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Die Wirksamkeit und Sicherheit einer Arzneitherapie wird durch zahlreiche pharmakokinetische Prozesse beeinflusst. Neben den durch CYP-450-Enzym vermittelten Biotransformationsvorgängen sind zunehmend Transportprozesse durch Arzneimitteltransporter aus der ABC- sowie SLC-Familie in den Fokus getreten, welche unter anderem in den Membranen der Enterozyten, aber auch in weiteren Organen exprimiert sind. Die Expression und Funktion der Arzneimitteltransporter kann beispielsweise durch Arzneistoffe beeinflusst werden und somit in Arzneimittelwechselwirkungen resultieren. Dass diese Regulationsmechanismen eine hohe Komplexität aufweisen, ist aus einer Vielzahl von klinischen Interaktionsstudien ersichtlich. In diesen führte die Applikation von bekannten Induktoren des Arzneistoffmetabolismus und -transports zu organspezifischen Veränderungen in der Pharmakokinetik der gleichzeitig verabreichten Arzneistoffe.
Ziel dieser Arbeit war es, zu einem besseren Verständnis der Expression und Regulation intestinaler Arzneimitteltransporter beizutragen, um somit Auswirkungen auf die Pharmakokinetik besser vorhersagen zu können. Dies beinhaltete zum einen die Mitarbeit an der Entwicklung und Validierung einer LC-MS/MS-basierten Methode zur Proteinquantifizierung, mit welcher auch in limitierten Gewebemengen die am stärksten exprimierten Membrantransporter ABCB1 (P-gp), ABCC2 (MRP2), ABCG2 (BCRP) und SLC15A1 (PEPT1) quantifiziert werden konnten. Parallel dazu wurden die Prozesse zur mRNA-Isolierung und -Quantifizierung optimiert.
In der präklinischen Forschung wird weitverbreitet das Caco-2-Zellmodell zur Prädiktion der intestinalen Absorption genutzt. Im Rahmen dieser Arbeit sollte das Caco-2-Zellmodell dahingehend untersucht werden, ob es ein geeignetes Modell zur Prädiktion der intestinalen Absorption darstellt, auch in Bezug auf Induktionsvorgänge. In bereits publizierten Arbeiten wurde häufig eine gute Korrelation des Transporterexpressionsmusters auf mRNA-Ebene zwischen Caco-2 und Jejunum gezeigt. Die vorliegenden vergleichenden Ergebnisse zur mRNA- und Proteinexpression von Arzneimitteltransportern zeigten, dass sowohl im Zellmodell als auch im jejunalen Gewebe in Teilen deutliche Diskrepanzen zwischen mRNA und Transporterexpression bestehen. Auf der für die Funktion der Arzneimitteltransporter relevanten Proteinebene zeigten sich für ABCB1, ABCC2 und ABCG2 relativ gute Übereinstimmungen, während die Proteinexpression anderer Transporter, insbesondere OATP2B1, im Zellmodell deutlich abwich. Dies verdeutlicht, dass insgesamt Vorsicht geboten ist in der Prädiktion der intestinalen Absorption mittels Caco-2-Zellmodell, da zudem bereits auf mRNA-Ebene gezeigt worden ist, dass die Expression der Transporter sowohl von dem Zellklon als auch von den Kulturbedingungen anhängig ist. Darüber hinaus wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass die Expression der Transporter in dem Zellmodell sowohl auf mRNA- als auch auf Proteinebene zeitlich variabel ist. Somit empfiehlt sich ein noch vorsichtiger Umgang mit Daten zur intestinalen Absorption, welche auf Basis eines Caco-2-Modells mit verkürzter Kultivierungszeit erhoben worden sind. Induktionsprozesse konnten weder auf Ebene der mRNA-Expression oder des Proteingehaltes noch auf Ebene der Funktion in dem Caco-2-Zellmodell durch Inkubation mit prototypischen Induktoren des Arzneistoffwechsels (Carbamazepin, Efavirenz, Johanniskrautextrakt, Rifampicin) simuliert werden.
Weiterhin wurde die Induktion von intestinalen Arzneimitteltransportern in vivo untersucht. Chronische Gabe von Rifampicin führte zu einem Anstieg von ABCB1 und ABCC2 auf mRNA Ebene, welches nur im Fall von ABCB1 (P-gp) auf Proteinebene umgesetzt wurde. Die chronische Applikation von Carbamazepin resultierte ausschließlich in einer Induktion auf mRNA Ebene. Im Vergleich zu Rifampicin war diese jedoch auch geringer ausgeprägt. Der PXR-Ligand Rifampicin kann aufgrund einer hohen intestinalen PXR-Expression eine stärkere Induktion hervorrufen als Carbamazepin, welches präferentiell den nukleären Rezeptor CAR aktiviert. Begünstigt wird dies darüber hinaus dadurch, dass Rifampicin, nicht aber Carbamazepin, einem enterohepatischen Kreislauf unterliegt und Rifampicin somit über einen längeren Zeitraum im Intestinum in einer Konzentration vorliegt, welche notwendig ist, um eine Aktivierung der nukleären Rezeptoren zu erreichen. Regulationsvorgänge durch miRNAs können dafür verantwortlich sein, dass eine erhöhte Expression der mRNA nicht parallel mit einem Anstieg des Proteingehaltes einhergeht. Durch Korrelationsanalysen, in silico-Prädiktion sowie Untersuchungen mittels Reportergen-Assays konnten in der vorliegenden in vivo-Studie drei Interaktionen zwischen miRNAs und mRNAs (ABCB1 - miR-485-3p; ABCC2 - miR-26a-5p; ABCG2 - miR-577) identifiziert werden, welche potentiell den Translationsprozess verhindert bzw. abgeschwächt haben. Korrelationsanalysen mit bereits zuvor erhobenen Daten zur Pharmakokinetik der applizierten probe drugs deuten darauf hin, dass die systemische Verfügbarkeit von Ezetimib und dessen Glukuronid durch intestinales ABCB1 (P-gp), nicht jedoch wie zuvor angenommen durch intestinales ABCC2 (MRP2) beeinflusst wird. Insgesamt konnten nach chronischer Gabe von Rifampicin Korrelationen entlang der Signalkaskade ausgehend von der mRNA-Expression von PXR, über die mRNA Expression von ABCB1, unter Berücksichtigung der Expression der miRNA 485-3p bis hin zum Gehalt und der Funktion von ABCB1 (P-gp) gezeigt werden. Veränderungen des Plasmaspiegels von Talinolol nach chronischer Gabe von Carbamazepin sind hingegen nicht auf Induktionsvorgänge intestinaler Transportprozesse zurückzuführen. Die Ursachen dafür sind u.a. in der Erhöhung der renalen Clearance zu suchen. Zusammengefasst konnte gezeigt werden, dass nukleäre Rezeptoren, miRNAs und die pharmakokinetischen Eigenschaften der Induktoren selbst maßgeblich an der differenziellen Regulation von Transportprozessen beteiligt sind.
Die Verlängerung des Magenaufenthalts von oralen Arzneiformen steht seit mehr als 30 Jahren im Fokus internationaler Forschungsgruppen. Trotz der Vermarktung diverser Systeme gelang es bislang nicht, eine sichere und reproduzierbare Gastroretention von Arzneiformen zu realisieren. Dies würde jedoch enorme Möglichkeiten für die Therapie mit oral applizierten Arzneimitteln mit sich bringen. Die Reduktion der Einnahmefrequenz, das Vermeiden von Plasmaspiegelspitzen sowie die gesteigerte Patientenadhärenz sind nur einige der denkbaren Vorteile. Die größte Hürde gastroretentiver Systeme ist dabei die Motilität des menschlichen Magens. Starke Kontraktionswellen sind für eine rasche Entleerung insbesondere unter Nüchternbedingungen verantwortlich. Daneben kommt es zu höchsten Belastungen auf Arzneiformen, was wiederum die Wirkstofffreisetzung beschleunigen kann, mit drastischen Folgen für den Patienten. In der präklinischen Testung neu entwickelter Systeme fehlt häufig der Bezug zur Physiologie des Magens und die Vorhersagekraft von Freisetzungstests ist dementsprechend gering. Ziel der Arbeit war daher die Charakterisierung der relevanten Parameter im Magen im Rahmen einer Humanstudie. Die aus dieser Humanstudie gewonnenen Daten zu pH-Werten, Temperaturen und insbesondere Drücken im Magen sollten anschließend genutzt werden, um die im Arbeitskreis verfügbaren, biorelevanten Freisetzungsmodelle weiterzuentwickeln. Abschließend sollten verschiedene, kommerziell erhältliche gastroretentive Arzneiformen unter Berücksichtigung der Magenphysiologie auf ihr Freisetzungsverhalten getestet werden. Die Ergebnisse der Humanstudie zeigten die enorme Abhängigkeit der Magenaufenthaltszeit einer telemetrischen Kapsel vom prandialen Status der Probanden. Nach Einnahme der Standardmahlzeit, wie sie in klinischen Studien zu Nahrungsmitteleffekten Verwendung findet, kam es zu Magentransitzeiten von über 20 h. Dagegen wurde die Kapsel unter Nüchternbedingungen spätestens nach 2,7 h aus dem Magen entleert. Die intragastralen Drücke nach postprandialer Einnahme der Kapsel betrugen mindestens 240 mbar und waren aufgrund des verlängerten Magenaufenthalts deutlich zahlreicher im Vergleich zur Nüchterneinnahme. Die Ergebnisse der In vitro-Untersuchungen zeigten, dass die herkömmlich verwendeten Freisetzungstestgeräte nicht in der Lage sind, biorelevante Belastungen auf eine telemetrische Kapsel auszuüben. Maximale Drücke von 14 mbar waren im eintauchenden Zylinder zu beobachten, welche wir jedoch auf den hydrostatischen Druck beim Eintauchen zurückführen konnten. Im Gegensatz dazu waren wir mit Hilfe unserer neuartigen In vitro-Freisetzungsmodelle in der Lage, vollständige Druckprofile nachzustellen, wie sie auch in vivo beobachtbar waren. Die Freisetzungsuntersuchungen der gastroretentiven Präparate Glumetza® 1000 und Madopar® Depot unter biorelevanten Bedingungen offenbarten die extreme Drucksensitivität dieser Systeme. Hierfür definierten wir auf Basis der In vivo-Daten drei realistische Druckprofile und stellten diese in vitro nach. Früh auftretende, leichte Belastungen während der Freisetzungstests führten bei der flotierenden Arzneiform Madopar® Depot bereits zur vollständigen Wirkstofffreisetzung. Glumetza® 1000 schien abhängig vom Quellungszustand auf die Belastungen zu reagieren, wobei spätestens stärkere Belastungen nach 6 h zur vollständigen Freisetzung des Wirkstoffs führten. Auf Basis dieser Ergebnisse ist anzuzweifeln, dass die bislang erhältlichen gastroretentiven Systeme über einen längeren Zeitraum im Magen intakt bleiben und kontrolliert ihren Wirkstoff freisetzen. Daneben können die entwickelten Testmethoden dazu genutzt werden, um die Entwicklung neuartiger gastroretentiver Systeme voranzutreiben.
In der Arzneimitteltherapie nehmen parenteral zu applizierende Arzneimittel einen immer größer werdenden Stellenwert ein. Diese Entwicklung beruht vor allem auf der steigenden Anzahl von Peptiden und Proteinen als Wirkstoffe, deren perorale Applikation aufgrund unzureichender Resorptionsraten aus dem Gastrointestinaltrakt unmöglich ist, aber auch auf der Möglichkeit Depotformulierungen anzuwenden, die Wirkstoffe nach subkutaner oder intramuskulärer Injektion über einen langen Zeitraum freisetzen können. Dennoch sind Arzneimitteltransportwege nach subkutaner oder intramuskulärer Applikation im Detail weitestgehend unerforscht. In der vorliegenden Arbeit wurde der Fokus auf die intramuskuläre Applikation gelegt. Im ersten Teil der Arbeit wurde eine tierexperimentelle Studie an Ratten durchgeführt, die es zum Ziel hatte, ausgewählte physiologische Einflussparameter auf die Wirkstoffresorption nach intramuskulärer Injektion zu untersuchen. Die Tiere erhielten sowohl wässrige Lösungen als auch ölige Suspensionen von Paracetamol, Prednisolon und Diclofenac-Natrium in die rechte Oberschenkelmuskulatur und das jeweilige Placebo in den Muskel des linken Oberschenkels. Anschließend wurde das intramuskuläre Arzneistoffdepot erstmals mittels Magnetresonanztomographie (MRT) als bildgebendes Verfahren zeitabhängig untersucht und parallel die Anflutungskinetik der Wirkstoffe ins Blut bestimmt. Die Volumina und Oberflächen der Depots sowie die Zeit bis zu deren Abtransport aus dem Muskelgewebe wurden mit den Blutspiegelkurven verglichen. Allen Formulierungen war gemein, dass der Wirkstoff deutlich schneller resorbiert wurde als das Depot. Daraus lässt sich schließen, dass die Wirkstoffaufnahme nicht über die Resorption des Depots erfolgte. Ein schnelleres Verschwinden der Depots führte nicht zu höheren Blutspiegelmaxima oder zu einer beschleunigten systemischen Wirkstoffresorption. Es wurde keine Korrelation zwischen dem Volumen und der Oberfläche der Depots und den Blutspiegelkurven gefunden. Ein weiterer Aspekt, der während der durchgeführten Studie näher untersucht wurde, ist die Möglichkeit, mit Hilfe der MRT lokale Reaktionen in Folge der Injektion zu detektieren. Bei Diclofenac-Natrium wurde in allen Fällen eine Ansammlung interstitieller Flüssigkeit am Ort der Injektion beobachtet. Histopathologische Untersuchungen des Muskelgewebes konnten einen Zusammenhang zwischen der Größe des visualisierten Ödems und dem Ausmaß der Entzündung belegen. Im zweiten Teil dieser Arbeit galt es, mit den gewonnenen In vivo-Daten möglichst biorelevante Methoden für Freisetzungstests intramuskulärer Arzneiformen zu entwickeln. Dabei sollte sowohl die Simulation der Durchblutung des Muskelgewebes Berücksichtigung finden als auch die Simulation des Muskelgewebes oder der Depots im Muskelgewebe. Es wurden verschiedene Versuchsaufbauten entwickelt, adaptiert und modifiziert. Darunter zählen Gel-Schaum-Blöcke in der Durchflusszelle, die Keramikmembran und der Membranadapter in der Durchflusszelle. Während die Simulation der Durchblutung und der injizierten Depots in allen Testmethoden möglich war, konnte das Muskelgewebe nicht befriedigend nachgebildet werden. Die Anwendung verschiedener Freisetzungstest-Methoden hatte auf die Verteilung der Wirkstoffe aus den wässrigen Lösungen keinen nennenswerten Einfluss. Der größte Einfluss auf die Verteilungsgeschwindigkeit wurde bei der öligen Suspension von Prednisolon beobachtet. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte nicht abschließend geklärt werden, welche Parameter der Situation in vivo entscheidend für das Anflutungsverhalten der Wirkstoffe nach intramuskulärer Injektion sind. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Kombination aus pharmakokinetischen Untersuchungen mit MRT-Bildgebung eine vielversprechende Möglichkeit darstellt, Einblicke in die Biopharmazie intramuskulärer Depots zu erhalten. Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Verwendung der MRT zur Feststellung der lokalen Verträglichkeit, vor allem neu entwickelter Arzneiformen, eine sehr gut geeignete nicht-invasive Methode darstellt. Die Ergebnisse der In vitro-Untersuchungen verdeutlichen, dass die Freisetzungstestmethode vor allem bei langsam freisetzenden Arzneiformen einen erheblichen Einfluss ausüben kann. Eine universelle Testmethode, mit der zuverlässig das In vivo-Freisetzungsverhalten nach intramuskulärer Injektion vorhergesagt werden kann, ist derzeit nicht verfügbar. Die entwickelten Modelle stellen einen ersten Schritt zur Entwicklung biorelevanter Freisetzungstestmethoden für intramuskulär applizierte Darreichungsformen dar. Zur Verbesserung dieser Modelle sind ein umfassenderes Verständnis der Arzneimittelverteilungs- und -Transportmechanismen notwendig und weitere Studien, die bildgebende Verfahren mit der pharmakokinetischen Analyse kombinieren, wünschenswert.