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Statistisch gesehen erkrankt weltweit alle 3 Sekunden ein Mensch an Demenz, allein in Deutschland beträgt die jährliche Inzidenz 300.000 Fälle. Demenzerkrankungen sind aufgrund des demographischen Wandels schon jetzt eine Herausforderung für das Gesundheitswesen, welches zusätzlich noch durch einen Mangel an Ärztenachwuchs in der Primärversorgung verschärft wird. Ein prominenter Ärztemangel ist statistisch schwer nachzuweisen, jedoch gibt es ernst zu nehmende Hinweise wie er schon heute beispielweise durch das Phänomen der sogenannten „Over-utilizer“ auftritt. Eine weitere Herausforderung ist, dass Demenz in der älteren Bevölkerung unterdiagnostiziert ist. Allgemein ist über die Quantität der Kooperation zwischen niedergelassenen Haus- und Fachärzten in der Demenzdiagnostik und Therapie wie in der S3-Leitlinie empfohlen, wenig bekannt.
Es besteht der Bedarf an Versorgungsforschung mit Primärdaten über das Thema Diagnostik und Differentialdiagnostik in der Primärversorgung.
Das Ziel der vorliegenden kumulativen Dissertationsschrift ist es, hier einen empirischen Beitrag zu leisten. Unter anderem wurde analysiert wie hoch die Inanspruchnahme niedergelassener Fachärzte durch hausärztlich versorgte Menschen mit mindestens einem V.a. Demenz ist und welche Faktoren damit assoziiert sind. Es wurde auch untersucht ob und wie sich die S3-Empfehlungen zur leitliniengerechten Diagnostik der Demenz bei der Behandlung der Probanden widerspiegeln.
Aus eigenem Interesse lag ein weiterer Fokus auf der Prüfung von Zusammenhängen zwischen experimentellen Scores zur cMRT-Analyse und den in der Versorgung gebräuchlichen kognitiven Kurztests von beteiligten Probanden.
Die Analysen basieren auf Daten von Probanden der DelpHi-Studie. In dieser wurden Probanden mithilfe von Hausärzten unter Anwendung des DemTec rekrutiert. Eingeschlossen wurden Menschen, bei denen aufgrund des Screenings ein Verdacht auf eine Demenz vorlag, diese noch in eigener Häuslichkeit lebten und die ihre informierte Einverständniserklärung abgaben. Bei diesen Probanden wurden die ärztliche Akte, die Facharztkonsultationen und das Bildmaterial angefordert, sowie weitere persönliche Datenerhebungen eingeleitet.
Aufgrund der Analysen der Primärdaten konnte unter anderem die Inanspruchnahme von Fachärzten der Neurologie und Psychiatrie eruiert werden. Abhängig von dem Umstand, ob ein Demenzerkrankter bei einem Facharzt vorstellig gewesen war, wurden die Daten der Studienteilnehmer zur Analyse in 2 Gruppen („GP-only“ und „GP+specialist“) eingeteilt und die beiden Gruppen in ihren Charakteristika miteinander verglichen. Dabei zeigten sich die Variablen „Alter“, „Partnerschaftsstatus“, „Vorhandensein einer formalen Demenzdiagnose bei Studienbeginn“ als statistisch signifikant.
Es zeigt sich, dass Probanden, die einen Facharzt aufgesucht haben, insgesamt eher jünger; eher in einer Partnerschaft leben und dass bei ihnen bereits Demenz diagnostiziert wurde. Werden alle untersuchten Variablen in einem Logistischen Regressionsmodell untersucht, so fallen die Variablen „Alter“ und „B-ADL“ statistisch signifikant auf. Das bedeutet, dass wenn das Alter des Patienten um ein Jahr ansteigt, so sinkt die relative Wahrscheinlichkeit, dass ein MmD zu einem Facharzt überwiesen wird um 5,2 %. Ebenso stellt sich dar, dass wenn die Alltagsmobilität, welche mit dem B-ADL gemessen wurde, um eine Einheit steigt, so erhöht sich die relative Wahrscheinlichkeit, dass ein MmD zum Spezialisten überwiesen wird um 15,2 %,
Des Weiteren konnte ein kritischer Blick auf die Anwendung der aktuellen S3-Leitlinie zur Demenz anhand der Auswertung der DelpHi-Studie geworfen werden. Erstmals wurden in diesem Setting das studienbedingt vorhandene Bildmaterial durch etablierte Scores analysiert und zusammen mit den Ergebnissen aus den kognitiven Kurztests ausgewertet. Dabei wurde in dieser Arbeit ein Fokus auf den MTA-Score von Scheltens et al. gelegt, mit dem die Hippocampusatrophie eines Demenzerkrankten in 4 Schweregrade eingeteilt wird. Anschließend wurden diese Ergebnisse mit den ebenfalls vorhandenen Resultaten der kognitiven Tests des MMST gegenübergestellt, was in fast der Hälfte der Fälle Ambivalenzen auslöste.
Allgemein lässt sich sagen, dass Frauen und Alleinlebende seltener, Jüngere öfter und Patienten mit niedrigerem Funktionsniveau häufiger beim FA gewesen sind und erweiterte bildgebende Diagnostik erhalten haben. Tatsächlich bekamen aber weniger als die Hälfte derer, die überwiesen wurden ein cMRT als erweiterte Diagnostik verordnet. Insgesamt ist es wünschenswert die S3-Leitlinie zur Demenz zu stärken und die Motivation der Fach-, und Hausärzte diese anzuwenden zu steigern, zum Wohle einer umfänglichen Diagnostik von demenzverdächtigen oder erkrankten Patienten. Die Ergebnisse konnten der Fachwelt durch die Publikation in internationalen, peer-reviewed Journals zugänglich gemacht werden.
Im Rahmen der vorliegenden Analyse wird das Interventionsprogramm Cordiva der AOK Nordost für Menschen mit Herzinsuffizienz auf der Basis von Abrechnungsdaten evaluiert. Die Intention-to-treat Analyse zeigt positive Effekte der telemedizinischen Intervention für die teilnehmenden Versicherten. Das adjustierte OR für Überleben nach einem Jahr beträgt 1,47 gegenüber der gemachten Kontrollgruppe (95%-CI: 1,21 - 1,80, p < 0,001) und ist auch nach zwei Jahren ähnlich groß (adjustiertes OR = 1,51, 95%-CI: 1,28 - 1,77, p < 0,001). Bei den Gesundheitskosten unterscheiden sich die Ergebnisse in städtischen (-18 Euro pro Quartal und Versicherten) und ländlichen Regionen (-276 Euro pro Quartal und Versicherten). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Intervention insgesamt wirksam und für große Patientengruppen auch gesundheitsökonomisch effizient ist.
Hintergrund der Studie ist der demografische Wandel in ländlichen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns. Dieser Wandel ist mit Konsequenzen für das Gesundheitswesen verbunden, etwa einer Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen, die durch das jetzige Gesundheitssystem nicht mehr vollständig abgedeckt werden können. Insbesondere im medizinischen Versorgungssektor Mecklenburg-Vorpommerns sind strukturelle Umwandlungen notwendig, da dies durch Abwanderungen von Einwohnern im erwerbstätigen und gebärfähigen Alter im Gesundheitssektor gekennzeichnet ist. Mangelnde Infrastrukturen sind insbesondere bei Älteren risikobehaftet, da diese neben einer Vielzahl an Erkrankungen häufig Einschränkungen in der Mobilität unterliegen. Da viele von ihnen zudem über ein lückenhaftes familiäres Netzwerk im direkten Umfeld verfügen und sie häufig nicht mehr in der Lage sind, ihre Arzneimittel selbständig in der Apotheke abzuholen, erfahren sie oft weder eine direkte Beratung noch eine pharmazeutische Betreuung durch einen Apotheker. Dies bedeutet, dass sie hinsichtlich ihrer Arzneimitteltherapie häufig auf sich allein gestellt sind, was eine erhöhte Prävalenz an Arzneimittel-bezogenen Problemen (ABP) nach sich zieht. Dies verlangt nach Strukturen zur pharmazeutischen Betreuung im häuslichen Umfeld. Diese Strukturen wurden im Rahmen der Vorarbeiten zu einer Pilotstudie in mehreren Teilprojekten entwickelt. Sie umschlossen eine Querschnittserhebung zur Arzt-Apotheker-Kooperation in Mecklenburg-Vorpommern, ein Experten-gestütztes Delphi-Verfahren zur Konsensfindung hinsichtlich der Erhebungs- und Analyseverfahren, vier Patientenfokusgruppen sowie Probandeninterviews zur Gewährleistung der Inter-Rater- und Test-Retest-Reliabilität der Instrumente. Auch Fallvignetten wurden generiert, anhand derer die Detektionsleistung des Analyseleitfadens getestet wurde. Als Hilfsmittel für Lösungsstrategien wurden patientenzentrierte Instruktionen, zusammengefasst unter dem Begriff „Memory Tool“, konstruiert und in aufwändigem, multizentrischem Verfahren einer Überprüfung auf Validität unterzogen. In einer Pilotstudie wurde dann untersucht, ob eine pharmazeutische Betreuung eingeschränkt mobiler Patienten zu einer signifikanten Abnahme an ABP führt. Dazu wurden Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern rekrutiert, die auf Kontroll- oder Interventionsgruppe randomisiert wurden. Es folgte die Rekrutierung von Patienten nach definierten Ein- und Ausschlusskriterien, welche daraufhin im Abstand von 6 Monaten je zweimal durch einen Apotheker in der Häuslichkeit einem Anamnesegespräch unterzogen wurden. Anhand des Analyseleitfadens ermittelte der Apotheker auf Basis der in den Medikationsanamnesen erhaltenen Daten die ABP des Patienten. In der Interventionsgruppe wurden zusammen mit dem Arzt Lösungsstrategien für die ABP entwickelt. Nach dem Follow-up-Interview wurde analysiert, ob die pharmazeutische Betreuung zu einer hypothetisch angenommenen Reduktion an ABP um 37,5% führte. Die Umfrage zur Arzt-Apotheker-Kooperation ergab, dass Interaktionen zwischen beiden Mitgliedern des Gesundheitssystems zum Zeitpunkt der Umfrage zwar niedrig frequentiert erfolgten, aber, hatten sie einmal stattgefunden, von beiden Seiten als nützlich eingestuft wurden. Ebenso wurde dem Apotheker ein vergleichsweise geringerer Anteil bezüglich der Förderung der Adhärenz durch den Arzt zugesprochen, welches sich in dem mehrheitlichen ärztlichen Wunsch nach einem Ausmaß von 25 (Apotheker) zu 75 Prozent (Arzt) in der Verantwortung niederspiegelte. Durch die sich anschließenden vielfältigen Verfahren zur Generierung und Validierung konnten verständliche, zuverlässige und valide Mess- und Analyseinstrumente für häusliche Medikationsanamnesen erhalten werden. So wurden nach der abschließenden Runde des mehrstufigen Delphi-Verfahrens 92% der Items des Interviewbogens und 72% der des Analyseleitfadens von den 6 beteiligten Experten akzeptiert. Die Überprüfung der Test-Retest- und der Inter-Rater-Reliabilität des Interviewbogens mittels doppelt durchgeführter Interviews mit demselben Patienten aber unterschiedlichen Interviewern ergab, dass unterschiedlich beantwortete Fragen zu 40% Interviewer-induziert, zu 60% Patienten-induziert, zu keinem Anteil jedoch Fragebogen-induziert waren.Die konstruierten und realen Fallvignetten ergaben eine hohe Test-Retest- und Inter-Rater-Reliabilität (Cohens κ>0,7). In der Interventionsgruppe (N=29) erfolgte eine durchschnittliche Abnahme der Anzahl an ABP um 4,6 (52,0%). In der Kontrollgruppe (N=18) nahm die Anzahl der ABP hingegen um 0,4 (2,9%) zu. Es war somit eine signifikante Abnahme (p<0,0001, 95% CI; Mann-Whitney-U-Test) an ABP in der Interventions- gegenüber der Kontrollgruppe zu beobachten, sodass die Alternativhypothese angenommen werden kann. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass eine pharmazeutische Betreuung zur signifikanten Abnahme an ABP bei älteren Patienten führt.
Hintergrund: Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) sind in Deutschland inzwischen weit verbreitet, deren Nutzen für gerontopsychiatrische Patienten jedoch wenig untersucht. Methoden: In einem Prä-Post-Studiendesign werden Effekte durch die PIA-Behandlung hinsichtlich Hospitalisierung, Polypharmazie und Effizienz analysiert. Datengrundlage sind retrospektiv erhobene Routinedaten der Jahre 2003 bis 2006 von 114 im Jahr 2006 durch die PIA Stralsund behandelten Altenheimbewohnern. Ergebnisse: Für Patienten ohne stationäre Voraufenthalte während der dreijährigen Präphase vor Behandlung durch die PIA und Heimbewohner mit geringem stationärem Behandlungsbedarf finden sich keine signifikanten Ergebnisse. Bei Patienten mit hohem Behandlungsbedarf (heavy-user) ist hinsichtlich der Hospitalisierungsdauer- und Häufigkeit eine Reduktion um durchschnittlich 50 Tage (83%) bzw. 2 Aufenthalte (69%) festzustellen. Auch ist für diese Patientengruppe eine Effizienzsteigerung in Höhe von mehr als 10.000€ pro Patient und Jahr nachweisbar. Es wird für keine der drei Patientengruppen eine Abschwächung des zuvor beobachteten Trends zunehmender Verschreibung somatischer und psychiatrischer Arzneimittel gefunden. Diskussion und Schlussfolgerung: Heavy user profitieren von der aufsuchenden und multiprofessionellen Behandlung der PIA, für weitere Heimbewohner deutet sich die Behebung einer bisherigen Unterversorgung an. Insbesondere für jüngere Patienten und langjährige Heimbewohner scheint eine Reduktion der Polypharmazie möglich. Für beide Aspekte sind weiterführende Untersuchungen notwendig.