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Vergleichende Untersuchungen zu rekombinanten Toxoplasma-gondii-Isolaten natürlichen Ursprungs
(2020)
Toxoplasma gondii ist ein weltweit vorkommender einzelliger Parasit mit hohem zoonotischen Potential. In Nordamerika und Europa haben sich drei klonale Toxoplasma-Linien durchgesetzt, Typ I, Typ II und Typ III. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Virulenz in Labormäusen: Toxoplasma gondii vom Typ I gilt im Allgemeinen als hochvirulent, wohingegen Typ II und III wenig virulent in Labormäusen sind. In Deutschland dominieren T. gondii vom Typ II. Trotz selten vorkommender natürlicher sexueller Rekombinationen von T. gondii in Deutschland konnten in einer vorausgegangenen Studie rekombinante T. gondii-Typ II-III-Oozysten aus dem Kot einer natürlich infizierten Katze in Deutschland isoliert werden. Mittels klonaler Vereinzelung wurden in einer weiteren vorausgegangenen Studie aus diesen Oozysten die fünf Tachyzoiten-Klone B6-H6, 2-C10, 2-H8, C12 und A7 generiert, die sich in der Verteilung ihrer Typ II- und III-Allele voneinander unterschieden. Ziel dieser Arbeit war es, die fünf Klone vergleichend zu untersuchen hinsichtlich ihrer Geno- und Phänotypen. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die bekannten polymorphen Virulenzfaktoren ROP18, ROP5, ROP16 und GRA15 gelegt, die maßgeblich für Unterschiede in der Labormausvirulenz zwischen den klonalen Linien sorgen können. ROP18 und ROP5 sind an der Inhibition der IRG-vermittelten Zerstörung der parasitophoren Vakuole, dem Hauptabwehrmechanismus in Mäusen, beteiligt. Während alle fünf Klone das virulente Allel von ROP5 besaßen, hatten nur zwei der fünf Klone, B6-H6 und 2-C10, das virulente Allel von ROP18, dessen virulenter Genotyp in einer hohen Expression resultiert. Diese beiden Klone lösten auch eine 100 %-ige Mortalität in den infizierten BALB/c-Mäusen aus. Hier stimmte der virulente ROP18-Genotyp mit der hohen Mausvirulenz überein. Die anderen drei Klone, 2-H8, C12 und A7, besaßen das nicht virulente Allel von ROP18. Von letzteren drei Klonen lösten jedoch lediglich nur C12 und A7 eine geringere, 30 %-ige Mortalität in infizierten BALB/c-Mäusen aus. Hier würde der nicht-virulente ROP18-Genotyp die niedrigere Virulenz erklären. Der Klon 2-H8, der ebenso ein nicht-virulentes ROP18-Allel besaß, löste dagegen eine 100 %-ige Mortalität aus. Demnach ließe sich die Virulenz der infizierten BALB/c-Mäuse in dieser Studie nur in vier von fünf Klonen mit dem ROP18-Genotypen erklären. Neben ROP5 und ROP18 wurden auch die Virulenzfaktoren ROP16 und GRA15 untersucht. Diese regulieren das Zytokinprofil in infizierten Makrophagen und können dadurch Einfluss auf den klinischen Verlauf der Infektion nehmen. Von ROP16 und GRA15 besaßen jeweils alle fünf Klone das virulente Allel. Daher kann auch der Genotyp dieser Virulenzfaktoren hier nicht alleine die Unterschiede in der BALB/c-Mausvirulenz erklären. Auch das Expressionsprofil der Virulenzfaktoren in in-vitro inokulierten J-774A.1-Makrophagen mit geringen, wahrscheinlich nicht biologisch relevanten Abweichungen, ließ keine eindeutigen Rückschlüsse für die Ursache der unterschiedlichen Mausvirulenzen zu. Die in-vitro-Inokulation von J-774A.1-Makrophagen mit den Klonen ergab weiterhin, dass der mittelvirulente Klon C12 in der Lage war, die Makrophagen deutlich früher zu infizieren und eine höhere IL-12-Expression hervorzurufen. In überlebenden BALB/c-Mäusen verursachte er einen geringeren Gewichtsverlust gegenüber den anderen Klonen. Es kann für diese Studie festgehalten werden, dass sich die Virulenz der Klone in Labormäusen nicht allein durch das Vorhandensein virulenz-vermittelnder ROP18- oder anderer Virulenzgene erklären ließ. Durch die sexuelle Rekombination zwischen T. gondii des Typs II und III waren offenbar Allelkombinationen entstanden, welche auf ein komplexes multifaktorielles Netzwerk schließen lässt, das ursächlich für die Unterschiede in der Mausvirulenz und der Makrophagenfunktionalität zu sein schien.
Untersuchung von Virulenzdeterminanten des Newcastle Disease Virus mit Hilfe von Virusrekombinanten
(2020)
Die Newcastle Krankheit (Newcastle Disease, ND) wird durch das aviäre Paramyxovirus-1 (APMV-1) verursacht und zählt zu den bedeutendsten Viruserkrankungen des Geflügels, wobei die Ausprägung der Krankheitssymptome sehr stark variiert. Das APMV-1 der Taube (pigeontype paramyxovirus, PPMV-1) infiziert größtenteils Brief-, Rasse-, Stadt- und Wildtauben, jedoch ist auch Wirtschaftsgeflügel für diesen Erreger empfänglich. Die Krankheit ist weltweit verbreitet und besonders die schweren Verlaufsformen, ausgelöst durch den mesogenen und den velogenen Pathogenitätstyp, führen bis heute zu hohen wirtschaftlichen Verlusten. Durch die Entwicklung des reversen genetischen Systems für das NDV ist es möglich, verschiedene Bereiche des viralen Genoms unterschiedlich pathogener NDV-Isolate auszutauschen und rekombinante Viren zu generieren, um mögliche Virulenzdeterminanten zu identifizieren. Lange Zeit galt die Aminosäuresequenz an der proteolytischen Spaltstelle des Fusionsproteins als die Virulenzdeterminante des NDV. Studien der letzten Jahre belegen aber zunehmend, dass es weitere Sequenzabschnitte im Genom gibt, die Einfluss auf die Pathogenität haben. Besonders bei den Taubenisolaten zeigte sich, dass diese trotz einer polybasischen Aminosäuresequenz an der proteolytischen Spaltstelle des F-Proteins, die typisch für meso- und velogene APMV-1 ist, mit einem ermittelten intrazerebralen Pathogenitätsindex (ICPI) < 0,7 als lentogen (niedrig virulent) einzuordnen sind.
Die Bestimmung der Gesamtsequenz des vorliegenden PPMV-1 Isolates R75/98 und die Herstellung des entsprechenden rekombinanten Virus rR75/98 waren Ziel dieser Arbeit. Nach der in vitro-Charakterisierung, die keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Wildtyp und der Rekombinante zeigte, verdeutlichte die ICPI-Bestimmung, dass sich R75/98 und rR75/98 in ihrer Pathogenität unterschieden. Während R75/98 mit einem ICPI von 1,1 als mesogen eingestuft wurde, entsprach das rekombinante Virus rR75/98 mit einem ICPI von 0,28 dem lentogenen Pathotyp. Durch einmalige Passage der Rekombinante im Tier entstand das Reisolat RrR75/98, welches sich in seinen in vitro-Eigenschaften nicht von den beiden anderen Isolaten unterschied, aber in seiner Pathogenität (ICPI 0,93) wieder dem mesogenen Ausgansvirus R75/98 entsprach. Unter Nutzung des Next Generation Sequencing war es möglich, die Grundlagen für diese Pathogenitätsunterschiede aufzuzeigen. Während es zwischen R75/98 und rR75/98 insgesamt acht Aminosäuresubstitutionen gab (drei im F-Protein, zwei im HN-Protein und drei im L-Protein), die zu einer Verminderung der Pathogenität führten, wurden nur zwei Aminosäuremodifikationen (jeweils eine im F- und L-Protein) nachgewiesen, um die Pathogenitätssteigerung vom lentogenen rR75/98 hin zum mesogenen RrR75/98 hervorzurufen. Beide Aminosäureaustausche haben einen Effekt auf die vorhergesagte Proteinstruktur und beeinflussen vermutlich die Proteinfaltung, was wiederum eine nicht unwesentliche Auswirkung auf die biologische Aktivität des Virus haben kann. Besonders die Modifikation im F-Protein an Aminosäureposition 472 verdeutlicht, dass neben der Aminosäuresequenz an der proteolytischen Spaltstelle andere Bereiche dieses Proteins Einfluss auf die NDV-Virulenz haben.
Zur Untersuchung des Einflusses einzelner Abschnitte des F-Proteins auf die Pathogenität wurden im ursprünglich lentogenen NDV Clone 30 einzelne Sequenzbereiche durch die des mesogenen PPMV-1 R75/98 substituiert, die entsprechenden rekombinanten Viren generiert und charakterisiert. Es zeigte sich, dass sowohl die Expression als auch die Inkorporation der chimären Fusionsproteine mittels Western-Blot nachgewiesen werden konnte. Die Rekombinanten unterschieden sich weder in Größe noch in Form (Elektronenmikroskopie) und die chimären Fusionsproteine konnten an der Plasmamembran der Wirtszellen detektiert werden. Alle Rekombinanten waren in der Lage, Synzytien auszubilden und in verschiedenen Zelllinien (Wachtelmuskelzelle, Hühnerembryofibroblasten) bzw. in embryonierten Hühnereiern zu replizieren. Bei der Bestimmung des ICPIs zeigten sich jedoch Unterschiede. Zwei der sechs Rekombinanten wurden als lentogen eingestuft, die anderen vier wurden dem mesogenen Pathogenitätstyp zugeordnet. Es konnte gezeigt werden, dass neben der Interaktion der homologen F1- und F2-Untereinheit, die zytoplasmatische Domäne des Fusionsproteins einen bedeutenden Einfluss auf die Pathogenität von NDV hat. Auch für andere Vertreter der Paramyxoviren ist bekannt, dass die zytoplasmatische Domäne der beiden Oberflächenproteine F und HN mit dem M-Protein interagiert und diese Interaktion wichtig für den Zusammenbau der Viruspartikel, den Knospungsvorgang und die Freisetzung der Viren ist.
Neben dem Fusionsprotein existieren zusätzlich Virulenzdeterminanten in den weiteren NDV-Proteinen. Während es bereits Untersuchungen zum Einfluss auf die Pathogenität für die Proteine NP, P, V, M, F, HN und L gibt, war es noch nicht möglich, eine Aussage zum W-Protein zu treffen, da der Nachweis dieses Proteins bis dato nicht erfolgte. Zunächst wurde für unterschiedlich pathogene NDV der Bereich der P-Gen-Editierungsstelle amplifiziert, gefolgt von einer Tiefensequenzierung, um zusätzlich zur P- und V-mRNA auch die W-mRNA nachzuweisen und deren mengenmäßigen Anteil zu bestimmen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden außerdem Plasmide hergestellt, die für weiterführende Arbeiten genutzt werden konnten, in denen erstmals der Nachweis des W-Proteins für NDV gelang.