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Hintergrund: Viele impfpräventable Erkrankungen in der Bevölkerung der BRD weisen eine zu niedrige Durchimpfungsrate auf, um im Falle einer Infektion eine Weiterverbreitung effektiv zu verhindern [4]. Bisher sind überwiegend die Einflüsse untersucht worden, die dazu führen, dass Eltern sich gegen Impfungen entscheiden [84]. Unser Ziel war es, die regionale ärztliche Impfeinstellung und die Durchimpfungsraten der Impfungen Tetanus, Polio, Pertussis, Hepatitis B und Masern zu vergleichen und auf regionale Unterschiede zu untersuchen. Des Weiteren sollte ein möglicher Zusammenhang zwischen städtischer bzw. ländlicher Infrastruktur der Praxiseinzugsgebiete und der ärztlichen Impfeinstellung und Durchimpfungsrate analysiert werden. Zuletzt sollen die nach Meinung der Ärzte für unzureichende Durchimpfungsraten verantwortlichen Ursachen untersucht werden. Methoden: Die Erfassung der ärztlichen Impfeinstellung erfolgte als repräsentative Querschnittsstudie. Hierfür wurden 50% aller niedergelassenen Pädiater 10% aller niedergelassenen Allgemeinmediziner aus ganz Deutschland randomisiert und mit einem pseudonymisierten Fragebogen angeschrieben. Insgesamt konnten 2010 Pädiater (Responseproportion 63,65%) sowie 1712 Allgemeinmediziner (Responseproportion 38,56%) in die Studie eingeschlossen werden. Für den geographischen Vergleich wurden die Durchimpfungsraten der betrachteten Impfungen auf Landkreisebene, die Anzahl der auf Landkreisebene eingeschulten Kinder sowie die Zahl der zum 31.12.2006 als niedergelassen gemeldeten Pädiater und Allgemeinmediziner verwendet. Zur Quantifizierung der ärztlichen Impfeinstellung wurden drei Scores erstellt, in die für jeden befragten Arzt die Einhaltung der STIKO-Empfehlungen, das Impfverhalten bei den eigenen Kindern sowie die Positionierung zu verschiedenen Aussagen zum Thema Impfungen einflossen. Anschließend erfolgte die Zusammenfassung in einem Gesamtscore. Unterschiede in der Häufigkeitsverteilung wurden mittels Chi-Quadrat-Test auf statistische Signifikanz überprüft. Bei metrischen Werten wurden der Mittelwert und die Spannweite angegeben, für die Testung von Unterschieden wurde der Wilcoxon-Test verwendet. Das Signifikanzniveau bei allen Tests wurde auf α=0,05 (zweiseitig) festgelegt. Zur Beurteilung des Einflusses einzelner Faktoren auf die Durchimpfungsraten wurde ein lineares Regressionsmodell mit den Durchimpfungsraten als abhängige Variable erstellt. Berechnungen erfolgten mit Hilfe der Statistik Software SAS (Version 9.1, SAS Institute USA). Für die regionale Betrachtung der Impfeinstellung wurden die deutschen Bundesländer in Untersuchungsregionen auf Grundlage der bestehenden Landkreise (Stand 2006) eingeteilt. Bei unzureichender Repräsentierung eines solchen Landkreises durch Studienteilnehmer erfolgte nach unabhängigen objektiven Kriterien (Entfernungen der Verwaltungssitze) die Zusammenfassung mit einem oder mehreren der angrenzenden Landkreise zu einer Untersuchungsregion. Ergebnisse: Im linearen Regressionsmodell stellt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der regionalen ärztlichen Impfeinstellung und den Durchimpfungsraten für alle betrachteten Impfungen dar. Dieser ist je nach betrachteter Impfung unterschiedlich stark ausgeprägt. D.h. eine kritischere ärztliche Impfeinstellung ist mit einer niedrigeren Durchimpfungsrate vergesellschaftet. Für die ländliche bzw. städtische Infrastruktur einer Region, dargestellt anhand der Einschulungen/km², ist bei den meisten Impfungen kein signifikanter Zusammenhang mit den Durchimpfungsraten festzustellen. Eine bei der Masernimpfung bestimmte Verringerung der Durchimpfungsrate um 0,16% je eingeschultem Kind/km² (p=0,048) ist aufgrund der in Deutschland vorhandenen Einschulungsdichten vernachlässigbar. Auffällig ist der Zusammenhang zwischen der Lokalisation einer Untersuchungsregion in einem bestimmten Bundesland und der Durchimpfungsrate. Dabei gibt es einen Ost-West Unterschied mit niedrigeren Durchimpfungsraten in den alten Ländern (im Vergleich zum Referenzbundesland Mecklenburg-Vorpommern: Tetanus: Maximum: keine Unterschiede größer -5% (Unterschied zu Hessen durch Unterschiede in der Erfassung der Durchimpfungsrate bedingt), Polio: keine Unterschiede größer -5%,Pertussis: Maximum -5.86% in Bayern, p<0.0001; Hepatitis B: Maximum -12.55% in Bayern, p<0.0001; Masern: Maximum -20.20% in Berlin, p=0.0002). Nach Meinung der befragten Ärzte ist die Hauptursache für unzureichende Durchimpfungsraten die Angst des Patienten vor Nebenwirkungen gefolgt von mangelnder Aufklärung durch die Ärzte. Schlussfolgerung: Der Zusammenhang von regionaler Durchimpfungsrate und ärztlicher Impfeinstellung scheint mit Bevölkerungsassoziierte Variablen überlagert zu sein. Zur Verbesserung der Durchimpfungsraten ist eine vermehrte Aufklärung von Ärzten und Bevölkerung nötig, insbesondere im Studium, in Schulen, bei der Hebammenausbildung und in den Medien.
Ziel: Im speziellen Fall der Prävention gegen das Zervixkarzinom erfolgt bereits seit 1980 der Pap-Test im Rahmen der gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung. Als weitere Option ist seit 2006 eine Impfung gegen HP-Viren, die maßgeblich für die Erkrankung am Zervixkarzinom verantwortlich sind, hinzugekommen. Der Bekanntheitsgrad der Impfung sowie die positive Impfakzeptanz der Zielgruppe sind maßgebliche Kriterien im Entscheidungsprozess für die Durchführung der Impfung. Das Ziel dieser Studie war die Erhebung der Impfbereitschaft junger Frauen und die Bestimmung der Faktoren, die die Impfbereitschaft beeinflussen. Methoden: Die vorliegenden Ergebnisse waren Teil einer 2008 im Querschnittsdesign durchgeführten Studie, die in Kooperation zwischen dem Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaften und der Community Medicine der Universität Greifswald entstand. Es wurde die Impfbereitschaft zur HPV-Impfung und der Wissensstand über Gebärmutterhalskrebs, Humane Papillomaviren sowie über die Impfung gegen HPV erhoben. Dafür wurden 60 Frauen im Alter von 14 bis 26 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern telefonisch befragt. Mit Hilfe der Erstellung von Kreuztabellen wurden Zusammenhänge zwischen den Faktoren, Alter, Schulabschluss, Wissensstand, Sexualverhalten sowie Gesundheitsverhalten und der Impfbereitschaft untersucht. Ergebnisse: Mehr als die Hälfte der Frauen, 65% (N=39) waren positiv der Impfung gegenüber gestellt: die Frauen, die bereits geimpft waren (23%) und diejenigen, die sich planten impfen zu lassen. Im Vergleich der impfbereiten zu den nicht impfbereiten Frauen zeigte sich eine Tendenz für eine positive Impfbereitschaft zur HPV-Impfung zu einem jüngerem Alter und einer geringeren Schulbildung. Weiterhin hatten die impfbereiten Frauen tendenziell ein jüngeres Alter beim ersten Koitus, eine geringere Anzahl an Geschlechtspartnern und einen selteneren Gebrauch von Kondomen beim Geschlechtsverkehr. Die impfbereiten Frauen waren bereit auf ihre allgemeine Gesundheit zu achten (Ausnahme: sportliche Aktivitäten), nahmen die gynäkologische Vorsorgeuntersuchung eher nicht so regelmäßig wahr und neigten eher zu gelegentlichen Raucheraktivitäten. Große Wissenslücken bestanden in der Kenntnis über Humane Papillomaviren und über Risikofaktoren für eine persistierende HPV-Infektion. Der größte Wissensunterschied zwischen impfbereiten und nicht impfbereiten Frauen war im Thema über das Zervixkarzinom zu beobachten. Schlussfolgerung: Die Schwerpunkte der Wissensvermittlung sollten auf der durch die Infektion mit HPV bedingten Ursache der Entstehung von Zervixkarzinom und der sexuellen Übertragbarkeit der Viren, auf der Beziehung zwischen den Viren und dem Zervixkarzinom und die Rolle anderer Risikofaktoren, wie das Rauchen, gelegt werden. Der Fokus der Aufklärungsarbeit sollte auf den Frauen liegen, die eher skeptisch der Impfung gegenüberstehen. Interventionssettings hierfür wären vor allem gynäkologische Arztpraxen und weiterführende Schulen mit höherem Abschluss. Wichtig ist auch eine fachliche Aufklärungsarbeit der Nebenwirkungen und der Wirksamkeit der Impfung. Die jungen Frauen (14-17 Jahre), die eher eine hohe Impfakzeptanz aufweisen, sollten motiviert werden trotz Impfung zur gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung zu gehen. In diesen Rahmen ist auch es wichtig über ein riskantes sexuelles Verhalten zu sprechen und aufzuklären.
Ziel der Studie: Mit Einführung der HPV-Impfung für 12- bis 17-jährige Mädchen besteht in Deutschland erstmals die Möglichkeit der primären Krebsprävention von Gebärmutterhalskrebs. Der Bekanntheitsgrad der Impfung sowie die positive Impfakzeptanz der Zielgruppe sind maßgebliche Kriterien im Entscheidungsprozess für die Durchführung der Impfung. Die vorliegende Studie untersucht verschiedene objektive Einflussfaktoren auf das Impfverhalten von 14- bis 17-jährigen Jugendlichen in Bezug auf die HPV-Impfung. Methoden: Grundlage der Studie ist die Datenbasis einer im Juni 2008 in Bad Oeynhausen, Nordrhein-Westfalen, durchgeführten Querschnittsstudie. An allen weiterführenden Schulen der Stadt wurde je eine Klasse der Jahrgangstufen acht bis elf zufällig ausgewählt und die anwesenden Mädchen und Jungen mittels eines anonymisierten Fragebogens zu ihrem Impfverhalten und ihrem Wissensstand über HPV, Gebärmutterhalskrebs und die HPV-Impfung befragt. In bivariaten Analysen und einer logistischen Regression wurde der Einfluss der Variablen Alter, Geschlecht, Bildung, sexuelle Aktivität und Wissensstand über HPV, Gebärmutterhalskrebs und die HPV-Impfung auf die Impfbereitschaft der Jugendlichen getestet. Ergebnisse: 73% der Mädchen und 61% der Jungen bekundeten eine positive Impfbereitschaft für die HPV-Impfung. Dies spiegelte sich bei den Mädchen auch in der Durchimpfungsrate von 46,2% wider. Hauptbeweggründe einer Entscheidung für die HPV-Impfung waren der erwartete Schutz vor Gebärmutterhalskrebs sowie eine Impfempfehlung durch die Familie oder Verwandte. Gründe der Ablehnung waren fehlende Informationen über die Impfung, Angst vor eventuellen Nebenwirkungen und Zweifel an der Effektivität. Nur 48% der Mädchen und 20% der Jungen kannten die sexuell übertragbaren Humanen Papillomviren. Die Studienergebnisse belegen, dass die Mehrheit der Jugendlichen keinen Zusammenhang zwischen den HP-Viren und HPV-assoziierten Krebserkrankungen herstellen konnte. Die abschließende logistische Regression zeigte, dass ein guter Wissensstand über HPV, Gebärmutterhalskrebs und die HPV-Impfung der einzige signifikante Prädiktor für eine positive Impfbereitschaft ist unabhängig vom Alter, der Bildung und dem Sexualverhalten der Jugendlichen. Schlussfolgerung: Zur Steigerung der Impfakzeptanz der HPV-Impfung und Erhöhung der flächendeckenden Durchimpfungsraten muss der Wissensstand der Jugendlichen über HPV, den Übertragungsweg und den Zusammenhang mit HPV-assoziierten Krebserkrankungen verbessert werden. Dies könnte im Rahmen von Aufklärungskampagnen über die Medien und im Schulunterricht, der für alle Jugendlichen zugängig ist, erfolgen. Nur diejenigen, die Kenntnis über das Infektionsrisiko und die Ursachen HPV-assoziierter Krebserkrankungen gewinnen, können Präventionsmaßnahmen zum Eigenschutz vor einer möglichen Infektion ergreifen.
Hintergrund:
Die zunehmende Impfkritik in bestimmten Bevölkerungskreisen wird in Zusammenhang mit der zunehmenden Verbreitung von Komplementärmedizin gebracht. Homöopathie ist einer der stärksten Vertreter unter der wachsenden Komplementär-Medizin. Besonders in der Pädiatrie, wo die meisten Impfungen durchgeführt werden, wird Homöopathie vermehrt eingesetzt. Eine Umfrage aus dem Jahre 1996 zeigte erstmals, dass entgegen der öffentlichen Meinung homöopathische Ärzte in Deutschland keine entschiedenen Impfgegner sind, aber durchaus kritischer und individueller beim Impfen vorgehen.
Methodik:
In der vorliegenden Arbeit werden Impfeinstellung und Impfverhalten unter niedergelassenen Pädiatern in ganz Deutschland untersucht. Hierbei werden Pädiater mit und ohne Zusatzbezeichnung Homöopathie gegenübergestellt.
Mittels einer repräsentativen Querschnittuntersuchung wurden im Jahre 2006/2007 50 % (N=3019) aller niedergelassenen Pädiater aus ganz Deutschland per Post (Zufallsstichprobe) zum Thema Impfen befragt. Ergänzend wurden zeitgleich 245 homöopathisch orientierte Pädiater in die anonymisierte Befragung eingeschlossen. Das Instrument wurde zuvor in einer Pilotstudie unter 200 deutschen Pädiatern evaluiert. Die Auswahl der Pädiater erfolgte über Adressverzeichnisse der Kassenärztlichen Vereinigungen und Ärztekammern der verschiedenen Bundesländer, sowie zusätzlich über den Deutschen Zentralverein für homöopathische Ärzte (DZVhÄ) und der Karl und Veronica Carstens (KVC)-Stiftung um eine möglichst große Vergleichsgruppe an homöopathischen Pädiatern zu erhalten. Die Rückläufe der Zufallsziehung, der zusätzlich homöopathischen Pädiater und der Pilotstudie wurden für die Auswertung gepoolt.
Für einen Vergleich wurden mittels 6 (Teil)-Fragen des Erhebungsinstrumentes Pädiater mit und ohne Schwerpunkt-/Zusatzbezeichnung Homöopathie differenziert. Letztere wurden zusätzlich unterschieden in Pädiater, die Homöopathie oder eine andere alternative/komplementäre Medizin anwenden oder rein konventionelle Medizin betreiben.
Das Impfverhalten wurde im Hinblick auf das Einhalten der STIKO-Empfehlungen anhand von 3 Fragen des Erhebungsinstrumentes als Mittelwert-Score operationalisiert:1. Impfen Sie nach dem empfohlenen Impfkalender der STIKO? 2. Wie würden Sie eigene minderjährige Kinder Impfen? 3. Ab welchem Alter empfehlen Sie in der Regel die erste Durchführung von Impfungen?
Um die Impfeinstellung zu operationalisieren, wurden die skalierten Positionierungen zu 8 vorgegebenen Meinungen zum Impfen zu einem Mittelwert-Score verrechnet. Der Einfluss folgender relevanter Variablen auf Impfeinstellung und Impfverhalten wurde mit einer multivariablen linearen Regression untersucht: Alter, Geschlecht, Ort der Niederlassung, Anteil an Privatpatienten und Zusatzbezeichnung Homöopathie. Für einen Vergleich mit den Studienergebnissen von 1996 wurde ein Impfkritiker-Index erstellt.
Ergebnisse und Diskussion:
Mit insgesamt 3464 angeschriebenen niedergelassenen Pädiatern (über 50 % aller niedergelassenen Pädiater aus jedem Bundesland) handelt es sich um die bisher größte bundesweite Studie zum Thema Impfen. Die Responserate ist mit insgesamt ca. 67 % überdurchschnittlich hoch, was ein großes Interesse zum Impfthema vermuten lässt. Vor dem Hintergrund einer weitestgehend vollständigen und aktuellen Praxis-Adress-Datenbasis kann diese Studie als deutschlandweit repräsentativ angesehen werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind trotz leichter methodisch bedingter Einschränkungen in der Konstruktion der Stichprobe einmalig und aussagekräftig.
Pädiater mit und ohne Zusatzbezeichnung Homöopathie unterscheiden sich im Hinblick auf ihre Impfeinstellung und ihr Impfverhalten (orientiert an den STIKO-Empfehlungen) signifikant. Die überwiegend positive, aber kritische Haltung zum Impfen unter homöopathischen Pädiatern ähnelt den Ergebnissen von P. Lehrke von 1996. Das Vorurteil „Homöopathen seien Impfgegner“ konnte für Kinderärzte aussagekräftig widerlegt werden. Mit ca. 70 % hat die Mehrheit der homöopathisch arbeitenden Pädiater in Deutschland eine positive Einstellung zum Impfen. Sie sind aber auch mehrheitlich individuelle Impfkritiker. Die stärkste Impfkritik ist unter rein klassischen Homöopathen zu finden, welche ca. 47 % der Pädiater mit Zusatzbezeichnung Homöopathie ausmachen.
Die Zusatzbezeichnung Homöopathie hat von allen relevanten Variablen den größten Einfluss auf eine impfkritische Einstellung und entsprechendes Verhalten. Abweichungen von den STIKO-Empfehlungen betreffen aber überwiegend spätere Impfungen (überwiegend 1–3 Monate), sowie neuere Impfungen wie gegen Pneumokokken, Varizellen und Meningokokken. Als häufigster Grund für Abweichungen von den STIKO-Richtlinien wurde der Wunsch der Patienten angegeben. Da impfkritische Eltern eher Pädiater mit komplementärmedizinischem Zusatzangebot auswählen, beeinflussen sie auch die Erfahrungen und das Impfverhalten des Arztes. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich das Patientenklientel von Homöopathen und Nicht-Homöopathen systematisch unterscheidet. Unterschiedliche Erfahrungen durch den Umgang mit Ungeimpften und den Möglichkeiten homöopathischer Behandlungen könnten die Veränderungen der Impfeinstellung hin zu mehr Impfkritik im Lebenslauf von Homöopathen erklären. Homöopathen geben mit Abstand am häufigsten (über 60 %) eine Veränderung in ihrer Einstellung zum Impfen im Lebenslauf an, Nicht-Homöopathen in nur ca. 10–22 %. Bezüglich der Impfentscheidung der Patienten hat wiederum die persönliche ärztliche Empfehlung als wichtigste Vertrauensperson einen großen Stellenwert. Erfahrungen und Einstellung beeinflussen sich wechselseitig.
Basierend auf der Zufallsstichprobe haben ca. 10 % aller niedergelassenen Pädiater Deutschlands die Zusatzbezeichnung Homöopathie. Es gibt Hinweise, dass die Zusatzbezeichnung Homöopathie auf Grund der Patientennachfrage zugenommen hat. Das kann die häufige Anwendung von Homöopathie unter Pädiatern ohne Zusatzbezeichnung Homöopathie (ca. 40 %) erklären. Entsprechend dem marktwirtschaftlichen Prinzip des Gesundheitssystems wird die Homöopathie trotz wissenschaftlich strittiger Studienlage zunehmend von den Kassen vergütet, u.a. um konkurrenzfähig zu bleiben und Kosten vor allem im Bereich chronischer Krankheiten zu reduzieren.
Ausblick:
Ein Arzt sollte sich der Wirkung seiner Impf-Einstellung auf seine Patienten bewusst sein und bei seiner Impfberatung die Erwartungen und auch die Impfkritik seiner Patienten berücksichtigen. Die Komplexität und Vielseitigkeit des Impfthemas sollte den Impfentscheidern (Patienten) nicht vorenthalten werden sondern eine eigenverantwortliche Impfentscheidung (wie gesetzlich vorgesehen) fördern. Eine fundierte, neutrale und individualisierte Impf-Beratung sollte daher fester Bestandteil der medizinischen Ausbildung sein und in der Umsetzung auch entsprechend honoriert werden, unabhängig von der Impfentscheidung der Patienten. Damit können Verunsicherungen durch zT. emotionalisierende und polarisierende Informations-Medien (Internet, soziales Umfeld, Hebammen) vorgebeugt werden.
Bei zunehmender Verbreitung von Komplementärmedizin und speziell der Homöopathie sollten das Thema Komplementärmedizin in der medizinischen Ausbildung fest integriert werden und entsprechend den Möglichkeiten zur Heilungsunterstützung in der Forschung und klinischen Anwendung den entsprechenden Stellenwert bekommen.