Die HĂ€ndedesinfektion als keimzahlreduzierendes Verfahren wird im medizinischen Bereich von einer groĂen Personenezahl genutzt, um die Ăbertragung von nosokomialen Infektionen per Handkontakt zu minimieren. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwiefern bei der DurchfĂŒhrung der alkoholischen HĂ€ndesdesinfektion die Möglichkeit einer dermalen Resorption der Wirkstoffe besteht, und ob bei einer Permeation durch die Haut ein gesundheitliches Risiko zu erwarten ist. Da bisher nur wenige realitĂ€tsnahe in-vivo Untersuchungen zur Resorption der Wirkstoffe aus alkoholischen Desinfektionsmitteln durchgefĂŒhrt worden sind, haben wir in einer Studie mit 12 Probanden und fĂŒnf verschiedenen Desinfektionsmitteln die Bedingungen der hygieneischen und der chirurgischen HĂ€ndedesinfektion simuliert, um anschlieĂend mit geeigneten Blutuntersuchungen die Resorption und den Metabolismus der Alkohole Ethanol, Propan-1-ol und Propan-2-ol darzustellen. Bei jedem Probanden und fĂŒr alle fĂŒnf PrĂ€parate ist die Resoprtion der Wirkstoffe reproduzierbar gezeigt worden. Die median erreichten Ethanolkonzentrationen liegen fĂŒr die hygienische HĂ€ndedesinfektion je nach verwendetem PrĂ€parat zwischen 6,9 mg/l und 20,9 mg/l und fĂŒr die chirurgische HĂ€ndedesinfektion zwischen 8,8 mg/l und 30,1 mg/l. Propan-1-ol erreicht bei der hygienischen HĂ€ndedesinfektion Medianwerte von 6,5 mg/l bzw. 9,2 mg/l. Bei der chirurgischen HĂ€ndedesinfektion erreicht Propan-1-ol mediane Konzentrationen von 3,2 mg/l bzw. 18,0 mg/l. Die medianen Propan-2-ol-Konzentrationen erreichen bei der hygienischen HĂ€ndedesinfektion 4,9 mg/l bzw. 5,3 mg/l und bei der chirurgischen HĂ€ndedesinfektion 5,8 mg/l bzw. 10,0 mg/l. Dabei ist anteilig inkeinem der FĂ€lle mehr als ÂŒ der auf die Haut aufgetragenen Alkoholmenge resorbiert worden. Im Ergebnis eines Risk Assessment lĂ€Ăt sich schluĂfolgern, dass bei bedachtem Einsatz alkoholischer HĂ€ndedesinfektionsmittel zu keinem Zeitpunkt eine toxische GefĂ€hrdung besteht und die Gefahr gesundheitlicher SchĂ€den bei vorschriftsmĂ€Ăiger anwendung durch den gesunden Nutzer gerin ist.
Hintergrund: Das in HĂ€ndedesinfektionsmitteln enthaltende Ethanol wird wĂ€hrend der Anwendung dermal und pulmonal resorbiert. Obwohl sich hieraus keine GesundheitsgefĂ€hrdung ableiten lĂ€sst, kann eine sich durch die Resorption ergebende grenzwertĂŒberschreitende Konzentration von Ethylglucuronid (EtG) (>100 ng/ml) im Rahmen der gutachterlichen Beurteilung der Einhaltung der Abstinenz rechtlich schwerwiegende Folgen haben. Methode: 33 freiwillige Teilnehmer aus Klinik und Labor fĂŒhrten in einer Arbeitsschicht wiederholt praxisĂŒbliche HĂ€ndedesinfektionen (HD) bei zusĂ€tzlicher Alkoholabstinenz (Studienphase 1) und bei erlaubtem Alkoholkonsum (Studienphase 2) durch. Der bei jedem natĂŒrlichen Toilettengang gewonnene Urin wurde auf EtG mittels Immunoassay und FlĂŒssigchromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung (LC-MS/MS) sowie auf Ethanol und Acetaldehyd mittels Gaschromatographie (GC-FID) untersucht. Ergebnisse: WĂ€hrend der ersten Studienphase lag die Maximalkonzentration fĂŒr EtG bei 958 ng/ml (MW 281,4 ng/ml), fĂŒr Ethanol bei 9,2 mg/l (MW 1,7 mg/l) und fĂŒr Acetaldehyd bei 0,81 mg/l (MW 0,16 mg/l). Drei Teilnehmer ĂŒberschritten noch am folgenden Morgen den EtG-Grenzwert mit 149 ng/ml, 131 ng/ml und 120 ng/ml. In Studienphase 2 erreichte die Maximalkonzentration fĂŒr EtG einen Wert von 5043,0 ng/ml (MW 2.328,8 ng/ml), fĂŒr Ethanol von 1.020,1 mg/l (MW 110,4 mg/l) und fĂŒr Acetaldehyd von 1,83 mg/l (MW 0,33 mg/l). Schlussfolgerung: In der Praxis durchgefĂŒhrte ethanolische HD können grenzwertĂŒberschreitende EtG-Konzentrationen im Urin verursachen, die u. U. noch nach 24 h nachweisbar sind. Daher mĂŒssen die Ergebnisse einer positiven EtG-Testung bei Teilnahme an einem Abstinenzprogramm stets im individuellen Kontext betrachtet und die HD ggf. auf ein Propanol basiertes HĂ€ndedesinfektionsmittel umgestellt werden. Verglichen mit der als gesundheitlich vertrĂ€glich geltenden oralen Aufnahme von 20 bzw. 10 g Ethanol/d fĂŒr das mĂ€nnliche bzw. weibliche Geschlecht ist die Aufnahme von Ethanol durch wiederholte HD als unbedenklich zu bewerten.