Uterine Leiomyosarkome, Epidemiologie, Klinik, pathologisch anatomische Befunde und PrimÀrtherapie
(2016)
Das LMS ist das hĂ€ufigste uterine Sarkom. Nach unseren Daten liegt der Alter bei Erstdiagnose zwischen 31 und 90 Jahren (median 52, im Mittel 53,5 Jahre). Das LMS tritt im Vergleich zum LM damit etwa 10-15 Jahre spĂ€ter auf. Wenn man das Menopausealter etwa bei 52-53 Jahren annimmt, befinden sich etwa 50 % der LMS-Patientinnen bereits in der Postmenopause. Es gibt mehrere GrĂŒnde, warum sich eine prĂ€operative LMS-Diagnose schwierig gestaltet. Erstens sind die LMS-Symptome sehr unspezifisch. Mit Blutungsstörungen (33,1 %), Myom-Ă€hnlichen Beschwerden (14,9 %) und Schmerzen (14,3 %) im Vordergrund passt der Bild zu anderen, nicht zwingend malignen, Krankheiten. Zweitens liefert die bei Blutungsstörungen indizierte HSK mit fraktionierter Abrasio im Fall des regelhaft innerhalb des Myometriums entstehenden LMS in 54,5 % falsch negative und nur etwa 25 % richtig positive Ergebnisse. Bei der regulĂ€ren gynĂ€kologischen Untersuchung werden die o.g. Symptome meist nur bestĂ€tigt und in 23,6 % ein vergröĂerter Uterus bzw. ein Uterustumor getastet. Erst eine ausfĂŒhrliche sonographische AbklĂ€rung unter BerĂŒcksichtigung sonographischer Charakteristika von uterinen LMS kann behilflich sein. In der von uns untersuchten Gruppe wurde im Ultraschall in 77,2 % ein auffĂ€lliger Tumor bzw. suspektes Myom beschrieben. Mittels einer CT kann keine spezifische Diagnose gestellt werden. Sie eignet sich am besten einer Ausbreitungsdiagnostik. Die Aussage ĂŒber den Nutzen von MRT ist bei einer Fallzahl von 6 Befunden sehr eingeschrĂ€nkt. Das LM ist die wichtigste Differentialdiagnose beim Verdacht auf ein LMS. In insgesamt 72,3 % aller analysierten FĂ€lle war das LMS ein Tumor mit einer mittleren GröĂe von 9,1 cm. In 41 von 148 FĂ€llen (27,7 %) wurden neben einem LMS ein oder mehrere LM diagnostiziert. Obwohl die LM keine Vorstufen des LMS darstellen und die Inzidenz der LMS in keinem Zusammenhang mit der der LM steht, fanden sich in unserer Kohorte in 6 FĂ€llen Hinweise auf einen pathogenetischen Zusammenhang zwischen diesen zwei EntitĂ€ten. Nur in 14,6 % wird prĂ€operativ die Verdachtsdiagnose LMS richtig gestellt. Vorrangig aus diesem Grund werden die LMS in 50,6 % der FĂ€lle unter der Diagnose eines Myoms bzw. Uterus myomatosus operiert. Die Folge ist zwangslĂ€ufig eine fĂŒr LMS inadĂ€quate operative Therapie. Diese Ergebnisse zeigen, dass bei jedem neu aufgetretenen LM und bei jedem LM mit auffĂ€lligem Wachstum nach Risikofaktoren fĂŒr ein LMS gesucht werden bzw. eine exakte Anamnese erhoben werden muss. Die LMS-Prognose ist insgesamt schlecht und hĂ€ngt von mehreren Faktoren ab. Laut unseren Daten wird die Erstdiagnose vor allem im Stadium I (68,9 %) und im Stadium IV (14,2 %) gestellt (FIGO Stadieneinteilung ab 2009). Eine primĂ€re Metastasierung liegt bei ca. 18 % der Patientinnen vor. Sonst betrĂ€gt Zeit bis zum Auftreten der ersten Metastasen weniger als 1 Monat bis maximal 10 Jahre, die meisten Tumoren metastasieren jedoch in den ersten 18. Monaten nach der primĂ€ren Operation. Die Prognose hĂ€ngt von der Korrektheit der primĂ€ren Operation, der TumorgröĂe und dem Alter der Patientinnen ab. Bei 27,7 % der adĂ€quat operierten und bei 28,3 % der inadĂ€quat operierten Patientinnen kam zu einem Progress. Dabei fiel auf, dass in der Gruppe mit adĂ€quater Operation die Tumoren primĂ€r gröĂer und die Frauen Ă€lter waren. Aufgrund dieser Befunde errechnete sich nach dem Prognosescore nach Zivanovic eine primĂ€r schlechtere Prognose fĂŒr diese TumorentitĂ€t. TatsĂ€chlich war diese, wenn auch nur im Trend besser als nach einer inadĂ€quaten Operation. Diese Daten lassen einen ungĂŒnstigen prognostischen Einfluss inadĂ€quater Operationen auf die Prognose vermuten. Nach adĂ€quater Therapie wurden mit zunehmenden Abstand zur Operation die Metastasen bzw. Rezidive zudem deutlich seltener (ĂŒber 5 Jahre 0,00 %). Anhand unserer Daten fanden sich die LMS-Metastasen mehrheitlich in der Lunge (41,2 %), in dem Darm (13,7 %) und in der Leber (11,8 %). Alle uterinen Tumoren, die in irgendeiner Weise auf ein LMS im Besonderen bzw. auf ein uterines Sarkom im Allgemeinen verdĂ€chtig sind, sollen ohne Tumor- bzw. Uterusverletzung mittels totaler HE operiert werden. In dem von uns untersuchten Material wurden insgesamt 101 von 147 Patientinnen (68,7 %) vom Umfang (!) her mittels totaler abdominaler bzw. laparoskopische HE adĂ€quat operiert. Trotzdem erfolgte auch in diesen FĂ€llen in etwa 15 % ein Morcellement. ZusĂ€tzliche operative MaĂnahmen wie eine Adnexektomie, eine LNE und eine Omentektomie sind bei auf den Uterus begrenzten LMS nicht indiziert. In unserer Gruppe wurden sie trotzdem in 63,9 %, 29,1 % und 20,9 % aller operierten Patientinnen durchgefĂŒhrt. Bei der Ovarektomie muss aber bedacht werden, dass sich ein groĂer Teil der Frauen in der Postmenopause befunden hat. Zusammenfassend besteht das gröĂte Problem fĂŒr die exakte operative Therapie eines LMS darin, diesen Tumor prĂ€operativ zu erkennen. Laut der vorliegenden Analyse ist in 72,7 % die primĂ€re Operationsindikation nicht korrekt. Die meisten LMS sind somit intraoperative Zufallsbefunde. Um diese unbefriedigende Situation zu Ă€ndern, wurde von Seiten des DKSM ein entsprechendes diagnostisches FlieĂschema vorgeschlagen. Diese Arbeit ist in Rahmen der âPromotions- und Forschungsgruppe genitale Sarkomeâ des DKSM entstanden (http://www.medizin.uni-greifswald.de/gyn/dksm/).
Die Sarkome des endometrialen Stromas sind eine sehr seltene und heterogene Gruppe. Die von 2003 bis 2014 gĂŒltige Unterteilung in endometriale Stromasarkome (ESS) und undifferenzierte endometriale Sarkome (UES) wurde von der WHO im Juni ĂŒberarbeitet. Jetzt erfolgt eine Einteilung in low-grade ESS (LG-ESS), high-grade ESS (HG-ESS) und undifferenzierte uterine Sarkome (UUS). Aufgrund der Seltenheit, der HeterogenitĂ€t und der Wechsel im Klassifizierungssystem ist ĂŒber dieses Thema wenig bekannt. Deswegen besteht das Ziel dieser Arbeit darin, erstmals auf dem Gebiet der BRD in einem gröĂeren Umfang Daten ĂŒber die Epidemiologie, Klinik, PrimĂ€rtherapie und pathologisch-anatomischen Befunde dieser seltenen Tumoren zu gewinnen. Dabei wird hervorgehoben, dass es erforderlich ist, die LG-ESS und HG-ESS/UUS getrennt zu bewerten. Ferner sollen belastbare Informationen gesammelt und ausgewertet werden, die es ermöglichen, die diagnostischen Mittel zu verbessern. SchlieĂlich werden die ZusammenhĂ€nge von Operationsindikation, durchgefĂŒhrtem Operationsverfahren und dem Auftreten von FrĂŒhrezidiven untersucht. Dazu wurden die Krankenakten von 162 LG-ESS- und HG-ESS/UUS-BeratungsfĂ€llen des Deutschen klinischen Kompetenzzentrums fĂŒr genitale Sarkome und Mischtumoren an der UniversitĂ€tsmedizin Greifswald von 2007 bis Juli 2014 ausgewertet und mit Erscheinen der aktuellen Klassifikation neu bewertet. Nach Analyse der prĂ€operativen Daten ist festzuhalten, dass der GroĂteil der Erkrankten durch unspezifische Symptome auffĂ€llt und leicht durchfĂŒhrbare Routineuntersuchungen wie die Tastuntersuchung und die Sonographie nicht zu einer wegweisenden prĂ€operativen Diagnostik beitragen können. Vielmehr weist die sonographische Untersuchung in der Mehrzahl der FĂ€lle auf ein Leiomyom (LM) als Operationsindikation hin. DemgegenĂŒber zeigt der ĂŒberwiegende Anteil der CT- und MRT-Untersuchungen, die jedoch nur selten zur Anwendung kommen, einen malignitĂ€tsverdĂ€chtigen Prozess an. Eine Abrasio lenkt hĂ€ufig nicht nur den Verdacht auf ein malignes Geschehen, sondern fĂŒhrt in einigen FĂ€llen zur richtigen Diagnosestellung. Allerdings schlieĂt eine benigne Histologie am Abradat ein Sarkom nicht aus. Eine adĂ€quate PrimĂ€rtherapie hĂ€ngt entscheidend von der prĂ€operativen Diagnosestellung ab. Bei den LG-ESS stellt die Fehldiagnose LM mit einem Anteil von 70% die hĂ€ufigste Indikation zur Operation. Das fĂŒhrt dazu, dass 58% der LG-ESS-Patientinnen nicht mit der erfolgversprechendsten PrimĂ€rtherapie behandelt werden. Aber auch die aggressiveren HG-ESS/UUS werden nur in 65% der FĂ€lle unter MalignitĂ€tsverdacht operiert. Da bei den HG-ESS/UUS prĂ€operativ wesentlich seltener der Verdacht auf ein LM gestellt wurde, konnte, im Vergleich zu den an einem LG-ESS Erkrankten, ein gröĂerer Anteil dieser Patientinnen adĂ€quat therapiert werden. Die erstmalig durchgefĂŒhrte Auswertung der Beschreibungen des OP-Situs hat ein unterschiedliches Bild ergeben. Einerseits scheint es bestimmte AuffĂ€lligkeiten zu geben, die den Verdacht auf ein Sarkom lenken können. Andererseits wurden viele Tumoren auch intraoperativ mit einem benignen Prozess verwechselt oder als nicht dokumentationswĂŒrdig angesehen. Die eigentliche Diagnose wird, insbesondere die LG-ESS betreffend, meist als Zufallsbefund am HysterektomieprĂ€parat gestellt. Aber auch die Diagnosefindung am Resektat gestaltet sich mitunter schwierig. HĂ€ufig ist die eigentliche Diagnose erst nach einer Zweitbegutachtung durch einen Experten zustande gekommen. In EinzelfĂ€llen konnte auch nach Konsultation mehrerer Experten keine Diagnose gestellt werden, oder eine Diagnosestellung war erst nach Untersuchung des Rezidivs möglich. Der ĂŒberwiegende Anteil der LG-ESS ist zum Zeitpunkt der Erstdiagnose mit fast 70% noch auf den Uterus beschrĂ€nkt. Auch viele HG-ESS/UUS befinden sich zum Zeitpunkt der Erstdiagnose noch in einem Anfangsstadium; allerdings haben sich beim Vergleich des Anteils der bereits erfolgten Fernmetastasierung deutliche Unterschiede ergeben. Die Auswertung der mittleren gröĂten Tumorausdehnung am Resektat bei Erstdiagnose ergab signifikante Unterschiede zwischen den HG-ESS, den UUS und den meist deutlich kleineren LG-ESS. Im Vergleich zum LG-ESS traten Rezidive bei HG-ESS/UUS-Patientinnen sowohl hĂ€ufiger als auch deutlich frĂŒher auf. Mit einem Anteil von 69% der LG-ESS und 87% der HG-ESS/UUS hatten die meisten Rezidive der zum Zeitpunkt der Erstdiagnose noch auf den Uterus beschrĂ€nkten Tumoren, die Grenzen des kleinen Beckens ĂŒberschritten. Ferner rezidivierten LG-ESS, die zum Zeitpunkt der Erstdiagnose auf den Uterus beschrĂ€nkt waren hĂ€ufiger als bereits fortgeschrittene Erkrankungen. Das lĂ€sst sich durch die hĂ€ufige prĂ€operative Verwechslung mit einem LM und der daraus resultierenden inadĂ€quaten PrimĂ€rtherapie begrĂŒnden, welche in einem signifikanten Zusammenhang zum Auftreten pelviner Rezidive steht. Die Patientinnen mit einem HG-ESS/UUS sterben hĂ€ufiger und frĂŒher, als die an einem LG-ESS erkrankten Frauen.