell-Depletion zu einer signifikant erhöhten Sterblichkeit in der CASP. Zudem kam es zu einem massiven Anstieg des TNF sowie einer signifikanten Reduktion des antiinflammatorischen IL-10 in Serum und Leber. Die Depletion der Kupfferzellen vor Induktion der polymikrobiellen Sepsis führte somit zu einem vermindertem hepatozellulärem Leberschaden bei gleichzeitig erhöhter Mortalität durch die uneingeschränkte Hyperinflammation. Die Blockade der Kupfferzellen zu einem späteren Zeitpunkt, in der Phase der Immunparalyse, wäre jedoch eine neue Möglichkeit zur Therapie sekundärer Infektionen in der Sepsis.
Einfluss der subdiaphragmalen Vagotomie auf die Immunantwort in der murinen polymikrobiellen Sepsis
(2008)
Neben seiner bekannten Funktion im Autonomen Nervensystem zeigt der Nervus vagus bedeutende Einflüsse auf das Immunsystem. Bei diesem als „cholinergic anti-inflammatory pathway“ diskutierten Weg beeinflusst das Autonome Nervensystem über Efferenzen des Nervus vagus Zellen des Immunsystems. Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Einfluss einer vollständigen subdiaphragmalen Vagotomie auf die Immunantwort in der akuten polymikrobiellen Peritonitis und Sepsis untersucht. Um das Überleben und den Verlauf einer Sepsis unter Vagotomie bei Mäusen zu betrachten, wurden die Tiere im ersten Teil der Arbeit gleichzeitig einer CASP und einer Vagotomie unterzogen. Zur Sepsisinduktion wurde das chirurgische Modell der Colon ascendens stent peritonitis (CASP) an Mäusen gewählt. Durch die CASP kann die Situation einer polymikrobiellen Sepsis realistisch nachgebildet werden. Die Durchtrennung des anterioren und posterioren Anteils des Nervus vagus erfolgte subdiaphragmal. Dieses Modell entspricht dem typischen Bild einer abdominellen Vagotomie, wie sie nach Magen- und Speiseröhrenresektion klinisch vorkommen kann. In der Überlebenskinetik zeigte sich, dass die Vagotomie allein keinen Einfluss auf das Überleben der Versuchstiere hat. In den septischen Tieren führte sie jedoch zu einer erhöhten Mortalität. In den darauffolgenden Ex-vivo-Experimenten wurde dieser Zusammenhang näher untersucht. Die bakterielle Belastung in verschiedenen Organen und Kompartimenten wurde gemessen. Dabei wurde ein massiver Bakterienbefall des gesamten Organismus nach CASP gesehen. Die Vagotomie zeigte dabei keinen zusätzlichen Einfluss auf die Beseitigung der Bakterien. Eine veränderte Immunantwort nach Vagotomie in septischen Tieren konnte anhand der Konzentration diverser Zytokine im Serum und im Leberüberstand gesehen werden. Wobei die Vagotomie einen Anstieg von pro- und antiinflammatorischen Zytokinen bewirkte. Die Leber wurde mittels Bestimmung der Leberenzyme im Serum und histologischer Färbung eingehend untersucht. Hierbei sah man einen Anstieg der Leberenzyme und einen histopathologischen Leberschaden in den septischen Tieren. Die Vagotomie allein führte ebenfalls zu höheren Leberenzymen im Serum der Mäuse. Histopathologisch zeigten die vagotomierten Tiere in der Leber keine Auffälligkeiten. Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass der Nervus vagus ein wichtiger Immunmodulator in der murinen polymikrobiellen Sepsis ist. Eine alleinige Vagotomie zeigte dabei keinen Einfluss auf das Immunsystem. Allerdings wirkte sie sich in Kombination mit einer septischen Komplikation negativ auf das Überleben aus. Bei einer Vielzahl bauchchirurgischer Eingriffe ist der Erhalt des Nervus vagus schwierig oder nicht möglich. So unterliegen Patienten nach Magen- und Speiseröhrenresektionen einer erhöhten perioperativen Mortalität. Hierbei stellt der „cholinergic anti-inflammatory pathway“ einen möglichen Angriffspunkt für eine effektive Therapie septischer Patienten nach Oberbauchchirurgie dar.
Die Sepsis und der septische Schock stellen die häufigste Todesursache auf chirurgischen Intensivstationen dar. Viele Studien haben gezeigt, dass die Barriere-funktion in sekretorischen Organen, wie z. B. Leber, Gehirn und Darm, durch das septische Krankheitsbild beeinflusst wird. Wichtige Determinanten dieser Organbarrieren sind die Effluxtransporter multidrug resistance protein 1 (kodiert durch Mdr1) und das multidrug resistance-associated protein 2 (Mrp2). Sie haben großen Einfluss auf die Absorption und Verteilung sowie Ausscheidung von potentiell toxischen Xenobiotika, unter anderem auch Arzneimittel. Unser Ziel war es, mit der vorliegenden Arbeit einerseits die Expression, anderseits die Funktion der Membran-Transporter Mdr1 und Mrp2 in verschiedenen Organen mit und ohne Sepsis zu untersuchen. Des Weiteren sollte geklärt werden, inwieweit Talinolol als probe drug neben dem bereits gut charakterisierten Transport über Mdr1 auch ein Substrat für Mrp2 ist. Hierzu wurden jeweils 12 männliche Lew.1W-Ratten des Wildtyps und 12 des Mrp2-defizienten Stamms mit Talinolol vorbehandelt. Je sechs Tieren beider Rattenstämme wurde ein Röhrchen in die Darmwand implantiert (colon ascendens stent peritonitis – CASP), die Kontrolltiere wurden scheinoperiert. Nach drei Tagen wurde die Mdr1b- und Mrp2-mRNA-Expression über die real time reverse transcription- Polymerasekettenreaktion im Jejunum, Ileum, Leber, Niere, Gehirn und Hoden analysiert. Weiterhin bestimmten wir sowohl aus den oben genannten Organen als auch aus dem Blut sowie dem gesammelten Urin und Stuhl die Talinololkonzentrationen mittels high pressure liquid chromatography (HPLC) und Fluoreszenzdetektion. Septische Ratten des Wildtyps zeigten gegenüber ihrer Kontrolle eine nominal gesunkene jejunale Mdr1b-mRNA-Expression mit einer gleichzeitig um 20% verminderten Talinololausscheidung über den Stuhl als möglichen Ausdruck der gestörte Absorptionsbarriere des Darms. Weiterhin waren die Mdr1b-mRNA-Level in der Leber erhöht, jedoch ließ sich die zu erwartende Reduzierung der intrahepatische Talinololkonzentration nicht bestätigen. Die Konzentrationen von Talinolol im Gehirn sanken während der Sepsis auf fast ein Drittel der Kontrollgruppe bei unveränderter Mdr1-Expression. Mrp2 scheint hingegen keinen Einfluss auf die Talinololkinetik während der Sepsis zu haben.