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Eine Sepsis ist die schwerste Verlaufsform einer akuten Infektion. Sie stellt trotz intensiver Forschung und einer langen Historie insbesondere in dem intensivmedizinischen Bereich immer wieder vor neue Herausforderungen. Die Ausprägungen können sich auf zirkulatorischer, zellulärer und metabolischer Ebene zeigen und imponieren durch vielseitige klinische Manifestationen. Bedingt durch die aktuelle Altersstruktur der Bevölkerung und den zahlreichen Komorbiditäten stellt die Sepsis ein Krankheitsbild mit hoher Sterblichkeitsrate dar.
In der vorliegenden Arbeit untersuchten wir im Tiermodell die pleiotropen Wirkungen von Simvastatin in der Sepsis bei experimenteller Endotoxinämie. Damit griffen wir die Ergebnisse klinischer Studien auf, die besagen, dass eine Veränderung des Fettstoffwechsels die Mortalität der Sepsis verringert.
Unser Interesse richtete sich dabei auf die intestinale Mikrozirkulation. Mittels Intravitalmikroskopie wurde die Leukozytenadhärenz der Venolen der submukösen Darmwand und die funktionelle Kapillardichte in den unterschiedlichen Schichten der Darmwand untersucht. Da sich die Sepsis sehr vielseitig manifestiert, erfolgte begleitend zu dem Versuchsablauf eine kontinuierliche Messung der
hämodynamischen Parameter. Mit Hilfe von repetitiven Blutentnahmen, wurden die metabolischen Veränderungen protokoliert.
Nach LPS induzierter Endotoxinämie führte die Simvastatingabe im Versuchsablauf zu keiner Verbesserung der infekttypischen, hämodynamischen intestinalen Situation. In der Intravitalmikroskopie zeigten sich keine proangiogenen Veränderungen der Kapillardichte in der Lamina muscularis longitudinalis und circularis. Bei der Beobachtung der Leukozyten-Endothelinteraktion konnte zwar ein Anstieg der Leukozytenadhärenz festgestellt werden, jedoch kein protektiver Effekt nach Medikamentengabe.
Unsere Hypothese, dass eine Lipidmodulation mit Simvastatin in der akuten Sepsistherapie eine wichtige Rolle spielen könnte, wurde in unserem Versuchsaufbau nicht nachgewiesen. Die pleiotropen Effekte des Medikamentes in niedriger Dosierung scheinen keinen Einfluss auf das septische Geschehen zu haben. Die von uns vermutete Wirkung scheint eher bei einer prophylaktischen und langfristigen Einnahme gegeben zu sein. Dies könnte Gegenstand der Betrachtung von weiteren Untersuchungen sein.
Auch eine initial höhere therapeutische Dosierung und mehrfach Gabe eines Statins über einen längeren Zeitraum könnte Gegenstand einer weiteren Untersuchung sein.
Sepsis wird als eine lebensbedrohliche Organdysfunktion aufgrund einer fehlregulierten Reaktion des Organismus auf eine Infektion definiert (Sepsis-3) (23). Trotz der Fortschritte in der modernen Medizintechnik und der Entwicklung neuer Medikamente bleibt die Sepsis weiterhin eine der häufigsten Todesursachen auf Intensivstationen weltweit. Hinzu kommt, dass zukünftig von einer steigenden Letalität auszugehen ist. Gründe hierfür sind neben dem zunehmenden Anteil älterer und chronisch kranker Patienten die zunehmende Invasivität vieler diagnostischer und operativer Eingriffe und die steigende Antibiotikaresistenz der Erreger (35). Der rasante Anstieg resistenter Krankheitserreger weltweit stellt die Sepsisbehandlung vor neue Herausforderungen. Entscheidend für die Senkung der Letalität ist eine schnelle Diagnostik und eine zielgerichtete Therapie. Die auf kulturellen Verfahren basierte vorherrschende mikrobiologische Standarddiagnostik ist zu zeitintensiv, daher werden aktuell molekular-basierte Verfahren entwickelt die eine schnelle Diagnostik ermöglichen.
Ziel dieser Arbeit war herauszufinden, ob sich der Organismus in einer Sepsis mit dem invasivem Krankheitserreger auseinandersetzt und eine humorale Immunantwort generiert und ob diese Immunantwort erregerspezifisch ist.
Zur Beantwortung dieser Fragen wurde in dieser Arbeit ein Verfahren entwickelt, um die Antikörper-Bindung an verschiedene bakterielle Proteine zu quantifizieren.
Dafür wurden humane Plasmen von Sepsispatienten aus einer prospektiven klinischen Studie (VYOO-Studie, Greifswald) mittels automatisiertem 1D-Western Blot Verfahren (Simple WesternTM assay) auf ihren erregerspezifischen Antikörper-Gehalt untersucht. Das Erregerspektrum wurde durch die extrazellulären Proteine häufiger Sepsiserreger
(Enterococcus faecium, Enterococcus faecalis, Staphylococcus haemolyticus, Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa, Serratia marcescens und Escherichia coli) bereitgestellt. Alle Bakterienisolate, mit Ausnahme von S. aureus (USA300 Δspa), stammen aus Wundabstrichen, Trachealsekreten und Blutkulturen der Sepsispatienten und wurden in der Medizinischen Mikrobiologie des Greifswalder Universitätsklinikums aufbewahrt und für die Kultivierung zur Verfügung gestellt. Mit Hilfe des automatisierten, eindimensionalen Western Blot (1D-WB) wurde die Bindung der extrahierten extrazellulären Proteine (ec-stat) verschiedener Sepsiserreger an humanen Serumantikörpern untersucht.
Die Ergebnisse dieser Arbeit stellen heraus, dass immunkompetente Patienten während einer systemischen Infektion eine adaptive Immunantwort generieren. Um herauszufinden ob diese Immunantwort erregerspezifisch ist, wurden die Patientenplasmen nicht nur gegen extrazelluläre Proteine (ec-stat) des jeweiligen invasiven Erregers getestet, sondern auch gegen ec-stat anderer Bakterienspezies. Bei jedem der untersuchten Erreger konnten Patienten mit einem Antikörperanstieg identifiziert werden. Bei keinem Patienten stiegen Antikörper gegen alle untersuchten Erreger an. Schlussfolgernd beruht der Antikörperanstieg auf einer spezifischen Reaktion des Immunsystems auf bakterielle Invasion und ist demzufolge erregerspezifisch.
Es zeigte sich, dass v.a. bei Patienten mit einer abdominellen Sepsis die Antikörpertiter gegen mehrere Darmbakterienspezies ansteigen. Diese Befunde deuten darauf hin, dass sich das Immunsystem mit multiplen Erregern auseinandergesetzt hat, selbst wenn mikrobiologisch nur ein Erreger nachgewiesen wurde. Dies könnte relevant für die Antibiotikatherapie sein.
Des Weiteren konnte beobachtet werden, dass trotz mikrobiologisch nachgewiesenem Erreger bei einigen Patienten keine Immunantwort gegen den Keim generiert wurde.
Insgesamt zeigen die Daten, dass viele Patienten bereits vor einer Infektion spezifische Antikörper gebildet haben. Schlussfolgernd hat sich das adaptive Immunsystem schon seit längerer Zeit (vor Infektion) mit dem Krankheitserreger auseinander gesetzt.
Mit Hilfe einer immunologischen Sepsisserologie, wie der Verwendung des in dieser Arbeit genutzten Simple WesternTM Assays, lassen sich wichtige Informationen über die Pathogenese der Sepsis und die Reaktion des Immunsystems gewinnen. Diese ergänzen die konventionelle mikrobiologische Diagnostik. Ein besseres Verständnis der Immunantwort bei Sepsis ist eine Voraussetzung für die Entwicklung neuer therapeutische Ansätze. In wie weit der Simple WesternTM Assay - jedoch das diagnostische Portfolio bei Sepsis erweitern kann, müssen weitere Untersuchungen zur Sensitivität und Reproduzierbarkeit adressieren.
Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland und verursacht jährliche Krankenhauskosten von mehr als 8 Mrd. €. Über die Pathophysiologie ist noch immer vieles unbekannt. Bei der Bekämpfung von extrazellulären Infektionserregern spielt vor allem das humorale Immunsystem eine wichtige Rolle, da die von B-Zellen/ Plasmazellen gebildeten Antikörper wichtige antiinfektive Agenzien darstellen. Dennoch ist die Rolle der B-Zellen bei einer Sepsis nicht gut verstanden. Ergebnisse aus Mausmodellen, aber auch aus klinischen Studien mit Sepsispatienten zeigen einerseits die vermehrte Apoptose von B-Zellen, anderseits wurde auch eine polyklonale B-Zellaktivierung beschrieben, die mit einem unspezifischen Anstieg der Antikörperkonzentrationen im Blut einhergeht.
In dieser Arbeit sollte untersucht werden, ob während einer systemischen bakteriellen Infektion, wie der Sepsis, auch eine Erreger-spezifische Antikörperantwort ausgebildet wird. Mit Hilfe von zwei serologischen Assays wurde die Antikörperantwort von Sepsispatienten gegen extrazelluläre Proteine von 16 typischen Sepsiserregern bestimmt. Anhand von Plasmaproben aus zwei prospektiven Studien konnte die Antikörperkinetik von einem Zeitpunkt vor der klinischen Diagnose bis maximal 16 Tage nach Diagnose ermittelt werden.
Mittels eines Simple Western Assays - einem semi-quantitativen Immunoblot-Assay - wurde zunächst die Erreger-spezifische Antikörperantwort von Patienten mit einer vorliegenden mikrobiologischen Erregerdiagnose untersucht. 54 % der Patienten zeigten eine spezifische humorale Immunantwort gegen den mikrobiologisch diagnostizierten Erreger, wohingegen die Antikörperspiegel für das Kontrollantigen TT unverändert blieben.
Zur Untersuchung der zweiten Patientenkohorte wurde ein Bead-basierter Suspensions-Array auf Grundlage der xMAP-Technologie (Luminex®) entwickelt. Der Infection Array ermöglichte die gleichzeitige Quantifizierung der spezifischen Antikörperantwort gegen 16 verschiedene Erreger. Bei 64 der 76 untersuchten Patienten wurden Anstiege der IgG-Antikörper gegen einen oder mehrere dieser Erreger beobachtet. In 62,5 % der Fälle stimmten diese Anstiege mit der mikrobiologischen Diagnose überein. Bei 20/64 Patienten wurden signifikante Anstiege der IgG-Spiegel spezifisch für einen oder zwei Erreger nachgewiesen, in 44/64 Fällen wurden Anstiege gegen mehr als zwei Erreger beobachtet. Bei Letzteren richtete sich die Antikörperantwort hauptsächlich gegen Enterokokken und Enterobacteriaceae, was primär auf zwei Ursachen zurückgeführt werden kann: (i) Ein Großteil dieser Patienten hatte einen intraabdominellen Infektionsfokus. Polymikrobielle Infektionen durch endogene Darmbakterien, typischerweise verursacht durch eine Darmruptur oder die Insuffizienz einer chirurgischen Darmnaht, sind hierbei ein plausibler Befund, der der mikrobiologischen Diagnostik offenbar häufig entgeht. (ii) Außerdem können Sepsis-bedingte Organstörungen zu einer gesteigerten Darmpermeabilität führen, die wiederum die Translokation intestinaler Bakterien erleichtert.
Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen den Schluss zu, dass die beobachteten Antikörperreaktionen auf eine Antigen-spezifische Memoryantwort zurückzuführen sind. In etwa 2/3 der Fälle wird eine Sepsis endogen durch Bakterien des eigenen Mikrobioms verursacht. Entsprechend war es nicht überraschend, dass gegen alle untersuchten Erreger bereits vor der Infektion und auch bei gesunden Kontrollpersonen basale antibakterielle IgG-Spiegel gemessen wurden. Zudem waren die IgG-Anstiege oft bereits zwischen Tag 0 und Tag 8 zu beobachten. Bei einer Primärantwort mit dem Erreger würde die Aktivierung der Zellen und der Klassenwechsel der Antikörper deutlich mehr Zeit erfordern.
Die Untersuchung der Erreger-spezifischen Antikörperantwort hat gezeigt, dass ein serologischer Assay Rückschlüsse auf den Infektionserreger zulässt. Außerdem zeigen die Daten, dass auch Kommensale wie Darmbakterien das Immunsystem prägen, was wiederum Einfluss auf die humorale Immunantwort während einer Infektion haben kann. Dieser Aspekt wird bei Mausmodellen oft vernachlässigt, kann aber entscheidend für die Translation der Ergebnisse aus Tierversuchen auf den Menschen sein. Aber auch diagnostisch bietet der Infection Array Einsatzmöglichkeiten. Im Gegensatz zur konventionellen Erregerdiagnostik ist die Serologie robust gegenüber einer bereits begonnenen Antibiotikagabe, und sie könnte dabei helfen, zwischen einer Kontamination und dem Infektionserreger zu unterscheiden, z. B. im Fall von KNS wie S. epidermidis. Ebenso wäre der Einsatz bei Biofilm-assoziierten Infektionen wie z. B. Protheseninfektionen oder Endokarditis denkbar. Hier besteht die Infektion oft bereits lange asymptomatisch, bevor sie klinisch diagnostiziert wird. Bei Diagnose bestehen meist bereits erhöhte Antikörperspiegel, die sich von denen gesunder Individuen unterscheiden. Ein serologischer Test könnte hier invasive Eingriffe, um an Material für die mikrobiologische Diagnose heranzukommen, reduzieren und die Sensitivität der Erregerdiagnostik erhöhen. Durch den Einsatz rekombinanter Proteine kann die Spezifität des Assays in der Zukunft erhöht werden. Zu diesem Zweck wurden in dieser Arbeit bereits erste immunogene Proteine identifiziert. Durch die Verwendung rekombinanter Proteine wäre zudem zukünftig die Erweiterung des Erregerpanels um typische, aber womöglich schwerkultivierbare Erreger möglich. Damit könnte die Sepsisforschung Neuland betreten.
Die schwere Sepsis und der septische Schock sind aufgrund ihrer Häufigkeit, ihrer hohen Sterblichkeit, der hohen direkten und indirekten Kosten und insbesondere ihrer einschneidenden Folgen für die Lebensqualität Betroffener und ihrer Angehörigen ein relevantes Thema auf Intensivstationen weltweit. Die große Heterogenität des Krankheitsbildes erschwert eine rasche Diagnosestellung und eine schnelle Therapieeinleitung. Als ursächlich für die Verzögerung sehen viele Autoren ein mangelndes Wissen und eine daraus resultierende Verkennung der Dringlichkeit einer zeitkritischen Behandlung. Zum jetzigen Zeitpunkt existieren zu wenig belastbare Studien, die verlässliche Aussagen über den optimalen Zeitpunkt und die notwendige Zeitspanne bis zur Diagnostik und Therapie treffen können. Ebenso fehlen insbesondere in dieser frühen Phase der Sepsis wichtige Strukturen und Algorithmen, wie sie bereits bei anderen Notfällen seit Jahren etabliert sind. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, zunächst zu untersuchen, inwieweit eine mangelnde Priorisierung besteht und wie sich diese auf die viel diskutierte Forderung nach umgehender Diagnostik und Therapie überträgt. Dazu sollen die in Greifswald erhobenen Zeiten im Vergleich zu den Leitlinienempfehlungen und der aktuellen Studienlage diskutiert werden. Zur besseren Verdeutlichung wurden Daten von Polytraumapatienten aus Greifswald herangezogen. Darüber hinaus fand ein literaturbasierter Vergleich mit bereits etablierten Strukturen anerkannter Notfälle statt. Im Rahmen der vorliegen-den Arbeit wurden dazu retrospektiv 297 volljährige Patienten ausgewählt, die sich im Zeit-raum vom 4. Januar 2010 bis 24. Dezember 2015 mit schwerer Sepsis und septischem Schock auf den Intensivstationen ITS 1 und ITS 2 der Universitätsmedizin Greifswald befanden und die im Anschluss an eine radiologische Fokussuche eine operativ/interventionelle Herdsanierung erhalten haben. Zunächst bestätigen unsere Daten, im Einklang mit der bestehenden Studienlage, einen positiven Einfluss einer schnellen Herdsanierung auf die Letalität. Ebenso zeigen sie die Bedeutung einer frühestmöglichen Diagnosestellung der Sepsis. Vor allem zeigen unsere Ergebnisse eine deutliche mangelnde Priorisierung von Sepsispatienten im klinischen Alltag. Es zeigte sich, dass vor allem fehlende Strukturen zu Beginn der Behandlung und Defizite im Bereich der Kommunikation zu den wichtigsten Problemen im Umgang mit Sepsispatienten gehören. Aus diesen Erkenntnissen wurde ein Algorithmus abgeleitet, der in Zukunft die Früherkennung sowie die initiale Behandlung erleichtern soll. Er soll eine Antwort auf die Frage geben, ob ein Patient mit unspezifischen Symptomen an einer Sepsis erkrankt sein könnte. Auf diese Weise soll dem Notfall Sepsis im klinischen Alltag eine priorisiertere Stellung eingeräumt werden.
Invasive Candida Infektionen bei Sepsispatienten sind aufgrund der mit ihnen verbundenen hohen Mortalität und Kosten von Bedeutung in der Intensivmedizin. Das rechtzeitige Erkennen und Therapieren könnte ein optimales Management mit einem ausgeglichenen Risiko-Nutzen-Verhältnis ermöglichen. Als Bestandteil eines verbesserten Managements invasiver Candida Infektionen bei Intensivpatienten sind Prädiktionsscores denkbare Lösungsvorschläge.
Daraus ergab sich die Frage nach einer Überprüfung vorhandener Entscheidungshilfen und der Entwicklung eines neuen (Prädiktions-)Models. Der verlängerte Aufenthalt auf der Intensivstation sowie die optimierungsfähige antimykotische Behandlung bestätigen, dass es notwendig ist, nicht neutropene chirurgische Sepsispatienten mit Risiko für invasive Candida Infektionen besser zu identifizieren.
Ziel ist, in der Zukunft das individuelle Risiko für invasive Candida Infektionen dieses speziellen Patientenklientels besser einschätzen zu können. Abgeleitet aus einem präzisen Risikoscreening könnte über die Notwendigkeit einer antimykotischen Therapie entschieden werden. Bislang existiert kein Scoring System, welches zur Abschätzung des Risikos dieser besonderen Patientengruppe eingesetzt wird. Daher erscheint es sinnvoll, einen speziell für diese Patienten geeigneten Risikoscore zu etablieren.
Neben der Überprüfung der prognostischen Leistungsfähigkeit des Candida Scores und der klinischen Entscheidungsregel konnte ein mögliches Prädiktionsmodell für invasive Pilzinfektionen bei chirurgischen Patienten zur Anwendung beim Sepsisdiagnosezeitpunkt erstellt werden. Keine der existierenden Prognosestrategien ist ausreichend gut, um bei diesen Patienten evidenzbasiert über die Einleitung oder Ablehnung einer empirischen antimykotischen Therapie zu entscheiden.
Eine verbesserte Identifikation der Hochrisikopatienten könnte durch eine Überprüfung und anschließender Anwendung des vorgeschlagenen neuen Modells erreicht werden. Es sollte eine Überprüfung des Modells an einer unabhängigen Testgruppe durchgeführt werden. Um eine mögliche Übertragbarkeit des Modells auf den klinischen Alltag zur Anwendung bei der Indikationsstellung einer empirischen antimykotischen Therapie zu kontrollieren, ist eine Studie im prospektiven multizentrischen Design indiziert.
Die Sepsis stellt ein hoch komplexes, klinisch heterogenes Krankheitsbild dar, das die Medizin und Wissenschaft auf der ganzen Welt vor große Herausforderungen stellt. Obwohl nahezu jeder erfahrene Intensivmediziner Unterschiede zwischen einem Patienten mit abdomineller Sepsis und einem Patienten mit Urosepsis benennen könnte, haben nur sehr wenige Forschungsgruppen diese Unterschiede
weiter untersucht und beschrieben. Jede Sepsis beginnt in einem anatomischen Fokus der Infektion, der sich fast überall im menschlichen Körper befinden kann. Existieren Unterschiede zwischen Patienten mit unterschiedlichem Sepsisfokus? Ist Sepsis vielleicht nicht gleich Sepsis? Um diese Fragen zu beantworten, hat unsere Arbeitsgruppe über einen Zeitraum von acht Jahren die Daten von 816 Sepsispatienten ausgewertet, deren Fokus ausschließlich im Abdomen, Respirationstrakt, Urogenitaltrakt oder den Knochen und Weichteilen lag. Die Patienten wurden über den gesamten Studienzeitraum konsekutiv eingeschlossen und prospektiv auf das Vorliegen einer Sepsis gescreent. Wir verglichen klinische, mikrobiologische und laborchemische Daten zum Sepsiszeitpunkt zwischen den Fokusgruppen und konnten signifikante Unterschiede in allen drei Bereichen beobachten. Beispielsweise war die Inzidenz für das Auftreten eines septischen Schocks bei Patienten mit abdominellem und urogenitalem Fokus signifikant höher als bei den anderen Gruppen. In Bezug auf die mikrobiologischen Unterschiede waren die Urosepsis und die Knochen- und Weichteilsepsis mit deutlich höheren Blutkulturpositivitäten assoziiert. Außerdem unterschied sich das Erregerspektrum zwischen den Gruppen. Des Weiteren konnten wir Unterschiede in den Laborergebnissen der Patienten zum Sepsiszeitpunkt feststellen. Fast die Hälfte der Patienten mit Urosepsis zeigte pathologisch erhöhte PCT-Werte im Vergleich zu nur 15 % der respiratorischen Gruppe. Weiterhin hatten dreimal so viele Patienten mit Fokus im Bereich Knochen/Weichteile eine Hypoalbuminämie wie Patienten der urogenitalen und pulmonalen Gruppe. Darüber hinaus waren die verschiedenen Sepsisfokusse mit Unterschieden in den SOFA-Scores, SIRS-Kriterien und dem Auftreten von Organdysfunktionen zum Sepsisbeginn assoziiert. Die vorliegende Dissertation liefert eindeutige Hinweise auf klinische, laborchemische und mikrobiologische Unterschiede zwischen Sepsispatienten mit verschiedenen Sepsisfokussen zum Beginn der Sepsis. In großen randomisierten Studien sollte den deutlichen Unterschieden zwischen den verschiedenen Sepsisfokussen möglicherweise mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, damit therapeutische Ansätze, welche nur einer Subgruppe helfen, mit ausreichender Fallzahl herausgearbeitet werden können.
Die Diagnostik der schweren Sepsis und des septischen Schocks stellt eine Herausforderung dar, denn noch heute kann nur ein Zusammenspiel aus vielen Einzelparametern einen Anhalt für eine septische Erkrankung geben. Die Abnahme von Blutkulturen gilt dabei als Goldstandard der Diagnostik einer Sepsis und des septischen Schocks und stellt ein wichtiges Hilfsmittel dar, um Erreger nachweisen zu können. Diese Suche der verursachenden Erreger im Blut dient der adäquaten Therapieeinleitung. Die gezielte Antibiotikawahl kann bei Sepsispatienten das Outcome verbessern, die Krankenhausliegezeit verkürzen sowie einer Resistenzentwicklung entgegenwirken.
Mit der vorliegenden Arbeit sollten Zusammenhänge zwischen der Anzahl abgenommener Blutkultursets und der Positivitätswahrscheinlichkeit bei Patienten mit schwerer Sepsis und septischen Schock unter den heutigen Bedingungen einer Leitlinien-orientierten Diagnostik und Therapie untersucht werden. Damit sollten Empfehlungen bezüglich der Anzahl zu entnehmender Blutkultursets aufgezeigt werden. In einer retrospektiven Datenanalyse wurden die Daten von 590 Patienten der Universitätsmedizin Greifswald mit schwerer Sepsis und septischen Schock und damit 4464 Blutkultursetergebnisse analysiert. Es wurden unterschiedliche Gesichtspunkte aus zwei Gruppen untersucht und miteinander verglichen. Der erste untersuchte Schwerpunkt umfasste alle Blutkulturpaare, die während der beiden definierten Zeiträume entnommen wurden. Letztendlich konnte gezeigt werden, dass für beide Zeitgruppen mit der Entnahme von drei Blutkultursets Positivitätswahrscheinlichkeiten über 98% erreicht werden konnten.
Es wurden ebenfalls die Positivitätsraten für verschiedene Keimspezies untersucht. Es konnte bei der überwiegenden Anzahl der detektierten Keimspezies die Entnahme von drei Blutkultursets empfohlen werden. Bei einigen Problemkeimen wie z.B. P. aeruginosa sollte im Vorfeld eine Abwägung für die Wahrscheinlichkeit des Keims als ursächlich für die Sepsis erfolgen. Ist die Wahrscheinlichkeit hoch, sollten als praktische Konsequenz vier Blutkulturpaare entnommen werden.
Weiterhin wurden die Positivitätswahrscheinlichkeiten der verschiedenen Primärfokusse verglichen. Hier reichte es in der 2-Stunden-Gruppe aus, zwei Blutkultursets zu entnehmen, um eine über 95%ige Nachweisrate von Erregern zu erzielen. Im Vergleich dazu zeigte sich für die 24-Stunden-Gruppe, dass dafür drei Blutkulturpaare notwendig waren. Da der Respirationstrakt und der abdominelle Fokus
fast Dreiviertel aller Fokusse in unserer Studie darstellten, sollte bei diesen Primärfokussen die Positivitätsrate möglichst hoch angestrebt werden. Daher zogen wir das praktische Fazit, dass auch hier unabhängig der Zeitgruppe drei Blutkulturen entnommen werden sollten. Somit sollten drei Blutkultursets bei Sepsisverdacht aus einer Punktionsstelle vor dem Beginn einer Antibiotikatherapie entnommen werden. Neben einer deutlichen Zeitersparnis konnten für die meisten Mikroorganismen sowie Primärfokusse damit maximale Positivitätswahrscheinlichkeiten erzielt werden. Von einer Entnahme von nur einem Set sollte abgesehen werden. Die Differenzierung bei einem Hautkeimnachweis in einer entnommenen Blutkultur zwischen einer möglichen Kontamination oder einer echten Bakteriämie ist dabei nur bedingt zu interpretieren. Für noch konkretere Aussagen und zur stetigen Verbesserung unserer Medizin sind weitere Studien mit dieser Thematik entsprechend unabdinglich.
Bei der Fokussanierung einer abdominellen Sepsis kommt meist eine Peritoneallavage mit physiologischer Kochsalzlösung zum Einsatz. Antibiotikahaltige Lösungen scheinen keinen Vorteil zu haben und der Zusatz von Antiseptika wie z. B. PHMB hat teils toxische Wirkungen. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass die Kombination aus PHMB und Lipofundin® gegenüber PHMB in wässriger Lösung eine geringere Zytotoxizität bei erhaltener antiseptischer Aktivität in-vitro besitzt.
Um die Hypothese zu bestätigen, dass eine Peritoneallavage mit dieser Emulsion einen Vorteil für das Überleben der abdominellen Sepsis bietet, wurde eine Überlebenskinetik am Sepsismodell CASPI durchgeführt. In weiteren Experimenten wurde die bakterielle Besiedlung 24 h nach Sepsisinduktion in Blut, Lavage und Organen ermittelt. Des Weiteren erfolgten die Bestimmung der Zytokinspiegel, die Erstellung eines Blutbildes sowie die laborchemische Bestimmung des Serumkreatinins.
Die höchste Überlebensrate mit signifikantem Unterschied zu allen Vergleichsgruppen zeigte sich in der PHMB + Lipofundin®-Gruppe mit 68,4 %, gefolgt von der mit NaCl lavagierten Gruppe mit 38,1 %. Die hohe Überlebensrate in der erstgenannten Gruppe korrelierte mit der niedrigsten bakteriellen Belastung in allen untersuchten Kompartimenten. PHMB in wässriger Lösung führte zu einer signifikant erhöhten Sterblichkeit mit einer Überlebensrate von nur 5,3 %. Im Gegensatz zu allen anderen Gruppen bestanden signifikant erhöhte Kreatininspiegel, die auf ein akutes Nierenversagen hindeuteten.
Die Kombination von PHMB und Lipofundin® könnte in Zukunft eine neue Therapieoption zur Behandlung der abdominellen Sepsis darstellen. Bis dato sind die Mechanismen in vivo, die den diametralen Unterschied im Überleben zwischen PHMB in Emulsion und in wässriger Lösung ausmachen, nicht geklärt. Auch In-vivo-Studien zur Toxizität stehen aus.
Abstract
Background
Critically ill patients frequently develop muscle atrophy and weakness in the intensive‐care‐unit setting [intensive care unit‐acquired weakness (ICUAW)]. Sepsis, systemic inflammation, and acute‐phase response are major risk factors. We reported earlier that the acute‐phase protein serum amyloid A1 (SAA1) is increased and accumulates in muscle of ICUAW patients, but its relevance was unknown. Our objectives were to identify SAA1 receptors and their downstream signalling pathways in myocytes and skeletal muscle and to investigate the role of SAA1 in inflammation‐induced muscle atrophy.
Methods
We performed cell‐based in vitro and animal in vivo experiments. The atrophic effect of SAA1 on differentiated C2C12 myotubes was investigated by analysing gene expression, protein content, and the atrophy phenotype. We used the cecal ligation and puncture model to induce polymicrobial sepsis in wild type mice, which were treated with the IкB kinase inhibitor Bristol‐Myers Squibb (BMS)‐345541 or vehicle. Morphological and molecular analyses were used to investigate the phenotype of inflammation‐induced muscle atrophy and the effects of BMS‐345541 treatment.
Results
The SAA1 receptors Tlr2, Tlr4, Cd36, P2rx7, Vimp, and Scarb1 were all expressed in myocytes and skeletal muscle. Treatment of differentiated C2C12 myotubes with recombinant SAA1 caused myotube atrophy and increased interleukin 6 (Il6) gene expression. These effects were mediated by Toll‐like receptors (TLR) 2 and 4. SAA1 increased the phosphorylation and activity of the transcription factor nuclear factor ‘kappa‐light‐chain‐enhancer' of activated B‐cells (NF‐κB) p65 via TLR2 and TLR4 leading to an increased binding of NF‐κB to NF‐κB response elements in the promoter region of its target genes resulting in an increased expression of NF‐κB target genes. In polymicrobial sepsis, skeletal muscle mass, tissue morphology, gene expression, and protein content were associated with the atrophy response. Inhibition of NF‐κB signalling by BMS‐345541 increased survival (28.6% vs. 91.7%, P < 0.01). BMS‐345541 diminished inflammation‐induced atrophy as shown by a reduced weight loss of the gastrocnemius/plantaris (vehicle: −21.2% and BMS‐345541: −10.4%; P < 0.05), tibialis anterior (vehicle: −22.7% and BMS‐345541: −17.1%; P < 0.05) and soleus (vehicle: −21.1% and BMS‐345541: −11.3%; P < 0.05) in septic mice. Analysis of the fiber type specific myocyte cross‐sectional area showed that BMS‐345541 reduced inflammation‐induced atrophy of slow/type I and fast/type II myofibers compared with vehicle‐treated septic mice. BMS‐345541 reversed the inflammation‐induced atrophy program as indicated by a reduced expression of the atrogenes Trim63/MuRF1, Fbxo32/Atrogin1, and Fbxo30/MuSA1.
Conclusions
SAA1 activates the TLR2/TLR4//NF‐κB p65 signalling pathway to cause myocyte atrophy. Systemic inhibition of the NF‐κB pathway reduced muscle atrophy and increased survival of septic mice. The SAA1/TLR2/TLR4//NF‐κB p65 atrophy pathway could have utility in combatting ICUAW.
Der „cholinerge antiinflammatorische Signalweg“ beschreibt einen vagalen, neuroimmunologischen Reflexmechanismus, der einen hemmenden Einfluss auf Immunzellen des Retikuloendothelialen Systems in lokalen und generalisierten Entzündungsgeschehen ausübt. Vermittelt wird dieser Reflexmechanismus über den α7-Subtyp des nikotinischen Acetylcholinrezeptors auf Makrophagen. Die in der Leber lokalisierten Kupffer-Zellen repräsentieren ca. 80 – 90% der Gewebsmakrophagen des Körpers. Während die neuroimmunologische Regulation von Peritoneal- und Alveolarmakrophagen sowie Monozyten durch den N. vagus gut dokumentiert ist, ist die Rolle der Kupffer-Zellen im „cholinergen antiinflammatorischen Signalweg“ noch unbekannt.
In der vorliegenden Arbeit wurde der parasympathische Einfluss auf die residente Makrophagenpopulation der Leber, die Kupffer-Zellen, untersucht. Nikotin als Agonist am α7nAChR zeigte in vitro im LPS-Modell keine Alteration der Zytokinantwort von Kupffer-Zellen aus nativen C57Bl/6-Mäusen. Hingegen führte die subdiaphragmale Vagotomie zu einer Reduktion der in vitro TNF-α-Antwort von Kupffer-Zellen nach Stimulation mit LPS.
Die Daten dieser Arbeit erweitern den Wissensstand über die neuroimmunologische Interaktion zwischen Parasympathikus und den residenten Makrophagenpopulationen des Körpers. In Analogie zur sympathischen Regulation des Immunsystems, das abhängig vom angesprochenen Rezeptortyp sowohl pro- als auch antiinflammatorisch wirken kann, deuten die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zu murinen Kupffer-Zellen darauf hin, dass auch der Parasympathikus, neben seinen bekannten antiinflammatorischen Eigenschaften, kompartimentalisiert ebenfalls proinflammatorisch wirken könnte.