Die Glykoproteine gB und gH-gL sind bei allen Herpesviren konserviert und wichtig fĂŒr den Viruseintritt und die direkte Zell-Zell-Ausbreitung. Allerdings kann sich PrV in Abwesenheit von gL noch in einem sehr geringen AusmaĂ von Zelle zu Zelle ausbreiten, was Reversionsanalysen durch serielle Zellkultur-Passagen einer gL-negativen PrV-Mutante erlaubt. So konnte in einem Passageexperiment die Revertante PrV-ÎgLPassB4.1 isoliert werden. In der vorliegenden Arbeit wurden die molekularen Grundlagen der gL-unabhĂ€ngigen InfektiositĂ€t von PrV-ÎgLPassB4.1 untersucht. Dabei wurden Mutationen in den Glykoproteinen gB, gH und gD nachgewiesen und deren Auswirkung auf die Proteinfunktion mit Hilfe von transienten Transfektions-Fusionsassays untersucht. Die AufklĂ€rung der Kristallstrukturen eröffnete die Möglichkeit, ĂŒber zielgerichtete Mutagenese die Funktion von gH-gL besser zu analysieren. Erstaunlich war, dass im gH des Impfstammes PrV-Bartha ein ansonsten hochkonserviertes Prolin durch Serin ersetzt ist. FĂŒr dieses Prolin wurde postuliert, dass es fĂŒr die Ausbildung einer ebenfalls bei allen Herpesviren konservierten DisulfidbrĂŒcke notwendig ist. Um den Effekt der Substitution und die Funktion der DisulfidbrĂŒcke zu testen, wurden gH Mutanten hergestellt, die entweder Prolin oder Serin an Position 438 oder Serin statt Cystein an Position 404 exprimierten. Diese wurden in transienten Transfektions-Fusionsassays sowie wĂ€hrend einer Virusinfektion getestet. Obwohl die AminosĂ€uresequenzen der gH-Proteine der Herpesviren nur eine geringe Homologie aufweisen, sind die Kristallstrukturen erstaunlich Ă€hnlich. Daher sind konservierte Strukturmotive wie die DisulfidbrĂŒcke in der DomĂ€ne III, fĂŒr die eine Bedeutung fĂŒr die Faltung und StabilitĂ€t der DomĂ€ne III postuliert wurde, von besonderem Interesse. Um weitere funktionsrelevante konservierte Regionen in DomĂ€ne III aufzudecken, welche fĂŒr die Lokalisierung und Funktion des gH wichtig sein könnten, wurden zunĂ€chst Sequenzvergleiche zwischen EBV und PrV gH unter BerĂŒcksichtigung der vorhandenen gH-Kristallstrukturen durchgefĂŒhrt. Hierbei wurden komplexe Interaktionsnetzwerke ĂŒber WasserstoffbrĂŒckenbindungen zwischen konservierten und benachbarten nicht-konservierten AminosĂ€uren vorhergesagt. Diese wurden im EBV und PrV gH mutiert und die gH-Proteine anschlieĂend auf ihre OberflĂ€chenexpression und Fusionsfunktion untersucht. ZusĂ€tzlich wurden PrV Rekombinanten mit entsprechenden gH-Mutationen hergestellt und charakterisiert.
Das 3084 AminosĂ€uren umfassende innere Tegumentprotein pUL36 des zu den Herpesviren zĂ€hlenden Pseudorabies Virus (PrV) stellt ein multifunktionelles Protein dar, das fĂŒr die sekundĂ€re UmhĂŒllung der Nukleokapside im Zytoplasma essentiell ist. DarĂŒber hinaus spielt es eine wichtige Rolle bei der frĂŒhen Phase der Replikation, d.h. dem Transport der Nukleokapside zum Zellkern und der Andockung an die Kernpore als Voraussetzung fĂŒr die Freisetzung der viralen DNA in den Zellkern. Um die Rolle von PrV pUL36 wĂ€hrend des viralen Replikationszyklus weiter aufzuklĂ€ren, wurden funktionelle Regionen identifiziert und bekannte Motive und Regionen mittels gezielter Deletion bzw. Mutagenese untersucht. ZunĂ€chst wurden eine konservierte Deubiquitinylierungs (DUB)-DomĂ€ne und potentielle Leucin-Zipper-Motive im N-Terminus des Proteins, sowie eine Alanin- und Prolin-reiche Region im C-Terminus mittels gezielter Deletionen untersucht. ZusĂ€tzlich wurden durch ungerichtete Transposon-vermittelte Mutagenese Insertionsmutanten hergestellt. Die FunktionalitĂ€t dieser Mutanten wurde durch Komplementierung einer UL36-negativen PrV Mutante untersucht. Mutierte Proteine, in denen essentielle Regionen betroffen waren, konnten den Replikationsdefekt der Virusmutante nicht kompensieren, wĂ€hrend fĂŒr Mutanten, die den Defekt komplementieren konnten, stabile Virusrekombinanten isoliert wurden. Die phĂ€notypische Charakterisierung der Mutanten erfolgte mittels PlaquegröĂenvergleich, Ein-Schritt-Wachstumskinetik und Ultrastrukturanalyse. ZusĂ€tzlich wurden einige Mutanten hinsichtlich des Replikationsverhaltens in vivo in einem Mausmodell untersucht. Um die Funktion von PrV pUL36 aufzuklĂ€ren, ist es notwendig die intrazellulĂ€re Lokalisierung von pUL36 zu kennen. Dazu wurden Immunfluoreszenz- und Ultrastrukturanalysen mit vier gegen unterschiedliche Bereiche des pUL36 gerichteten Antiseren durchgefĂŒhrt. Auch die potentiellen Kernlokalisierungssignale (NLS) wurden hinsichtlich ihrer Funktion untersucht und die N-terminalen NLS-Motive 1/2 deletiert. Trotz der FunktionalitĂ€t der essentiellen N-terminalen NLS-Motive 1/2 (Abb. 11) wurde pUL36 wĂ€hrend der Virusreplikation niemals im Zellkern nachgewiesen, was darauf hindeutet, dass die Tegumentierung ausschlieĂlich im Zytoplasma ablĂ€uft. Die NLS vermitteln also bei der Infektion keinen Kerntransport des pUL36. Die Bedeutung der NLS könnte aber mit dem Transport der Kapside entlang der Mikrotubuli zum Zellkern und dem Andocken an die Kernporen zusammenhĂ€ngen. Im Gegensatz dazu spielen die Leucin-Zipper (Abb. 11) offenbar bei der sekundĂ€ren UmhĂŒllung eine Rolle. Sie sind möglicherweise an der Verbindung des inneren und Ă€uĂeren Teguments beteiligt. Im N-Terminus von pUL36 konnte zwischen der InteraktionsdomĂ€ne mit dem Komplexpartner pUL37 und den Leucin-Zippern eine weitere wichtige Region (Abb. 11) identifiziert werden. Diese Region ist auch in die sekundĂ€re UmhĂŒllung im Zytoplasma involviert und könnte fĂŒr den Transport der teilweise tegumentierten Nukleokapside zum Trans-Golgi-Netzwerk verantwortlich sein, wobei pUL36, nicht aber die pUL36-pUL37-Interaktion hierbei eine Rolle spielt. Die gleichzeitige Deletion der DUB-DomĂ€ne und der Alanin- und Prolin-reichen Region (Abb. 11) fĂŒhrte zu einem Defekt bei der sekundĂ€ren UmhĂŒllung, wohingegen die Alanin- und Prolin-reiche Region allein fĂŒr die Replikation von PrV kaum eine Rolle spielt. Allerdings konnte die Deletion nicht ohne Funktionsverlust weiter vergröĂert werden, so dass die angrenzenden Bereiche fĂŒr die Funktion von pUL36 essentiell sein könnten. Die zentrale Region von AminosĂ€ure 1540 bis 1987 (Abb. 11) grenzt an diese Alanin- und Prolin-reiche Region an und ist fĂŒr die Funktion von pUL36 essentiell, was durch den Funktionsverlust nach Insertionsmutagenese (mit einer Ausnahme) in diesem Bereich demonstriert wurde. Demnach könnte diese Region eine Rolle wĂ€hrend der frĂŒhen Phase der Infektion, wie z.B. beim Transport der Kapside zum Zellkern und/oder beim Andocken der Kapside an die Kernpore und der Freilassung der DNA in den Zellkern spielen. Der essentielle C-Terminus von pUL36 (Abb. 11) kann wahrscheinlich auf die AminosĂ€uren 3022 bis 3066 eingegrenzt werden, so dass nicht nur die letzten 6, sondern womöglich die endstĂ€ndigen 18 AminosĂ€uren fĂŒr die Funktion von pUL36 nicht gebraucht werden.