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Die vorliegende Dissertation untersuchte die Determinanten subjektiven Freiheitserlebens in Entscheidungen und legte den Schwerpunkt auf die Frage, ob es Divergenzen zwischen dem Freiheitserleben und einer theoretisch begründbaren Entscheidungsfreiheit gibt. Um die Entscheidungsfreiheit theoretisch zu fundieren wurde das Handlungsmodell funktionaler Freiheit konstruiert. Die Grundlage hierfür bildete eine Vielzahl philosophischer und psychologischer Arbeiten zu den Begriffen Willensfreiheit, Entscheidungsfreiheit und Handlung. Funktionale Freiheit stellt ein kompatibilistisch und naturalistisch ausgerichtetes Konzept innerer Freiheit dar, welches eine sinnvolle und nützliche psychologische Fähigkeit beschreibt. Funktionale Freiheit gründet sich auf drei kompensatorische Dimensionen und ist maximal ausgeprägt wenn ein Entscheider über sehr hohe Rationalität (kognitive und selbstregulatorische Kompetenzen) verfügt, die Entscheidungssituation stark unterdeterminiert (neu/unbekannt, komplex, ohne dominante Alternativen) ist und der Prozess der Entscheidungsfindung bewusst und überlegt (reflektiert, argumentativ, unter Einsatz mentaler Simulationen und Einsicht) verläuft. Es lässt sich dafür argumentieren, dass funktionale Freiheit langfristig zu vorteilhaften Entscheidungen führt, da hohe Flexibilität, situative Anpassungsfähigkeit, und eine besondere Berücksichtigung von Selbst-Bedürfnissen und Umweltgegebenheiten vorhanden sind. Das Modell sagt außerdem Unterschiede zwischen funktional freien und funktional unfreien, beispielsweise unbewusst getroffenen, Entscheidungen vorher. Abgrenzungsmerkmale wären hohe Ausprägungen von Bedenkzeit, tiefe Elaboration der Entscheidung, Unvorhersagbarkeit der Wahl, kognitive Anstrengung, sowie Unsicherheitserleben. Die zentrale Prämisse für die empirische Arbeit war, dass funktionale und erlebte Freiheit in einer Entscheidung proportional und kongruent zueinander sind. In sechs Experimenten wurden Modellhypothesen sowie Gegenhypothesen abgeleitet und getestet, wobei die Gegenhypothesen eine Divergenz von erlebter und funktionaler Freiheit annahmen. Die Manipulationen bezogen sich primär auf die situationale Dimension funktionaler Freiheit. Das auf die Entscheidung bezogene subjektive Freiheitserleben bildete die abhängige Variable. Die experimentellen Ergebnisse bestätigten überwiegend die Gegenhypothesen. Weder war erhöhtes Freiheitserleben mit vergrößerter Optionszahl und Entscheidungskomplexität assoziiert, noch mit erhöhter Unterdetermination in Form von Entscheidungskonflikt oder zusätzlichen Abbruchoptionen. Stattdessen ergab sich hohes Freiheitserleben durchgängig in Entscheidungssituationen die einfach waren, über eine dominante Option verfügten, positive Konsequenzen besaßen oder in Aussicht stellten, sowie mit verringerter Schwierigkeit und Unsicherheit und erhöhtem positiven Affekt assoziiert waren. Folglich ließ sich eine bedeutsame Divergenz zwischen dem theoretisch entwickelten Konstrukt funktionaler Freiheit und dem Freiheitserleben erkennen. Um trotz der Abweichung vom Modell das subjektive Freiheitserleben erklären zu können, wurde auf Basis der Resultate eine Erklärung mit Bezug zum Erwartungskonzept entwickelt. Demnach ist das Freiheitserleben in einer Handlungsepisode umso größer ausgeprägt, je höher die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit einer positiven Zielerreichung ist. Folglich wird erlebte Freiheit durch alle Faktoren einer Entscheidung beeinflusst, die die Handlungs-Ergebnis-Erwartung und die Kompetenzerwartung verringern oder erhöhen. Handlungsbezogenes Freiheitserleben kann daher als eine Form von Zuversicht aufgefasst werden. Die Resultate der Experimente sind mit dieser Erklärung gut zu vereinbaren. Die theoretischen und empirischen Erkenntnisse dieser Arbeit erlauben mehrere bedeutsame Schlussfolgerungen. Erstens, kann das Freiheitserleben bei strenger Betrachtung nicht mehr als Argument für eine Existenz des freien Willens herangezogen werden. Zweitens, bietet das Konzept der funktionalen Freiheit eine naturalistische Alternative zur klassischen Willensfreiheit. Es ist gut vereinbar mit den kompatibilistischen Ansätzen vieler Autoren, im Rahmen psychologisch-deterministischer Mechanismen konzeptualisiert und prüfbar. Doch kann das Freiheitserleben auch für funktionale Freiheit nicht als manifester Indikator gelten. Drittens, scheint deshalb bezüglich des handlungsbezogenen Freiheitsbegriffs ein grundsätzliches Missverständnis zwischen theoretischen Konzeptionen akademischer Autoren und der alltagspsychologischen sozialen Repräsentation von Freiheit vorzuliegen. Dies trägt zur ohnehin großen Konfusion um die Bedeutung von „Freiheit“ bei. Ein am Erleben orientierter Freiheitsbegriff bezieht sich vorrangig auf positive Zielerreichung. Das Streben nach solcherart Freiheit ist mit vielen kurzfristig positiven Konsequenzen verbunden. Es lässt jedoch die langfristigen Vorteile der funktionalen Freiheit vermissen, wie erhebliche Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, sowie eine höhere Befähigung zu ethischem Handeln. Zukünftige Studien sollten prüfen, ob die Divergenz auch außerhalb von Laborsituationen zu finden ist und ob ein funktionales Freiheitserleben erlernt werden kann.
Das Anliegen der vorliegenden Dissertation bestand darin, die Wirkung von intergruppalem Kontakt und den Einfluss der Gruppenbindung auf Vorurteile, intergruppales Vertrauen sowie die Bereitschaft zur Kooperation mit Angehörigen einer anderen Nation zu untersuchen. Vorurteile, Vertrauen und Kooperationsbereitschaft wurden dabei als Formen eines Ingroup-Bias betrachtet. Darüber hinaus hat sich die Frage gestellt, ob Kontakt zu vermehrten Freundschaften mit Mitgliedern der Fremdgruppe führt und inwieweit die gruppenübergreifenden Freundschaften zu Veränderungen in der Stärke der einzelnen Formen des Ingroup-Bias führen. Schließlich wurde ein Modell entwickelt, welches ausgehend von gruppenübergreifendem Kontakt, unter Berücksichtigung der Variablen intergruppale Freundschaften, Vorurteile und Vertrauen, die Bereitschaft zu kooperativem Verhalten mit Mitgliedern der Fremdgruppe vorhersagen soll. Die Untersuchung wurde am Beispiel des deutsch-polnischen Schulkontextes durchgeführt. Es fanden Schülerbefragungen an reinen Schulen statt, an denen kein Kontakt zwischen Deutschen und Polen vorliegt, sowie an gemischten Schulen, an den Deutsche und Polen zusammen zur Schule gehen und an einem gemeinsamen Unterricht teilnehmen. Schulischer Kontakt hat per se keinen Einfluss auf die untersuchten Formen des Ingroup-Bias ausgeübt. Es ergab sich jedoch ein Interaktionseffekt mit der Gruppenbindung. Für Schüler mit einer geringen Ausprägung der Bindung an die Eigengruppe kommt es bei schulischem Kontakt zu einer signifikanten Reduktion der Vorurteile. Im Gegensatz dazu führt der Besuch gemischter Schulen für Schüler mit hoher Bindung an die Eigengruppe tendenziell zu vermehrten Vorurteilen gegenüber der Fremdgruppe. Weiterführende Auswertungen haben darüber hinaus einen Einfluss der Nationalität belegt. Entsprechend den Erwartungen erhöht schulischer Kontakt jedoch die Anzahl intergruppaler Freundschaften, wobei diese selbst zu einer Reduktion aller drei Formen des Ingroup-Bias führen. Abschließend konnte das entwickelte Model zur Vorhersage eines Ingroup-Bias in der Kooperationsbereitschaft bestätigt werden.
In fünf empirischen Studien wurde untersucht, ob Personen wissen, was sie im Ausdruck zeigen und anderen Personen kommunizieren, wenn sie eine Emotion erleben. Theoretische Grundlage der Untersuchungen war die Selbst-Inferenz-Hypothese von Reisenzein und Studtmann (2007). Diese besagt, dass Personen das Vorhandensein, die Art und die Intensität ihres Emotionsausdrucks nicht primär durch die Wahrnehmung ihres tatsächlichen Ausdrucksverhaltens feststellen, sondern aus der Qualität und Intensität ihres Gefühlserlebens erschließen. Zentrales Ziel der Untersuchungen war die empirische Überprüfung der Selbst-Inferenz-Hypothese für den mimischen Emotionsausdruck bei hedonisch positiven (Freude, Erheiterung) und negativen (Ekel, Traurigkeit/Enttäuschung, Ärger/Frustration) Emotionen. Darüber hinaus wurde eine Reihe von methodischen Einwänden gegen bisherige Studien zum Wissen über die eigene Mimik auf ihre Bedeutsamkeit überprüft. Die Ergebnisse der Experimente bestätigten konsistent die Vorhersagen der Selbst-Inferenz-Hypothese. Insbesondere konnte erstens für alle untersuchten Emotionen gezeigt werden, dass Gefühle bessere Prädiktoren von Meinungen über den eigenen mimischen Emotionsausdruck waren als der durch Beobachtereinschätzungen oder FACS-Codierungen gemessene tatsächliche Ausdruck. Zweitens zeigte sich, dass Personen meist nicht genau wissen, was sie zeigen, wenn sie ein Gefühl erleben. Vielmehr überschätzten sie systematisch die Intensität ihres Emotionsausdrucks. Potenzielle Alternativerklärungen dieser Ergebnisse konnten entweder methodisch ausgeschlossen oder empirisch entkräftet werden. In Studie 5 konnte die Selbst-Inferenz-Hypothese auch für nicht-mimische Ausdruckskomponenten von Prüfungsangst bestätigt werden. Die Befunde haben potenziell bedeutsame Implikationen für Theorien der Mimik, die Validität von Messmethoden des Emotionsausdrucks und für soziale Interaktionen im Alltag.
Die vorliegende Arbeit untersuchte persönlichkeitsstrukturelle Änderungen unter spezifischer stationärer Dialektisch-Behavioraler Therapie (DBT). Dabei wurde insbesondere der Frage nachgegangen, welche persönlichkeitsstrukturellen Variablen sich in einem Zeitraum von 24 Monaten ändern können. Zudem wurde nach wichtigen Prädiktoren für diesen Änderungsprozess gesucht. Gemessen wurden Merkmale von Temperament und Charakter nach Cloninger (1993), Impulsivität, Alexithymie und Merkmale der Borderline-Persönlichkeitsstruktur nach Kernberg (1967). In einer „complete-Analyse“ wurden die Ergebnisse einer Stichprobe überwiegend weiblicher PatientInnen mit der Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung nach SKID-II dargestellt, die die DBT-Therapie in drei Modulen a´ 6-8 Wochen Interventionsdauer absolvierten (Three-Step-DBT; N = 14). Weiterhin wurden zum Vergleich die Ergebnisse einer Stichprobe überwiegend weiblicher ProbandInnen mit der Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung nach SKID-II gezeigt, welche Treatment as Usual (TAU; N = 16) erhielten und hinsichtlich der gleichen persönlichkeitsstrukturellen Variablen untersucht wurden. Die Zuordnung zu den verschiedenen Gruppen konnte in einem quasiexperimentellen Design mit den Matching-Variablen Alter, Geschlecht und der Charakterdimension Selbstlenkungsfähigkeit nach Cloninger zu Behandlungsbeginn gestaltet werden. In der insgesamt 17,5 Monate dauernden DBT-Intervention mit 5 Messzeitpunkten und Katamneseerhebung sechs Monate nach Interventionsende zeigten die Skalen Beharrungsvermögen und Selbstlenkungsfähigkeit als Merkmale von Temperament und Charakter, die Skalen motorische und nichtplanende Impulsivität als Merkmale der Impulsivität, die Skala extern orientierter Denkstil als Merkmal von Alexithymie und der Gesamtwert der Alexithymie sowie die Skalen Angst vor Nähe, Entfremdungserleben und Identitätsdiffusion und der Gesamtwert der Borderline-Persönlichkeitsstruktur nach Kernberg (1967) eine signifikante bis hochsignifikante Beeinflussung durch den Messwiederholungsfaktor Interventionsdauer. Alle genannten Skalen wiesen Symptomreduktionen in die erwartete Richtung auf. Höhere Effekte ergaben sich erst im längerfristigen Therapieverlauf. Unter der Bedingung Treatment as Usual (TAU) zeigten in einem Zeitraum von 24 Monaten mit insgesamt drei Messzeitpunkten ausschließlich die Variablen Selbstlenkungsfähigkeit als Charaktermerkmal, nichtplanende Impulsivität als Impulsivitätsmerkmal und Entfremdungserleben und Identitätsdiffusion als Merkmal der Persönlichkeitsstruktur nach Kernberg (1967) eine signifikante bis hochsignifikante Beeinflussung durch den Messwiederholungsfaktor Interventionsdauer in der Varianzanalyse. Dabei ergab sich für die nichtplanende Impulsivität eine signifikante Symptomzunahme über die Zeit unter TAU. Als Prädiktoren für den Therapieerfolg in der spezifischen DBT-Intervention erwiesen sich entgegen der Hypothese das Vorliegen von Suizidversuchen mit stationärer Nachbehandlung in der Vorgeschichte als Prädiktor für die Reduktion von Alexithymie (Gesamt) und erlebte körperliche Gewalt als Prädiktor für die Verbesserung der Selbstlenkungsfähigkeit als Charaktermerkmal. Existenzbedrohende Ereignisse in der Vorgeschichte führten diesbezüglich zu Ressourcenaktivierung unter spezieller DBT-Intervention. Zusammenfassend zeigt die Untersuchung, dass positive Veränderungen persönlichkeitsstruktureller Variablen und damit auch Verbesserungen der Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen insbesondere unter spezifischer Three-Step-DBT im längerfristigen Therapieverlauf möglich sind.
Die vorliegende Dissertation widmete sich der Entwicklung und Validierung einer deutschsprachigen Commitment-Skala. Grundlage hierfür bildeten die Rekonzeptualisierung von Commitment als willentliche Bindung, die sich durch Zusicherung und Verantwortlichkeit gegenüber einem Bindungsziel auszeichnet (Klein, Molloy & Brinsfield, 2012) sowie die dazugehörige Skala (Klein, Cooper, Molloy & Swanson, 2014). Ziel dieser Arbeit war eine Skala, welche so, wie die Commitment-Skala von Klein et al. (2014), (1) vier Items umfasst, (2) eindimensional ist und (3) unabhängig vom Bindungsziel eingesetzt werden kann. Die Entwicklung erfolgte in aufeinander aufbauenden Teilschritten. Ausgangspunkt war ein aus verschiedenen Quellen (Übersetzungen der US-amerikanischen Items, Interviews mit Arbeitnehmern, Items bestehender Skalen, Deduktionen aus der Commitment-Definition) zusammengestellter Itempool, der in mehreren empirischen Untersuchungen sukzessive reduziert wurde. Die finalen Entwicklungsschritte, eine qualitative Untersuchung zum Itemverständnis von Arbeitnehmern (Untersuchung 1) und eine darauf aufbauende quantitative Untersuchung zur Itemselektion (Untersuchung 2), werden in der Dissertation umfassend berichtet. Die resultierende Skala ist Gegenstand einer weiteren quantitativen Untersuchung, in welcher erste empirische Belege für deren Konstruktvalidität (z. B. nomologische Validität, konvergente und divergente Validität) gesammelt wurden (Untersuchung 3). Die vier Items der deutschen Commitment-Skala bilden jeweils ein Merkmal des Konstrukts ab. Im Kontrast zur US-amerikanischen Skala (Klein et al., 2014) kann das Konstrukt für den deutschen Sprachraum nämlich nicht durch einen bestimmten Begriff operationalisiert werden. Die vier deutschen Items lauten: 1) „Wie verbunden fühlen Sie sich [Ihrem/dem/diesem Bindungsziel]?“; 2) „Wie wichtig nehmen Sie [Ihr/das/dieses Bindungsziel]?“; 3) „Wie stark haben Sie sich [Ihrem/dem/diesem Bindungsziel] verschrieben?“; 4) „Wie verantwortlich fühlen Sie sich gegenüber [Ihrem/dem/diesem Bindungsziel]?“. Die Skala wird mit dem Akronym KUTG bezeichnet, welches die Merkmale der Skala widerspiegelt. Der Buchstabe K kennzeichnet, dass die Skala auf den Arbeiten von Klein et al. (2012, 2014) basiert. Ihre Commitment-Definition wird durch die Items 3 (willentliche Zusicherung) sowie die Item 2 und 4 (Verantwortlichkeit) abgebildet. Der Buchstabe U kennzeichnet die Unidimensionalität der Skala. Die quantitativen Untersuchungen konnten zeigen, dass die Skalenitems keine Merkmale anderer, von Commitment abzugrenzender Konstrukte (z. B. Identifikation, Verhalten) abbilden. Das T bringt den von Klein et al. (2012) postulierten, allgemeinen Gültigkeitsbereich (engl. target-free) von Commitment zum Ausdruck, der sich in der Skala widerspiegeln soll. In dieser Arbeit wurde die Validität der KUTG für die Organisation, das Team und den Vorgesetzten als Bindungsziele eines Commitments gestützt, wobei sie sich als metrisch invariant erwies. G steht für German und verdeutlicht, dass die Verbundenheit mit dem Bindungsziel, welche durch Item 1 abgebildet wird, ein deutsches Merkmal von Commitment ist. Ausgehend von ihrer begrifflichen Bedeutung äußert sich die Verbundenheit im Erleben von Nähe zum Bindungsziel, die durch positiven Affekt begleitet ist. Da der Affekt nach Klein et al. (2012) zu den Einflussfaktoren von Commitment zählt, ist anzunehmen, dass im deutschen Sprachraum weniger präzise zwischen dem Erleben der Bindung und der positiv affektiven Bewertung des Bindungsziels differenziert wird als im US-amerikanischen Raum. Aus den Merkmalen der KUTG resultieren verschiedene methodologische und praktische Vorteile für Forschung und Praxis, weshalb die KUTG einem Einsatz anderer Commitment-Skalen vorzuziehen ist. Sie ermöglicht bspw. weniger konfundierte und ökonomischere Messungen und ist zudem flexibel für das jeweilig interessierende Bindungsziel einsetzbar.
Gefahrenlagen, wie schwere Unwetter, Terroranschläge oder die COVID-19-Pandemie, stellen aktuell und zukünftig eine Bedrohung unserer Gesellschaft dar. Im Fall dieser und weiterer Gefahren können Warnungen helfen, Schäden zu verhindern und Menschenleben zu retten, indem sie die Empfänger*innen informieren und Schutzmaßnahmen vermitteln. Das Protective Action Decision Model (PADM) (Lindell & Perry, 2012) bietet einen theoretischen Rahmen, der Verarbeitungsprozesse von Warnungen und die Entstehung von Schutzverhalten abbildet. Neben zahlreichen weiteren Elementen beinhaltet das PADM die Wahrnehmung von Risiko als zentralen Faktor. Im Sinne des Modells sowie bereits existierender Literatur wird Risikowahrnehmung jedoch häufig ausschließlich kognitiv abgebildet. Zudem untersuchen Studien vorwiegend einzelne Gefahrenlagentypen oder singuläre Ereignisse.
Die vorliegende Arbeit bildet mit drei Beobachtungsstudien sowie einer experimentellen Studie Verarbeitungsprozesse von Warnungen vor verschiedenen Gefahrenlagen ab. Untersucht wurde der Einfluss der Warnungen auf kognitive und affektive Facetten der Risikowahrnehmung und ihre Rolle bei der Suche nach Informationen sowie der Intention, Schutzverhalten auszuführen. Über Online-Befragungen erhielten die Teilnehmenden Warnungen zu verschiedenen Gefahrenlagen (schweres Unwetter, Großbrand, extreme Gewalttat, Ausfall der Notrufnummer, Fund einer Weltkriegsbombe, COVID-19-Pandemie, Gewitter), die Informationen zur Gefahr sowie Handlungsempfehlungen enthielten. Befragt wurden sie unter anderem hinsichtlich ihrer Risikowahrnehmung vor und nach Warnerhalt sowie ihrer Intention, die angegebenen Schutzmaßnahmen zu befolgen oder sich Informationen zu suchen. Zudem wurden Eigenschaften der Warnungsempfänger*innen erhoben.
Die Ergebnisse stärken die Rolle affektiver Risikowahrnehmung für die Verarbeitung
von Warnungen sowie die Entstehung von Schutzverhalten und Informationssuche. Dies gilt
jedoch nicht für alle Gefahrenlagen gleichermaßen, sodass der Einfluss von Eigenschaften der Gefahr, wie Häufigkeit oder Schweregrad, deutlich wird. Bezüglich der Eigenschaften der Empfänger*innen ergab sich ebenfalls kein einheitliches Bild. Basierend auf den Ergebnissen wird eine Erweiterung des PADM um ein Modellelement der affektiven Risikowahrnehmung vorgeschlagen.
Fortführende Forschung zu Warnungen sollte eine multifacettierte Sichtweise von Risikowahrnehmung anstreben. Darüber hinaus sollten Gefahrenlagen vergleichend untersucht und ihre Eigenschaften sowie Eigenschaften der Warnungen systematisch variiert werden.
Die vorliegende Studie untersucht Furchtreaktionen, die bei steigender Erkennbarkeit relevanter Reize auftreten. Sie basiert auf den Ergebnissen zahlreicher Untersuchungen zur affektiven Modulation physiologischer Reaktionssyteme. 12 Spinnenphobiker, 10 Schlangenphobiker, 12 Blutphobiker und 11 Kontrollpersonen nahmen an der Untersuchung teil. Während der Betrachtung affektiven Bildmaterials wurden Herzrate, Hautleitwertreaktionen, die Muskelaktivität des levator labii und die Schreckreflexreaktionen auf applizierte Schreckreize aufgezeichnet. Das Stimulusmaterial bestand aus phobischem, angenehmem, unangenehmem und neutralem Bildmaterial.Im Mittelpunkt der Studie steht die Untersuchung unterschiedlicher Furchtreaktionen, die in Annäherung an einen Furchtreiz auftreten. Zur Variation der Nähe zur Bedrohung wurde die Erkennbarkeit der Reize im Verlauf der Untersuchung kontinuierlich gesteigert, indem ein bestimmter Prozentsatz zum Zielreiz gehöriger Bildpunkte vor einen Hintergrund mit farbigem Rauschen eingeblendet wurde. Weiterhin wurde die Frage untersucht, ob bereits vor einer bewußten Erkennung der präsentierten Reize unterscheidbare physiologische Reaktionen zwischen den Bildkategorien auftreten. Die Ergebnisse zeigen, daß die Kaskade defensiven Verhaltens auch im Humanbereich beobachtbar ist. Vor der bewußten Erkennung der Bildreize wurden keine differenzierten physiologischen Reaktionen gefunden.
Transition wird bezeichnet als zielgerichteter, geplanter Wechsel der Kinder und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen von dem kindzentrierten zum erwachsenenzentrierten Gesundheitssystem (Blum et al., 1993). Transition soll ein strukturierter, gut implementierter, geplanter und absichtsvoller Prozess sein, welcher die Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen, ihre Eltern und die involvierten Gesundheitsexpert*innen befähigt, den Wechsel von der Pädiatrie zur Erwach¬senen¬medizin erfolgreich abzuschließen (Blum et al., 1993; Huang et al., 2014; Kennedy et al., 2007).
Es ist notwendig den Prozess der Transition an die individuellen Bedürfnisse der Jugendlichen anzupassen und somit deren Unterstützung flexibler zu gestalten zu können, um dies zu erreichen, werden entsprechende Instrumente zur Erfassung von Konstrukten in der Transition benötigt. Von besonderem Interesse ist die Transitionsbereitschaft von Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen.
Um die individuelle Bereitschaft zur Transition eines Jugendlichen mit chronischer Erkrankung feststellen zu können, fehlen zudem änderungssensitive Instrumente, die zugleich auch allgemein anwendbar sind, sodass eine Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Erkrankungen bzw. Versorgungsbereichen ermöglicht wird. Von diesem methodischen Defizit der Transitionsforschung ausgehend werden in der vorliegenden Arbeit folgende Konstrukte sowie deren Operationalisierung und Erfassung im Kontext der Transition psychometrisch genauer analysiert: gesundheitsbezogene und krankheitsspezifische Lebensqualität, Versorgungszufriedenheit, Transitionskompetenz, Patientenaktivierung und Patienten-empowerment.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die Konstrukte krankheitsspezifische Lebens-qualität, Versorgungszufriedenheit, Transitionskompetenz, Patientenaktivierung und Patienten¬empowerment zur Erfassung von transitionsbezogenen Veränderungen bei Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen geeignet sind. Lediglich die Erfassung die gesundheitsbezogene Lebensqualität sollte für zukünftige Studien geprüft werden.
Body sensations play a crucial role in the etiology and maintenance of diverse anxiety and health problems (e.g., in panic disorder or respiratory diseases) as they may be perceived as threatening and consequently elicit anxious responses. The factors that may affect the perception of bodily sensations as a threat and thus modulate the anxious response to body sensations have so far rarely been studied. Therefore, the present thesis targeted at elucidating the effect of contextual (i.e., the predictability, expectation, and proximity of a threat) and dispositional factors (i.e., tendency to fear arousal sensations or trait fear of suffocation) on the defensive response to body sensations.
In study 1, it was investigated how a personality factor, that is, fear of suffocation, affects the acquisition of fear to body sensations (i.e., mild dyspnea induced by inspiratory resistive loads) and contexts when faced with a predictable and unpredictable respiratory threat (i.e., severe dyspnea). Study 2 aimed at examining the main and interactive effects of the tendency to fear arousal sensations, again a personality trait factor, and current arousal expectations as varied by situational variables on anxious responding to arousal sensations. In this study, expected and unexpected arousal sensations were induced by administering caffeine in coffee or bitter lemon soda, respectively. Moreover, in study 3, it was explored how subjective anxiety, bodily symptoms, and defensive respiratory responses change and might culminate into active defense behavior (i.e., escape/active avoidance) during increasing dyspnea that was evoked by inspiratory resistive loads increasing in intensity. For a detailed analysis of the factors that contribute to the initiation and maintenance of avoidance of or escape from increasing dyspnea, in study 4 changes in subjective, autonomic, somatic reflex and brain responses were analyzed during repeated avoidance of increasing dyspnea.
In study 1, it was demonstrated that only individuals who fear suffocation learned to fear mild dyspnea preceding the onset of severe dyspnea and developed anxiety during a context of unpredictable respiratory threat. Moreover, the data from study 2 indicate that individuals who fear arousal sensations show an increased attention allocation towards unexpected arousal sensations and higher threat appraisal when expecting arousal sensations. Increasing intensity of dyspnea as provoked in study 3 led to increased defensive respiratory responses that were associated with increased symptom reports in individuals with high compared to low fear of suffocation. Moreover, culminating dyspnea elicited repeated avoidance behavior preceded by increases in defensive respiratory mobilization. The analysis of repeated avoidance of increasing dyspnea in study 4 revealed that physiological fear responses might be involved in the initial initiation of this avoidance behavior while no indication of response preparation and physiological arousal was related to persistent avoidance.
Taken together, the present data suggest that the fear of suffocation, as well as the tendency to fear arousal sensations along with the predictability, expectation, or proximity of interoceptive threat, may increase the perceived threat and thus the anxious response to body sensations. Therefore, contextual and dispositional factors may set the stage for the culmination of body sensations into defensive action and might contribute to the development of pathological anxiety and fear of body sensations. The present findings are integrated into the current literature and discussed in relation to the development and maintenance of pathological anxiety and fear of body sensations.
Körpersignale sind elementar für die Aufrechterhaltung der Homöostase, um eine angemessene Regulation der Körperfunktionen zu ermöglichen und dadurch das Überleben des Individuums sicherzustellen. Die bisherige Forschung hat die dysfunktionale Wahrnehmung dieser interozeptiven Signale als wichtigen Bestandteil vieler Angst- und Gesundheitsprobleme identifiziert, da selbst leichte und harmlose Körperempfindungen eine übermäßig starke Mobilisierung von Abwehrreaktionen hervorrufen können. Obwohl das wissenschaftliche Interesse im Bereich Interozeption in den letzten Jahren stark gewachsen ist, wurde die Dynamik von Abwehrreaktionen als Reaktion auf Körpersignale bisher selten untersucht. Daher hatte die vorliegende Arbeit zum Ziel, die verhaltensbezogene und psychophysiologische Dynamik der defensiven Mobilisierung auf bedrohliche interozeptive Signale sowie den moderierenden Effekt von Dispositionsfaktoren und biologisch determinierten Verhaltensmarkern zu untersuchen.
In der ersten Studie wurden die Dynamik defensiver Mobilisierung auf eine näher-kommende externe Bedrohung mit einer sich annähernden interozeptiven respiratorischen Bedrohung, in Abhängigkeit von der Bedrohungsnähe und der Möglichkeit zur Vermeidung, bezüglich subjektiver, autonomer und respiratorische Reaktionen sowie Gehirnreaktionen und defensiver Reflexe verglichen.
In der zweiten Studie wurde die Mobilisierung defensiver Reaktionen während der wiederholten Vermeidung von kulminierender Atemnot analysiert, um eine detaillierte Analyse der Initiierung und Aufrechterhaltung von aktiven Vermeidungsverhalten zu erhalten.
Die dritte Studie unterweiterte die diese Befunde, indem die Rolle der maximalen freiwilligen Luftanhaltezeit als möglicher Prädiktor für eine übermäßig starke Mobilisierung defensiver Reaktionen bei der Konfrontation mit einer näherkommenden respiratorischen Bedrohung, in Abhängigkeit der Möglichkeit zur Vermeidung, untersucht wurde.
In der vierten Studie wurden die Prädiktoren für aktives Abwehrverhalten (d.h., Flucht oder aktive Vermeidung bei Konfrontation) während ansteigender Atemnot, induziert durch in der Intensität ansteigende inspiratorische Atemwiderstände gefolgt von einer kurzen Blockade der Einatmung, untersucht.
Die erste Studie zeigte, dass das defensive Aktivierungsmuster bei der Mobilisierung defensiver Reaktionen auf eine sich annähernde externe Bedrohung annähernd vergleichbar ist wie bei einer interozeptiven respiratorischen Bedrohung, unabhängig von der Möglichkeit zur Vermeidung. Zusätzlich wurde eine bedrohungsspezifische Mobilisierung des respiratorischen Systems bei der Konfrontation mit der unvermeidbaren interozeptiven Bedrohung beobachtet.
Die Daten der zweiten Studie demonstrierten, dass die Initiierung von erstmaligen Vermeidungsverhalten als Reaktion auf ansteigende Atemnot begleitet wird von physiologischen Erregungen als Indikatoren für eine Reaktionsvorbereitung. Diese verschwanden zunehmend mit wiederholter Vermeidung, was auf die Entwicklung von gewohnheitsmäßiger Vermeidung hindeutet.
Darüber hinaus wurde in der dritten Studie gezeigt, dass eine übermäßig starke Mobilisierung von Abwehrreaktionen auf eine sich annähernde unvermeidbare respiratorische Bedrohung durch eine reduzierte maximale freiwillige Luftanhaltezeit vorhergesagt wird, jedoch nicht, wenn die Möglichkeit zur Vermeidung vorhanden war.
Die vierte Studie demonstrierte, dass eine höhere Angstempfindlichkeit und eine kürzere freiwillige maximale Luftanhaltezeit mit aktivem Vermeidungsverhalten während ansteigender Atemnot assoziiert sind.
Zusammenfassend zeigen die vorliegenden Daten, dass die defensive Mobilisierung für eine exterozeptive Bedrohung vergleichbar ist wie für eine interozeptive Bedrohung und sich in Abhängigkeit der Bedrohungsnähe und dem verfügbarem Abwehrrepertoire ändert. Darüber hinaus ist die Neigung, Erregungsgefühle zu befürchten und eine verminderte Belastungstoleranz während freiwilligem Luftanhaltens mit einer erhöhten Angst- und Furchtreaktion auf Atemnotsymptome verbunden. Daher könnten diese dispositionellen und biologischen Verhaltensmarker bei der Konfrontation mit ansteigender Atemnot aktives Vermeidungsverhalten begünstigen und, wenn sie gewohnheitsmäßig ausgeführt werden, kann sich persistentes Vermeidungsverhalten entwickeln, welches das Risiko für die Entstehung einer ernsthaften psychischen Erkrankung erhöht.
Interoceptive sensations, that means, perceptions of the physiological body state, play an important role in the generation and expression of emotion. The focus of the research presented here is on respiratory sensations as specific interoceptive signals. Such respiratory sensations (like the feeling of dyspnea) play an important role in symptom perception in somatic (e.g., asthma) as well as in mental disorders (e.g., anxiety disorders). There are several different ways to manipulate respiratory sensations in an experimental environment, but many of them did not equal sensations in daily life. Here, stimuli (inspiratory resistive loads, caffeine) were used that trigger nearly naturally occurring interoceptive sensations. Taking into account that the elicited interoceptive experience also induces an unpleasant feeling state it is most likely that individuals show defensive physiological responding to such cues and try to avoid them. According to a bidirectional motivational system defensive behaviors are regulated by a defensive motivational system that is activated by threatening cues. From research with exteroceptive stimuli it is known that defensive responding is typically characterized by heightened autonomic arousal, increased respiration, and a potentiated startle eyeblink response. In contrast, only a few studies using interoceptive stimuli have incorporated the measurement of physiological data in their experimental designs. If included, studies show also heightened autonomic responding, whilst a heterogeneous respiratory as well as startle eyeblink responding is observed. Thus, the studies presented here were designed to clarify the factors that mediate defensive responding to interoceptive sensations. Study 1 investigated the influence of anxiety on the subjective, respiratory, and autonomic response to an individually determined inspiratory resistive load, while study 2 focuses on the effect of attentional modulation of the startle eyeblink response to a mild respiratory threat. In study 3 the modulation of subjective, respiratory and autonomic reactions by arousal expectations was examined. Therefore, caffeine, a respiratory stimulant, or a placebo were administered without the participants’ knowledge. The fourth study examined the influence of the process of worrying, a strategy to deal with unpleasant body symptoms, on defensive responding. Depending on the study design subjective, respiratory and autonomic (skin conductance level, heart rate) parameters were assessed as marker for defensive mobilization. In study 2 and 4 the startle eyeblink response was measured as further index of defensive activation. Besides that in study 2 also the P3 component of the event-related potential, as an index for attentional allocation, was recorded. The main findings of the presented dissertation are the following: Study 1 revealed that 1) only high anxiety sensitive individuals reporting also high suffocation fear respond to lower stimulus intensities with stronger defensive responding, and 2) that this group demonstrated a maladaptive compensatory breathing pattern. Additionally, study 2 exhibited that 1) the startle eyeblink response is relatively inhibited during a mild interoceptive threat, and 2) this inhibition corresponds to an attention allocation towards breathing as indicated by a reduced P3 amplitude to the startle noise as well as subjective report. Furthermore, highly anxiety sensitive individuals showed a more pronounced defensive responding if the interoceptive sensations were unexpected (study 3). Recently, study 4 demonstrated that worry led to an increased defensive response mobilization. All studies are discussed in the context of the theoretical background of the defensive response modulation to exteroceptive and interoceptive sensations with respect to mediating factors. Showing exaggerated defensive responding and maladaptive adaptation processes in high anxious individuals the results point towards the important role of interoceptive sensations in the etiology, maintenance and therapy of mental disorders, especially the anxiety disorders.
Suchtprävention in der Grundschule - Effekte der Programme Eigenständig werden und Klasse2000
(2011)
Fragestellung: Anhand des Lebenskompetenzprogramms Eigenständig werden sowie des Suchtpräventions- und Gesundheitsförderungsprogramms Klasse2000 sollen die Effekte von Grundschulprogrammen sowohl auf Vorläufer des Einstiegs in den (problematischen) Substanzkonsum als auch auf das erste Experimentieren mit psychotropen Substanzen wie Zigaretten und Alkohol untersucht werden. Zusätzlich soll überprüft werden, inwieweit Klasse2000 aufgrund der angestrebten Korrektur rauchbezogener Normen zu iatrogenen Effekten in Form von Bullying sowie zu erwünschten Effekten in Form der Erhöhung der Resistenz gegenüber sozialen Einflüssen führt. Methodik: Eigenständig werden sowie Klasse2000 begleiten die Kinder über die gesamte Grundschulzeit. Eigenständig werden umfasst 42 45- bis 90-minütige Einheiten (10 pro Schuljahr), die durch trainierte Lehrkräfte im Unterricht umgesetzt werden. Für Klasse2000 existieren Ausarbeitungen für 48 45- bis 90-minütige Einheiten (14 bis 15 pro Schuljahr), deren Durchführung sowohl durch Lehrkräfte als auch durch Klasse2000-Gesundheitsförderer im schulischen Alltag erfolgt. Zu Eigenständig werden wurde eine vierjährige quasiexperimentelle Kontrollgruppenstudie mit Messwiederholung in Sachsen durchgeführt. Daten zur Baseline und zu mindestens einem weiteren Befragungszeitpunkt lagen für 919 Schüler aus 50 Grundschulen vor. Aufgeteilt auf die Bedingungen „Teilnahme an Eigenständig werden“ und „Keine Teilnahme an Eigenständig werden“ wurden die Schüler anhand von Lehrkrafturteilen zu der Ausprägung ihrer Lebenskompetenzen sowie ihrer externalisierenden und internalisierenden Verhaltensauffälligkeiten, die als Vorläufer des späteren Substanzkonsums identifiziert werden konnten, mittels Mehr-Ebenen-Wachstumskurvenmodellen verglichen. Zur Überprüfung der Programmeffekte von Klasse2000 wurde eine vierjährige Kontrollgruppenstudie mit Messwiederholung in Hessen realisiert. Während in Klassen der Interventionsgruppe das Präventionsprogramm Klasse2000 kontinuierlich über den Verlauf der Grundschulzeit umgesetzt wurde, nahmen Klassen der Kontrollgruppe „lediglich“ am normalen Unterricht teil. Zur Beantwortung der Fragestellung, inwieweit sich Klasse2000 auf den Einstieg in den Substanzkonsum auswirkt, wurden die Ende der dritten Klasse als Nie-Raucher (N=1.027), Nie-Trinker (N=1.072) und gleichzeitig als Nie-Raucher und Nie-Trinker (N=979) identifizierten Schüler am Ende der vierten Klasse hinsichtlich der Inzidenz des Substanzkonsums verglichen. Hierzu wurden multiple hierarchische Poisson-Regressionen unter Kontrolle soziodemographischer Charakteristika sowie sozialer Einflussfaktoren berechnet. In die Analysen der Programmeffekte auf Bullying sowie die Resistenz gegenüber sozialen Einflüssen gingen alle 1.096 Schüler, von denen Ende der dritten und vierten Klasse Daten vorlagen, mit ein. Die Auswertung erfolgte mittels deskriptiver Methoden und Regressionsverfahren. Ergebnisse: Die Teilnahme an Eigenständig werden führte im Vergleich zur Kontrollgruppe zu einer stärkeren Abnahme sowohl externalisierender als auch internalisierender Verhaltensauffälligkeiten (p<0,01). Eine besonders starke Abnahme konnte unter Schülern mit höheren Ausgangswerten hinsichtlich externalisierender Verhaltensauffälligkeiten beobachtet werden (p<0,01). Keine Programmeffekte ergaben sich hinsichtlich der Entwicklung von Lebenskompetenzen (p=0,22). Die Untersuchungen zu Klasse2000 ergaben signifikante Effekte auf den Einstieg in den Zigaretten- als auch den generellen Substanzkonsum, d. h. den Konsum von Zigaretten, Alkohol oder beidem (p=0,031 bzw. p=0,010). Die Number needed to treat wies einen Wert von 28 für den Zigaretten-, und einen Wert von 19 für den generellen Substanzkonsum auf. Hinsichtlich der Rate des Einstiegs in den heimlichen Alkoholkonsum unterschieden sich die Interventions- und die Kontrollgruppe nicht (p=0,092). In den weiterführenden Analysen bezüglich der möglichen Auswirkungen der angestrebten Korrektur rauchbezogener Normen konnte kein Unterschied zwischen der Interventions- und Kontrollgruppe hinsichtlich der Auftretenshäufigkeit von Bullying gegenüber rauchenden Mitschülern (p>=0,118), jedoch hinsichtlich der Stärke des Einflusses rauchender Freunde gefunden werden, d. h. in der Interventionsgruppe fiel der Einfluss rauchender Freunde auf den Rauchbeginn der Schüler bedeutsam geringer aus (p<=0,001). Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der Studien deuten auf die Effektivität der untersuchten Grundschulprogramme Eigenständig werden und Klasse2000 hin, Vorläufer des späteren (problematischen) Substanzkonsums bedeutsam reduzieren bzw. den Einstieg in den Substanzkonsum zumindest zeitlich verzögern zu können. Zumindest für Klasse2000 bestehen zudem Hinweise, dass das Programm trotz der angestrebten Normenkorrektur hinsichtlich des Rauchens nicht zu einer Zunahme an Bullying führt, jedoch zu einer Erhöhung der Resistenz gegenüber sozialen Einflüssen beitragen kann.
Subjektives Stresserleben und dessen objektive Erfassung mittels des Antioxidativen Potentials
(2020)
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist seit der Novellierung des Arbeitsschutzgesetzes im Jahr 2013 für jeden Arbeitgeber Pflicht. Das stellt die Verantwortlichen Akteure des Arbeits- und Gesundheitsschutzes vor große Herausforderungen hinsichtlich der praktischen Umsetzung (Bamberg & Mohr, 2016), da der Gesetzgeber offengelassen hat, wie genau die Gefährdungsbeurteilung umzusetzen ist. Empfehlungen zu geeigneten Verfahren, wie sie in der DIN EN ISO 10075-3 formuliert werden, sind insofern kritisch zu bewerten, als dass von geeigneten Instrumenten neben der Erfassung der psychischen Belastung zudem die Erfassung der psychischen Beanspruchung gefordert wird. Dies kann vor allem bei schriftlichen Befragungen zu Verzerrungen führen (Podsakoff, Mackenzie, Lee & Podsakoff, 2003; Specter, 2006). Hier könnten parallel zu den Befragungsinstrumenten eingesetzte physiologische Maße Abhilfe schaffen.
Mit dieser Arbeit sollte die Eignung des Antioxidativen Potentials (AOP) als Indikator des oxidativen Stresses zur objektiven Erfassung des subjektiven Stresserlebens überprüft werden. Dazu wurden sechs Studien in unterschiedlichen Settings durchgeführt. Sie sollten die Zusammenhänge zwischen AOP, subjektivem Stresserleben und der Ernährung untersuchen. In keiner der Studien konnte das angenommene Wirkmuster vollständig bestätigt werden. Vielmehr ließen sich teils konträre Wirkrichtungen feststellen, so dass die Befundlage als inkonsistent bezeichnet werden muss. Ungeachtet methodischer Limitationen der Studien, verdeutlichen die Ergebnisse vor allem den hohen Forschungsbedarf der bezüglich der Wechselwirkungen von psychischen, physiologischen und behavioralen Prozessen in diesem Bereich noch besteht.
Zusammenfassend und basierend auf den durchgeführten Studien muss daher festgestellt werden, dass das AOP nicht als objektiver Parameter zur Erfassung des subjektiven Stresserlebens geeignet ist.
Fragestellungen: In dieser Dissertation soll mithilfe der Methode des ambulanten Assessment die Rolle der sozialen Unterstützung in der Befindensregulation verhaltens- und erlebensnah im natürlichen Umfeld der Probanden untersucht werden. Bei der Forschung zur Bedeutung der sozialen Unterstützung für das Befinden und die Befindensregulation dominieren bislang noch retrospektive Auskünfte und globale Selbstberichte als Datenquellen. Es gibt vergleichsweise deutlich weniger Studien, die den Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Befindensregulation unter alltagsnahen Bedingungen untersuchen, so u.a. die Auswirkungen von Diskrepanzen bei der sozialen Unterstützung auf das Befinden bzw. der wechselseitige Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Rumination. In der vorliegenden Dissertation wurde überprüft, welchen Einfluss Diskrepanzen zwischen der gewünschten und erhaltenen sozialen Unterstützung auf das subjektive Wohlbefinden im Alltag ausüben (Studie 1), wie sich Veränderungen in der erhaltenen Unterstützung auf die Erreichung von verständnis- bzw. lösungsfokussierten Zielen auswirken, die Personen mit ruminativen Prozessen infolge von traurigkeitsassoziierten Episoden versuchen zu erreichen (Studie 2) und welche Auswirkungen ärgerbezogene Ruminationsprozesse–insbesondere eine rachefokussierte Rumination—auf das soziale Wohlbefinden haben (Studie 3). Methodik: Bei Studie 1 nahmen 30 weibliche Studierende der Universität Greifswald (M = 24.2, SD = 3.99) teil. Den Teilnehmerinnen wurde über den Zeitraum von sieben Tagen ein tragbarer Kleincomputer mitgegeben, auf dem signalkontingente Erhebungspläne implementiert wurden. An Studie 2 und Studie 3 nahmen insgesamt 144 Studierende der Universität Greifswald (keine Studierende der Psychologie) teil. Die Probanden wurden randomisiert entweder der Hauptgruppe oder einer Kontrollgruppe zugewiesen. Nach Abschluss der Datenerhebung befanden sich 93 Studierende (64.5% Frauen, M = 23.4 Jahre, SD = 2.9) in der Hauptgruppe und 51 Studierende (70.6% Frauen, M = 23.7 Jahre, SD = 2.7) in der Kontrollgruppe. Die Kontrollgruppe diente zur Überprüfung von potentiellen Reaktivitätseffekten infolge der Messwiederholungen. Den Teilnehmern wurde über den Monitoringzeitraum von 28 Tagen ein tragbarer Kleincomputer mitgegeben, der die Teilnehmer drei Mal täglich zu randomisierten Zeitpunkten zwischen 9 und 18 Uhr befragte. Die Auswertung erfolgte in allen drei Studien durch entsprechende Strategien der Multilevelanalyse. Ergebnisse: In Studie 1 leisteten die Diskrepanzen bei der sozialen Unterstützung einen signifikanten Beitrag zur Vorhersage des subjektiven Wohlbefindens. Eine Unterversorgung mit emotionaler Unterstützung ging mit einer Verringerung des Wohlbefindens einher, während eine Überversorgung mit emotionaler Unterstützung mit einer Verbesserung des Wohlbefindens einherging. Diskrepanzen bei der informationellen und instrumentellen Unterstützung leisteten im Unterschied zur emotionalen Unterstützung einen geringeren Beitrag zur Vorhersage des Wohlbefindens. Den Ergebnissen der Studie 2 zufolge bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen der subjektiv erlebten Steigerung in der sozialen Unterstützung und dem Erreichen lösungsfokussierter Ziele, nicht aber verständnisfokussierter Ziele. Die Ergebnisse der Moderatoranalysen weisen zudem darauf hin, dass insbesondere für Personen mit höherer symptomfokussierter Rumination ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer erhöhten sozialen Unterstützung und dem Erreichen lösungsfokussierter Ziele bestand. In Studie 3 zeigte sich, dass ärgerassoziierte Rumination nicht per se mit einer Verschlechterung des sozialen Wohlbefindens einherging. Habituelle Ärgerneigung moderierte den Zusammenhang zwischen rachefokussierter Rumination und dem sozialen Wohlbefinden dahingehend, dass sich lediglich für Personen mit höheren Werten bei der Ärgerneigung ein signifikanter Zusammenhang zwischen der rachebezogenen Rumination und einer Verringerung des sozialen Wohlbefindens zeigte. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der vorliegenden Studien verdeutlichen die Notwendigkeit einer alltagsnahen Erfassung mittels der Methode des ambulanten Assessment, um auf diese Art und Weise ein umfassendes Bild über die Rolle der sozialen Unterstützung im Rahmen der Befindensregulation zu erhalten. Die Studien leisten einen wichtigen Beitrag zur Unterstützungsforschung, da sowohl der Zusammenhang zwischen einer Über- bzw. Unterversorgung mit sozialer Unterstützung und dem Wohlbefinden als auch die Beziehung zwischen sozialer Unterstützung und traurigkeits- bzw. ärgerassoziierter Rumination bislang nur unzureichend im Alltagskontext untersucht worden sind. Zukünftige Studien zur Rolle der sozialen Unterstützung bei der Befindensregulation im Alltag sollten zusätzlich zur Empfängerperspektive auch die Geberperspektive in den Fokus der Betrachtung stellen.
Quality of Life (QoL) is a core patient-reported outcome in healthcare research. However, a conceptual, operational, and psychometric elaboration of QoL in the context of telemedical care (TM) was needed, as standardised instruments to assess QoL do not comprehensively represent essential aspects of intended outcomes of TM. Therefore, the overall aim of this thesis was to conceptualise QoL in the context of TM and to develop an instrument that can adequately assess QoL in TM.
Dense sensor event-related brain potentials were measured in participants with spider phobia, high anxiety sensitive individuals and non-fearful controls during viewing of medical emergency, spider and standard emotional (pleasant, unpleasant, neutral) pictures. Compared to non-fearful controls spider phobia participants showed a significantly enlarged late positive potential (LPP) during the encoding of phobia-relevant pictures whereas high anxiety sensitive individuals showed a significantly greater Early Posterior Negativity (EPN) during the encoding of medical emergency pictures and a significantly greater Late Positive Potential (LPP) during the encoding of highly arousing unpleasant visual material. Moreover, within group comparisons of the spider phobia group revealed comparable LPP evoked by spider pictures and emotional (unpleasant and pleasant) picture contents indicating that at the level of early stimulus evaluation, the effects of selective attention seem to be related to emotional relevance of the stimulus rather than reflecting a fear-specific response.
A long-standing controversy in emotion research concerns the question whether stimuli must be conceptually interpreted, or semantically categorized, to evoke emotional reactions. According to the semantic primacy hypothesis, the answer to this question is positive; whereas according to the affective primacy hypothesis, it is negative: Emotions can also be, and perhaps often are, elicited by preconceptual stimulus representations, such as particular shapes or color patterns.
In the present dissertation project, the semantic primacy hypothesis was tested in eight experiments using different latency judgment paradigms in which the perceptual latencies of object recognition and affect onset were measured and compared. The chronometric measurement methods comprised temporal judgments (temporal order judgments and simultaneity judgments: Publication A, Experiments 1–4; the rotating spot / rotating clock hand method: Publication B, Experiments 1–2) and speeded reaction time measurements (Publication C, Experiments 1–2). To elicit affective responses, pictures of pleasant (e.g., cats, children) and unpleasant objects (e.g., spiders, moldy food) from everyday life were presented.
According to the semantic primacy hypothesis, object recognition is a necessary partial cause of affect. This implies the following three predictions that were tested in the studies: (1) Because causes must precede their effects, the time of the onset of object recognition must precede the time of the onset of affect. (2) The longer it takes a person to recognize an object, the longer it should also take them, other factors constant, to experience affect; therefore, the latencies of the two mental events should be positively correlated across individuals. (3) An experimental manipulation that delays the onset of object recognition (in this case a moderate blurring of the pictures) should also delay the onset of affect, and the effect of the manipulation on affect latency should be mediated by the delay in object recognition.
In agreement with Prediction 1, regardless of the chronometric method used, the latency of object recognition consistently proved to be shorter than the latency of affect onset. According to the meta-analytically integrated latency differences estimated in the temporal judgment experiments, affect followed object recognition with a delay of 117 ms. This result was obtained for both pleasant and unpleasant stimuli and was independent of task order. Supporting Prediction 2, the latencies for object recognition and affect onset were positively correlated across participants (meta-analytic r = .50). Supporting Prediction 3, delaying object recognition by blurring the affective pictures was found to also delay the onset of affect and the effect of blurring on the latency of affect was found to be partly mediated by delayed object recognition.
Two additional predictions tested and confirmed in Experiment C2 were: (4) False-coloring the affective pictures delays the onset of affect but not object recognition, and this effect is mediated by reduced affect intensity. (5) Judgments of the valence of the stimuli (i.e., whether the imaged object is pleasant or unpleasant) take more time than reports of object recognition, but less time than affect onset reports, for which valence judgments have often been used as a substitute in previous studies.
Taken together, the results of the eight experiments provided consistent support for semantic primacy in the generation of pleasant and unpleasant feelings evoked by affective pictures: Object recognition can be considered a necessary partial cause of affect in the reported experiments. The results are compared to previous findings, possible reasons for deviant response patterns found in a small minority of the participants are considered, and several implications of the findings for emotion research are derived. Possible adaptations of the chronometric approach to investigate other questions of emotion research are suggested. Finally, limitations of the dissertation project are pointed out and possible ways to address these in future research are proposed.
Es wird der Frage nachgegangen, ob Selbstmanagement-Therapie für die stationäre Behandlung von Alkoholabhängigen im Rahmen einer medizi-nischen Maßnahme zur Rehabilitation einsetzbar ist und ob sich ein solches Vorgehen innerhalb eines psychiatri¬schen Krankenhauses bzw. einer Stiftung mit diakonischer Tradition verwirklichen lässt. Die eingesetzten therapeutischen Strategien und die einzelnen Teile des inten-dierten the¬rapeutischen Prozesses werden umfassend beschrieben; eine Auswahl von eingesetzten Therapiematerialien ist beigefügt. Maßnahmen zur Implementierung des Vorgehens in die gegebene organisatorische Struktur und zur Etablierung der Behandlungsstätte innerhalb der Region werden ebenfalls beschrieben. Im Rahmen einer Erkundungsphase erho-bene erste Ergebnisse für den stationären Behandlungsteil weisen auf gleich gute Effektivität hin, wie in Deutschland vom Fachverband Sucht veröffentlicht. Die durchschnittliche Verweildauer im stationären Behand¬lungsteil hat sich während der Laufzeit der Erkundungsphase von 42 Tagen auf gut 53 erhöht; im Fachverband Sucht werden z. Z. 84 Tage als durchschnittliche Verweildauer genannt. Die Vernetzungs-möglichkeiten mit ambulanten Angeboten zur Rehabilitation im Rahmen einer Kombi-Therapie werden begründet und beschrieben.
In einer standardisierten Fragebogenuntersuchung (N=330 Teilnehmer und Teilnehmerinnen internationaler Studentenfestivals) wird das Konstrukt Risiko untersucht, in dem das axiomatische Simplified Conjoint Expected Risk Model (E.U. Weber, 1988) dem psychometrische Ansatz (Slovic, 1989) gegenübergestellt wird. Hierzu werden Urteile über das wahrgenommene Risiko für Situationen erhoben, die von der World Health Organization 2002 als die derzeit größten globalen Risiken angesehen werden. Regressionsanalysen ergaben, dass die Dimensionen Ausmaß und Wahrscheinlichkeit Verlust am bedeutsamsten für das Risikogesamturteil sind. Nationale, Geschlechts- und Unterschiede in Dakes Weltanschauungsskalen konnten gezeigt werden. Eine experimentelle Studie untersucht kulturelle Einflüsse auf die Intentionsbildung und die Verarbeitung von Risikoinformationen. N=99 polnische und N=91 deutsche Studierende hatten die Aufgabe, zwischen zwei Gesundheitsprogrammen zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Wahl zutreffen. Erwartet wurde, dass eine dominante Option durch Informationsverzerrung der Attributbedeutsamkeiten entsteht. Diese Dominanzstruktur konnte für die Bedingung gezeigt werden, in der die Optionen auf den psychometrischen Risikodimensionen beschrieben wurden. Nationale Unterschiede im Entscheidungsverhalten konnten nachgewiesen werden. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf die Theoriebildung in der Handlungs- und Entscheidungstheorie, für das interkulturelle Handeln und die Kommunikation über Risiken diskutiert.
Welche Rolle Emotionen in unserem Leben spielen, kann nicht überschätzt werden. Um Emotionen als Teil unserer Persönlichkeit zu beschreiben, muss auch in Betracht gezogen werden, wie wir unsere Emotionen regulieren. Mit dem Ziel Emotionen zu beeinflussen, bedienen wir uns verschiedener Emotionsregulationsstrategien. Die Emotionsregulationsstrategie Reappraisal beinhaltet die (Re-)Konstruktion einer potenziell emotionsauslösenden Situation, die deren emotionale Auswirkungen verändert. Basierend auf Mischels Konzept der „construction competencies“ wurde der Reappraisal Inventiveness Test entwickelt (RIT, Weber, Loureiro de Assunção, Martin, Westmeyer, & Geisler, 2014). Der Test misst die Fähigkeit, möglichst viele verschiedene kognitive Umbewertungen für ärgerauslösende Situationen zu generieren. Bisherige Ergebnisse zur Validierung des RIT zeigen Zusammenhänge mit Offenheit für Erfahrung (NEO-FFI, Borkenau & Ostendorf, 2008) sowie Maßen für Einfallsreichtum (BIS, Jäger, Süß, & Beauducel, 1997). Ergebnisse zur diskriminanten Validität konnten in Hinblick auf Fragebogen zur habituellen Emotionsregulation (CERQ; Garnefski, Kraaij, & Spinhoven, 2001; ERQ, Abler & Kessler, 2009) mehrfach repliziert werden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist, die psychometrische Überprüfung des RIT voranzutreiben sowie das Verfahren weiterzuentwickeln. Zu diesem Zweck wurden vier korrelative Studien durchgeführt. Aus den Befunden der Studien 1a und 1b kann auf geringe Zusammenhänge von Reappraisal Inventiveness mit ausgewählten exekutiven Funktionen, z.B. verbale Flüssigkeit, geschlossen werden. In Studie 2 wurde der RITÄrger für die Emotion Angst weiterentwickelt um zu prüfen, ob Reappraisal Inventiveness eine emotionsspezifische oder –unspezifische Fähigkeit ist. Ein eindimensionales Modell bewährte sich gegenüber einem zweidimensionalen Modell – demnach kann Reappraisal Inventiveness als eine emotionsübergreifende Fähigkeit mit emotionsspezifischen Ausprägungen verstanden werden. Im Rahmen der dritten Studie wurde der RITÄrger um ein Maß für die Motivation, Reappraisal Inventiveness zu nutzen, erweitert. Somit konnte der angenommene aber bisher fehlende Zusammenhang von Reappraisal Inventiveness und Neurotizismus als Indikator für emotionale Stabilität gezeigt werden. Zukünftige Studien sollten sich vor allem auf die praktische Anwendungsmöglichkeiten des RIT konzentrieren.
Emotionale Beeinträchtigungen wie Affektverflachung und Anhedonie zählen zu den zentralen Merkmalen schizophrener Störungen. In einer experimentellen Studie wurden die Reaktionen von 49 schizophrenen Patienten und 46 gesunden Kontrollprobanden auf emotional bedeutsame Bilder untersucht. Während der Betrachtung angenehmer, neutraler und unangenehmer Bilder wurden akustische Schreckreize zu fünf unterschiedlichen Zeitpunkten nach Bildbeginn dargeboten und der Lidschlagreflex, die Herzrate und die Hautleitfähigkeit wurden gemessen. In einem zweiten Durchgang gaben die Probanden mit Hilfe des Self-Assessment-Manikins an, wie angenehm und wie erregend sie das jeweilige Bild erlebten. Die autonomen und die subjektiven emotionalen Reaktionen der schizophrenen Patienten unterschieden sich nicht von denen der gesunden Probanden. Auch zeigten die schizophrenen Patienten bei langer Stimulus-Onset-Asynchronie (SOA) keine Einschränkungen in der emotionalen Schreckreflexmodulation. In beiden Gruppen führten negative Bilder zu stärkeren Schreckreaktionen als positive Bilder. In der gesunden Kontrollgruppe war die Valenz-modulation des Schreckreflexes bereits nach SOAs von 300 ms zu beobachten. Bei den schizophrenen Patienten hingegen trat die Reflexpotenzierung durch negative Bilder erst nach SOAs von 3800 ms auf; die Reflexhemmung durch positive Bilder trat ohne Verzögerung ein. In beiden Gruppen wirkten die Bilder bei SOAs von 300 bzw. 800 ms als Präpuls-reize und lösten eine Präpulsinhibition der akustischen Schreckreaktion aus.
Aufgrund des Fortschritts in der Entwicklung von innovativen medizinisch-diagnostischen Technologien wie z. B. lab-on-a-chip Systemen, steht der Allgemeinbevölkerung eine Vielzahl an Selbsttests rezeptfrei und frei verkäuflich insbesondere über das Internet beziehbar zur Verfügung. Selbsttests werden definiert als Tests von Körperproben (z. B. Blut, Urin, Stuhl, Speichel), die auf die eigene Initiative des Konsumenten und ohne die Anwesenheit von medizinischem Personal zur Untersuchung von Erkrankungen bzw. Erkrankungsrisiken durchgeführt werden können. Das Ziel dieser Arbeit war es die psychologischen, situativen und anwendungsbezogenen Prädiktoren der Nutzung von medizinisch-diagnostischen Selbsttests zu untersuchen. Es wurden vier Studien durchgeführt, die auf den folgenden drei Erhebungen basierten: (1) einer Repräsentativerhebung von 2.527 Personen in Deutschland, (2) einem faktoriellen Survey mit 1248 Vignetten, die durch 208 Studenten beantwortet wurden sowie (3) einer On-line-Befragung von 505 Selbsttestern und 512 Nicht-Selbstestern, die repräsentativ im Hinblick auf die Verteilung von Alter und Geschlecht zur Teilnahme an der Studie einge-laden wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass die Nutzung von Selbsttests durch die traditionellen gesundheitspsychologischen Prädiktoren, d.h. Selbstwirksamkeit, wahrgenommene Vulnerabilität, wahrgenommener Schweregrad und Handlungs-Ergebnis-Erwartung, vorhergesagt werden konnte. Nichtsdestotrotz war jedoch eine Adaptation der allgemeinen Konstrukte (z.B. allgemeine Selbstwirksamkeit) an die Situation „Selbsttestung“ notwendig, um die Vorhersagekraft zu verbessern (z.B. selbsttestbezogene Selbstwirksamkeit). Die klassischen Gesundheitsmodelle werden traditionell genutzt, um Gesundheit zu verbessern (z.B. Steigerung der sportlichen Tätigkeit), Krankheiten vorzubeugen (z.B. durch die Einschränkung von Alkohol- und Rauchverhalten) oder Krankheiten zu begrenzen (z.B. Gesundheitsscreenings, Selbstabtastung) und Gesundheit wieder aufzubauen (z.B. Verbesserung der Ernährung). Durch die Aufnahme von (a) Technikaffinität und (b) antizipiertem Affekt bzgl. der Anwendung eines Selbsttests konnte die Vorhersage der Nutzung eines Selbsttests verbessert werden. Darüber hinaus wurde eine Vielfalt an unterschiedlichen persönlichen Gründen für die Nutzung eines Selbsttests genannt. Die häufigsten Gründe waren zur Beruhigung bzw. Bestätigung bei Unsicherheit und Zweifel sowie eine höhere wahrgenommene Vulnerabilität für eine Krankheit. Der Hauptgrund für die Selbsttestung hing insbesondere von der Indikation ab, die untersucht wurde. Schließlich wurden als Grund für die Bevorzugung eines Selbsttests gegenüber der konventionellen Untersuchung bei einem Arzt vor allem praktische Gründe der Anwendung von Selbsttests genannt (z.B. schneller Erhalt der Testergebnisse, Vermeidung von Wartezeiten für Arzttermine). Die persönlichen Gründe für die Selbsttestung könnten die unterschiedlichen Häufigkeiten für die Nutzung von Selbsttests in Deutschland (8,5%) im Vergleich zu den Niederlanden (16%) und dem Vereinigten Königreich (13%) erklären. Beispielsweise wurden in den Niederlanden Präventionskampagnen (z.B. von der Kidney Association oder Municipal Health) durchgeführt, in denen die Nutzung von Selbsttests für die Untersuchung einer Nierenerkrankung und Chlamydien empfohlen und Tests kostenfrei an Laien versendet wurden. Demgegenüber wurden in Deutschland bislang noch keine solchen Kampagnen durchgeführt. Nichtsdestotrotz könnte der Bedarf an und die tatsächliche Nutzung von Selbsttests auch in Deutschland steigen, da die Verfügbarkeit von Selbsttests auf deutschsprachigen Internetseiten steigt und es einen Fachärztemangel insbesondere in ländlichen Gebieten gibt. Darüber hinaus spiegelt sich die große praktische und soziopolitische Relevanz des Themas “Selbsttestung” etwa auch in aktuellen Studien zur selbstständigen Behandlung von Krankheiten mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten (sog. „Selbstmedikation“) wieder. Aus diesem Grund sollte in zukünftigen Studien das Verhalten sowie das emotionale Befinden der Tester nach Erhalt ihrer Testergebnisse genau exploriert werden. Schließlich gaben die Anwender von Selbsttests an, diese insbesondere genutzt zu haben, um sich selbst bzgl. ihres allgemeinen Gesundheitszustandes zu beruhigen. Da vergangene Studien jedoch bereits aufgezeigt haben, dass Informationen zur Sensitivität und Spezifität nur begrenzt in den Anwendungsbeschreibungen von Selbsttests zu finden sind, sollte die Allgemeinbevölkerung im Hinblick auf potentiell falsch-positive und falsch-negative Testergebnisse sowie weitere Handlungsmöglichkeiten besser aufgeklärt werden, um die Anwender nicht in falscher Gewissheit zu belassen.
Studien belegen, dass Gefangene des regulären Strafvollzugs im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung in deutlich erhöhtem Ausmaß unter psychischen Erkrankungen und traumatischen Erfahrungen leiden. Im deutschsprachigen Raum existieren dennoch nur wenige Untersuchungen, welche sich evidenzbasiert mit der psychischen Gesundheit der Gefangenen befassen. Auch die offizielle Datenlage zur Auftretenshäufigkeit psychischer Erkrankungen sowie die psychiatrische Versorgung in den Gefängnissen werden dieser Problematik nicht gerecht. Die vorliegende Arbeit liefert vor diesem Hintergrund einen Beitrag zur Erfassung der Prävalenz psychischer Erkrankungen und traumatischer Erfahrungen bei Gefangenen in Deutschland und Europa, verdeutlicht die Folgen langfristiger Haftstrafen für die psychische Gesundheit und betont die Notwendigkeit adäquater psychiatrischer Versorgungsstrukturen in den Gefängnissen. In unseren Studien zeigten sich bei Gefangenen in Deutschland hohe Auftretenshäufigkeiten von psychischen Erkrankungen, vor allem hinsichtlich der substanzbezogenen Störungen und der antisozialen Persönlichkeitsstörung. Daneben traten Suizidalität und selbstverletzendes Verhalten in erheblichem Ausmaß auf. Drei Viertel der Gefangenen berichteten von traumatischen Erfahrungen in Kindheit und Jugend. Die Untergruppe der Straftäter mit einer antisozialen Persönlichkeitsstörung wies eine nochmals deutlich erhöhte psychische Belastung auf. Eine vergleichende Gegenüberstellung der psychischen Symptombelastung bei zwei Gefangenenstichproben in Deutschland mit unterschiedlich langen Freiheitsstrafen bildete in beiden Gruppen einen hohen psychiatrischen Behandlungsbedarf sowie eine signifikant erhöhte Belastung der längerfristig Inhaftierten ab. Der Vergleich ließ damit Annahmen über die Ursachen der erhöhten psychischen Belastung bei langjährig Inhaftierten zu. Der hohe psychiatrische Behandlungsbedarf bestätigte sich auch bei Gefangenen in 10 weiteren europäischen Ländern. Suizidales und selbstverletzendes Verhalten stellte europaweit ein noch größeres Problem dar als in Deutschland. Zusätzlich gab jeder europäische Gefangene durchschnittlich drei traumatische Erlebnisse an, bei ca. einem Siebtel der Befragten hatte sich aus den traumatischen Erfahrungen eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt. Aus den Ergebnissen folgt die Forderung nach einer konsequenteren Erfassung psychiatrischer Erkrankungen bei Gefangenen des regulären Strafvollzugs sowie einer Verbesserung der Versorgungsbedingungen im Sinne einer Angleichung an die allgemeine Psychiatrie.
Die vorliegende Studie vergleicht die Problemlösefähigkeiten von 30 Bulimikerinnen, 30 BED-Patientinnen, 30 Angstpatientinnen und 30 Kontrollpersonen. Aufbauend auf dem klassischen Problemlösemodell von D'ZURILLA und NEZU (1971) und geleitet durch eine Konzeptualisierung von D’ZURILLA und MAYDEU-OLIVARES (1995) werden zur Realisierung einer Prozess- und Outcome-Messung von Problemlösefähigkeiten empirisch überprüfte Fragebogenverfahren eingesetzt. Hierbei handelt es sich um das Problem-Solving-Inventory (PSI) von HEPPNER und PETERSEN (1982), das Social-Problem-Solving-Inventory (SPSI-R) von D’ZURILLA und NEZU (1990), das Means-End-Problem-Solving-Verfahren (MEPS) von PLATT und SPIVAK (1975) in der deutschen Bearbeitung von KÄMMERER (1983) und das Inventar-zur-Erfassung-interpersonaler-Probleme (IIP) von HOROWITZ, STRAUSS und KORDY (1994). Die Ergebnisse zeigen signifikant eingeschränkte Problemlösefähigkeiten aller drei Patientengruppen im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe. Unter Berücksichtigung des Depressionsgrades der Probandinnen trat eine Abschwächung, teilweise sogar eine Nivellierung der Effekte auf. Die Patientengruppen unterscheiden sich in ihren Problemlösefähigkeiten nicht untereinander. Problemlösefähigkeiten können sowohl störungsspezifische als auch störungsunspezifische klinische Kennwerte der Patientengruppen vorhersagen. Eine Berücksichtigung von Problemlösefähigkeiten in einem biopsychosozialen Störungsmodell, in Diagnostik und Behandlung von Bulimia Nervosa und "Binge-Eating"-Störung wird durch die Ergebnisse dieser Studie empirisch fundiert.
Das Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung der Prädiktoren von persönlicher Reifung und Disstress bei europäischem Feuerwehrpersonal nach einer belastenden Notfallversorgung. Darüber hinaus wurde die Beziehung (linear, quadratisch und kubisch) zwischen persönlicher Reifung und Disstress unter Berücksichtigung der seit dem belastenden Einsatz vergangenen Zeit geprüft. Eine multinationale Stichprobe von 1916 Feuerwehrleuten wurde zur Untersuchung herangezogen. Die Probanden beantworteten vollständig die Fragebögen Impact of Event Scale – Revised (IES-R) und den Posttraumatic Growth Inventory – Short Form (PTGI-SF) in Bezug auf die aufreibendste Einsatzsituation, die sie während ihrer Arbeit in den letzten zehn Jahren persönlich erlebt haben. Die Analysen zeigten, dass einige personenbezogene Merkmale mit Distress und/oder Reifung assoziiert waren: Bildungsgrad, Anzahl der Dienstjahre und Anzahl der bereits erlebten lebensbedrohlichen Einsätze. Disstress und Reifung waren nicht assoziiert mit Geschlecht, Alter, Arbeitsstatus und Dienstgrad. Bezüglich der Ereignismerkmale zeigte sich, dass die Art des Einsatzes nicht mit Disstress assoziiert war. Jedoch war das Ereignis Naturkatastrophe positiv assoziiert mit Reifung. Die seit dem Einsatz vergangene Zeit war negativ assoziiert mit Disstress, aber nicht mit Reifung verbunden. Die wahrgenommene Lebensbedrohung und der erlebte Disstress während des Einsatzes waren positiv sowohl mit Disstress als auch Reifung assoziiert. Des Weiteren konnten Länderunterschiede bzgl. Disstress und Reifung aufgezeigt werden. Hinsichtlich der Beziehung von Reifung mit Disstress zeigten die Ergebnisse, dass für Feuerwehrleute, die in den letzten 12 Monaten einen belastenden Einsatz erlebten, eine kubische Beziehung zwischen Reifung und Disstress besteht. Für Feuerwehrleute, bei denen das belastende Ereignis bereits länger zurücklag, konnte eine quadratische Beziehung nachgewiesen werden, d.h. Probanden, die ein mäßiges Ausmaß an Disstress berichten, erfahren höhere Maße von Reifung, im Vergleich zu den Probanden, die ein geringes oder hohes Maß an Disstress berichten. Insgesamt zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, dass eine Exposition gegenüber arbeitsbedingten belastenden Einsätzen sowohl negative als auch positive Auswirkungen haben kann. Forscher sollten organisationsbezogene Variablen innerhalb der Feuerwehr identifizieren und untersuchen, welche der Variablen Disstress reduzieren und welche Reifung fördern. Darüber hinaus sollten soziokulturelle Einflüsse in zukünftigen Studien behandelt werden.
Das Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung der Zusammenhänge von Notfallwissen und Notfallerfahrung mit der Risikowahrnehmung für verschiedene Ereignisse (d.h. Brände, Hochwasser, Erdbeben und terroristische Anschläge). Die möglichen Übertragungseffekte von Notfallerfahrung auf die Risikowahrnehmung für andere Ereignisse sowie die Einflüsse von multinationalen objektiven Risikodaten auf Risikowahrnehmung wurden untersucht. Darüber hinaus wurde der Zusammenhang von Notfallwissen und Notfallerfahrung auch in Bezug auf den empfunden Disstress während eines Brandes analysiert. Sowohl das wahrgenommene Risiko als auch das ereignisbezogene Wissen gelten als wichtige initiale Komponenten des Prozesses zur Initiierung von präventiven Verhaltensweisen bzw. vorbereitenden Handlungen. Notfallwissen kann sowohl theoretisch, zum Beispiel durch eine gedankliche Auseinandersetzung mit dem Thema, als auch praktisch, in Form von direkter Erfahrung mit einer solchen Situation, erlangt werden. Internationale Vergleiche bzw. Vergleiche zwischen verschiedenen Ereignissen sind auf Grund fehlender standardisierter Instrumente kaum möglich, und beziehen sich meist auf ein einzelnes spezifisches Ereignis. Notsituationen wie Brände, Erdbeben oder Hochwasser erfordern Reaktionen zumeist in kurzer Zeit und unter möglicherweise großem Stress. Notfallerfahrung sowie Notfallwissen könnten Faktoren sein, die die wahrgenommene Fähigkeit zum Handeln bzw. Bewältigen einer Situation erhöhen und somit möglicherweise den Disstress während der Ereignisse reduzieren. Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden eine multinationale Stichprobe von Notfallbetroffenen sowie eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung Deutschlands herangezogen. Der positive Zusammenhang von Notfallerfahrungen und dem wahrgenommenen Risiko für dasselbe Ereignis konnte in den Studien für alle untersuchten Ereignisse bestätigt werden. Darüber hinaus zeigte sich eine erhebliche Reduzierung der Varianz zwischen den Ländern für die Risikowahrnehmung bezüglich Erdbeben und auch Terrorismus, wenn objektive länderspezifische Risikodaten in die Analyse einbezogen wurden. Der Einfluss von vorheriger Erfahrung auf die Risikowahrnehmung war für das Ereignis Hochwasser besonders groß, während er in Bezug auf Brände geringer war. Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse, dass Männer, insbesondere ohne vorherige Notfallerfahrung, eher zur Unterschätzung des eigenen Risikos neigen, während Frauen das eigene Risiko seltener unterschätzen und es eher überschätzen. Neben den direkten Effekten von Notfallerfahrung auf die Risikowahrnehmung konnten auch Übertragungseffekte identifiziert werden, wie z.B. der positive Zusammenhang zwischen der Erfahrung eines Brandes in einem öffentlichen Gebäude und der Risikowahrnehmung für einen Terroranschlag. Ein möglicher Erklärungsfaktor für die gefundenen Übertragungseffekte ist der gemeinsame Kontext dieser Ereignisse (öffentliches vs. privates Setting). Die Erfahrung mit einem Ereignis kann also möglicherweise nicht nur die Vorstellbarkeit des gleichen Ereignisses erhöhen und somit auch die Risikowahrnehmung für dieses Ereignis, sondern, bei ähnlichem Kontext, auch die Leichtigkeit des Abrufs für ähnliche Ereignisse. In Bezug auf das Notfallwissen konnte ein positiver Zusammenhang mit der Risikowahrnehmung für alle untersuchten Ereignisse gefunden werden, während der Zusammenhang zwischen Notfallwissen und der Ausprägung von Disstress während eines Brandes negativ war. Bei der Evaluation von Trainings erfolgt zumeist eine Bewertung des objektiven Wissensstandes, während eine subjektive Einschätzung des Wissens nicht erhoben wird. Die gefundenen Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine zusätzliche Erhebung dieser subjektiven Einschätzung des Notfallwissens sinnvoll sein kann, da diese den induzierten Disstress reduzieren kann. Zusammenfassend konnten die Untersuchungen zeigen, dass die Effekte von Notfallerfahrung auf Risikowahrnehmung nicht für alle Ereignisse gleich stark sind. Darüber hinaus konnten sowohl Übertragungseffekte von Notfallerfahrung als auch spezifische Effekte auf die Risikowahrnehmung von Männern und Frauen identifiziert werden. Um die Effektivität von Risikokommunikation zu steigern, könnte diese für spezifische Subgruppen angepasst werden. Zukünftige Studien sollten hier auch die möglichen Einflüsse weiterer Faktoren wie z.B. der altersspezifischen Risikodaten einbeziehen. Darüber hinaus könnten die identifizierten Übertragungseffekte darauf hindeuten, dass der Kontext von Ereignissen eine wichtige Rolle spielt. Eine Einführung von Präventionsmaßnahmen und die gleichzeitige Thematisierung der Relevanz für Ereignisse mit vergleichbarem Kontext könnten effektiv sein und so möglicherweise die Bereitschaft erhöhen. Im Hinblick auf die Effekte von wahrgenommenem Notfallwissen wären experimentelle Studien wertvoll, welche den Einfluss von Wissen prospektiv untersuchen.
Noninvasive Modulation of Cognition in Older Adults – Neural Correlates and Behavioral Outcomes
(2022)
Background: The worldwide population will grow older in the upcoming years. Aging, even in the absence of pathological processes, is associated with decline in cognitive functioning. Age-related cognitive decline is not a uniform process affecting every function in the same way. Research should thus examine specific functions, such as episodic memory or executive functions differentially, especially in older samples. Neural correlates of these functions are well characterized in young adults. However, research on functional and structural neural substrates underlying specific cognitive functions in older adults is scarce, but needed for example to identify targets for noninvasive interventions against cognitive decline. Current advances in this field point towards the effectiveness of combined noninvasive interventions of cognitive training and transcranial direct current stimulation (tDCS). So far, evidence regarding such combined interventions in older adults is inconclusive and neural mechanisms of successful interventions are still unclear. This line of research could advance the development of noninvasive methods to modulate cognitive functions and therefore address the unmet need for treatment options against age-related cognitive decline.
Aims: The main aims of the present thesis were (i) to characterize functional and structural neural network correlates of two cognitive functions with high relevance for daily living, namely working memory updating and value-based decision making, (ii) to map out interventions of combined cognitive training and tDCS to modulate these cognitive functions in healthy older adults and adults with prodromal AD and (iii) to assess behavioral and neural outcomes of combined cognitive training (of either executive functions or visuo-spatial memory) and tDCS interventions.
Methods: In order to address these aims, the present thesis includes five papers. Paper I assessed functional and structural neural correlates of working memory updating and value-based decision-making performance in healthy older adults using functional magnetic resonance imaging and diffusion tensor imaging. Papers II and III comprise study protocols of a three-week cognitive training of working memory updating and value-based decision-making abilities with concurrent tDCS over the left dorsolateral prefrontal cortex in healthy older adults and adults with prodromal AD. Paper IV used mixed-model analysis to compute behavioral outcomes of this combined intervention in healthy older adults, including outcome measures of the trained tasks, measures of transfer to untrained tasks and assessment of long-term effects at four weeks and half a year after the intervention. In paper V neural alterations after cognitive training of visuo-spatial memory and active stimulation compared to the training and sham (placebo) stimulation were assessed in older adults using measures of functional network centrality and diffusion tensor imaging-derived measures of grey matter microstructure.
Results: Analyses revealed distinct functional and structural connectivity correlates of performance on the two cognitive tasks assessing working memory updating and value-based decision-making (paper I). Moreover, results showed a combined contribution of a specific white matter pathway (cingulum bundle) and frontoparietal functional connectivity to working memory updating performance, thereby providing information on possible network targets for modulation of working memory updating and value-based decision-making. The combined modulatory intervention of cognitive training and tDCS (papers II and IV) did not demonstrate group differences between concurrent active tDCS over sham tDCS in the trained tasks. However, analysis of a working memory transfer task revealed a beneficial effect of training and active tDCS over training and sham tDCS at post intervention and follow-up. Findings from paper V showed reduced functional network centrality after visuo-spatial memory training and active tDCS compared to training and sham tDCS in the stimulated brain area and its contralateral homologue. Additionally, after the training, measures of grey matter microstructural plasticity in the stimulated brain area were associated with beneficial training outcomes for the active but not the sham stimulation group.
Conclusion: Taken together, cognitive performance, functional and structural networks as well as the possibility of their modulation through combined cognitive training and tDCS interventions were investigated in older adults with and without cognitive impairment. The present thesis therefore contributes to the field of noninvasive neuromodulation in older adults by characterizing distinct neural correlates of two age-sensitive executive functions, which may be altered through modulatory interventions. Moreover, the present work shows that cognitive training with concurrent tDCS holds the potential to elicit transfer effects to untrained tasks and further may evoke neural plasticity on the functional and microstructural level. This work thus promotes the development of modulatory interventions against age-associated cognitive decline and holds promising implications for translation to clinical application.
Psychological health is a result of the effective interplay between explicit and implicit attempts to regulate ones’ emotions (Koole & Rothermund, 2011). Emotion regulation refers to processes that influence the intensity, the duration and the type of emotion experienced (Gross & Thompson, 2007). While explicit emotion regulation comprises effortful mental processes, implicit emotion regulation refers to processes that require no monitoring and terminate automatically (Gyurak, Gross, & Etkin, 2011).
In the present thesis, explicit and implicit strategies to regulate emotions were investigated. In Study 1, a well-established paradigm (Gross & Levenson, 1993) was adapted to examine the up- and down-regulation of positive and negative emotions using two different explicit emotion regulation strategies. To infer on the neurobiological correlates, blood oxygen level dependent (BOLD) brain activity was recorded using functional magnetic resonance tomography. Furthermore, as a trait marker for the individual ability to regulate emotions, heart rate variability (HRV) was acquired during rest. In Study 2, implicit emotion regulation was examined. Therefore, a well-established fear extinction paradigm was compared to a novel approach based on the integration of new information during reconsolidation (Schiller et al., 2010). Autonomic arousal was measured via the skin conductance response during fear acquisition, fear extinction and after fear reinstatement. In Study 3, two dysfunctional emotion regulation strategies —worrying and rumination— were investigated. Excessive worrying and rumination are pathogenic characteristics of psychological disorders. Behavioral, autonomic and BOLD activity was recorded during worried and ruminative thinking as well as during neutral thinking.
The results showed that explicit emotion regulation was associated with modulated BOLD activity in the amygdala according to the regulation direction independent of the applied strategy and the valence of the emotion. In addition, increased dorsolateral prefrontal cortex (dlPFC) activity was observed during regulation compared to passively viewing emotional pictures. The findings are in line with previous research (Eippert etal., 2007; Kim &Hamann, 2007; Ochsner etal., 2004) and support the key role of the dlPFC during the explicit regulation of emotions. Similarly, implicit emotion regulation was associated with a decreased autonomic fear response, which was sustained after fear extinction during reconsolidation. The findings underscore the notion, that this novel technique might alter the initial fear memory resulting in a permanently diminished fear response (Nader, Schafe, & LeDoux, 2000; Schiller et al., 2010). Dysfunctional emotion regulation was associated with increased autonomic activity and fear potentiated startle (during worry) as well as increased BOLD activity in the insula (during worry and rumination) and increased BOLD activity in the amygdala (during rumination). In addition, neural activity in brain areas associated with the default mode network was observed. These findings stress the preserved negative emotional activity and the self-referential nature of the examined dysfunctional strategies. The results of all three studies are integrated into a neuro-biological model of emotion regulation focusing on the interplay between subcortical and prefrontal brain areas.
Modulation of emotional episodic memory in humans. Evidence from event-related potential studies.
(2015)
In the dissertation, own research on the modulation of emotional episodic long-term memory, especially on recognition memory performance and encoding- and retrieval-related event-related potentials (ERPs), is presented. Three ERP studies were conducted. The first study investigated spontaneous remembering of emotional events. In the second experiment, a crossover design for memory recognition studies was tested. The third study explored the noradrenergic influences on emotional memory. Next to discussing the results in the light existing findings and concepts (natural selective attention by Bradley & Lang and neuromodulation hypothesis by McGaugh), the obtained results are put in a broader context of emotional episodic long-term memory and the possible implications for clinical research are indicated.
There is multiple evidence that emotionally arousing events are preferentially processed, and better remembered than neutral events. In the present dissertation I investigated whether those strong emotional memories are affected by acute and chronic stress. Moreover, I was interested in whether already established emotional memories can be changed by behavioral intervention. According to the modulation hypothesis, emotionally arousing events promote attention and memory processes via noradrenergic and glucocorticoid actions. Recent models suggest that stress hormones differentially impact mnemonic processing, namely encoding, (re-) consolidation and memory retrieval, depending on timing and duration of the stressor relative to the learning experience. Acute stress around the time of encoding has been found to enhance memory, whereas chronic stress has been associated with memory impairments. Furthermore, consolidated memories are not resistant to modifications. Following reactivation, memories can turn into an unstable state and undergo a process called reconsolidated in order to persist. During this vulnerable state, memories are prone to modification, for instance by pharmacological blockade or interference learning. Here, the modulation of newly formed emotional and neutral memories as well as existing emotional and neutral memories was investigated in a well-established picture viewing and recognition memory paradigm using behavioral and neurophysiological measures (event-related potential, ERPs). More elaborative processing of emotional, relative to neutral stimuli has been related to the late positive potential (LPP). During encoding of emotional and neutral pictures, enhanced LPPs (starting at about 400 ms after stimulus onset) are usually observed for emotionally arousing relative to neutral pictures, indicating preferential attention allocation and processing. During recognition, correctly recognized old items evoke larger ERP amplitudes than correctly identified new items. This difference, the ERP old/new effect, was used to measure mnemonic processing during retrieval. The ERP old/new effect over centro-parietal sensor sites (400-800 ms) has been associated with recollection processes, and is enhanced for emotional, compared to neutral materials. Three studies are presented, that investigated 1) the influence of acute stress prior to encoding on long-term memory and its neural correlates, 2) the impact of chronic stress on encoding and memory, and 3) the influence of interference on already established memories (reconsolidation), always contrasting emotionally arousing and neutral scenes. Study 1 investigated subsequent recognition memory after encoding following acute stress using a socially evaluated cold pressure test, while study 2 tested the influence of chronic stress investigating breast cancer survivors about two years after cancer treatment. In study 3, one day after encoding, reconsolidation of the reactivated picture memory was targeted with an interfering learning task. In all three studies, recognition memory was tested one week later. High-density electroencephalograms (EEGs; 257 electrodes) were recorded to measure brain potentials. The results showed, in line with previous research, that emotionally arousing scenes were preferentially processed, as indicated by larger LPPs, and were better remembered than neutral scenes, as indicated by enhanced memory performance and larger ERP old/new differences. Experiencing acute stress prior to encoding enhanced the centro-parietal ERP old/new effect for emotionally arousing pictures at recognition, corroborating that acute stress facilitates memory for emotional scenes (Study 1). In contrast, attenuated LPPs for unpleasant pictures and impaired memory performance for arousing pictures were observed in breast cancer survivors (Study 2), indicating altered attention to emotion and subsequent emotional memory storage in chronically stressed individuals. When memory reactivation was followed by an interfering learning task, recognition memory and ERP old/new differences were attenuated for emotionally arousing scenes, selectively, showing the possibility that emotional memories might be modulated by behavioral interventions (Study 3). The results of all three studies are discussed and integrated into a model of memory modulation by stress and interference. The results highlight the importance of understanding the role of emotional arousal in the processes of memory formation, retrieval and reconsolidation. Moreover, shedding light on the differential effects of acute and chronic stress, interference and their possible interactions might help to prevent and even modify impairing memories that are one of the major concerns in stress- and fear-related mental disorders.
Mental repräsentierte Kausalzusammenhänge und die Gedächtnisdynamik beim diagnostischen Schließen
(2014)
Durch diagnostisches Schließen deckt der Mensch auf, welche Ursachen seine Beobachtungen erklären. Hierfür nutzt ein Arzt beispielsweise sein Wissen über die kausalen Zusammenhänge zwischen möglichen Erkrankungsursachen und den beobachteten Effekten in Form von Symptomen. Aus kognitionspsychologischer Sicht stellt sich die Frage, wie Kausalität überhaupt mental repräsentiert wird. Hinweise auf kausale Repräsentationen beim kausalen Schlussfolgern wurden bereits vorgelegt. Die hier vorgelegte Arbeit knüpft daran an, indem sie anhand des Phänomens des Diversitätseffekts aufzeigt, dass eine mental repräsentierte Kausalstruktur für diagnostische Schlussfolgerungen konsultiert wird. Der kausale Diversitätseffekt besagt, dass eine eher diverse, strukturelle Verteilung von beobachteten Effekten die eingeschätzte Wahrscheinlichkeit der von ihnen unterstützten Diagnose erhöht. Versuchspersonen dreier Experimente, welche die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Ursache einschätzen sollten, wurden hierfür Symptomkonstellationen mit manipulierter struktureller Diversität präsentiert. Die Exp. zeigen, dass eine größere Diversität der Symptome in der zugrundeliegenden Kausalstruktur die eingeschätzte Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Ursache vergrößert. Dieser Diversitätseffekt legt eine Repräsentation der Kausalstruktur nahe. Dies begründet sich vor allem darin, dass der Effekt durch Manipulationen der Kausalstruktur sowie der Basisrate der Ursache im Szenario variiert wurde. Im Einklang mit den qualitativen, normativen Vorhersagen kausaler Bayes-Netze verringerte sich zum einen das Ausmaß des Diversitätseffektes bei verkürzten Verursachungswegen in der Kausalstruktur, die einen stärker determinierten Zusammenhang zur Hauptursache bedeuteten. Zum anderen vergrößerte sich der Effekt für dieselben Verursachungswege, wenn die Absenkung der Basisrate der erfragten Ursache mögliche Alternativursachen wahrscheinlicher machte. Der erste Teil der Arbeit liefert hiermit nicht nur Belege für die Repräsentation von kausalen Verursachungswegen, welche die Diversität abbilden. Er gibt auch Hinweise auf eine Integration dieser Repräsentation mit der beobachteten Evidenz in einer Weise, wie es Theorien zum kausalen Schlussfolgern mit mentalen Kausalmodellen nahelegen. Beobachtungen werden jedoch meist in einer zeitlichen Abfolge angestellt. Die zuerst beobachteten Symptome aktivieren erste hypothetische Diagnosekandidaten im Langzeitgedächtnis. Im Kontext weiterer Beobachtungen werden diese Initialhypothesen modifiziert und zudem weitere Hypothesen aktiviert, bevor letztlich eine von all diesen Hypothesen als Diagnose gewählt wird. Hierbei beeinflusst die Reihenfolge der Beobachtungen das menschliche Diagnoseverhalten: Früh bzw. spät beobachtete Symptome können bei der Diagnose übermäßig berücksichtigt werden. Die im Fall multipler Hypothesen wenig erforschte Problematik und bestehende Erklärungsansätze von Reihenfolgeeffekten sollen hiernach im Kontext konkurrierender Hypothesen überprüft werden. Insgesamt sieben Exp. konfrontierten Probanden mit ambigen Sequenzen aus vier Symptomen, die bei einer vorgegebenen Auswahl von bis zu acht Hypothesenkandidaten zwei Hypothesen gleichstark unterstützten, davon eine früh und eine spät. Die überwiegende Wahl der früh unterstützten Hypothese als Diagnose entspricht hierbei einem Primacy-Effekt, der spät unterstützten entsprechend einem Recency-Effekt. Variiert wurden die Symptomreihenfolge, die Antwortprozedur (ein Urteil vs. kontinuierliche Einschätzungen), die Konsistenz der präsentierten Symptomatik mit der Initialhypothese, die Anzahl der Hypothesenkandidaten sowie die Lernprozedur für das diagnostische Wissen. Ein stabiler Primacy-Effekt wurde in sechs von sieben Exp. aufgezeigt. Nur durch eine Lernprozedur, in der mittels Patientenprofilen Erfahrung gesammelt wurde, und durch eine Antwortprozedur mit wiederholt abzugebenden Zwischenurteilen wurde der Primacy-Effekt verringert. Diese Prozedur begünstigte überdies einen Wechsel zu Alternativhypothesen, die spät unterstützt wurden (Recency-Effekt). Zusätzlich wurde die Eignung einer Probe-Reaktionszeitaufgabe als Prozessmaß zur Verfolgung der Verarbeitung konkurrierender Hypothesen bestätigt. Die so gemessenen Hypothesenaktivierungen deuteten darauf hin, dass sich im Verlauf einer schrittweise ablaufenden Symptombeobachtung bereits frühzeitig die bevorzugte Diagnose der Initialhypothese abzeichnet. Im Kontext bestehender Erklärungsansätze wird deutlich, dass die verzerrte Verarbeitung von ambigen Symptomen, zugunsten kohärenter Repräsentationen mit den Initialhypothesen, in den Primacy-Effekten der Diagnosen mündet. Dies wird begleitet von gedächtnisabhängigen Bewertungsprozessen von Hypothesen, welche bei erhöhten kognitiven Anforderungen Recency-Effekte begünstigen. Der 2. Teil der Arbeit zeigt somit, dass das sequentielle diagnostische Schließen mit multiplen Hypothesen einer vielfältigen Gedächtnisdynamik unterliegt.
Krisensituationen können zu einer Vielzahl von Verletzten und Toten sowie zu psychischen Folgen und traumatischen Erinnerungen bei Überlebenden führen. Die vorliegende Studie ist eine der ersten explorativen Untersuchungen, die emotionale, kognitive und behaviourale Reaktionen während der Krisensituationen Terrorattentate, Gebäudebrände und Gebäudeeinstürze sowie den Naturkatastrophen Flut und Erdbeben in Europa mit denselben Messinstrumenten erhebt. Zusätzlich zu einer umfassenden Darstellung menschlicher Reaktionen in Krisensituationen wurde der Einfluss von unterschiedlichen Parametern, wie Art der Krisensituation, posttraumatischem Stress und Zeit zwischen dem Ereignis und dem Interview auf Reaktionen in Krisensituationen und Gedächtnisfunktionen erhoben. Individuelle und situationale Variablen wurden in Bezug zu den Variablen peritraumatischer, emotionaler Stress und Risikowahrnehmung sowie posttraumatischer Stress gesetzt. Emotionale, kognitive und behaviourale Reaktion in verschiedenen Krisensituationen waren überwiegend universell, lediglich die Hinweisreize und die Interpretation, die zu dem Ereignis berichtet wurden, unterschieden sich. Die Arten der Reaktion unterschieden sich zwischen instinktiv-automatisch, rational-ruhig und Resignation. Die häufigsten Reaktionen waren altruistisch und adaptiv auf behaviouraler, Angst und Panik auf emotionaler sowie eine hohe Risikowahrnehmung auf kognitiver Ebene. Überlebende mit hohem posttraumatischem Stress berichteten auf der einen Seite häufiger über Dissoziation und Derealization sowie physiologische Reaktionen, zusätzlich waren sie bei Ausbruch der Krisensituation häufiger in ihrer Wahrnehmung eingeschränkt und weniger proaktiv bei der Flucht/ Evakuierung. Auf der anderen Seite zeigte weder der posttraumatische Stress, noch die Art der Krisensituation oder die Zeit, die seitdem Ereignis vergangen war, eine Auswirkung auf die Gedächtnisfunktion. Die Intensität des peritraumatischen, emotionalen Stresses und der Risikowahrnehmung sowie des posttraumatischen Stress unterschied sich signifikant zwischen den verschiedenen Krisensituationen. Weitere signifikante Einflussgrößen von post- und peritraumatischen Faktoren sind: Geschlecht, Alter, Bildung, eigene Verletzungen und Tote während der Situation. Basierend auf der Analyse von Berichten der Überlebenden und theoretischen Modellen wurde ein Fragebogen entwickelt, der inhaltlich und psychometrisch mit Überlebenden von Krisensituationen sowie Teilnehmern, denen Notfallszenarien verschiedener Krisensituationen vorgelegt wurden, getestet wurde. Ein besonderes Merkmal lag auf dem dynamischen Ansatz des Fragebogens, dem sog. Staging, bei dem peritraumatische Emotionen und Kognitionen zu drei Zeitpunkten der Krisensituation wiederholt wurden. Zwischen Überlebenden bzw. Szenario-Teilnehmern gab es kaum Unterschiede, wohingegen sich Geschlecht, Art des Szenarios und Stadium der Krisensituation signifikant auf die Antworttendenzen auswirkten. Ergebnisse der Studien legen nahe, dass die Konstrukte emotionale, kognitive und behaviourale Reaktionen in Krisensituationen adaptiv sind, sowie sich wechselseitig beeinflussen. Der dynamische Verlauf von menschlichen Reaktionen, sowie der Einfluss von individuellen Faktoren und Charakteristika der Krisensituation, nicht nur auf Reaktionen während der Krisensituation, sondern auch auf posttraumatische Anpassungs- und Stresssymptome sind weiter zu untersuchen. Die aus der Untersuchung gewonnenen Forschungsansätze können durch eine interkulturelle Validierung des Fragebogens, der auf peritraumatische Reaktionen in verschiedenen Krisensituationen maßgeschneidert ist, weitergeführt werden.
Die Studie widmete sich der Frage, ob Kontakt zu einer Fremdgruppe positive Auswirkungen auf die Einstellung zur Fremdgruppe hat und welche spezifischen Prozesse diese Beziehung mediieren. Es wurde angenommen, dass Emotionen und Verhaltenstendenzen gegenüber der Fremdgruppe sowie Stereotype und Symbolische Überzeugungen über die Fremdgruppe durch Kontakt beeinflusst werden und ihrerseits die Einstellung affizieren. Ferner wurde postuliert, dass die Repräsentation von Fremd- und Eigengruppe als eine gemeinsame Gruppe während des Kontakts teilweise die Effekte des Kontakts auf die angenommenen Mediatoren vermittelt. Die beschriebenen Zusammenhänge wurden an deutsch-polnischen Musikbegegnungen (Orchester-, Band-, Chortreffen etc.) untersucht. Deutsche Teilnehmer dieser Begegnungen füllten eine Woche vor dem Kontakt, direkt danach und erneut vier Wochen später einen Fragebogen aus. Der Fragebogen beinhaltete Maße für die Einstellung gegenüber Polen, für Emotionen, Stereotype, Symbolische Überzeugungen, für Verhaltenstendenzen, die Gruppenrepräsentation, für die Kontaktqualität und die Kontakthäufigkeit. Eine Vergleichsgruppe, die nicht an einer solchen Intervention teilnahm, füllte den Fragebogen zu zwei Zeitpunkten im Abstand von fünf Wochen aus. Die Ergebnisse unterstützten überwiegend die Hypothesen. Die Einstellung gegenüber Polen war nach dem Kontakt signifikant positiver. Diese Veränderung blieb auch vier Wochen später noch stabil. Die Einstellung der Vergleichsgruppe veränderte sich nicht und fiel im Vergleich negativer aus. Multiple Mediationsanalysen zeigen, dass Emotionen den bedeutsamsten Mediator zwischen Kontakt und Einstellungsänderung darstellten. Analysen getrennt nach Geschlecht ergaben jedoch, dass dies vor allem für die weiblichen Teilnehmer galt. Der Einfluss des Kontakts auf die Einstellung der männlichen Teilnehmer wurde vornehmlich durch die eher kognitiven Variablen Stereotype und Symbolische Überzeugungen vermittelt. Dieses Muster zeigte sich sowohl für die Einstellung, die direkt nach dem Kontakt erfasst wurde, als auch für die Einstellung vier Wochen später. Die Gruppenrepräsentation vermittelte nur zwischen Kontakt und Emotionen sowie Verhalten. Zu den anderen Mediatoren zeigte sich keine bedeutsame Beziehung.
Die vorliegende Arbeit untersuchte den Einfluss des motivationalen Zustandes auf die Verarbeitung von Nahrungsreizen. Die Relevanz von Essensreizen ist zustandsabhängig und steigt im hungrigen Zustand. Diese Arbeit prüfte die Annahme, dass sich für Essensbilder spezifische Modulationen in der kortikalen Verarbeitung nach Nahrungsdeprivation beobachten lassen. In einer ersten Studie wurden Essensbilder in rascher Darbietungsweise gezeigt. Die Probanden wurden im Abstand einer Woche in balancierter Reihung satt und hungrig untersucht. Die ereigniskorrelierten Potentiale ergaben spezifische Veränderungen bei der Betrachtung von Essensbildern nach Deprivation im Zeitfenster zwischen 180 und 320 ms. Die Topographie der Differenz von hungrigem und sattem Zustand zeigte positive Differenzen über parietalen sowie negative Differenzen über temporo-okzipitalen Bereichen. Die Darstellungen potentieller Generatorstrukturen lieferten Hinweise auf eine verstärkte Verarbeitung in visuellen Kortexbereichen für Essensbilder im hungrigen Zustand. Diese Befunde sprachen für eine erleichterte Verarbeitung von Essensbildern nach Deprivation. In einer zweiten Studie wurden zusätzlich späte Potentialveränderungen untersucht. Diese späten Potentiale ergaben erhöhte Amplituden positiver Potentiale über posterioren Bereichen für Essensbilder im hungrigen Zustand. Die Quellenschätzungen zeigten, dass vor allem extrastriäre Bereiche im hungrigen Zustand verstärkt aktiv waren. Diese Ergebnisse können als Hinweis auf eine elaboriertere Verarbeitung zustandsrelevanter Essensbilder nach Nahrungsdeprivation verstanden werden. Eine verstärkte Verarbeitung von Nahrungsreizen im hungrigen Zustand kann im Sinne einer optimierten Exploration der Umgebung und Identifikation potentieller Nährstoffquellen als überlebensrelevanter Mechanismus der menschlichen Wahrnehmung verstanden werden.
Trotz nachlassenden Interesses in der wissenschaftlichen Forschung erfreuen sich komplexe Problemlöseszenarien als sozial valider Ersatz für klassische Intelligenztests in der angewandten Eignungsdiagnostik ungebrochener Beliebtheit. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die umfassende Validierung des für den Praxiseinsatz neu entwickelten komplexen Problemlöseszenarios AGRIMAN. In einem theoretischen Teil wird das Forschungsfeld und seine Geschichte am Beispiel des bekanntesten Problemlöseszenarios TAILORSHOP erläutert sowie auf den Zusammenhang von komplexer Problemlöseleistung mit Intelligenz, Wissen und beruflicher Leistung eingegangen. Im empirischen Teil wird die Entwicklung und Validierung von AGRIMAN beschrieben. N=185 Probanden aus drei Stichproben bearbeiteten im Rahmen von neun Assessment Centern das neu entwickelte Szenario. Die Ergebnisse bestätigen das Arbeitsmodell, dass Verarbeitungskapazität vermittelt über das erworbene systemspezifische Wissen die Problemlöseleistung beeinflusst. Außerdem ergaben sich mittelhohe Zusammenhänge zwischen Problemlöseleistung und über Assessment Center operationalisierter Berufsleistung.
Ungeachtet der Alltagsrelevanz ist die empirische Evidenz zur Regulation selbstbewer-tender Emotionen im Forschungsfeld unterrepräsentiert. In Dual-Process-Ansätzen wurden Zusammenhänge zwischen Emotionen, kognitiver Emotionsregulation und Entscheidungs-verhalten in moralischen Konflikten modelliert. Jüngere Befunde legen nahe, dass habituelles und experimentell induziertes Reappraisal – mediiert über die emotionale Erregung – positiv mit konsequentialistischen Urteilen und Entscheidungen assoziiert sind.
Ziel der Arbeit ist es, den Einfluss kognitiver Emotionsregulation auf das Entscheidungs-verhalten in moralischen Alltagsdilemmata zu untersuchen. Welche kognitiven Strategien kommen bei der Schuld- und Schamregulation zum Einsatz? Welche Wirkung entfalten sie auf verschiedene Outcomes (emotionales Erleben, Entscheidungsverhalten)? Inwiefern unterscheiden sich Formen und Taktiken des Reappraisal in ihrer Wirkung?
In einem ersten Schritt wurden schuld- und schamauslösende Dilemmata entwickelt und anhand definierter Kriterien selektiert. Eine Studienreihe betrachtete den Einfluss habitueller, kognitiver Emotionsregulation und experimentell manipuliertem Reappraisal auf das Entscheidungsverhalten in diesen Dilemmata. Tendenziell begünstigten funktionale Strategien aus der Reappraisal-Familie konsequentialistische Entscheidungen. Der Media-tionseffekt über die emotionale Erregung konnte nicht repliziert werden. Eine zweite Studien-reihe mit explorativer Methodik beabsichtigte, die Phänomenologie von Reappraisal-Taktiken bei einem moralischen Entscheidungskonflikt abzubilden. Mittels eines Kategoriensystems konnten problemorientierte und externalisierende Reappraisal-Taktiken identifiziert werden.
Limitationen der Untersuchungen und Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschung werden ebenso diskutiert wie Implikationen der Ergebnisse für die klinische und forensische Praxis.
Kognition bei Motoneuronerkrankungen – Evidenz aus Neuropsychologie und struktureller Bildgebung
(2015)
HINTERGRUND/ZIEL: In den letzten Jahrzehnten hat sich die Sichtweise auf Motoneuronerkrankungen (MNDs) von einer rein motorischen Systemdegeneration hin zu einer Multi-System-Erkrankung grundsätzlich gewandelt, so dass auch nicht-motorische Symptome in den Fokus treten. Inzwischen ist unbestritten, dass ein relevanter Anteil der Patienten Kognitions-, Verhaltens- und affektive Störungen aufweist (Goldstein et al. 2013). Entsprechend dazu finden sich auf hirnstruktureller Ebene neben einer Schädigung des motorischen Systems Hinweise auf beeinträchtigte extra-motorische Areale (Chiò et al. 2014). Eine Stratifizierung nach Kognition und die Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Kognitions-/Verhaltensstörungen und strukturellen oder funktionellen zerebralen Eigenschaften erfolgten aber kaum. Das Ziel der Arbeit war eine mehrdimensionale Charakteristik (Neuropsychologie, strukturelle Bildgebung) der Kognition und des Verhaltens bei MNDs am Beispiel der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und der Spinobulbären Muskelatrophie, Typ Kennedy (SBMA). METHODEN: In Rostock und Magdeburg wurden insgesamt 150 ALS-Patienten sowie 100 gesunde Kontrollpersonen konsekutiv rekrutiert und mehrzeitig untersucht. In Rostock wurden zusätzlich 20 Patienten mit SBMA und 20 gesunde Kontrollpersonen untersucht. Es wurden umfangreiche neuropsychologische Testbatterien entwickelt, im speziellen bei der ALS an die motorischen Beeinträchtigungen adaptiert. Zudem wurden bestehende Kriterien zur kognitiven Kategorisierung von ALS-Patienten weiterentwickelt. Die Analyse-Ebenen enthielten sowohl Gruppenvergleiche von Testvariablen zwischen Patienten und gesunden Probanden bzw. zwischen Subgruppen von Patienten als auch jeweils eine kognitive Kategorisierung im Hinblick auf die klinische Relevanz der Kognitions- und Verhaltensstörungen. Die strukturelle Bildgebung (hochauflösende Kraniale Magnetresonanztomographie, 3-Tesla MRT) erfasste die kortikale Atrophie mittels der Analyse der „Kortikalen Dicke“ sowie Diffusionsgewichteter Bildgebung (DTI). Komplementär zur Neuropsychologie erfolgten Gruppenvergleiche sowie Korrelationsanalysen zwischen kognitiven/ Verhaltensparametern und zerebralen Strukturen. ERGEBNISSE: Auf neuropsychologischer Ebene wurde bei unterschiedlicher Quantität (SBMA: marginal; ALS: relevant) ein qualitativ ähnliches Störungsmuster mit prominenten Beeinträchtigungen exekutiver Funktionen abgebildet. Bei 20 % kognitiv beeinträchtigter ALS-Patienten lag der Störungsschwerpunkt auf basalen exekutiven Regulationsprozessen bei erhaltenen komplex-regulatorischen exekutiven Vorgängen, was die in der klinischen Beobachtung oft erhaltene Alltagskompetenz der Patienten erklärt (Kasper E et al. 2015). Adaptierte Klassifikationskriterien bzgl. der Kognition, weg von der Bewertung von Einzeltests hin zur Interpretation auf Funktionsebene, reduzierten zudem die Rate an falsch positiv als kognitiv beeinträchtigt eingestuften gesunden Kontrollpersonen. Die kognitiven Beeinträchtigungen bei SBMA-Patienten lagen auf subklinischem Niveau (Kasper E et al. 2014). Korrespondierend dazu zeigten ALS-Patienten eine weitreichende Beeinträchtigung extra-motorischer Areale im Vergleich zu Gesunden. Zwischen ALS-Patienten mit und ohne kognitive Beeinträchtigung wurde zudem erstmals eine hirnstrukturelle Diskrimination möglich (Kasper E et al. 2014). Vergleiche zwischen verschiedenen Subgruppen ergaben überlappende fronto-temporale Differenz-Profile grauer Substanz oder Assoziationsfasern der weißen Substanz. Insbesondere die Überlappung des Schädigungsmusters sowohl zwischen kognitiv unbeeinträchtigten, kognitiv beeinträchtigten ALS-Patienten und ALS-FTLD Patienten unterstützt die Koinzidenz der ALS mit der Fronto-temporalen Lobärdegeneration (FTLD) (Schuster C, Kasper E et al. 2014). Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen neurokognitiven Variablen repliziert das insgesamt konsistente Muster zwischen Exekutivfunktionen und weißer Substanz vorherige Einzelbefunde an einer repräsentativen Kohorte. Bei SBMA fanden sich nur marginale strukturelle zerebrale Veränderungen gegenüber Gesunden, was mit den geringen kognitiven Beeinträchtigungen korrespondierte. SCHLUSSFOLGERUNG/ AUSBLICK: Die Studienergebnisse an sehr großen Kohorten untermauern den Multi-System-Charakter der MNDs, konnten klare kognitive Profile identifizieren und eine hirnstrukturelle Charakterisierung vornehmen. Der exzellent charakterisierte Ausgangsstatus bietet die Basis, um in longitudinalen Untersuchungen Verläufe zu analysieren und prognostische Marker zu identifizieren.
Das Medium Internet hat zu einem tiefgreifenden Wandel im Verbraucherverhalten geführt. Preis- und Wettbewerbstransparenz für die Kunden sind stark angestiegen. Eine langfristige Bindung der Kunden an das Unternehmen ist deshalb für den E-Commerce von zentraler Bedeutung. Die vorliegende Arbeit untersucht in zwei getrennten Studien, welche Determinanten dem Kaufverhalten im Internet einerseits und der Loyalität von Kunden andererseits zugrunde liegen. Dazu wird in einer empirischen Längsschnittstudie ein E-Commerce-Kaufverhaltensmodell überprüft, das eine Anwendung der Theorie des geplanten Verhaltens (theory of planned behavior = TOPB) von Ajzen auf den Einkauf im Internet darstellt. Die Ergebnisse zeigen, dass die reine Übertragung der TOPB keinen ausreichenden Erklärungsrahmen für das Kaufverhalten im Internet liefert. In einer zweiten Studie wird ein E-Commerce-Kundenloyalitätsmodell entwickelt, das anhand zweier unabhängiger Stichproben einer Online-Befragung überprüft wird. Darin werden die Globalzufriedenheit, die Verbundenheit der Kunden gegenüber dem Anbieter, die Sicherheitsbedenken gegenüber der Website des Anbieters und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle der Kunden als Determinanten der Kundenloyalität angenommen. Zudem werden die Einzelzufriedenheiten hinsichtlich der Stärke ihres Einflusses auf die Globalzufriedenheit untersucht. Es zeigt sich, dass die Globalzufriedenheit der Kunden den stärksten und über beide Stichproben hinweg stabilen Einfluss auf die Kundenloyalität ausübt. Die Globalzufriedenheit ihrerseits wird am stärksten determiniert durch die Zufriedenheit mit der Schnelligkeit der Lieferung und der Benutzerfreundlichkeit der Website.
Die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung ist eine Thematik von zentraler und zunehmender Relevanz. Hauptgründe stellen hierbei die Möglichkeiten zur Einsparung von Kosten sowie eine Kombination der Auslandsbehandlung mit einer Urlaubsreise dar. Darüber hinaus möchte man den Reiseaufwand in das Behandlungsland möglichst gering halten. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien erfreut sich unter deutschen Patienten vornehmlich Polen einer zunehmenden Beliebtheit - insbesondere nach dessen Beitritt zur Europäischen Union, da eine Abrechnung der dort durchgeführten geplanten Behandlungen bei den eigenen deutschen Kranken- und Rentenversicherern möglich ist. Die in diesem Zusammenhang am häufigsten genutzten Leistungen beziehen sich auf die ambulanten und stationären Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen, die früher unter dem Begriff der „Kur“ subsumiert wurden. Infolge der steigenden Nachfrage nach diesen polnischen Gesundheitsleistungen seitens deutscher Patienten begannen die polnischen Kurhäuser, deutsche Institutionen – standardisierte organisationale Strukturen und Prozesse – zu adoptieren, um sich auf die deutsche Klientel einzustellen. Auf der theoretischen Basis des Soziologischen Neoinstitutionalismus werden in der vorliegenden Arbeit die Entwicklung der Inanspruchnahme polnischer Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen durch deutsche Patienten, die daraus resultierende institutionelle Adaptation der polnischen Kurhäuser sowie deren Wahrnehmung durch deutsche Gäste untersucht.
Eines der zentralen Merkmale von Emotionen ist neben der Qualität ihre Intensität. Idealerweise sind Emotionstheorien daher quantitative Theorien, d. h. Theorien, die Emotionen mittels quantitativer Gesetze mit ihren Ursachen und Wirkungen verknüpfen. Bisher wurden jedoch nur wenige solcher Emotionstheorien vorgeschlagen. Ein Grund dafür könnte sein, dass man quantitative Emotionstheorien für kaum überprüfbar hält, weil zu ihrer Überprüfung präzise und außerdem metrische Messungen der Emotionsintensität benötigt werden. Die am häufigsten verwendete Methode zur Messung der Intensität (und Qualität) von Emotionen sind Selbstberichte in Form von Ratingskalen (z. B. “Wie enttäuscht fühlen Sie sich?” von 0 = “überhaupt nicht enttäuscht” bis 10 = “extrem enttäuscht”). Es ist jedoch fraglich, ob solche Ratings den genannten Ansprüchen an Präzision und Skalenniveau (zumindest auf dem individuellen Niveau) gerecht werden. Ratings haben eine hohe Fehlervarianz und möglicherweise nur ein ordinales Skalenniveau. In anderen Gebieten der Psychologie, inbesondere in der Psychophysik, werden neben Ratings und anderen direkten Skalierungsverfahren seit langem auch indirekte Skalierungsverfahren für die Messung der Intensität mentaler Zustände (z. B. Sinnesempfindungen) verwendet. Während die Versuchspersonen bei direkten Skalierungsverfahren ein absolutes Urteil über die Intensität eines mentalen Zustands abgeben, werden bei indirekten Skalierungsverfahren relative Urteile verlangt. Am häufigsten sind dies Paarvergleichsurteile, bei denen z. B. gefragt wird, ob ein Ton X lauter oder leiser ist als ein Ton Y. Die absoluten Intensitäten der Empfindungen, die diesen Vergleichsurteilen zugrunde liegen, werden anschließend mit Hilfe von passenden Skalierungsmodellen geschätzt. Theoretische Überlegungen, aber auch empirische Untersuchungen auf dem Gebiet der Psychophysik sprechen dafür, dass indirekte Skalierungsverfahren im Vergleich zu direkten Skalierungsverfahren einen geringeren Fehleranteil und ein höheres Skalenniveau erreichen. Trotz dieser Vorteile wurden diese Methoden für die Messung der Emotionsintensität bisher nicht verwendet. Vor diesem Hintergrund sollte in der vorliegenden kumulativen Dissertation, bestehend aus drei Publikationen, untersucht werden, ob ein spezielles indirektes Skalierungsverfahren, nämlich die Methode der gradierten Paarvergleiche (GPCs; engl.: graded pair comparisons) eine bessere Messung der Intensität von Emotionen ermöglicht und wenn ja, worauf diese Verbesserung zurückgeführt werden kann. Im Vergleich zu anderen Formen von Paarvergleichen sind GPCs vergleichsweise ökonomisch und gleichzeitig besonders informationshaltig. Sie sind eine Variante des klassischen Paarvergleichs, bei dem die Versuchspersonen nicht nur beurteilen sollen, welches von zwei zu beurteilenden Objekten auf der Urteilsdimension die höhere Ausprägung hat, sondern zusätzlich auch - jedoch nur auf einer ordinalen Skala - um wie viel die Ausprägung des einen Objekts die des anderen übertrifft. In der ersten Publikation wurde in zwei Studien überprüft, ob indirekte Skalierungen mittels GPCs gegenüber den üblicherweise in der Emotionsforschung verwendeten direkten Skalierungen tatsächlich eine präzisere Messung der Emotionsintensität ermöglichen. In der zweiten Publikation wurde in zwei Studien das GPC-Verfahren mit einem deutlich aufwendigeren indirekten Skalierungsverfahren verglichen, das auf direkten Quadrupelvergleichen (QCs; engl.: quadruple comparisons), d. h. direkten Vergleichen von Paardifferenzen, beruht. Es wurde überprüft, ob das QC-Verfahren zu noch präziseren Intensitätsmessungen führt als das GPC-Verfahren. In der dritten Publikation wurde in drei Studien überprüft, ob indirekte und direkte Skalierungsverfahren zu metrischen Skalen der Intensität von Emotionen führen. Zusammen genommen zeigen die Ergebnisse der drei Publikationen, dass indirekte Skalierungsverfahren eine bessere Messung der Emotionsintensität erlauben als die bisher in der Emotionspsychologie fast ausschließlich verwendeten direkten Skalierungsverfahren. Die verbesserte Messung ist sowohl auf einen reduzierten Fehleranteil als auch auf ein höheres Skalenniveau zurückzuführen. Die höhere Präzision der Intensitätsmessung kann zudem mit einem vergleichsweise ökonomischen indirekten Skalierungsverfahren, der Methode des gradierten Paarvergleichs (GPCs), erzielt werden; die Methode des wesentlich aufwendigeren Quadrupelvergleichs (QCs) bringt dem gegenüber keinen zusätzlichen Gewinn. Damit ermöglicht das verwendete indirekte Skalierungsverfahren eine genauere Überprüfung von Emotionstheorien allgemein und stellt insbesondere eine geeignete Methode zur Überprüfung quantitativer Emotionstheorien auf der individuellen Ebene dar.
Fear is an emotional state, characterized by the activation of a defense system that is designed to ensure the organism’s survival. This system enables a rapid recognition of threats and organizes defensive response patterns in order to adaptively cope with the threatening environment. Yet, to ensure its flexibility under changing environmental conditions, inhibitory pathways exist that modulate the activation of this defense system, if a previously threatening cue no longer predicts any harm – a memory-formatting process referred to as fear extinction, leading to a reduction of defensive responding. Fear extinction is presumed to at least partially underlie exposure treatment of anxiety disorders, which is why the facilitation of this learning process may promote such treatment’s efficacy. Animal models suggested, that the stimulation of the vagus nerve or the superior colliculus (SC) – a midbrain structure mediating visual attentional processing – target these inhibitory extinction pathways and, thus, facilitate fear extinction. However, as it is unclear whether similar mechanisms exist in humans, this thesis manuscript examined how non-invasive stimulation of these inhibitory pathways by transcutaneous vagus nerve stimulation (tVNS) or SC-recruiting visual attentional manipulation impact on human fear extinction.
To this end, we conducted three studies using multiple-day single-cue fear conditioning and extinction paradigms. First, we elaborated on fear that is established in these paradigms by examining defensive responding that is elicited by an innocuous conditioned stimulus, which has either been paired (fear learning group) with an aversive unconditioned stimulus (US; an electric shock) or was unpaired (control group; study 1). During the following extinction training, either tVNS vs. sham stimulation was applied (study 1, study 2) or participants were instructed, to either generate saccadic eye movements (strong SC activation) vs. smooth eye pursuits (low SC activation; study 3). During subsequent sessions, extinction consolidation as well as the short- and long-term extinction recall was tested (study 2, study 3).
Conditioned fear in the fear learning group was characterized by elevated cognitive risk assessments (US-expectancy ratings), as well as increased cardiac deceleration and startle reflex potentiation compared to controls. Cardiac deceleration was positively correlated to startle potentiation, but was decoupled from cognitive risk assessments (study 1). Initial, short- and long-term extinction of these defensive responses was facilitated by tVNS on all three response levels (cognitive, physiological, behavioral; study 1, study 2). In contrast, saccades facilitated initial extinction only for physiological and behavioral elements of the defensive response pattern, while extinction consolidation and recall was impaired by any eye movement manipulation (study 3) for physiological and behavioral indicators of defensive responding.
Taken together, the data of the experimental series suggest, that on a behavioral level, conditioned fear may best be conceived as attentive immobility – a defense strategy elicited by inevitable distal threats, that is uniformly expressed across species and is accompanied by cardiac deceleration and startle reflex potentiation. In addition, it was shown that such rather automatic defensive adaptations are independent from verbally expressed threat expectancies. As expected, tVNS impacted on fear extinction on both levels, strongly in line with the suggestion, that vagal stimulation activates cortical and subcortical neural pathways involved in extinction learning, consolidation and recall. TVNS may, thus, be a promising adjuvant for exposure treatment of mental disorders. In contrast, SC-recruiting visual attentional manipulation only affected subcortically mediated defensive responding, in line with rodent findings, indicating that the SC specifically inhibits subcortical parts of the neural defense system. However, as extinction recall was impaired by any type of visual attentional manipulation, this appeared to have functioned as a form of avoidance, initially attenuating fear but preventing extinction consolidation and, thus, impairing sustained fear reduction. Both non-invasive stimulation techniques may therefore increase initial defensive flexibility in the face of no-longer threat-signaling stimuli, but only tVNS may achieve long-term effects on multiple response levels.
Hintergrund: Obwohl einige Wissenschaftler vorschlagen, dass Zwangsstörung eine Störung der Impulskontrolle darstellt, konnten noch keine eindeutigen Befunde über den Zusammenhang yon Impulsivität und Zwangsstörung erbracht werden. Diese Arbeit untersucht -neben der Familiarität- Temperamentsfaktoren, die auf individueller und familiärer Ebene mit Zwangsstörung assoziiert sind. Methode: Es konnten 171 Zwangsprobanden (Indices) und 117 Kontrollen in einer Multicenter-Studie (Bonn, Köln, Homburg, Greifswald) rekrutiert werden. Diese und deren Angehörige (535 Index- und 396 Kontrollangehörige) wurden yon Psychiatern, Psychologen und Doktoranden der Medizin mit semistrukturierten Interviews diagnostiziert und auf DSM-IV Basis evaluiert. Von 123 Indices und 97 Kontrollen und ihren Angehörigen liegen Fragebögen zur Selbstbeschreibung yon Zwangssymptomen (PADUA), Impulsivität (BIS) und Temperament (TPQ) vor. Die Ergebnisse wurden mittels Chi-Quadrat Tests, Cox-Regression, t-Tests, Varianzanalysen und Korrelationen ermittelt. Ergebnisse: Die Lebenszeitprävalenz der klinischen Zwangsstörung ist bei Angehörigen yon Indices signifikant höher als bei Kontrollangehörigen (6.4% vs.1.3%, p<=.001). Zwangsprobanden zeigen signifikant höhere kognitive Impulsivität, eine signifikant höhere Schadensvermeidung und niedrigeres Neugierverhalten als Kontrollen. Angehörige von Indices zeigen ähnliche Muster in ihren Temperamentsfaktoren, nicht aber in der Impulsivität. Es konnte kein Nachweis gemeinsamer familiärer Risikofaktoren von Zwangsstörung und Impulsivität gefunden werden.
Theoretischer Hintergrund: Studien, die eine kultursensible Notfallversorgung thematisieren, beziehen sich vorwiegend auf den Bereich der Notaufnahme und berichten eine höhere Inanspruchnahme durch Migranten sowie eine geringere Versorgungszufriedenheit von Migranten, jeweils im Vergleich zur Mehrheitsbevölkerung. Für den Bereich der präklinischen Notfallversorgung existieren vereinzelte Studien, deren Ergebnisse im Kontext des anglo-amerikanischen Modells zu interpretieren sind. Die vorliegenden Studien dieser Dissertation beziehen sich auf die präklinische Notfallversorgung in Deutschland und werden damit einhergehend im Kontext des hier praktizierten franko-germanischen Modells interpretiert. Studie 1: Als ursächlich für eine überproportional häufige Inanspruchnahme von Notaufnahmen durch Migranten werden u.a. Wissensdefizite über das Gesundheitssystem und Sprachbarrieren angeführt. Für den Bereich der präklinischen Notfallversorgung wurde vereinzelt berichtet, dass Sprachbarrieren hemmend auf die Inanspruchnahme des Notrufes wirken. Migrationsspezifische Einflussfaktoren auf die Inanspruchnahme präklinischer Notfallversorgung wurden bisher nicht untersucht. Studie 2: Erfahrungen des Personals im präklinischen Bereich deuten auf Herausforderungen infolge kulturbedingt unterschiedlicher Verhaltensweisen hin. Um diesen Herausforderungen angemessen zu begegnen, wird eine Vermittlung interkultureller Kompetenzen befürwortet. Inwiefern konzeptionelle Grundlagen der in der medizinischen Versorgung/Pflege vorhandenen Ansätze für den Bereich der präklinischen Notfallversorgung relevant sind, wurde bisher nicht eruiert. Studie 3: Studien mit Bezug zur Zufriedenheit mit der Notaufnahme implizieren u.a. migrationsspezifische und servicebezogene Einflussfaktoren. Vergleiche zwischen Migranten und der Mehrheitsbevölkerung ergaben, dass Erstere das Personal in Notaufnahmen als weniger freundlich/fürsorglich beurteilten. Für den präklinischen Bereich sind vereinzelte Daten, ohne Berücksichtigung migrationsspezifischer Faktoren vorhanden. Methode: Studie 1 und Studie 3 basieren auf einem querschnittlichen Design. Die verwendeten Fragebögen wurden jeweils in einem konsekutiven Prozess entwickelt. Studie 2 basiert auf einem qualitativen Design. Ergebnisse: Die Untersuchung der Inanspruchnahme präklinischer Notfallversorgung ergab, dass ein niedriger/mittlerer Bildungsabschluss signifikant positiv mit dieser assoziiert war. Weiterhin wurde festgestellt, dass Migranten, die nicht in Deutschland geboren sind, präklinische Notfallversorgung weniger häufig in Anspruch nehmen als Migranten, deren Geburtsland Deutschland ist. Bezogen auf die Vermittlung Interkultureller Kompetenzen wurde übergreifend häufig von Migranten und von Experten die Aneignung kulturellen Wissens befürwortet. Darüber hinaus thematisierten v.a. Migranten soziale/emotionale und kommunikative Kompetenzen des Rettungsdienstpersonals. Vorrangig von Experten wurde auf die Achtsamkeit gegenüber der eigenen Kultur hingewiesen, die gleichsam als Voraussetzung für die Entwicklung einer Achtsamkeit gegenüber kulturellen Unterschieden angesehen wurde. Ferner zeigen die Ergebnisse, dass personenbezogene Faktoren 7.1% der Varianz von Zufriedenheit mit der präklinischen Notfallversorgung aufklären. Ungeachtet dessen sind keine/geringe Kenntnisse der deutschen Sprache signifikant negativ mit der Versorgungszufriedenheit assoziiert. Die servicebezogenen Faktoren hingegen klären 47.3% der Varianz von Zufriedenheit mit der präklinischen Notfallversorgung auf. Diskussion: Bzgl. des Einflusses der Variable Immigration auf die Inanspruchnahme liegt die Vermutung einer Orientierung an Versorgungsstrukturen aus dem Herkunftsland nahe. Die Ergebnisse der Studie 2 weisen darauf hin, dass die im Zusammenhang mit sozialen/emotionalen Kompetenzen genannten Umgangsformen im Einklang mit den Ergebnissen der Studie 3 stehen, die den maßgeblichen Einfluss genannter Kompetenzen auf die präklinische Versorgungszufriedenheit unterstreichen. Vergleichbar mit Ergebnissen aus dem Bereich Notaufnahme wurde in Studie 3 eine signifikant negative Assoziation zwischen keinen/geringen Sprachkenntnissen und der präklinischen Versorgungszufriedenheit festgestellt. Limitationen: Trotz mehrsprachig eingesetzter Befragungsinstrumente sind Migranten mit begrenzten Sprachkenntnissen in den vorliegenden Studien unterrepräsentiert. Des Weiteren wurden Daten über Notfallereignisse in Form von Selbstberichten erfasst, so dass Erinne-rungsverzerrungen bei der Beantwortung der Fragen nicht auszuschließen sind. Fazit/Ausblick: Mit Hilfe der vorliegenden Studien konnten grundlegende Aspekte der präklinischen Notfallversorgungsforschung unter Berücksichtigung migrationsspezifischer Faktoren identifiziert werden. Weiterführende Studien sollten v.a. Migranten einbeziehen, die aufgrund begrenzter Sprachkenntnisse größeren Herausforderungen gegenüberstehen, insbesondere die Inanspruchnahme präklinischer Notfallversorgung betreffend.
Wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihren Experimenten nicht-hypothesenkonforme Ergebnisse erhalten, können sie daraus nicht sicher schließen, dass ihre Hypothese falsch ist. Dieses Problem ist in der Wissenschaftstheorie unter dem Namen Duhem-Quine-Problem bekannt. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, was Biowissenschaftlerinnen und Biowissenschaftler tun, wenn sie in ihren Experimenten wiederholt nicht-hypothesenkonforme Ergebnisse erhalten. Dazu werden Theorien und Ansätze zum Handlungsabbruch (Janis & Mann, 1977; Brandstätter, 2003), zum Phänomen des escalation of commitment und zu den sozialen Einflussfaktoren wissenschaftlicher Prozesse herangezogen. Eine Interviewstudie mit 13 Biowissenschaftlerinnen und Biowissenschaftlern ergab unter anderem, dass die Bedingungen für die Anwendbarkeit der Theorien zum Handlungsabbruch teilweise gegeben sind und dass nicht-hypothesenkonforme Ergebnisse im wissenschaftlichen Prozess häufig auftreten. In einer Internet-Fragebogenerhebung, an der 112 Biowissenschaftlerinnen und Biowissenschaftlerinnen teilnahmen, wurde mit Hilfe einer semihypothetischen Situation überprüft, welche Faktoren nach einem nicht-hypothesenkonformen Ergebnis mit einem Festhalten an der Hypothese korreliert sind. Signifikante Zusammenhänge ergaben sich hier für die bisher investierte Zeit, für das Votum des Betreuers sowie in einer Untergruppe für die volitionale Voreingenommenheit. Um den Einfluss der Faktoren bisher investierte Zeit und level of completion unter kontrollierten Bedingen zu prüfen, wurde ein Experiment an 157 Biowissenschaftlerinnen und Biowissenschaftlern durchgeführt. Hierbei zeigte sich lediglich für den level of completion ein signifikanter Effekt. Dieses Ergebnis kann auch dahingehend interpretiert werden, dass die absolut noch zu investierende Zeit ausschlaggebend für die Entscheidung der Versuchspersonen ist. Die Ergebnisse der beiden Studien lassen sich auf unterschiedliche Weise integrieren und haben direkte Konsequenzen für die wissenschaftliche Praxis.
Die Dissertation befasst sich in vier Studien mit den Auswirkungen von Flucht und Vertreibung infolge des Zweiten Weltkrieges auf die Lebensqualität und die psychische Gesundheit im Alter. Basierend auf der Theorie der Kumulativen Ungleichheit wird postuliert, dass frühe Lebensereignisse über die Kumulation von Risiken, aber auch Ressourcen einen Einfluss auf die Lebensqualität und psychische Gesundheit im Alter haben. Die Kohorte ehemals Vertriebener erfuhr eine Vielzahl von Benachteiligungen und ein erhöhtes Ausmaß an Traumata während der Flucht und Vertreibung, was mit einer Kumulation weiterer Risiken im Lebensverlauf einhergeht. Als gesundheitspsychologische Variablen werden die subjektive globale sowie gesundheitsbezogene Lebensqualität untersucht, welche sowohl aus aktueller als auch retrospektiver Sicht betrachtet werden. Es wird angenommen, dass Vertreibung mit einer Kumulation von Risiken im Lebensverlauf einhergeht und die subjektive globale Lebensqualität sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität beeinflusst. Hinsichtlich der psychischen Gesundheit weisen ehemals Vertriebene eine erhöhte psychische Belastungssymptomatik im Alter auf. Es wird angenommen, dass der Vertreibungsstatus als Prädiktor für das Vorliegen psychischer Belastung im Alter dient. Die Folgen der Vertreibung manifestieren sich in einer reduzierten gesundheitsbezogenen Lebensqualität und einer erhöhten psychischen Belastung im Alter. Laut der Theorie der Kumulativen Ungleichheit hat der Zeitpunkt der Vertreibung infolge des Zweiten Weltkrieges Auswirkungen auf den Lebensverlauf einer Person. Aufgrund der unterschiedlichen kognitiven und emotionalen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wird angenommen, dass die psychische Belastung im Alter abhängig vom Alter zum Zeitpunkt der Vertreibung ist. Es konnte gezeigt werden, dass Vertriebene trotz der reduzierten gesundheitsbezogenen Lebensqualität keine Unterschiede in der subjektiven Lebensqualität mit Vergleichsgruppen aufweisen, was den Annahmen des disability paradox bzw. dem Wohlbefindensparadox entspricht. Die subjektive und die gesundheitsbezogene Lebensqualität basieren auf unterschiedlichen Kriterien, zwischen denen aufgrund von Adaptionsprozessen zunächst kein Zusammenhang besteht. Über das Prinzip der Homöostase wird eine hohe subjektive Lebensqualität aufrechterhalten, auch wenn körperliche Einschränkungen die gesundheitsbezogene Lebensqualität beeinträchtigen. Die Vertriebenen der untersuchten Stichproben verfügen über sehr gute Anpassungsprozesse und eine hohe Lebensqualität. Die Theorie der Kumulativen Ungleichheit postuliert neben kumulierenden Nachteilen auch Wendepunkte, persönliche Entscheidungen und Handlungen sowie mobilisierbare Ressourcen, die den Lebenslauf positiv beeinflussen. Das Fehlen von Unterschieden kann auf eine relativ hohe Lebensqualität im Alter, stetige Anpassungsprozesse, soziale und temporale Vergleiche, positive Verzerrung von Einschätzungen im Alter oder der veränderten Populationszusammensetzung aufgrund erhöhter Mortalität besonders vulnerabler Individuen zurückgeführt werden. Die Mobilisierung von Ressourcen in Form von Anpassungsprozessen oder Lebenseinstellungen können die negativen Auswirkungen von Vertreibung im frühen Lebensalter kompensieren. Im Sinne des erfolgreichen Alterns kann eine hohe Lebensqualität als Maß für die Anpassung an Schwierigkeiten während des Lebensverlaufs sowie die zunehmenden Einschränkungen im Alterungsprozess betrachtet werden. Vertreibung infolge des Zweiten Weltkrieges ist ein Risikofaktor, der im Kontext multipler, über den Lebensverlauf wirkender Einfluss- und Risikofaktoren untersucht werden sollte. Der Lebensverlauf sowie der Alterungsprozess sind komplex, inter- und intraindividuell verschieden und müssen im Kontext historischer Ereignisse gesehen werden. Die zukünftige Forschung zur Förderung und Aufrechterhaltung der Gesundheit über den Lebensverlauf ist herausgefordert, Risiken sowie Ressourcen und Anpassungsprozesse über den Lebensverlauf zu identifizieren, den Beitrag einzelner Prädiktoren zu bestimmen und deren Wechselwirkungen zu untersuchen.
Diese Arbeit beschäftigt sich deskriptiv mit der Evaluation der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung in der Hochschulambulanz der Universität Greifswald im Sinne einer Bewertung der Behandlungsqualität. Damit ist sie thematisch im Bereich der Versorgungsforschung und Qualitätssicherung angesiedelt. Gerade in der ambulanten Psychotherapie ist die Versorgungslage noch unzureichend und Qualitätssicherungsmaßnahmen fehlen oft. In dieser Untersuchung wird die Tätigkeit der Universitätsambulanz in Greifswald für den Zeitraum Januar 2004 bis Juni 2009 dokumentiert. Handlungsleitend für die Formulierung der einzelnen Fragestellungen dieser Arbeit ist die Unterscheidung in Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Zunächst geht es um die Fragen, wie der Ambulanzbetrieb anhand einiger Kennzahlen beschrieben werden kann und welche Patienten das therapeutische Angebot der Einrichtung nutzen. Danach wird dokumentiert, unter welchen Bedingungen in der Psychotherapieambulanz gearbeitet wird (Strukturqualität) und wie die einzelnen Prozessabläufe beschaffen sind (Prozessqualität). Zur Erfassung der Ergebnisqualität dienen die Berechnungen von Mittelwertsveränderungen und Effektstärken sowie die Angaben zur retrospektiven Einschätzung der Therapien und zur Patientenzufriedenheit. Die Kennzahlen der Hochschulambulanz in Greifswald verdeutlichen eine kontinuierliche Ausweitung der Ambulanztätigkeit zwischen 2004 und 2009. Die anamnestischen Daten der behandelten Patienten zeigen, dass die soziodemographische Zusammensetzung der Ambulanzpatienten in etwa derer anderer universitärer Psychotherapieambulanzen entspricht. Die häufigsten behandelten Störungsbilder sind Angststörungen und depressive Störungen. Zudem besteht ein hoher Bedarf an ambulanter Psychotherapie in der Region. In ihrer strukturellen Beschaffenheit entspricht die Universitätsambulanz in Greifswald den Qualitätskriterien für ein verhaltenstherapeutisches Ausbildungsinstitut. Ferner bietet sie ein breites Spektrum an Therapieverfahren auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft an. Auch hat die Greifswalder Ambulanz für Psychotherapie bereits umfangreiche Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Prozessqualität ergriffen und umgesetzt. Die Untersuchungen zur Ergebnisqualität verweisen auf gute Behandlungserfolge, insbesondere im Bereich der Therapie von Angststörungen. Es finden sich signifikante Verbesserungen im Sinne einer Symptomreduktion, durchschnittlich mittlere Effektstärken, positive Therapiebeurteilungen sowie eine allgemeine Patientenzufriedenheit. Zusammenfassend zeigen die Evaluationsergebnisse dieser Arbeit, dass kognitiv-verhaltenstherapeutische Psychotherapie auch im klinischen Alltag einer Therapieambulanz wie der in Greifswald als effektiv und brauchbar zu bewerten ist. Mögliche Problemstellen werden aufgezeigt und diskutiert sowie Ideen zur Optimierung der angebotenen Leistungen angeregt. Aktuell verfolgt die Universitätsambulanz in Greifswald das Ziel, ein geprüftes Qualitätsmanagementsystem einzurichten und damit über langjährige vergleichende Bewertungsprozesse ein realistisches Bild der Therapiequalität zu erhalten sowie eine kontinuierliche Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung zu ermöglichen.
Ziel von Statistikkursen an Universitäten ist es, den Studierenden statistische Kompetenz als Grundlage des
wissenschaftlichen Arbeitens zu vermitteln. Trotzdem verlassen Studierende diese Kurse teilweise mit statistischen Fehlkonzepten und können das Gelernte in Studium und Praxis nicht anwenden. Zudem bereiten den Studierenden hohe Statistikangst und ein geringes Interesse an Statistik als Teil ihres Studienfachs Probleme.
In der vorliegenden Arbeit geht es um die Frage, wie Statistikkurse zu Studienbeginn gestaltet sein sollten, um die statistische Kompetenz der Studierenden besser zu fördern. Dabei wird davon ausgegangen, dass für statistische Kompetenz neben kognitiven Voraussetzungen in Form von gut vernetztem und in Schemata gespeichertem Wissen in Statistik und anderen Bereichen, auch motivationale Voraussetzungen notwendig sind. Als zentrale motivationale Voraussetzung werden dabei Kompetenzüberzeugungen in Statistik aufgefasst. Solche Kompetenzüberzeugungen zeigen nicht nur kurz- und langfristige Zusammenhänge zur Leistung, sondern stehen auch mit anderen motivationalen Konstrukten wie Angst oder Interesse in Verbindung. In der folgenden Arbeit wurden zwei Untersuchungen durchgeführt, welche auf die Bedeutung dieser Kompetenzüberzeugungen bei der Entwicklung und Förderung der statistischen Kompetenz in Statistikkursen fokussierten.
Die erste Untersuchung befasste sich damit, ob Kompetenzüberzeugungen zu Beginn eines Statistikkurses mit Lernverhalten und Leistung zum Ende des Kurses zusammenhängen. Dabei interessierte vor allem, ob a) eine besonders hohe oder eine besonders realistische Überzeugung von der eigenen statistischen Kompetenz zu Kursbeginn von Vorteil ist und b) ob eine Überzeugung von der Veränderbarkeit der statistischen Kompetenz die Einflüsse der anfänglichen Überzeugungen moderieren kann. In der Untersuchung wurden n = 88 Psychologiestudierende in mehreren Statistikkursen zu Beginn und zum Ende eines Semesters befragt. Es zeigte sich, dass eine hohe Kompetenzüberzeugung mit besseren Leistungen einhergeht – während die Kompetenzüberzeugung für bessere Leistungen nicht unbedingt auch realistisch sein muss. Zudem ist eine Überzeugung von der Veränderbarkeit von Kompetenz von Vorteil: sie kann negative Effekte einer geringen Kompetenzüberzeugung zu Beginn des Semesters auf die Leistung kompensieren, führt aber auch bei einer unrealistisch hohen Kompetenzüberzeugung zu besseren Leistungen. In der zweiten Untersuchung wurde analysiert, ob ein nach dem Lehrformat des „Inverted Classroom“ (IC) unterrichteter Statistikeinführungskurs die Kompetenzüberzeugungen und damit verbundene Konstrukte von Statistikangst und Interesse sowie die Leistung von Studierenden fördern kann. Letzteres sollte darauf zurückzuführen sein, dass im Gegensatz zu „traditionellen Vorlesungen“ (TL) im IC Möglichkeiten zur individuellen Anpassung des Kurses an die Voraussetzungen von Studierenden zur Verfügung stehen und die Studierenden so beim Lernen weniger überfordert und motivierter sind. In der Untersuchung wurden n = 27 Studierende ein Semester lang in einem Statistikkurs im IC und n = 43 Studierende in einem Kurs als TL unterrichtet. Eine zusätzliche Kontrollgruppe (KG) von n = 24 Studierenden erhielt keinen Kurs. Die Ergebnisse zeigten, dass Studierende im IC zwar bessere und auch homogener Leistungen erreichen als im TL, dies kann jedoch nicht auf die Überforderung oder Motivation beim Lernen zurückgeführt werden. Auch die Kompetenzüberzeugungen und das Interesse waren im IC deutlich höher. Sowohl im IC als auch in der TL wurde die Statistikangst im Semesterverlauf geringer, während sich in der KG keine Veränderung zeigt.
Zu Beginn der Statistikausbildung sollten infolgedessen Kompetenzüberzeugungen – insbesondere auch die Überzeugung von der Veränderbarkeit statistische Kompetenz – gefördert werden. Dazu sind individualisierte Lehrformate wie der IC geeignet, welche die Entwicklung statistischer Kompetenz und statistischer Kompetenzüberzeugungen ermöglichen. Solche individualisierten Lehrformate können nicht nur in Statistikkursen zu Beginn, sondern auch in Statistikkursen im weiteren Studienverlauf eingesetzt werden.
Mit der demographischen Entwicklung gehen enorme Herausforderungen für die Gesellschaft einher. Eine dieser Herausforderungen liegt im wirtschaftlichen Bereich. Viele Unternehmen befinden sich im globalen Wettbewerb und, um dort bestehen zu können, sind sie gezwungen, ihre Produkte oder Dienstleistungen fortwährend zu verbessern. Gerade kleinere Unternehmen stehen vor dem Problem, dass sie bereits heute und in Zukunft noch verstärkt, für bestimmte Aufgaben nicht immer die passenden Mitarbeiter mit den benötigten Qualifikationen zur Verfügung haben. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung wird die Besetzung von Innovationsteams in Zukunft eine entscheidende Aufgabe für viele Unternehmen werden. Die vorliegende Dissertation untersucht in zwei Experimenten unter Laborbedingungen, ob sich homogene und heterogenen Teams in ihrer Innovationsleistung unterscheiden.
Thema dieser Dissertation ist die Emotionsgenese im Kontext der Verfolgung von Zielen. Den Ausgangspunkt bildete dabei das Selbstregulationsmodell von Carver und Scheier (1998), welches die Geschwindigkeit der Zielverfolgung als Ursache für handlungsbegleitende Emotionen betrachtet – die Distanz zum Ziel sowie die Erwartung der Zielerreichung sollen hingegen keinen Einfluss auf Emotionen haben. Mit diesen Annahmen steht das Selbstregulationsmodell im Wider¬spruch zu anderen Emotionstheorien, wie beispielsweise der Self-Discrepancy Theory (Higgins, 1987) oder kognitiven Emotionstheorien (Arnold, 1960; Lazarus, 1966; Ortony et al., 1988; Reisenzein 2009). In der Arbeit wird versucht diese Theorien zusammenzuführen, und untersucht, ob sich die Konzepte der Zieldistanz und der Erwartung in das Modell von Carver und Scheier zur Vorhersage handlungsbegleitender Emotionen integrieren lassen. Zieldistanz und Emotion Es wurde angenommen, dass die Zieldistanz sowohl direkt als auch indirekt (über die Erwartung der Zielerreichung) zur Emotionsentstehung beiträgt. Darüber hinaus wurde eine moderierende Wirkung der Zieldistanz auf den Einfluss der Geschwindigkeit angenommen. Zur Überprüfung dieser Annahmen wurden drei Studien durchgeführt. In Studie 1 wurde eine Methode zur Manipulation der Zieldistanz entwickelt, in Studie 2 die Zieldistanz manipuliert und in Studie 3 die Manipulation der Zieldistanz um die Manipulation der Geschwindigkeit erweitert. In Studie 2 konnte gezeigt werden, dass die Zieldistanz, über die Geschwindigkeit hinaus, einen signifikanten Einfluss auf negative (nicht aber positive) Emotionen hat. Ein Teil des Einflusses scheint darüber hinaus über die Erwartung vermittelt zu werden. Eine moderierende Wirkung der Zieldistanz auf den Einfluss der Geschwindigkeitsdiskrepanz auf Emotionen konnte dagegen nicht nachgewiesen werden. Da die Manipulation der Zieldistanz in Studie 3 ohne Wirkung blieb, konnten keine kausalen Schlüsse über die Bedeutung der Zieldistanz bei gleichzeitigem Vorliegen von Geschwindigkeitsinformationen gezogen werden. Regressionsanalysen bestätigten aber auch in Studie 3 den Einfluss der Zieldistanz auf negative Emotionen, während die Moderationshypothese abermals nicht bestätigt werden konnte. Erwartung und Emotion Legt man die kognitive Emotionsstruktur nach Ortony et. al. (1988) zugrunde, so wird deutlich, dass mit dem Selbstregulationsmodell keine zielbezogenen Emotionen vorhergesagt werden können: Hierzu ist der Einbezug der Erwartung notwendig. Um das Spektrum vorhersagbarer Emotionen zu erweitern, wurde das Modell von Carver und Scheier um einen weiteren Wirkpfad ergänzt und die Emotionsgenese im Rahmen eines Zwei-Pfade-Modells beschrieben: (1) dem vergangenheitsgerichteten Wirkpfad, der über die Geschwindigkeit mit dem Erleben handlungsbezogener Emotionen (z.B. Zufriedenheit, Enttäuschung) verbunden ist, sowie (2) dem zukunftsgerichteten Wirkpfad, der über die Erwartung der Zielerreichung mit dem Erleben zielbezogener Emotionen (z.B. Hoffnung, Furcht) verbunden ist. Darüber hinaus wurde angenommen, dass die Geschwindigkeit indirekt – über die Beeinflussung der Erwartung – zielbezogene Emotionen beeinflusst. Als potentieller Moderator der Erwartungs- und Emotionsgenese wurde der Zeitdruck diskutiert. Es wurde eine Studie (Studie 4) durchgeführt, in der der Zeitdruck manipuliert und das Zwei-Pfade-Modell unter der Bedingung schlechten Vorankommens geprüft wurde. Die Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass die Erwartung Emotionen beeinflusst: So wurden der Annahme entsprechend Hoffnung und Furcht direkt durch die Erwartung (zukunftsgerichteter Wirkpfad), aber nur indirekt durch die Geschwindigkeit beeinflusst. Zudem erwies sich Zeitdruck als signifikanter Moderator der Erwartungs- sowie Emotionsgenese (für Hoffnung, nicht aber für Furcht). Die Ergebnisse bestätigten, dass ein einfaches Modell zur Vorhersage von handlungs-begleitenden Emotionen, wie von Carver und Scheier beschrieben, nicht ausreicht, um das gesamte Spektrum handlungsbegleitender Emotionen vorherzusagen. Neben der Geschwindigkeit der Zielverfolgung sollten auch die Zieldistanz sowie die Erwartung der Zielerreichung einbezogen werden. In zukünftigen Untersuchungen sollte geklärt werden, welche Zielverfolgungsbedingungen die Emotionsgenese moderieren bzw. einen Einfluss auf die relative Bedeutung der Geschwindigkeit, Zieldistanz und Erwartung für das Erleben handlungsbegleitender Emotionen haben.
Theoretischer Hintergrund Panikattacken (PA) sind ein in der Bevölkerung häufig auftretendes Phänomen, wie repräsentative epidemiologische Studien zeigen: Bis zu 20% der Personen erleben mindestens einmal im Leben einen Angstanfall oder eine Panikattacke; davon erfüllen aber nicht alle die geforderten Symptomkriterien einer klinisch relevanten »vollständigen Panikattacke«. Ein Teil der betroffenen Personen (ca. 2 – 4 %) erlebt weitere Panikattacken und erfüllt zudem die weiteren Diagnosekriterien einer Panikstörung. Lerntheoretische Modelle sehen eine besonders intensive, sogenannte initiale Panikattacke (iPA) als entscheidendes konditionierendes Ereignis für die Entwicklung einer Panikstörung. Dabei wird angenommen, dass neben der symptomatischen Schwere der Panikattacke weitere Faktoren die Krankheitsentwicklung beeinflussen. Relevant scheinen in dem vermuteten multifaktoriellen ätiologischen Geschehen u. a. sowohl Belastungen durch kritische Lebensereignisse als auch in zeitlicher Nähe zur iPA vorliegende psychische Erkrankungen zu sein. Eine weitere wichtige Rolle scheinen Charakteristika der iPA selbst sowie die Verarbeitung der Attacke und die Reaktion auf sie zu spielen. Die vorliegende Arbeit dient der vergleichenden Untersuchung initialer Panikattacken in einer bevölkerungsbasierten und in einer klinischen Stichprobe. Sie zielt auf die Identifizierung und Differenzierung möglicher, die Entwicklung einer Panikstörung begleitender Faktoren ab. Methode Die vorliegende Untersuchung basiert auf zwei Stichproben. Befragungsdaten der Study of Health in Pomerania – Life-Events and Gene-Environment Interaction in Depression (SHIPLEGENDE) bilden die Grundlage der bevölkerungsbasierten Stichprobe (N = 2400). Die Daten der klinischen Stichprobe (N = 234) wurden einerseits der Studie Mechanism of Action in CBT (MAC) entnommen; andererseits stammen sie von Patienten des ZPP des Instituts für Psychologie an der Universität Greifswald. Für die Untersuchung wurden übereinstimmende Erhebungsinstrumente und Auswertungsmethoden verwendet. Die iPA wurde mit dem neu entwickelten Interview zur Erfassung der initialen Panikattacke (iPA-Interview) erhoben. Psychische Störungen wurden strukturiert mittels der computergestützten Version des Münchener Composite International Diagnostic Interview (M-CIDI) erfasst. Die Stralsunder Ereignisliste (SEL) diente zur strukturierten Erhebung kritischer Lebensereignisse. Ergebnisse Rund 16 % der Befragten gaben an, mindestens einmal im Leben anfallartige Ängste erlebt zu haben. Knapp die Hälfte dieser Personen (7.6% aller Befragten) erlebte vollständige PA. Von diesen erfüllten ca. 46% die Kriterien einer Panikstörung (PD), ca. 18.4% im Zusammenhang mit einer komorbiden Agoraphobie. Initiale Panikattacken am Beginn einer Panikstörung waren nicht nur symptomatisch schwerer, sondern auch häufiger von einem Gefühl der Hilflosigkeit und Todesangst begleitet – insbesondere, wenn sie außerhalb des eigenen Zuhauses au traten. Sie verunsicherten anhaltend, initiierten als Bewältigungsversuche Selbstbeobachtung, häufige Arztbesuche und – sofern eine komorbide Agoraphobie vorlag – die Vermeidung von Situationen. Bereits im Vorfeld, aber auch nach der iPA, zeigte sich in beiden Stichproben eine erhöhte Komorbiditätsrate – vor allem bei Personen, die die Kriterien von PD und Agoraphobie erfüllten. Kritische Lebensereignisse traten häufiger im Vorfeld der Entwicklung von PD auf. Anhaltend belastende Lebensbedingungen schienen die Entwicklung einer komorbiden Agoraphobie zu begünstigen. Schlussfolgerungen Auf der Basis der vergleichenden Untersuchung einer bevölkerungsbasierten und einer klinischen Stichprobe unter Verwendung einer übereinstimmenden Methodik konnte bestätigt werden, dass initiale Panikattacken ausschlaggebende Ereignisse in der Entwicklung von PD darstellen, was im Einklang mit lerntheoretischen Modellen der PD steht. Zudem konnte gezeigt werden, dass nicht nur die iPA an sich, sondern auch Faktoren im zeitlichen Umfeld der iPA Einfluss auf die Krankheitsentwicklung haben können. Die erhöhte Komorbiditätsrate bei Vorliegen sowohl isolierter PA als auch PD zeigt, dass Panik häufig im Umfeld weiterer psychischer Auffälligkeiten auftritt. Diese Erkenntnis sowie der Befund, dass besonders anhaltende Belastungen schweren Formen der Panik vorausgehen, könnte als Ansatzpunkt zur Prävention und (Früh-)Intervention genutzt werden. Die Befunde dieser Untersuchung dürfen aufgrund der Erhebung im Querschnitt nicht kausal interpretiert werden und müssen noch durch eine Erhebung im Längsschnitt bestätigt werden. Dennoch sprechen die Ergebnisse dieser Arbeit für ein multifaktorielles Bedingungsgefüge der Ätiologie der Panikstörung.
Zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen motorischen Prozessen und der Vorstellung aus entwicklungspsychologischer Perspektive wurden insgesamt sechs Experimente durchgeführt. Im Mittelpunkt stand dabei der Einfluss der Motorik auf Vorstellungsprozesse. Dies ist vor dem Hintergrund einer gegenwärtig unter dem Schlagwort „embodied cognition“ wieder auflebenden historischen Strömung zu sehen, die in der Tradition Piagets steht und deren Vertreter den ontogenetischen und phylogenetischen Ursprung des Denkens in der Motorik vermuten. Eine experimentelle Annäherung an die Thematik erfolgte zum einen über die Beobachtung von Auswirkungen physiologischer Bewegungseinschränkungen auf die mentale Transformation körperbezogener Reize und zum anderen über die Auswirkung motorischer Handlungen auf die Vorstellung. Während andere Autoren davon ausgehen, dass dieser Einfluss bei jüngeren Kindern besonders stark ausgeprägt ist, und daher auf eine sich langsam lösende Bindung zwischen Motorik und Kognition schließen, hat sich dieser Trend in unserer Forschung nicht bestätigt. Zwar deutete sich auch bei Kindern eine qualitativ andere Beziehung zwischen Vorstellung und Motorik an, aber insgesamt wurde bei Erwachsenen ein stabilerer Einfluss der Motorik auf die Vorstellung gefunden. Bei Kindern fiel dieser Effekt eher variabel aus.
Das Ziel der vorliegenden Studie bestand darin, einen möglichen Einfluss des Darbietungsmodus auf die Leistung von Vorschulkindern in einer Aufgabe zur Theory of Mind (ToM) zu überprüfen. Dazu wurden die Leistungen von 94 Kindern zwischen 3 und 5 Jahren in einer klassischen Ortsverlagerungsaufgabe zum Verständnis falscher Überzeugungen (Wimmer & Perner, 1983) untersucht. Den Kindern wurde die Originalgeschichte entweder live oder als Videofilm präsentiert. Erstmalig konnte ein signifikanter Effekt des Darbietungsmodus in einer Aufgabe zur ToM nachgewiesen werden. Dieser ergab sich in der Altersgruppe der 4-Jährigen. Unabhängig vom Darbietungsmodus antworteten 3-Jährige überzufällig falsch und 5-Jährige überzufällig korrekt. Der nachgewiesene Effekt des Darbietungsmodus wird auf dem Hintergrund bereits bestehender Theorien zum so genannten Videodefiziteffekt (VDE) diskutiert.
Ziel: Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, den Beitrag den regionale Industrieunternehmen gegen Rechtsextremismus in ihrer Belegschaft leisten zu ermitteln und zu analysieren, welche Maßnahmen sie darüber hinaus ergreifen können, um dem Erwerb und der Verfestigung rechtsextremistischer Orientierungen bei ihren Arbeitnehmern entgegenzuwirken. Ausgegangen wurde von der Annahme, dass Unternehmen die Abwehr gegenüber rechtsextremistischen Orientierungen bei ihren Mitarbeitern begünstigen können, indem sie ein Arbeitsumfeld schaffen, das deprivationsbedingte Risikofaktoren wie Unzufriedenheit, geringes Commitment und subjektive Arbeitsplatzunsicherheit weitestgehend reduziert. Eine entsprechend gelebte Unternehmenskultur sollte sich demnach positiv auf die Abwehr der Mitarbeiter gegenüber rechtsextremistischen Orientierungen auswirken. Methode: Acht Industrieunternehmen aus vier verschiedenen Branchen nahmen an dieser Studie teil. Alle wurden in der Region Vorpommern, Deutschland, rekrutiert und hatten mehr als 100 Mitarbeiter. Insgesamt wurden die Daten von 485 Mitarbeitern zur endgültigen Analysen berücksichtigt. Es waren 141 Frauen im Alter zwischen 24 und 59 Jahre (M = 46.16, SD = 8.65) und 344 Männer im Alter zwischen 20 und 64 Jahre (M = 45.91, SD = 9.08). Ergebnisse: Eine subjektiv geringe Arbeitsplatzunsicherheit und ein hohes affektives Commitment wirken sich günstig auf die Abwehrbereitschaft der Arbeitnehmer gegenüber rechtsextremistischen Orientierungen aus. Bezüglich der Arbeitszufriedenheit ließen sich keine bedeutsamen Effekte feststellen. Darüber hinaus ist die subjektive Arbeitsplatzunsicherheit von der Höhe des affektiven Commitments abhängig. Die der Unternehmenskultur zugrundeliegenden Wertvorstellungen des Unternehmens beeinflussen die Stärke des affektiven Commitments und die Höhe der subjektiven Arbeitsplatzunsicherheit der Mitarbeiter. Es zeigt sich, dass die Unternehmenswerte damit in einem indirekten Zusammenhang mit der Abwehrbereitschaft der Mitarbeiter gegenüber rechtsextremistischen Orientierungen stehen. Zusätzlich wurde analysiert, welchen Einfluss die Persönlichkeit der Arbeitnehmer auf die untersuchten Wirkzusammenhänge hat. So wirkt sich die subjektive Arbeitsplatzunsicherheit nur bei Personen mit hoch autoritärer Persönlichkeit bzw. mit niedriger sozialer Dominanzorientierung auf die Abwehr rechtsextremistischer Einstellungen aus. Für niedrig autoritäre sowie für die hoch sozial dominanzorientierten Persönlichkeiten zeigt sich dagegen eher die Höhe des affektiven Commitment als ausschlaggebend für die Abwehrbereitschaft gegenüber rechtsextremistischen Einstellungen.
The learning theory of panic disorder differs between panic attacks and anxious apprehension as distinct emotional states. Acute panic is accompanied by extreme fear, experience of strong body symptoms reflecting autonomic surge and flight tendencies. In contrast, anxious apprehension is associated with hypervigilance towards bodily sensations and increased distress when subtle somatic symptoms are identified. Following animal models, these clinical entities reflect different stages of defensive reactivity depending upon the imminence of interoceptive or exteroceptive threat cues with lowest distance to threat during panic attacks. We tested this model by investigating the dynamics of defensive reactivity in a large group of patients suffering from panic disorder and agoraphobia (PD/AG) prior to a multicenter controlled clinical trial. Three hundred forty-five patients participated in a standardized behavioral avoidance test (being entrapped in a small, dark chamber for 10 minutes). Defensive reactivity was assessed measuring avoidance and escape behavior, self reports of anxiety and panic symptoms, autonomic arousal (heart rate and skin conductance), and potentiation of the startle reflex before and during the exposure period of the behavioral avoidance test. While 125 patients showed strong anxious apprehension during the task (as indexed by increased reports of anxiety, elevated physiological arousal, and startle potentiation), 72 patients escaped from the test chamber. Active escape was initiated at the peak of the autonomic surge accompanied by an inhibition of the startle response as predicted by the animal model. These physiological responses were observed during 34 reported panic attacks as well. We found evidence that defensive reactivity in PD/AG patients is dynamically organized ranging from anxious apprehension to panic with increasing proximity of interoceptive threat. Importantly, the patients differed quite substantially according defensive reactivity during the behavioral avoidance test despite all patients received the same principal diagnosis. These differences can be explained in part by differences in the disposition according to two genetic variants previously associated with panic disorder. Patients carrying the risk variant of a polymorphism in the neuropeptide S receptor gene showed an overall increased heart rate during the whole behavioral avoidance test reflecting an enhanced sympathomimetic activation and consequently arousal level. During the entrapment situation in which heart rate further increased over an already elevated baseline level, risk variant carriers were prone to experience more panic symptoms. This is in line with the learning perspective of panic disorder, postulating that internal cues of elevated arousal increase the chance of experiencing another panic attack once they have been associated with aversive responses. Furthermore, the risk variant of a polymorphism in the monoamine oxidase A gene was observed to augment the occurrence of panic attacks and escape behavior preparation. In addition, we find evidence that suggest an enhanced resistance to corrective learning experiences as indicated by a lack of a reduction of avoiding and escaping behavior during repeated test chamber exposures in wait-list control patients carrying the risk gene variant. Both effects may strengthen the learning mechanism hypothesized to be involved in the pathogenesis of panic disorder. Exteroceptive and interoceptive cues previously associated with the initial panic attack might trigger subsequent attacks in risk allele carriers more rapidly while simultaneously the opportunity to dissolve once established associations due to contradictory experiences is limited. Now, differential dispositions regarding defensive reactivity in PD/AG patients has to be linked to mechanisms supposed to be involved in exposure based therapy. First outcome evaluations of the clinical trial indicated that a behavioral therapy variant suggested to be linked with higher fear activation during exposure exercises is more effective than another. Further analyses have to proof whether those patients showing a clear specific fear response during the behavioral avoidance test benefit more than others from exposure based therapy.
The fear of somatic sensations is highly relevant in the etiology and maintenance of various disorders. Nevertheless, little is known about this fear of body symptoms and many questions are yet unanswered. Especially physiological studies on interoceptive threat are rare. Therefore, the present thesis investigated defensive mobilization, autonomic arousal, and brain activation during the anticipation of, exposure to, and recovery from unpleasant body sensations. Symptoms were provoked using a standardized hyperventilation procedure in a sample of high (and as controls: low) anxiety sensitive individuals - a population high at risk for developing a panic disorder and high in fear of internal body symptoms.
In study one, anxious apprehension was investigated during anticipation of interoceptive threat (somatic sensations evoked by hyperventilation) and exteroceptive threat (electric shock). Symptom reports, autonomic arousal, and defensive mobilization assessed by the startle eyeblink response were analyzed. Extending the knowledge on anticipation of interoceptive threat, study two investigated the neural networks activated during anxious apprehension of unpleasant body sensations. Symptom reports and startle response data were collected during a learning session after which participants high and low in fear of somatic symptoms attended a fMRI session anticipating threat (hyperventilation – learned to provoke unpleasant symptoms) or safety (normal breathing). Study three examined the actual exposure to internal body symptoms, investigating symptoms reports, autonomic arousal, and the startle eyeblink response during guided breathing (hyperventilation and, as a non-provocative comparison condition, normoventilation) and during recovery. And finally, study four addressed changes in the defensive mobilization during repeated interoceptive exposure via a hyperventilation procedure. High and low anxiety sensitive persons went through two guided hyperventilation and normoventilation procedures that were spaced one week apart while symptom reports, breathing parameters, and startle response magnitudes were measured.
In study one it was demonstrated that the anticipation of exteroceptive threat led to a defensive and autonomic mobilization in high and low anxiety sensitive individuals, while during interoceptive threat only high anxiety sensitive participants were characterized by a potentiated startle response and autonomic activation. Imaging data of study two revealed that 1) during anticipation of hyperventilation all participants were characterized by an increased activation of a fear network consisting of anterior insula/ orbitofrontal cortex and rostral parts of the dorsal anterior cingulate cortex/ dorsomedial prefrontal cortex, 2) high fear individuals showed higher anxious apprehension than low fear controls during the entire context (safe and threat conditions), indexed by an overall stronger activation of the described network, and 3) while low fear controls learned that (undisclosed to all participants) in the fMRI scanner the threat cue was not followed by an unpleasant hyperventilation task, high fear participants continued to show stronger fear network activation to this cue. In study three it was demonstrated, that the hyperventilation procedure led to a marked increase in somatic symptoms and to autonomic arousal. While high and low anxiety sensitive groups did not differ during hyperventilation, in the early recovery only high anxiety sensitive individuals showed defensive mobilization, indicated by potentiated startle response magnitudes, and increased autonomic arousal after hyperventilation as compared to after normoventilation. Substantiating these findings, in study four all participants reported more symptoms during hyperventilation than during normoventilation, in both sessions. Nevertheless, only high anxiety sensitive participants displayed a potentiation of startle response magnitudes after the first hyper- vs. normoventilation. One week later, when the exercise was repeated this potentiation was no longer present and thus both groups no longer differed in their defensive mobilization. Even more, the number of reported baseline symptoms decreased from session one to session two in the high-AS group. While high anxiety sensitive persons reported increased baseline anxiety symptoms in session one, groups did not anymore differ in session two.
These data indicate that the standardized hyperventilation procedure is a valid paradigm to induce somatic symptoms. Moreover, it induces anxious apprehension especially in persons highly fearful of internal body symptoms. The repetition of interoceptive exposure, however, reduces associated fear in highly fearful individuals. Thus, this paradigm might provide an innovative method to study anxious apprehension and also treatment effects in patients with panic disorder. The present findings are integrated and discussed in the light of the current literature.
Die vorliegende qualitativ-hermeneutische Dissertation untersucht auf der Basis von 20 Interviews die Motivation von Patientinnen der Plastischen Alterschirurgie, die einen größeren Eingriff (Facelift) anvisieren oder bereits haben vornehmen lassen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das bisher gängige Prozedere die psychologischen Risiken und Nebenwirkungen einer solchen Operation vernachlässigt. Nach Sichtung der bewussten Beweggründe der Patientinnen und des sozialen Kontextes ihrer Entscheidung für eine OP beleuchtet die Arbeit komplexe Fragen des persönlichen Selbst- und Weltbilds, der Emotionalität und neurotischer Fixierungen. Das häufige Vorliegen von maladaptivem Coping, narzisstischem Selbstwertmanagement, niedriger sozioemotionaler Kompetenz, fehlender Sinnressourcen, wie auch der Neigung zum Selbstbetrug wirft ein problematisches Licht auf die Indikation. Unter Abwägung der Chancen und Risiken einer OP aus psychotherapeutischer Sicht erscheint es zweifelhaft, ob ein verjüngender Eingriff die Probleme der Patientinnen beheben kann, ob er unter ungünstigen Umständen nicht sogar mehr schadet als nützt. Dieses grundsätzliche psychologische Dilemma könnte berücksichtigt und minimiert werden durch ein verbindliches psychologisches Beratungs- und Aufklärungsgespräch im Vorfeld der Operation. So schließt die Arbeit mit dem Vorschlag eines kombinierten chirurgisch-psychologischen Vorgehens zur ganzheitlich konzipierten Therapie der Altersängste der Patientinnen, eine Neuerung, die sowohl im Dienst der Patienten wie auch im Dienst des behandelnden Chirurgen stünde.
Einhergehend mit dem Zuwachs an bildgebenden Befunden, die auf Dysfunktionen in komplexen kortikalen Netzwerken bei Personen mit ADHS hinweisen, gewannen auch störungsspezifische Modelle der ADHS zunehmend an Komplexität. Während frühe Modelle spezifische Kerndefizite, insbesondere ein kognitives und motorisches Inhibitionsdefizit, als ursächlich annahmen (Barkley, 1997; Quay, 1997), sehen aktuelle Theorien die ADHS nicht singulär determiniert, sondern durch mehrere Faktoren bedingt. Neben exekutiven Dysfunktionen betonen sie auch die Bedeutsamkeit von motivationalen Prozessen am Zustandekommen des klinischen Phänotyps (Nigg & Casey, 2005; Sagvolden, Johansen, Aaase, & Russell, 2005; Sergeant, 2000; Sonuga-Barke, 2002). Eines dieser Modelle, die Verzögerungsaversions-Hypothese, die im Laufe der Jahre zu einem umfassenden theoretischen Erklärungsmodell der ADHS weiterentwickelt wurde (Dual Pathway Model; Sonuga-Barke, 2002; 2005), geht davon aus, dass Kinder mit ADHS gegenüber nicht von ADHS betroffenen Kindern über einen stärker ausgeprägten motivationalen Stil verfügen, Verzögerungen in Handlungsabläufen bewusst zu vermeiden und möglichst unmittelbare Handlungskonsequenzen zu bevorzugen, um aversive Zustände des Wartens zu vermeiden. Ein erhöhtes Ausmaß an Verzögerungsaversion wurde seit der Formulierung dieser Hypothese bei Kindern mit ADHS in einer Vielzahl von Studien nachgewiesen. An die Verzögerungsaversions-Hypothese anknüpfend beschäftigt sich die vorliegende Arbeit sich mit den Fragestellungen, ob Verzögerungsaversion lediglich ein Phänomen des Kindes- und Jugendalters darstellt, oder ob es sich auch bei Erwachsenen mit ADHS manifestiert (Marx et al., 2010), wie spezifisch Verzögerungsaversion für das Störungsbild der ADHS gegenüber anderen psychischen Störungsbildern ist (Vloet et al., 2010; Wilhelm et al., 2011) und inwiefern externe Anreize im Sinne moderierender Faktoren geeignet sind, das auf der Verhaltensebene gezeigte Ausmaß an Verzögerungsaversion positiv zu beeinflussen, d. h. es zu mildern oder möglicherweise sogar zu nivellieren (Marx et al., 2011; 2013). Die Ergebnisse dieser Arbeit belegen, dass Verzögerungsaversion ein zeitlich überdauerndes motivationales Defizit darstellt, welches nicht allein bei Kindern, sondern altersinvariant auch bei Erwachsenen mit ADHS auftritt (Marx et al., 2010; 2013). Dieses Defizit kann jedoch durch motivationale Anreize positiv beeinflusst werden. So können antizipierte finanzielle Belohnungen und subjektiv hoch bedeutsame, nicht finanzielle positive und negative Verhaltenskonsequenzen das gegenüber Kontrollpersonen erhöhte Ausmaß an Verzögerungsaversion mindern und sogar ausgleichen (Marx et al., 2011; 2013). Hinsichtlich der Spezifität von Verzögerungsaversion für das Störungsbild der ADHS konnte eine Abgrenzung gegenüber der Zwangsstörung gezeigt werden (Vloet et al., 2010), eine ätiopathologische Differenzierung von Essstörungen gelang hingegen nicht (Wilhelm et al., 2011). Die Befunde der vorliegenden Arbeit weisen wichtige Implikationen für die theoretische Modellbildung auf, indem sie den Geltungsbereich des Dual Pathway-Modells der ADHS (Sonuga-Barke, 2002) auf das Erwachsenenalter ausweiten und eine Verbindung zwischen dem exekutiven und dem motivationalen Pfad des Modells schaffen, die durch Moderatoreffekte generiert wird: In Abhängigkeit von der subjektiven Valenz antizipierter Verstärker scheint eine verstärkte exekutive Kontrolle motivationaler Funktionen stattzufinden, die Personen mit ADHS dazu bewegt, trotz verzögerungsreicher Kontexte möglichst optimale Leistungsergebnisse zu erzielen. Ferner lässt sich aus der vorliegenden Arbeit ein therapeutischer Nutzen ableiten: Während die Verzögerungsaversions-Hypothese davon ausgeht, dass das auf der Verhaltensebene mit Verzögerungsaversion assoziierte dysfunktionale Verhalten von Kindern mit ADHS in verzögerungsreichen Kontexten durch die häufige und unmittelbare Belohnung funktionalen Verhaltens positiv beeinflusst werden kann (Sagvolden et al., 2005), lassen die aktuellen Ergebnisse (Marx et al., 2011) vermuten, dass eine unmittelbare Verstärkung erwünschten Verhaltens nicht zwangsläufig immer notwendig ist, sondern dass auch längere Zeitintervalle überbrückt werden können, wenn die antizipierte Belohnung eine hohe subjektive Relevanz aufweist.
Theoretischer Hintergrund: Ausdauerndes Handeln (Persistenz) ist für das Erreichen schwieriger Ziele notwendig. Ohne Persistenz und die zugrundliegenden motivational-kognitiven Prozesse würde eine Person bei auftretenden Schwierigkeiten jede Handlung sofort abbrechen. Allerdings stellen sich manche Ziel-Intentionen als kaum umsetzbar heraus, sodass das Ziel, wenn überhaupt, nur unter unverhältnismäßig hohen Kosten erreicht werden kann. Persistenz würde dann zu einer Verschwendung von Anstrengung, Zeit oder Geld führen. Wie vorangegangene Studien gezeigt haben, neigen Menschen dazu, an solchen fehlgehenden oder verlustreichen Handlungen festzuhalten. Somit kann Persistenz nicht der einzige Faktor sein, der für eine effektive und ressourcenschonende Zielverfolgung wichtig ist. Zielgerichtetes Verhalten muss auch an relevante Veränderungen, die während des Zielstrebens auftreten, angepasst werden, was gegebenenfalls, z. B. bei Lebensgefahr, auch zum Handlungsabbruch führen sollte. In der vorliegenden Arbeit wird eskalierende Persistenz als spezifischer Aspekt dieses Persistenz-Flexibilitäts-Dilemmas (Goschke, 2008) analysiert. Der volitionale Zustand, der die Grundlage zielgerichteter Persistenz bildet, wird üblicherweise als Commitment bezeichnet. Gemäß volitionspsychologischer Ansätze, wie der Goal-Setting Theorie (Locke & Latham, 2002) oder dem Rubikon-Model der Handlungsphasen (Gollwitzer, 1990), wird Commitment als Festlegung auf die Erreichung eines Ziels beschrieben. Das Konstrukt wird jedoch eher allgemein definiert. Mit der vorliegenden Arbeit wird das Commitment-Modell der Handlungsphasen (CMHP) vorgeschlagen, das auf dem Rubikon-Modell aufbaut und eine neue, präzisere Perspektive auf Commitment und dessen Implikationen für eskalierende Persistenz bietet. Im CMHP wird Commitment als relative stabile Eigenschaft der Ziel-Intention verstanden, die die Aufrechterhaltung der Intention motivational und kognitiv unterstützt. Somit bleiben die Intention und ihre Umsetzung bei hohem Commitment relativ unbeeinflusst von Problemen, Unannehmlichkeiten oder anderen negativen Veränderungen. In solchen Fällen konzentriert sich die Person unbeirrt auf die Umsetzung und bewertet das Ziel weiterhin positiv. Diese anfänglich funktionale Stabilität der Intention kann zu eskalierender Persistenz führen, wenn Risiken und Kosten der Zielverfolgung weiter ansteigen oder auf unvorteilhaftem Niveau verbleiben. Gemäß dem CMHP wird eskalierende Persistenz durch eine reduzierte kognitive Repräsentation von Problemen verursacht, die besonders bei hohem Commitment auftritt. Je höher das Commitment der Intention ist, desto stärker reduziert sich die kognitive Repräsentation von Problemen und desto unwahrscheinlicher ist es, dass ein Handlungsabbruch erwogen wird. Somit führen bei hohem Commitment selbst schwerwiegende Problem nicht unmittelbar zum Handlungsabbruch. Empirische Studien: In Studie 1 (N = 115) sollte gezeigt werden, dass problembezogene Informationen bei hohem Commitment nur abgeschwächt kognitiv repräsentiert werden. Dazu wurden die Faktoren Commitment und Probleme bei einer computergestützten Leistungsaufgabe experimentell variiert. Es zeigte sich modellkonform, dass bei geringem Commitment die kognitive Repräsentation der Probleme deutlich positiv vom Faktor Probleme abhing, wohingegen bei hohem Commitment sowohl geringe als auch starke Probleme kaum repräsentiert wurden. In Studie 2 gelang es Commitment (als stabilen Parameter der Intention) und Volitionsstärke (als flexiblen Parameter der Intention) empirisch zu differenzieren. In diesem Längsschnittexperiment (N = 149) konnte gezeigt werden, dass das Commitment für ein persönliches Ziel über drei Wochen stabil verlief, während die Volitionsstärke eine flexible Charakteristik aufwies. Zudem stimmte ein Modell mit zwei spezifischen Faktoren der Handlungsregulation (Commitment und Volitionsstärke) zu allen Messzeitpunkten deutlich besser mit den empirischen Daten überein, als ein Modell mit nur einem globalen Faktor (Commitment = Volitionsstärke). In Studie 3 (N = 120) wurden Validitätsprobleme des Commitment-Selbstberichts untersucht, die offenbar dem konstruierten Charakter von Intentionen in Laboruntersuchungen geschuldet sind. Bei persönlichen Zielen liegen demgegenüber keine Validitätsprobleme des Commitment-Selbstberichts vor. Diskussion: Die Annahmen des CMHP wurden durch die Ergebnisse überwiegend bestätigt. In allen drei Studien wurde umso ausdauernder an problematischen Intentionen festgehalten, je höher das Commitment war. Die Konstrukte Commitment und Volitionsstärke konnten empirisch differenziert werden. Zudem wurde die spezifische Rolle von Commitment bei der kognitiven Repräsentation von problembezogenen Informationen gezeigt. Abschließend wird die Bedeutung der Ergebnisse für Maßnahmen zur Prävention von eskalierender Persistenz diskutiert.
Bezugsnormen stellen in der Leistungsmotivation ein zentrales Konstrukt dar. Durch die Bewertung eines Handlungsresultats an individuellen, sozialen oder kriterialen Bezugsnormen wird die Leistungsgüte bestimmt. Während individuelle Bezugsnormen eine temporale Perspektive eröffnen und somit den Zusammenhang von Anstrengung und Leistungszuwachs erkennbar machen und ihnen motivational förderliche Effekte zugesprochen werden, kann an der sozialen Bezugsnorm der Rangplatz in einer Vergleichsgruppe bestimmt werden. Die soziale Bezugsnorm soll motivational hemmende Wirkung haben. Diese angenommenen Effekte werden unter Berücksichtigung von Zielorientierung und Persönlichkeitsfaktoren genauer untersucht. Als theoretischer Rahmen dient hierbei das hierarchische Modell der Motivation. In Studie 1 (N = 204) zeigt sich eine differentielle Wirkung der Bezugsnormen: Unterschiede finden sich im Interesse an der Aufgabe, im Zielcommitment und im Fähigkeitsselbstkonzept. In Studie 2 wird der gemeinsame Einfluss von Zielorientierungen und Bezugsnormen auf die Aufgabenwahl geprüft. In dieser Untersuchung (N = 546) können die angenommenen Zusammenhänge nicht gezeigt werden. Vielmehr findet sich ein relevanter Zusammenhang von Neurotizismus und Vermeidungs-Leistungszielorientierung. In Studie 3 (N = 90) wird geprüft, ob sich die Präferenz für eine Leistungsrückmeldung mit klassischen motivationspsychologischen Variablen vorhersagen lässt. Die Ergebnisse erlauben keine Vorhersage anhand der gewählten Variablen. Es zeigt sich jedoch wiederum ein relevanter Zusammenhang von Neurotizismus und Vermeidungs-Leistungszielen. Vor dem Hintergrund des hierarchischen Modells der Motivation kann das Konstrukt der Bezugsnormen in den aktuellen theoretischen Rahmen eingeordnet werden. In den drei berichteten Studien werden die geprüften Annahmen teilweise bestätigt. Die Ergebnisse werden unter Berücksichtigung des gefundenen Zusammenhangs von Neurotizismus und Vermeidungs-Leistungszielorientierung diskutiert.
Hohe Komorbiditätsraten deuten auf eine Überspezifikation deskriptiver diagnostischer Kategorien psychischer Störungen hin. Angststörungen und depressive Störungen sind mit einer Dysregulation zweier aktivierender körperlicher Regelsystemen, dem autonome Nervensystem und der hormonellen Stressachse assoziiert. In der aktuellen Untersuchung werden Kategorien von Patienten mit Angst- und depressiver Symptomatik hinsichtlich Herzratenvariabilität (HRV) als Marker des autonomen Nervensystems und 24h-Urincortisol als Indikator des hormonellen Systems verglichen. Diagnoseübergreifend werden Biomarker und Psychopathologieselbstberichte dimensional in Beziehung gesetzt. Die Rolle von Bewegungsverhalten, Erkrankungsdauer, Medikation sowie Alkohol- und Nikotinkonsum wird berücksichtigt. Bei den 217 untersuchten Patienten einer universitären Psychotherapieambulanz, 80% davon mit primären Angst- oder depressiven Störungen, wird einmalig vor Therapiebeginn HRV und 24h-Urincortisol erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass die berichtete Symptomatik in ihrer Störungsspezifizität nur bedingt mit den jeweils vergebenen Diagnosen in Übereinstimmung zu bringen ist. Patienten mit Angststörungen ohne komorbide Depression wiesen eine höhere HRV auf als Patienten mit depressiven Störungen bzw. gemischter Symptomatik. Hinsichtlich Urincortisol gab es keine Gruppenunterschiede zwischen den Diagnoseclustern. Dimensional ergeben sich positive Assoziationen zwischen Traitangst und Urincortisol. Die HRV ist negativ mit anhedonischer depressiver Symptomatik assoziiert. Medizierte Patienten hatten im Vergleich zu unmedizierten eine reduzierte HRV, diese Gruppenunterschiede konnten jedoch statistisch durch Altersunterschiede zwischen den Gruppen erklärt werden. Werden nur unmedizierte Patienten berücksichtigt, verlieren Gruppenunterschiede zwischen den Diagnoseclustern hinsichtlich der HRV ihre statistische Signifikanz. Dimensionale Zusammenhänge zwischen den Biomarkern und Psychopathologie bleiben bestehen. Bewegungsverhalten ist negativ mit Psychopathologie und Erkrankungsdauer, aber positiv mit HRV assoziiert. Die Ergebnisse werden hinsichtlich der besonderen Bedeutung von Bewegungsverhalten für Psychopathologie sowie die unterliegenden biologischen Prozesse diskutiert. Darüberhinaus geben sie Hinweise darauf, dass dimensionale Diagnostik psychopathologierelevante biologische Prozesse besser abbildet als kategoriale Diagnostik.
Fragestellung:In der vorliegenden Dissertation wurde unter Verwendung eines psychophysiologischen Paradigmas zur präattentiven Aufmerksamkeit sowie neuropsychologischer Tests zur kontrollierten Aufmerksamkeit schizophrene Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollen unter Beachtung einer Vielzahl soziodemografischer und klinischer Einflussfaktoren im Quer- und im Längsschnitt untersucht. Eine gestörte Informationsverarbeitung gilt als pathogenetischer Faktor der schizophrenen Erkrankung und bildete den theoretischen Rahmen. Von weiterem Interesse war der Zusammenhang zwischen präattentiver und kontrollierter Aufmerksamkeit im Sinne konvergenter und diskriminanter Konstruktvalidität. Methode:Die Untersuchung folgte dem Behandlungsverlauf schizophrener Patienten, die erstmalig bei Klinikaufnahme und nach vier Wochen stationärer Behandlung untersucht wurden. Präattentive Aufmerksamkeit wurde mithilfe der Präpulsinhibition der Schreckreaktion (PPI) unter Verwendung der stimulus onset asynchronies(SOAs) 30, 60, 90, 120, 240ms und kontrollierte Aufmerksamkeit mithilfe der Tests geteilte Aufmerksamkeit und Reaktionswechsel aus der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP) operationalisiert. Für die Auswertung der neuropsychologischen Tests wurde DPrime als Maß für die Reaktionsgenauigkeit und der Median der Reaktionszeiten in ms als Maß für die Reaktionsgeschwindigkeit verwendet. In der Querschnittsanalyse wurden 33 schizophrene Probanden und 33 gesunde Kontrollen und in der Längsschnittanalyse wurden 13 schizophrene Probanden und 17 ge-sunde Kontrollen jeweils vergleichbarer Bildung untersucht. Für die Zusammenhangsanalyse zwischen PPI und kontrollierter Aufmerksamkeit standen die Tests „geteilte Aufmerksam-keit“, „Aufmerksamkeitswechsel“ sowie „Arbeitsgedächtnis“ von 33 gesunden Probanden und 26 schizophrenen Patienten zur Verfügung. Ergebnisse:In der Querschnittsanalyse konnte nur für mehrfacherkrankte und medikamentös vorbehandelte Patienten psychophysiologische und neuropsychologische Defizite im Vergleich zu gesunden Kontrollen gefunden wer-den. Alter, Geschlecht und Nikotinkonsum stellten neben vereinzelten Einflüssen keine profunden Moderatorvariablen dar, was auch für klinische Variablen wie die Medikamentendo-sis, das Ersterkrankungsalter und die Psychopathologie galt. Das SOA 60ms wies einen ne-gativen Zusammenhang zur Anzahl der stationären Aufenthalte auf. Zwischen Kontrollen und Ersterkrankten ergaben sich keine Unterschiede in der PPI, beide schnitten signifikant besser als mehrfacherkrankte Patienten ab. Für die Neuropsychologie war die medikamentöse Vorbehandlung unabhängig von der Medikamentendosis und der Erkrankungsdauer der entscheidende Nachteil. Die Art des Neuroleptikums hatte keinen Einfluss. Die Befunde ließen sich in der Tendenz in der verringerten Verlaufsstichprobe replizieren. Die PPI erwies sich für Kontrollen als reliabel mit einer IKK von .687 für das SOA 60ms und einer IKK von .740 für das SOA 120ms, welches für die Patientengruppe nicht nachgewiesen werden konnte. Dort zeigte sich in der Tendenz mehr Bewegung dergestalt, dass Probanden mit einer hohen PPI, die sich sowohl in der Kontroll- als auch in der Patientengruppe fanden, leicht verringerte und Probanden mit einer niedrigen PPI, die eher in der Gruppe der Patienten ver-treten waren, leicht erhöhte Werte nach 4 Wochen aufwiesen. In den neuropsychologischen Tests geteilte Aufmerksamkeit und Reaktionswechsel verbesserten sich Kontrollen und Patienten gleichermaßen. Zwischen zum Aufnahmezeitpunkt unbehandelten Patienten und Kontrollen wurde erneut kein Gruppenunterschied signifikant. Auch in der Längsschnittanalyse war für die Variablen Alter, Geschlecht und Nikotinkonsum sowie für die Medikamentendo-sis und die Psychopathologie kein konsistenter Einfluss auf Psychophysiologie oder Neuropsychologie nachweisbar. Zwischen dem SOA 60ms und dem Kennwert Reaktionsgenauigkeit im Test geteilte Aufmerksamkeit wurde ein positiver korrelativer Zusammenhang nur in der Patientengruppe gefunden. Dieses Ergebnis wird kritisch diskutiert, da auch ein Zusammenhang in der Kontrollgruppe und v.a. für das durch Aufmerksamkeit modulierbare SOA 120ms erwartet worden wäre. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse sind eingebettet in Literatur, die zeigen konnte, dass die vielfach beschriebenen Defizite in der Informationsverarbeitung schizophrener Patienten oder ihrer Angehörigen auch zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht unabhängig von verschiedenen Einflussgrößen zu bewerten sind. Die Diskussion, ob es sich bei kognitiven Defiziten schizophrener Patienten um state oder um trait marker handelt, ist weiterhin offen. Aufklärung kann von Studien erwartet werden, die gesunde Kontrollen und Patienten vergleichbarer Bildung unter Berücksichtigung der individuellen Krankheits- und Behandlungsgeschichte untersuchen. Die Verwendung multipler psycho-physiologischer und neuropsychologischer Paradigmen im Sinne eines Multitrait- Multimethod Ansatzes würde in zukünftigen Studien validere Aussagen ermöglichen.
Die zunehmende Digitalisierung und Technologisierung sorgt branchenübergreifend für eine Verlagerung der subjektiv erlebten Beanspruchung von physischer hin zu mentaler Beanspruchung. Um Arbeitsabläufe hinsichtlich auftretender Schwankungen mentaler Beanspruchung optimierbar zu machen, muss diese in Echtzeit am Arbeitsplatz erfassbar sein. Die Verwendung physiologischer Messinstrumente wie Elektrokardiogramm, Eye Tracking und Hautleitfähigkeit bieten dabei eine Möglichkeit der objektiven Quantifizierung der auftretenden Schwankungen. Im Rahmen verschiedener Feld- und Laborstudien konnte gezeigt werden, dass, in Abhängigkeit der Analyseeinheit (gesamter Prozess oder einzelne beanspruchungsinduzierende Events), unterschiedliche physiologische Parameter in der Lage sind Veränderungen der mentalen Beanspruchung nachzuweisen. Insgesamt erwiesen sich dabei die Herzfrequenz sowie die Ausdehnung der Pupille als sensitivste Indikatoren. Für eine live Erfassung im Arbeitsprozess bedarf es zukünftig, neben der Weiterentwicklung von tragbarer Messmethodik (Wearables), eine Entwicklung neuer Algorithmen zur Kombination verschiedener Parameter zu einem allgemeinen Indikator für mentale Beanspruchung, sowie der Bearbeitung einiger theoretischer Probleme, wie unter anderem der Definition von Grenzwerten der mentalen Beanspruchung. Um abseits bestehender Probleme Veränderungen der Beanspruchung am konkreten Arbeitsplatz einschätzbar zu machen, wurde eine alternative Auswertungsstrategie basierend auf kurzfristigen Peaks und längerfristigen Plateaus vorgeschlagen.
Brain aging even in healthy older adults is characterized by a decline in cognitive functions including memory, learning and attention. Among others, memory is one of the major cognitive functions affected by aging. Understanding the mechanisms underlying age-related memory decline may help pave the road for novel treatment strategies. Here, we tried to elucidate the neural correlates associated with memory decline using structural and functional neuroimaging and neuromodulation with transcranial direct current stimulation (tDCS).
Over the course of three studies, we investigated 1) the influence of white matter integrity and grey matter volume on memory performance in healthy older adults, 2) the role of functional coupling within the memory network in predicting memory performance and the impact of tDCS in modulating retrieval performance in healthy older adults, 3) the effect of tDCS over the sensorimotor cortex on cognitive performance in young adults.
MRI was used to study associations of cognitive performance with white matter integrity and grey matter volume, and examine their causal relationship in the course of aging. White matter integrity was assessed by acquiring diffusion tensor imaging (DTI) and performing deterministic tractography based on constrained spherical deconvolution. Grey matter volume was estimated using fully automated segmentation. Both white matter integrity and grey matter volume were correlated with behavioral data of a verbal episodic memory task. Percentage of correct answers at retrieval was used to measure memory performance (Manuscript 1). In addition, anodal tDCS (atDCS) (1 mA, 20 min) was applied over CP5 (left temporoparietal cortex) to modulate memory formation in healthy older adults. Participants underwent resting-state fMRI before the stimulation. Functional connectivity analysis was performed to determine whether functional coupling within the memory network predicted initial memory performance, and to examine its association to tDCS-induced enhancement effect (Manuscript 2). Finally, atDCS (1 mA, 20 min) was applied over C3 (left sensorimotor cortex) to explore the effect of tDCS over the sensorimotor cortex on cognitive performance in young adults. During the stimulation, participants performed three tasks; gestural task, attentional load task and simple reaction time task (Manuscript 3).
Results showed that volumes of the left dentate gyrus (DG) and tractography-based fractional anisotropy (FA) of individual fornix pathways were positively related to memory retrieval in older adults. Brain-behavior associations were observed for correct rejections rather than hits of memory performance, indicating specificity of memory network functioning for detecting false associations. Thus, the data suggested a particular role of neural integrity that promotes successful memory retrieval in older adults. Subsequent mediation analysis showed that left DG volume mediated the effect of fornix FA on memory performance (48%), corrected for age, revealing a crucial role of hippocampal pathway microstructure in modulating memory performance in older adults (Manuscript 1). tDCS results showed that atDCS led to better retrieval performance and increasing learning curves, indicating that brain stimulation can induce plasticity of episodic memory processes in older adults. Combining tDCS and fMRI, hippocampo-temporoparietal functional connectivity was positively associated with initial memory performance in healthy older adults and was positively correlated with the magnitude of individual tDCS-induced enhancement, suggesting that individual tDCS responsiveness may be determined by intrinsic network coupling (Manuscript 2). Finally, our findings suggested that atDCS over left sensorimotor cortex reduced reaction times in the gestural-verbal integration task, specifically for incongruent pairs of gestures and verbal expressions, indicating the role of sensorimotor cortex in gestural-verbal integration in young adults (Manuscript 3).
The results of all three studies may help to elucidate age-related structural deterioration and functional coupling network underlying cognitive processes in healthy adults. Furthermore, these studies emphasized the importance of interventions like tDCS in modulating cognitive performance, specifically episodic verbal memory and gestural-verbal integration. By unveiling the specific role of brain structures and functional network coupling as well as the role of tDCS in modulating cognitive performance, our results contribute to a better understanding of brain-behavior associations, and may help to develop clinical interventional approaches, tailored for specific cognitive functions in aging.
Die Expositionstherapie ist die Methode der Wahl zur Behandlung von Angsterkrankungen. Die Mechanismen, die einer erfolgreichen Expositionstherapie zugrunde liegen, sind allerdings noch nicht ausreichend geklärt.
Diese Arbeit beschäftigt sich zum Einen mit Optimierungsstrategien zur Verbesserung der Expositionstherapie und analysiert zum Anderen in grundlagenexperimentellen Untersuchungen sowohl Rekonsolidierungsprozesse als auch die Mechanismen von Extinktionslernen als dem derzeit angenommenen primären Wirkfaktor von Expositionstherapie.
Fragestellungen: In dieser Dissertation wurde unter Verwendung psychophysiologischer Parameter die affektive Dysregulation bei Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) untersucht. Klinische Beobachtungen legen nahe, dass Personen mit einer BPS Defizite in der emotionalen Steuerung, eine sogenannte affektive Dysregulation mit einer hohen emotionalen Reaktivität, vor allem auf aversive affektive Reize, aufweisen. Die empirischen Befunde sind jedoch inkonsistent. Es wurde daher experimentell überprüft, ob sich bei Patienten mit BPS generell eine gesteigerte emotionale Reaktivität im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden nachweisen lässt oder ob sich die affektive Dysregulation vorrangig in Reaktion auf persönliche oder störungsspezifische emotionale Themen zeigt. Zusätzlich wurde der Einfluss einer, bei der BPS häufigen, komorbiden Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sowie einer dissoziativen Symptomatik auf die emotionale Reaktivität der BPS-Patienten untersucht. Methodik: Unter Verwendung eines Paradigmas zur Imagination emotionaler Skripte wurden die affektiven Reaktionen von 40 unmedizierten BPS-Patienten (37 weiblich) und 32 psychisch gesunden Kontrollprobanden (27 weiblich) untersucht. Neben standardisierten emotional unangenehmen, neutralen und angenehmen Skripten wurden persönliche (idiographisch aversive) Skripte verwendet, die ein extrem belastendes Lebensereignis beschrieben. Die persönlichen Skripte der BPS-Patienten beinhalteten zumeist Szenen traumatischer Erfahrungen. Außerdem wurden störungsspezifische Szenen zu Ablehnung und Verlassenwerden verwendet. Die Probanden waren instruiert, sich die Skripte nach dem Lesen so lebendig wie möglich vorzustellen. Als Maß der emotionalen Aktivierung während der Imagination der Skripte wurden psychophysiologische Parameter wie die emotionsinduzierte Modulation der Schreckreaktion und Indikatoren autonomer Erregung wie die Herzrate und die elektrodermale Aktivität gemessen. Weiterhin wurde die akute und generelle Dissoziation erfasst. Von den 40 Patienten mit einer BPS erfüllten 26 die Kriterien für eine komorbide aktuelle PTBS. Diese wurden bezüglich des Schweregrades in zwei Subgruppen unterteilt (moderate PTBS n = 13, schwere PTBS n = 13). Ergebnisse: Die vorliegenden Daten zeigen klar, dass eine generelle affektive Dysregulation bei der Imagination von emotionalen Skripten unterschiedlicher Valenz bei BPS-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen nicht nachweisbar ist. Beide Gruppen wiesen eine vergleichbare Ausprägung und Modulation der Schreckreaktionen und der Indikatoren autonomer Erregung auf. Allerdings zeigten BPS-Patienten eine erhöhte defensive Reaktivität mit potenzierten Schreckreaktionen und einem Anstieg der autonomen Erregung während der Imagination der störungsspezifischen Skripte. Eine komorbide PTBS war mit der Beeinträchtigung defensiver Reaktionen assoziiert. BPS-Patienten mit aktueller PTBS zeigten im Vergleich zu BPS-Patienten ohne BPS während der Imagination aller Skripte generell verminderte Schreckreaktionen und eine eingeschränkte emotionale Modulation. Gerade BPS-Patienten mit schwerer PTBS wiesen während der Imagination idiographisch aversiver und störungsspezifischer Skripte eine fehlende Potenzierung der Schreckreaktionen bei einem gleichzeitig deutlich ausgeprägten Anstieg der Herzrate als Indikator autonomer Erregung auf. Des Weiteren scheint ein, in die gleiche Richtung weisender, Zusammenhang zwischen dissoziativen Symptomen und den emotionalen Reaktionen der BPS-Patienten zu bestehen. Ein höheres Ausmaß an akuter Dissoziation hing mit einer Verminderung der Schreckreaktionen während der Imagination idiographisch aversiver Skripte und gleichzeitig stärker ausgeprägter emotionaler und physiologischer Erregung zusammen. Mit zunehmendem Schweregrad der komorbiden PTBS erhöhte sich die aktuelle und generelle Dissoziationsneigung. Schlussfolgerungen: Diese Daten implizieren, dass die im klinischen Kontext zu beobachtende affektive Dysregulation bei Patienten mit BPS kein generelles Phänomen darstellt, sondern eher durch Aktivierung spezifischer Schemata ausgelöst wird. Eine komorbide PTBS moduliert die emotionalen Reaktionen der BPS-Patienten während der Imagination emotionaler Skripte in substantieller Weise. Durch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit wird auf die Bedeutung therapeutischer Interventionen im Hinblick auf die manifesten Annahmen über Ablehnung und Verlassenwerden bei BPS-Patienten hingewiesen. Die Stärkung der Fähigkeiten, bei Aktivierung dieser Annahmen, Erfahrungen klar zu differenzieren und damit einhergehende unangenehme Gefühle in Beziehungen zu regulieren, stellen ein zentrales Ziel in der Therapie der BPS dar. Dabei ist es in der klinischen Arbeit von immenser Bedeutung, neben der dissoziativen Symptomatik, das Ausmaß der posttraumatischen Belastung zu beachten, um neue Lernerfahrungen im therapeutischen Kontext zu ermöglichen.
A paradigm was developed to experimentally investigate the dysregulation of affective reactivity in clinical depression. The literature so far reported evidence for three directions of dysregulation - negative potentiation, positive attenuation, and emotion context insensitivity. Therefore a paradigm was designed to allow to test all three hypotheses simultaneously. Furthermore, to enable generalization across the specific stimuli used in the experiment, stimuli of two sensory modalities were used - pictures and sounds. Because it was hypothesized, that the specificity of affective reactivity of depressed patients will be especially prominent in long lasting affective situations, a categorically blocked presentation mode was chosen. Regarding the dependent variables, a multimethod approach was conducted. Besides self-report ratings of the feeling state, startle responses, skin conductance responses, heart rate, and the electromyogram of the corrugator and zygomatic muscle were recorded. In a separate session, BOLD-responses during picture viewing were collected by functional magnetic resonance imaging (fMRI). Both sessions were conducted with three samples: a healthy student sample, a depressed outpatient sample, and a healthy age and gender matched control sample. The results of the patient sample support an integration of the emotion context insensitivity and the negative potentiation hypothesis. Patients reported generally to feel more unpleasant and more aroused than healthy controls. Skin conductance and startle responses were modulated by valence to a smaller degree in the patients than in the controls. No group differences were found in the facial muscle activity. BOLD-responses were potentiated during unpleasant compared to neutral pictures in the patient but not in the control group in the amygdala, the insular cortex and the orbito frontal cortex. A model to integrate these results is developed. Its central assumption is, that the inability to respond to affective stimuli is an aversive experience and therefore leads to a negativity bias in attention and cognition. Direction of further research and implications for psychotherapies are discussed.
Prüfungsangst stellt eine schwerwiegende und häufig auftretende psychische Störung dar. In der klinischen Praxis war die Abgrenzung klinisch relevanter Prüfungsangst von subklinischer Prüfungsaufregung lange Zeit schwierig und die psychische Störung wurde uneinheitlich als soziale oder als spezifische Phobie kodiert, weil es an eindeutigen Diagnosekriterien mangelte. In den vergangenen Jahrzehnten intensiver Beforschung des Themenkomplexes Prüfungsangst, insbesondere durch die Pädagogische Psychologie, wurden vielfältige Variablen mit Prüfungsangst in Verbindung gebracht und als direkte oder indirekte Prädiktoren diskutiert. Bislang fehlte es jedoch an der Integration dieser unterschiedlichen Erklärungsansätze in ein geeignetes Rahmenmodell. Zunächst wurde untersucht, ob sich das „Test Anxiety Inventory“ (TAI) eignet, klinisch unauffällige von klinisch relevanter Prüfungsangst abzugrenzen. Dazu wurden eine Stichprobe 47 prüfungsängstlicher Patienten einer Psychotherapieambulanz und eine Gruppe von 41 Studenten mit gesunden Ausmaßen an Prüfungsangst verglichen. Dabei wurde auch untersucht, mittels welcher Diagnose die Prüfungsangst der Patienten von den behandelnden Therapeuten kodiert wurde und ob sich objektivierbare Unterschiede zwischen unterschiedlich klassifizierten Patienten finden lassen. Im zweiten Schritt wurden in Anlehnung an das Prüfungsangstmodell von Zeidner und Matthews (2007) die wichtigsten Prüfungsangstprädiktoren hinsichtlich ihrer prädiktiven Validität für die Unterscheidung pathologischer und gesunder Prüfungsangstintensitäten analysiert. Im dritten und letzten Arbeitsschritt wurde eine Stichprobe von 22 Prüfungsangstpatienten im Längsschnittverlauf einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlung unter realistischen Therapiebedingungen betrachtet. Ziel war es dabei zu überprüfen, ob die bisherigen Erkenntnisse auch für die Vorhersage des Therapieerfolgs bedeutsam sind. Ein Cut-Off-Wert von 80 Punkten im TAI scheint sich zur Unterscheidung klinischer und nicht-klinischer Ausmaße an Prüfungsangst zu eignen. Das Krankheitsbild der untersuchten Prüfungsangstpatienten zeigt sich sehr einheitlich und ist unabhängig von der vergebenen Störungsdiagnose des Therapeuten. Das Vorliegen einer komorbiden depressiven Erkrankung beeinflusst nicht die Schwere der Prüfungsangst. Selbst bei Beachtung des Einflusses der grundsätzlichen psychischen Belastung ist eine Unterscheidung pathologischer und nicht-pathologischer Prüfungsangst anhand der Konstrukte Lernzielorientierung, Fähigkeitsselbstkonzept, Selbstbeschuldigung, Elaboration im Lernen und Perfektionismus möglich. Diese Variablen mit der höchsten diskriminierenden Validität entspringen allen drei Erklärungsebenen des Prüfungsangstmodells von Zeidner und Matthews, welches sich offensichtlich zur Untersuchung der Bedeutung der unterschiedlichen Prüfungsangstprädiktoren eignet. Im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung der Prüfungsangst kam es zwar insgesamt zur Reduktion prüfungsängstlicher, depressiver und sozialängstlicher Symptome sowie der grundsätzlichen psychischen Belastung, jedoch haben die Patienten sehr unterschiedlich auf die Behandlung angesprochen. Nahezu 50 Prozent der behandelten Betroffenen weisen auch nach dem Therapieende noch immer klinisch relevante Werte an Prüfungsangst und nur unerhebliche Verbesserungen der anderen interessierenden Variablen auf. Die Bedeutung der Variablen Elaboration, Lernzielorientierung, Fähigkeitsselbstkonzept und Selbstbeschuldigung bestätigt sich auch in der Längsschnittanalyse. Der empfohlene Cut-Off-Wert im TAI sollte in repräsentativen Stichproben repliziert und das Instrument konventionell zur Diagnostik von Prüfungsangst verwendet werden um die Identifikation pathologischer Prüfungsangst zu erleichtern und dem Screening sowie der Differentialdiagnostik der Störung zu dienen. Schwere und Generalisierungsgrad sozialängstlicher Symptome sollten in der Prüfungsangstdiagnostik stärker beachtet werden. Die Möglichkeit, Prüfungsangst wie im DSM-5 als Sozialphobie mit dem Spezifikator „Nur in Leistungssituationen“ zu diagnostizieren, sollte zukünftig auch im ICD Anwendung finden um die Kodierung der Prüfungsangst zu vereinheitlichen. Parallel vorliegende psychische Erkrankungen sollten frühzeitig im Verlauf der Diagnostik in ihrer Bedeutung als Ursache oder Folge von Prüfungsangst identifiziert werden um entsprechende Ableitungen für den Behandlungsplan vornehmen zu können. Die klinische Forschung sollte sich stärker auf das Prüfungsangstmodell von Zeidner und Matthews und bei Replikation unserer Ergebnisse auf die zentralen Prüfungsangstprädiktoren Lernzielorientierung, Fähigkeitsselbstkonzept, Selbstbeschuldigung, Elaboration und Perfektionismus konzentrieren. Entsprechende Behandlungsansätze sollten gezielt auf ihren Therapieeffekt hin untersucht werden. Zudem sollte genau analysiert werden, welche weiteren Faktoren es gibt, die über das Therapieansprechen entscheiden.