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Parodontitis als eine Volkskrankheit ist die Entzündung des Zahnhalteapparates. Sie wird durch parodontalpathogene Mikroorganismen im Biofilm der Mundhöhle verursacht und kann unbehandelt über zunehmenden Attachmentverlust und Knochenabbau bis hin zum Zahnverlust führen. In der Ätiologie ist die bakterielle Plaque der entscheidende Auslöser, während Verlauf und Schwere durch die Wirtsreaktivität und modulierende Faktoren (Genetik, systemische Vorerkrankungen, Verhaltensfaktoren) determiniert werden. Durch Bestandteile und Stoffwechselprodukte der in der Plaque enthaltenden Bakterien wird die Immunantwort des Wirtes initiiert. Infolgedessen zerstören freigesetzte proinflammatorische Mediatoren das umgebende Stützgewebe und den Knochen.
Auch das proinflammatorische Lipidmolekül Sphingosin-1-phosphat (S1P) scheint bei der Pathogenese der Parodontitis eine Rolle zu spielen. S1P ist an zahlreichen physiologischen Prozessen wie Zellproliferation, vaskulärer Barrierefunktion und Lymphozyten-Zirkulation beteiligt und beeinflusst pathologische Zustände wie beispielsweise das Entzündungsgeschehen und Osteoporose. Die zellulären Signalwege werden durch eine Familie von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (S1PR1 bis 5) gesteuert, wobei die S1P Ausgangskonzentrationen und die unterschiedliche Rezeptoren-Expression in den Geweben entscheidend sind. Verschiedene Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen Parodontitis und S1P hin: Durch Eingriff in den Knochenmetabolismus fördert S1P insgesamt die Knochen-Resorption und steigert die Expression von Zytokinen in humanen gingivalen Epithelzellen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde basierend auf der randomisierten Bevölkerungsstudie Study of Health in Pomerania (SHIP) untersucht, ob die individuellen S1P-Serumkonzentrationen mit der Parodontitis-Prävalenz in der SHIP-Trend-Kohorte assoziiert sind. Darüber hinaus wurden die individuellen S1P Konzentrationen mit verschiedenen Parodontitis-Variablen (Taschentiefe, klinischer Attachmentverlust, Anzahl der Zähne) und mit klassischen systemischen Entzündungsparametern (hoch-sensitives C-reaktives Protein, Leukozytenzahl, Fibrinogen) korreliert. Außerdem wurde anhand von Gewebeschnitten untersucht, inwiefern Enzyme des S1P-Stoffwechsels im Parodontalgewebe exprimiert sind und ob sich deren Expression im entzündeten Gewebe verändert.
Sowohl höhere Werte der untersuchten Parodontitis-Variablen als auch höhere Werte der untersuchten Entzündungsmarker waren konsistent mit höheren S1P-Konzentrationen assoziiert. S1P stellt somit einen potentiellen Biomarker für Parodontitis dar und ist möglicherweise in der Lage, das lokale parodontale Entzündungsgeschehen als systemische Konzentrationserhöhung im Serum zu reflektieren.
Kein Zusammenhang konnte zwischen Karies-Variablen und S1P gefunden werden, wodurch die Spezifität der Assoziation zwischen den Parodontitis-Variablen und S1P hervorgehoben wird.
Die Enzyme des S1P-Stoffwechsels waren sowohl in gesunden Gewebeproben als auch im Gewebe von parodontal erkrankten Probanden nachweisbar. Allerdings waren die Enzyme Sphingosin-Kinase 1 und S1P-Lyase im Gewebe von Probanden mit Parodontitis hochreguliert und zunehmend auch in anderen Zelltypen exprimiert, sodass womöglich ebenso die lokalen S1P-Gewebekonzentrationen bei Parodontitis erhöht sind.
Basierend auf den in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnissen und den bereits existierenden Studien zum Thema ist ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und S1P anzunehmen. Bei einer Parodontitis liegen sowohl ein lokal verstärkter S1P-Metabolismus im Gewebe als auch systemisch erhöhte S1P-Konzentrationen im Serum vor.
Zur Analyse der Beziehung zwischen Parodontitis, Fettleibigkeit und Körperkraft in der Allgemeinbevölkerung Nordostdeutschlands wurden zwei Kohorten (SHIP-2 und SHIP-Trend) aus der Region Vorpommern herangezogen. Es zeigt sich eine starke Abhängigkeit der sinkenden Muskelkraft bei steigendem Alter. Der paradontale Destruktionsgrad nimmt ebenfalls mit dem Alter zu. Die Parodontitis ist mit der Greifkraft assoziiert. Parodontal gesündere Frauen haben eine geringere Greifkraft als Männer. Aus dem Attachmentverlust resultiert ein höherer Muskelkraftverlust. Die Muskelkraft fällt umso geringer aus, je weniger Zähne vorhanden sind. Sie steigt mit zunehmendem Gewicht, sinkt jedoch bei ansteigendem Körperfettanteil. Die Fettleibigkeit scheint ein gemeinsamer Risikofaktor für die Parodontitis und für die Muskelkraftschwäche zu sein. Ein erhöhter Spiegel an Entzündungsmediatoren ist sowohl bei der Fettleibigkeit, als auch bei der Parodontitis und bei Körperkraftverlust nachweisbar. Somit spielt die Entzündung vermutlich eine zentrale Rolle in der Beziehung zwischen Parodontitis, Fettleibigkeit und Körperkraft.