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Kunststoffe durchdringen nahezu jeden Bereich unseres alltäglichen Lebens. Zur Herstellung bestimmter Plastikmaterialien (Epoxidharze und Polycarbonate) werden Bisphenole als Grundbaustein benötigt, deren Grundstruktur sich aus zwei Phenolringen zusammensetzt, die über eine substituierte Kohlstoffbrücke miteinander verbunden sind. Die einzelnen Bisphenole unterscheiden sich jeweils durch verschiedene Substituenten an der Kohlenstoffbrücke oder an den aromatischen Ringsystemen. Dabei gehen die großmaßstäbliche Produktion der Bisphenole sowie unser permanenter Kontakt mit bisphenolhaltigen Materialien mit einer verstärkten Nachweisbarkeit dieser Chemikalien in Umweltproben bzw. in menschlichen Geweben und Körperflüssigkeiten einher. Gleichzeitig stehen Bisphenole im Verdacht, aufgrund ihrer Toxizität und hormonähnlichen Wirkung eine Vielzahl von Erkrankungen zu begünstigen. Vor allem die Interaktion mit dem Östrogenrezeptor alpha ist gut verstanden. Daher wurde in dieser Arbeit die bakterielle Transformation von acht verschiedenen Bisphenolen (Bisphenol A, AP, B, C, E, F, PH und Z) durch die Umweltisolate Cupriavidus basilensis SBUG 290 und Bacillus amyloliquefaciens SBUG 1837 untersucht und näher charakterisiert. Beide Bakterienstämme waren in der Lage, alle eingesetzten Bisphenole zu transformieren. Dabei war die Transformation auf die Phenolringe oder daran befindliche Substituenten beschränkt. Ein mikrobieller Angriff an der ringverbindenden Kohlenstoffbrücke wurde nicht nachgewiesen. Während B. amyloliquefaciens die Schadstoffe ungeachtet ihrer Struktur jeweils phosphorylierte, transformierte C. basilensis die Bisphenole in Abhängigkeit von ihrer Struktur zu hydroxylierten Derivaten, Ringspaltungsprodukten, Produkten mit Acetamidstruktur oder zu Dimeren. Neben der Strukturaufklärung der mikrobiell gebildeten Produkte wurden die einzelnen Transformationswege für beide Bakterienstämme näher charakterisiert. Hierfür wurden u.a. die Produkte als Transformationssubstrate eingesetzt, der Einfluss der Kultivierung und Inkubationsmedien auf die Biotransformation untersucht sowie Proteomanalysen durchgeführt. Die Bildung von hydrophileren Transformationsprodukten durch die Bakterienstämme führte zur Detoxifizierung und Reduktion der östrogenen Aktivität der hydrophoben Bisphenole.
Staphylococcus aureus ist einer der bedeutendsten Erreger von Infektionen der Milchdrüse (Mastitis). In dieser Arbeit wurden 16 S. aureus-Isolate aus bovinen Mastitisinfektionen unterschiedlicher geografischer Herkunft umfassend charakterisiert, um tiefere Einblicke in die Wirtsspezifität von S. aureus zu erlangen. Das bovine Mastitisisolat S. aureus RF122, dessen Genomsequenz seit kurzem verfügbar ist, wurde zum Vergleich in die Studien einbezogen. Mittels Multilocus Sequence Typing wurde die klonale Verwandtschaft der Stämme analysiert und ihre Zugehörigkeit zu bestimmten Sequenztypen bzw. klonalen Komplexen ermittelt, von denen einige unter bovinen S. aureus-Isolaten weltweit sehr verbreitet sind.Zum Nachweis von virulenz- und resistenzassoziierten Genen, sowie regulatorischen und speziesspezifischen Markergenen wurde ein diagnostischer DNA-Microarray eingesetzt. Es konnte gezeigt werden, dass das individuelle Profil der Isolate sehr stark variierte und sich selbst Stämme mit dem gleichen Sequenztyp in ihrem variablen Genom teilweise erheblich unterschieden. Nur 43 Gene, die u.a. für Hämolysine, Proteasen, Leukocidine kodieren, waren in allen Stämmen konserviert. Es wurde auch die Existenz einiger als bovin-spezifisch angesehener Gene, bzw. die Abwesenheit humanspezifischer Gene nachgewiesen. Zusätzlich wurde die Expression von Virulenzfaktoren mittels 2D-Gelelektrophorese und massenspektrometrischer Identifizierung analysiert. Wie erwartet unterschieden sich die extrazellulären Proteommuster der einzelnen Stämme stark. Nur zwölf sekretierte Proteine wurden (in unterschiedlicher Menge) von mindestens 80 % der bovinen Isolate gebildet, und bilden das sogenannte „Core-Exoproteom“. Auch Isolate mit nahezu identischer genetischer Zusammensetzung unterschieden sich z.T. erheblich in ihrem Exoproteom, was sehr gut mit der Transkription des Virulenzgenregulators RNAIII korrelierte. Weiterhin wurde die mitogene Wirkung der Kulturüberstände auf humane und bovine PBMC (mononukleäre Zellen aus peripherem Blut) untersucht. Dabei fiel auf, dass zwei Isolate, welche Gene der bovinen Pathogenitätsinsel SaPIbov trugen, bovine T-Zellen stärker als humane stimulierten, was auf wirtsspezifische Unterschiede in der Aktivität dieser Superantigene hindeutet. Schließlich konnten durch den Vergleich mit S. aureus-Isolaten aus humanen Infektionen bestimmte Proteine ermittelt werden, die häufiger mit einem bestimmten Wirt assoziiert sind. Die Variabilität in der Expressionshäufigkeit dieser Proteine könnte mit der Wirtsspezifität von S. aureus im Zusammenhang stehen. Als pathogener Mikroorganismus ist S. aureus hohen Konzentrationen an reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies (ROS und RNS) ausgesetzt, die im Rahmen der unspezifischen Wirts-Immunantwort gebildet werden. Um das Verständnis über seine Anpassungsstrategien zu erweitern, wurden vier Substanzen, die oxidativen bzw. nitrosativen Stress verursachen, eingesetzt: Wasserstoffperoxid (H2O2), eine Vorstufe des stark toxischen Hydroxylradikals; Diamid, ein spezifisches Thiol-Oxidationsmittel, die Superoxidanion-generierende Substanz Paraquat, sowie der NO-Donor MAHMA NONOate. Für jeden Stressor wurden Proteomsignaturen durch Auftrennung der cytoplasmatischen Proteine mittels 2D-Proteingelelektrophorese und anschließender massenspektrometrischer Identifizierung erstellt. Die zu verschiedenen Zeitpunkten nach Stressauslösung neu synthetisierten Proteine wurden mittels L-[35S]-Methionin radioaktiv markiert und quantifiziert. Mindestens zweifach induzierte Proteine wurden als Markerproteine für einen bestimmten Stressor definiert. Durch Zugabe von 10 mM H2O2 wurden verstärkt Proteine synthetisiert, die an Synthese, Reparatur oder Schutz von Nukleinsäuren oder DNA beteiligt sind, was bestätigt, dass die DNA ein Hauptziel H2O2-induzierter Schädigung ist. Unter Einfluss von 10 nM Paraquat wurden Proteine mit sehr unterschiedlichen biologischen Funktionen, wie z.B. Aminosäuresyntheseenzyme und Cofaktoren, induziert. Der durch 1 mM Diamid induzierte Thiolstress führte wie erwartet zur verstärkten Neusynthese CtsR und HrcA-kontrollierter Chaperone und Proteasen, was auf die Akkumulation fehlgefalteter Proteine hindeutet, die höchstwahrscheinlich durch nichtnative Disulfidbrücken an den Thiolgruppen der Cysteinreste entstanden sind. Die Induktion von Peroxiredoxinen und einer Thioredoxinreduktase lassen auf ein gestörtes Redoxgleichgewicht in der Zelle schließen. Die Effekte von NO ähnelten denen, die auch unter Sauerstofflimitation beobachteten wurden. Viele Markerproteine sind in Glykolyse und Fermentation involviert und durch Nachweis der entsprechenden Fermentationsprodukte konnte eine höhere Aktivität fermentativer Stoffwechselwege bestätigt werden. Die Fähigkeit, unter Einfluss von NO auf anaeroben Metabolismus umzuschalten, könnte ein entscheidender Vorteil von S. aureus und essentiell für seine höhere Resistenz gegenüber NO sein.
A physiological proteomic approach to address infection-related issues of Gram-positive bacteria
(2012)
Trotz der vielen wissenschaftlichen Fortschritten sind Infektionskrankheiten auch heute noch die Haupttodesursache weltweit. Sie haben nicht nur heute, sondern werden auch in der Zukunft eine große epidemiologische Bedeutung haben. Die komplexe Infektionsthematik sollte unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden: der Prävention und der Behandlung. Zur Prävention von Infektionen zählen neben der Dekontamination und Sterilisation auch die Impfungen sowie die Hygiene- und Gesundheitsaufklärung. Bei der Behandlung von Infektionen kann auf Antibiotika zurückgegriffen werden, wenn das humane Immunsystem die Infektionen nicht auf natürliche Weise bekämpfen kann. Zwischen 1969 und 2000 wurde kein neues Antibiotikum den bereits vorhandenen Antibiotikaklassen hinzugefügt. Parallel zu dieser schwindenden Antibiotikaforschung, verbreiten sich nosokomiale Infektionen und community-acquired (vor allem Methicillin-resistente) Infektionen rapide. Von besonderer Bedeutung ist die Grundlagenforschung an infektionsassoziierten Mikroorganismen, wie dem humanen Erreger Staphylococcus aureus. Im Zusammenhang mit Infektionen spielen Virulenzfaktoren eine entscheidende Rolle. Sie sind entweder an der Zelloberfläche platziert oder werden aktiv ins Medium sekretiert. Um das pathogene Potential von S. aureus besser zu verstehen und aufzuklären ist ein Verständnis über die Proteintransportwege essentiell. Momentan sind die Transportwege von Escherichia coli (Gram-negative) und Bacillus subtilis (Gram-positive) am besten charakterisiert. Viele Transportwegekomponenten wurden mittels Transkriptions und Proteomeanalysen auch in S. aureus konserviert gefunden und ermöglichten dadurch einen ersten Einblick in die Sekretionsmaschinerie. Das Verständnis, warum und wie Virulenzfaktoren Infektionen auslösen birgt ein großes Potential in der Suche nach verbesserter Infektionskontrolle und Behandlung. Kontaminierte medizinische Arbeitsmittel, wie zum Beispiel Katheter oder Endoskope können auch eine auslösende Quelle von Infektionen sein. Diese medizinischen Arbeitsmittel oder Geräte bestehen immer häufiger aus bio-kompatiblen Polymeren (z.B. Polyethylen (PE) oder Polyethylenterephthalat (PET). Diese thermosensitive Polymere können keinen hohen Temperaturen ausgesetzt werden, ohne dass sie beschädigt werden. Damit sind herkömmliche Sterilisationsverfahren (z.B. Autoklavieren) nicht anwendbar. Alternative chemische Verfahren (z.B. Ethylenoxid-Sterilisation) sind mit Nebenwirkungen und Risiken verbunden, die im medizinischen Bereich nicht akzeptabel sind. Alternative Dekontaminationsverfahren für diese thermosensitive Materialen sind also gefragt. Hierbei rückt das Niedertemperaturplasma (NTP) nicht nur bei den Physikern sondern auch bei den Biologen und Medizinern immer weiter in den Fokus der Forschung. NTP, welches unter atmosphärischen Druck erzeugt wird, ist aus einer Vielzahl von antimikrobiell aktiven Agentien und chemischen Produkten (z.B. atomarer Sauerstoff (O), Ozon (O3), Hydroxyl (OH), reaktive Sauerstoffspezies (ROS) und reaktive Stickstoffspezies (RNS)) zusammengesetzt und stellt damit ein wirksames Mittel für die mikrobielle Dekontamination dar. Seit einiger Zeit wird NTP auch erfolgreich bei der Wundbehandlung angewendet. Erste Studien zeigen ein großes Potential von NTP-Wundbehandlungen in Hinblick auf verbesserte Wundheilung. Die Anwendung von Plasma in der Medizin könnte ganz neue Perspektiven eröffnet- das ist zumindest die Vision. Auf der praktischen Seite gibt es allerdings noch eine Vielzahl von offenen Fragen: (i) welche Art von Plasma ist für welchen Zweck am besten geeignet; (ii) was sind die Vorteile von Plasma im Vergleich zu gängigen medizinischen Behandlungen; (iii) ist Plasma ein ökonomische Alternative im Vergleich zu gängigen Anwandelungen und Standards? Bevor Plasma sicher und routinemäßig in Krankenhäusern zu Einsatz kommen kann ist es zusätzlich von größter Wichtigkeit den Einfluss von Plasma auf Zellen zu klären. Erst wenn die Plasma-Zell-Interaktion (pro- und eukaryotische Zellen) grundsätzlich untersucht und verstanden ist kann eine sichere, erfolgreiche und vor allem akzeptierte Implementierung in den Krankenhausalltag stattfinden.
Die reverse Genetik ist ein wichtiges Werkzeug in der Grundlagenforschung und Impfstoffentwicklung der Influenza-A- und -B-Viren. Oft ist der limitierende Schritt für die Erstellung eines solchen Systems der reversen Genetik, bestehend aus mehreren Plasmiden für die einzelnen Gensegmente, die Klonierung der Virusgene in den Expressionsvektor. Für eine schnellere und einfachere Klonierung wurde in dieser Arbeit das LacZa-Fragment mittels modifizierter QuikChange-Reaktion in den Klonierungsvektor pHWSccdB inseriert. Mit dem so entstandenen Vektor pHWSccdBLacZa ist es nun möglich, zusätzlich eine Blau/Weiß-Selektion durchzuführen. Beider target-primed plasmid amplification zur Insertion des viralen Gensegmentes werden hierbei die beiden Selektionsmarker ccdB und LacZa durch das virale Gen ersetzt. Bakterienkolonien mit kloniertem Gensegment können von denen ohne komplettes Insert nun leichter und frühzeitiger durch eine nicht vorhandene Blaufärbung unterschieden werden. Schweine spielen in der Influenzavirus-Transmission eine besondere Rolle, da sie als sog. „mixing vessel“ gelten. Sie können z. B. Reassortanten aus aviären und porzinen Influenzaviren auf den Menschen übertragen, die sich bei einer zeitgleichen Infektion mit beiden Viren im Schwein bilden können. In dieser Arbeit wurden die seit 1979 in Europa zirkulierenden aviären H1N1- Schweineviren betrachtet. Sie sind Schweinestämme, deren Gene von einem aviären Vorläufervirus abstammen. Unter dem Ziel der Untersuchung der molekularen Determinanten des Wirts-Tropismus dieser aviären H1N1-Schweineviren wurden Reassortanten und Zufallsressortanten hergestellt unter Verwendung des aviären Virus A/Duck/Bavaria/1/77 (H1N1) (DkBav) und des aviären Schweinevirus A/Swine/Belgium/1/79 (H1N1) (SwBelg). Zunächst wurde die Replikationseffizienz von DkBav, SwBelg und den hergestellten Reassortanten auf einer aviären und einer porzinen Zelllinie untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass für das aviäre Virus DkBav das HA von SwBelg ausreicht, um in porzinen Zellen das Wachstumsniveau von SwBelg zu erreichen. Das HA-Segment ist also entscheidend für den Wirtstropismus von DkBav in einer porzinen Zelllinie. Experimente im Schwein zeigten jedoch, dass DkBav nicht alleine durch das HA von SwBelg zu einem Schweinevirus wird. Für diese Experimente wurden Schweine intranasal mit den hergestellten Viren, SwBelg und DkBav infiziert. Um die Replikation im Schwein zu steigern, benötigt DkBav zusätzlich zum HA noch das NA von SwBelg und für die Transmission von Schwein zu Schwein das NP sowie eines oder mehrere der anderen Gensegmente von SwBelg. Für eine starke Virusvermehrung in der Lunge benötigt DkBav den Polymerasekomplex, HA und NA von SwBelg. Für die Transformation in ein Schweinevirus benötigt DkBav also kein bestimmtes Gensegment, sondern eine Kombination mehrerer Gensegmente. Für hochpathogene aviäre Influenzaviren ist die polybasische Spaltstelle des Oberflächenproteins HA der wichtigste Virulenzfaktor. Das HA ist u. a. für die Bindung und die Fusion der Endosomenmembran von Influenzaviren mit der Wirtszelle zuständig. Da eine polybasische HA-Spaltstelle alleine jedoch nicht ausreicht, um die Virulenz eines LPAIV deutlich zu erhöhen, wurde in dieser Arbeit nach weiteren Virulenzdeterminanten im HA des hochpathogenen Influenzavirus A/Swan/Germany/R65/2006 (H5N1) (R65wt) zusätzlich zur polybasischen Spaltstelle gesucht. Hierzu wurden von den Viren R65wt und A/Teal/Germany/Wv632/2005 (H5N1) mit eingesetzter polybasischer Spaltstelle (TG05poly) verschiedene HA-Chimären und -Mutanten hergestellt und diese in vitro und in vivo untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die eingefügten Mutationen nicht ausreichten, um TG05poly zu einem hochpathogenen Virus zu machen. Für das hochpathogene Virus R65wt wurden die Aminosäuren HA-R123 und HAI124 als weitere Virulenzdeterminanten identifiziert. Bei HA-Sequenz- und HAStrukturanalysen wurde festgestellt, dass die Aminosäuren HA-123 und HA-124 innerhalb des niedrigpathogenen bzw. des hochpathogenen Phänotyps hoch konserviert vorliegen. Mutationen an diesen Positionen verringern nicht nur HA-Aktivierungs-pH und Virus-Inaktivierungs-pH deutlich, sondern auch die Letalität des Virus um fast 50 % (HA-I124T) oder das Virus wurde sogar avirulent (HA-R123S). Im Falle einer polybasischen Spaltstelle ist also eine erhöhte pH-Stabilität des HA vermittelt durch die Aminosäure R123 essentiell für die Entstehung eines hochpathogenen aviären H5N1-Virus aus einem niedrigpathogenen Vorläufer.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden BVDV-Mutanten mit Deletionen, Insertionen oder Substitutionen in der E(rns)-kodierenden Genomregion ausgehend von den infektiösen cDNA-Klonen pA/BVDV und pA/BVDV/Ins- (Meyers et al., 1996) generiert. Die meisten Veränderungen verhinderten die Entstehung infektiöser Virionen, so dass nichtessentielle Regionen im E(rns)-Protein nicht identifiziert werden konnten. Eine Ausnahme stellen die Aminosäuren 105-108 dar, deren Substitution im Zusammenhang mit adaptiven Mutationen toleriert wurde. Mit Hilfe von Zelllinien, die die BVDV-Strukturproteine konstitutiv exprimieren, konnte eine Mutante mit einer kompletten E(rns)-Deletion und einer internen EMCV-IRES im Genom effizient trans-komplementiert und sogenannte DISC-Viren erhalten werden. Außerdem wurden Plasmide für die Expression der BVDV-Strukturproteine (C, E(rns), E1, E2) hergestellt, mit deren Hilfe erstmals ein nicht-prozessiertes E(rns)-E1-Protein mit 60-65 kDa identifiziert werden konnte, das für mindestens 3 h relativ stabil in transfizierten Zellen vorlag. Durch Mutation der P3-Position eines SPP-Motivs gelang es, sowohl in pCITE-2a(+)-Expressionsplasmiden als auch in BVDV-Vollängen-Mutanten die Spaltung dieses E(rns)-E1-Proteins zu verhindern. Dadurch konnte gezeigt werden, dass die E(rns)-E1-Spaltung essentiell für die Bildung infektiöser Viren ist. Bicistronische Mutanten wurden genutzt, um zu zeigen, dass das E(rns)-E1-Protein selbst jedoch nicht notwendig, aber förderlich für Entstehung infektiöser Virionen ist. Weiterhin konnte mittels eines im Rahmen dieser Arbeit generierten polyklonalen Bungowannah Virus-E(rns)-spezifischen Kaninchenserums, das E(rns)-Protein des atypischen Pestivirus Bungowannah Virus in Western Blot-Analysen mit etwa 38 kDa detektiert werden. Da jedoch kein Bungowannah Virus-E(rns)-E1-Protein nachgewiesen werden konnte, spielt E(rns)-E1 möglicherweise keine oder eine untergeordnete Rolle im Bungowannah Virus-Replikationszyklus. BVDV-E(rns)-Deletionen im CP7-Hintergrund konnten erfolgreich mit Bungowannah Virus-E(rns) komplementiert werden, wenn Bungowannah Virus-E(rns) und BVDV-E1 unabhängig von einer E(rns)-E1-Spaltung exprimiert wurden. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit war es schließlich, eine effiziente Methode zur Konzentrierung und Reinigung infektiöser BVDV aus infizierten Zellen zu etablieren. Zum ersten Mal wurden BVDV-Mutanten mit FLAG-markierten E(rns)- und E2-Proteinen generiert, so dass erstmalig BVDV mittels Affinitätschromatografie gereinigt und elektronenmikroskopisch untersucht werden konnten. Mittels Negativkontrast-Elektronenmikroskopie wurden sphärische Partikel mit Durchmessern von 43-58 nm dargestellt. Sowohl durch affinitätschromatografische Virusreinigung als auch durch immunelektronenmikroskopische Untersuchungen konnte eine Assoziation von E(rns)- und E2-Proteinen mit der BVD-Virushülle demonstriert werden. Die in dieser Arbeit vorgestellte Methode kann als Basis für weiterführende Untersuchungen zur Morphogenese von Pestiviren genutzt werden.
Innerhalb der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Bakterien- und Hefestämme der Stammsammlung Biologie des Institutes für Mikrobiologie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (SBUG) auf einen Umsatz von 9H-Carbazol untersucht. Neben Ralstonia spec. SBUG 290, Rhodococcus erythropolis SBUG 271 sowie den zwei im Rahmen dieser Arbeit als Pseudomonas putida identifizierten Stämmen SBUG 272 und SBUG 295 zählten zu den Bakterienstämmen 22 weitere noch nicht abschließend charakterisierte Isolate. Die geprüften Hefestämme umfassten neben 7 Vertretern der Gattung Trichosporon auch 19 nicht identifizierte Stämme. Basierend auf der für diese Mikroorganismen bereits nachgewiesenen Verwertung von Biphenyl beziehungsweise Dibenzofuran bestand die Hypothese, dass diese Stämme aufgrund von Strukturanalogien der Substrate auch in der Lage sind, weitere Heterozyklen zu transformieren. Angesichts des sehr breiten pharmakologischen Wirkungs- und Anwendungsspektrums von Carbazol-Derivaten wurde primär geprüft, inwieweit sich mit Hilfe dieser spezialisierten Mikroorganismen hydroxylierte Carbazol-Derivate als Ausgangssubstanzen für spätere Synthesen herstellen lassen. Da die verwendeten Bakterien im Gegensatz zu den Hefen zu einer Transformation von 9H-Carbazol befähigt waren, wurden mit diesen Stämmen Untersuchungen zur mikrobiellen Transformation von insgesamt 9 zusätzlichen stickstoffhaltigen Biarylverbindungen (2,3,4,9-Tetrahydro-1H-carbazol, 9-Methyl-9H-carbazol, Carbazol-9-yl-methanol, Carbazol-9-yl-essigsäure, 3-Carbazol-9-yl-propionsäure, 2-Carbazol-9-yl-ethanol, Acridin, 10H-Acridin-9-on, Phenazin) durchgeführt. Aufgrund der im Unterschied zu bisherigen Publikationen zum Umsatz von Biarylen festgestellten abweichenden Produktbildung bei Inkubation mit 9H-Carbazol wurden die Bakterienstämme für vergleichende Analysen ebenfalls auf die Transformation von Dibenzothiophen sowie 9H-Fluoren geprüft. Insgesamt wurden bei der Transformation der getesteten Biarylverbindungen 55 Produkte untersucht, von denen 34 bislang für Bakterien noch nicht beschrieben wurden. Basierend auf GCMS-, LCMS- und NMR-Analysen konnten insgesamt 29 Verbindungen identifiziert und für 14 Transformationsprodukte anhand der erhaltenen Daten vorläufige Strukturvorschläge unterbreitet werden. Zusätzlich wurde im Rahmen dieser Arbeit für weitere 8 der in den Versuchen gebildeten Produkte bereits eine erste strukturanalytische Charakterisierung vorgenommen. In weiterführenden Versuchen wurden die durch die Bakterienstämme gebildeten Produkte als Substrate eingesetzt, um zu analysieren auf welche Weise die über primäre Hydroxylierungsreaktionen hinausgehenden Transformationen dieser Substanzen erfolgen. Dazu wurden, in erster Linie am Beispiel von Ralstonia spec. SBUG 290, insgesamt 28 der gebildeten Produkte auf einen weiteren Umsatz geprüft, darunter 14 Substanzen, die kommerziell nicht verfügbar sind und daher zuvor in größeren Mengen aus den Transformationsansätzen gereinigt wurden. Basierend auf diesen Untersuchungen konnten schließlich anhand der nachgewiesenen Produkte Aussagen zu den durch die Stämme katalysierten Transformationswegen abgeleitet werden. In Versuchen mit dem rekombinanten Stamm Escherichia coli DH5alpha SBUG 1575, der die Gene bphA1–A3 der Biphenyl-2,3-dioxygenase aus Ralstonia spec. SBUG 290 trägt, wurde die Beteiligung dieses Enzyms am Umsatz der eingesetzten Biarylverbindungen untersucht.
Das Nipahvirus (NiV) ist ein Paramyxovirus, welches im Menschen eine tödliche Enzephalitis mit einer hohen Letalität von bis zu 100% und im Schwein vorwiegend eine schwerwiegende Atemwegserkrankung mit hoher Morbidität hervorruft. Es gibt bis heute keine zugelassene antivirale Therapie oder Vakzine. Da neben den neutralisierenden Antikörpern zunehmend auch die Bedeutung einer zellulären Immunabwehr gegenüber einer Henipavirus Infektion diskutiert wird, rücken vor allem Vakzinen in den Fokus, die in der Lage sind, beides zu induzieren. Virus-ähnliche Partikel (VLPs) stellen als nicht-replizierende Systeme eine sehr sichere Vakzine und durch ihren Virion-ähnlichen Aufbau mit repetitiven Strukturen sehr potente Immunogene dar.
In dieser Arbeit wurde die Immunogenität von Henipa VLPs (bestehend aus NiV G, NiV F und Hendravirus (HeV) M) bezüglich der Aktivierung des adaptiven Immunsystems zunächst im Kleintiermodell Maus und anschließend in einer Großtierstudie im natürlichen Wirt Schwein untersucht, um Rückschlüsse auf das Potenzial von Henipa VLPs als Vakzine ziehen zu können.
Durch die Immunisierung mit Henipa VLPs wurde sowohl in C57BL/6 als auch in BALB/c Mäusen eine humorale Immunantwort mit anti-Henipavirus-spezifischen Antikörpern als auch mit NiV neutralisierenden Antikörpern induziert. Außerdem konnte erstmalig gezeigt werden, dass die Henipa VLPs in einem Mausstamm mit einer genetisch bedingten verstärkten Ausprägung einer Th1 Immunantwort (C57BL/6 Mäusen) in der Lage waren, eine zelluläre adaptive Immunantwort zu stimulieren. So konnte eine direkte Antigen-spezifische Proliferation und IFN-γ Expression in den CD8+ T-Zellen sowie die Th1 Zytokine IFN-γ, TNF-α und IL-2 in den Milzzellüberständen Henipa VLP-immunisierter C57BL/6 Mäuse nach homologer Restimulation nachgewiesen werden. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass alle drei inkorporierten Proteine CD8+ T-Zell Epitope aufweisen. Die Kombination der drei Proteine in den Henipa VLPs führte zu einer stärkeren Reaktivierung der CD8+ T-Zellen. Im Rahmen der Immunisierung mit Henipa VLPs bildeten sich Gedächtnis CD8+ T-Zellen aus, die auch bei dreimaliger Applikation des Antigens und einer zusätzlichen Restimulation nicht in den funktionseingeschränkten Zustand der Erschöpfung oder Seneszenz übergingen.
Aufgrund der vielseitigen Immunogenität der Henipa VLPs im Mausmodell, wurde anschließend ihre Fähigkeit zur Induktion des adaptiven Immunsystems im natürlichen Wirt Schwein untersucht. Auch in Schweinen induzierten die Henipa VLPs eine Gedächtnis B-Zellantwort mit anti-Henipavirus-spezifischen Antikörpern und NiV neutralisierenden Antikörpern. Hinzu kam die Stimulation einer MHC-abhängigen als auch der schnelleren, MHC-unabhängigen zellulären Immunantwort. Hierbei waren es vor allem die MHC-unabhängigen γδT-Zellen, die auf eine Henipa VLP Restimulation hin proliferierten und antivirale Zytokine wie IFN γ und TNF α exprimierten. Von den MHC-abhängigen T-Zellen waren es die CD4+ T-Zellen, die die eben genannten löslichen Mediatoren exprimierten. Die CD8α+CD8β+ T-Zellen (klassische CTL) blieben hingegen nahezu unbeeinflusst. Die sowohl in CD8α+ γδT-Zellen als auch in CD8α+CD4+ T-Zellen nachgewiesene Multifunktionalität in Form einer IFN-γ und TNF-α Koexpression deutet auf die Generierung einer zellulären Gedächtnis T-Zellantwort in Schweinen durch die Mehrfachimmunisierung mit Henipa VLPs hin.
In dieser Arbeit konnte das vielversprechende Potenzial von Henipa VLPs als Vakzine durch die Induktion sowohl einer humoralen als auch einer zellulären Immunantwort in Mäusen und zum ersten Mal auch in Schweinen herausgestellt werden. In zukünftigen Infektionsversuchen unter BSL-4 Bedingungen muss geklärt werden, inwieweit diese Henipa VLPs in der Lage sind, einen Schutz und eine sterile Immunität gegenüber einer Henipavirus Infektion zu vermitteln.
Die hier vorgestellte Arbeit beschreibt die Nutzung globaler Transkriptom- und Proteomanalysen zur Untersuchung der Anpassung des Bodenbakteriums Bacillus subtilis an einige in seinem natürlichen Habitat vorherrschende Bedingungen. Die Ergebnisse dieser Arbeit verdeutlichen, dass mit Hilfe globaler Transkriptom- und Proteomanalysen auch für bereits intensiv untersuchte Fragestellungen neue und zum Teil unerwartete Aspekte zu entdecken sind. Im Falle der seit ca. 30 Jahren untersuchten Sporulation in B. subtilis konnte eine Reihe von neuen differenziell exprimierten Genen identifiziert werden. Ferner wurden diese Gene den vier an der Sporulation beteiligten Sigmafaktoren zugeordnet. Einige der besonders interessanten Gene wurden einer Detailanalyse unterzogen. Die Analyse der seit Anfang der 90er Jahre auf molekularer Ebene intensiv untersuchten Anpassung von B. subtilis an hohe Osmolaritat führte zur Ausweitung bereits erhaltener Befunde und zur Entdeckung neuer Facetten dieser Adaptationsstrategie. Vergleichbares gilt für die Untersuchung der Anpassung von B. subtilis an schwankende Temperaturen. Die Verwendung globaler Analysen zur Untersuchung der Kälteschockantwort und der Adaptation wachsender Zellen an Kälte und Hitze haben auch hier neue interessante Befunde geliefert. Anhand der hier vorgestellten Ergebnisse wird das Potential globaler Analysen verdeutlicht. Sie ermöglichen Einblicke in das Zusammenspiel der einzelnen Anpassungsmechanismen und liefern entscheidende Hinweise zur Entschlüsselung zellularer Regulationsnetzwerke.
Die Newcastle Disease (ND) und die hochpathogene aviäre Influenza (HPAI) sind zwei der bedeutendsten Viruserkrankungen des Geflügels. Neben hohen wirtschaftlichen Verlusten stellt besonders das zoonotische Potential des hochpathogenen aviären Influenzavirus (HPAIV) auch eine Gefahr für den Menschen dar. Eine erfolgreiche Prophylaxe erfordert effektive Impfstoffe, die hohe Anforderungen wie die Verträglichkeit in sehr jungen Tieren, Massenapplizierbarkeit, eine sichere und kostengünstige Produktion sowie die Möglichkeit der Differenzierung zwischen infiziertem und vakziniertem Geflügel (DIVA) erfüllen müssen. Replikationsfähige Vektorviren sind dafür besonders geeignet. Mit Hilfe des reversen genetischen Systems konnte ein rekombinantes Newcastle Disease Virus (NDV) generiert werden, welches das Hämagglutinin H5 eines HPAIV exprimiert (rNDVH5Vm). Dieses vermittelt in SPF-Hühnern nach Immunisierung einen bivalenten Schutz vor HPAI und ND, versagt jedoch als Vakzine in Geflügel mit maternalen NDV-Antikörpern (Veits, Wiesner et al. 2006). Aufgrund der flächendeckenden NDV-Impfung in Geflügelbeständen müssen NDV-basierte Vektorvakzinen jedoch die maternale NDV-Immunität überwinden. Ein neuer Ansatz zur Entwicklung eines entsprechenden Vakzinevirus wird in dieser Arbeit gezeigt. Dazu erfolgte ausgehend von rNDVH5Vm die Generierung eines chimären rekombinanten NDV, in welchem die NDV-Oberflächenproteine F und HN durch die des aviären Paramyxovirus-8 (APMV-8) ausgetauscht wurden (chNDVFHNPMV8H5). Nach Generierung der neuen Virusrekombinante wurde sowohl die Expression und Inkorporation der drei Oberflächenproteine F, HN und H5 in das Viruspartikel, als auch eine Replikation zu hohen Endtitern nachgewiesen. Die geringe Virulenz und die damit mögliche Eignung als Vakzinevirus wurde durch einen ICPI von 0,288 bestätigt. Auch die in vivo-Charakterisierung in SPF-Hühnern zeigte eine gute Verträglichkeit, eine lokale Virusreplikation und eine detektierbare Immunantwort gegen APMV-8 und AIV. Drei Wochen nach Vakzinierung ein oder sieben Tage alter Küken, die eine maternale NDV-Immunität aufwiesen, mit chNDVFHNPMV8H5 erfolgte die Infektion mit einer letalen Dosis HPAIV. Es konnte ein vollständiger klinischer Schutz, einhergehend mit einer signifikant verringerten Virusausscheidung im Vergleich zur Kontrollgruppe detektiert werden. Die Vakzinierung mit chNDVFHNPMV8H5 ermöglicht außerdem die DIVA-Diagnostik auf Basis des Nachweises von AIV-NP Antikörpern. Aufgrund der Substitution der Oberflächenproteine des NDV ist chNDVFHNPMV8H5 nicht mehr in der Lage, einen Schutz gegen ND zu vermitteln. Die fehlende Kreuzreaktvität der Antikörper gegen die Oberflächenproteine von NDV und APMV-8 konnte auch in vitro gezeigt werden. Da die ND neben der HPAI einen hohen ökonomischen Stellenwert besitzt, wurde ein kombiniertes Vakzinierungsschema entwickelt, welches Geflügelbestände vor beiden Erkrankungen schützen soll. Dafür wurden ein oder sieben Tage alte, maternale NDV-Antikörper tragende Hühner mit chNDVFHNPMV8H5 und sieben Tage später mit einem lentogenen rekombinanten NDV (rNDVGu) immunisiert. Die Replikation des rNDVGu wurde dabei weder durch chNDVFHNPMV8H5 noch durch die Immunantwort gegen interne NDV-Proteine gestört, so dass beide Vakzinen eine Immunantwort induzierten. Diese vermittelte nach Infektion mit einer letalen Dosis HPAIV oder velogenem NDV einen klinischen Schutz und eine signifikant verringerte Virusausscheidung bei den geimpften Hühnern gegenüber den ungeimpften Kontrolltieren. Dieses erfolgreiche Vakzinierungsschema vereint zudem Massenapplizierbarkeit mit sicherer, kostengünstiger Produktion des Vakzinevirus. Von den bisher beschriebenen zwölf aviären Paramyxoviren ist NDV (APMV-1) aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung das am besten charakterisierte. APMV-8 hingegen ist bisher nur wenig untersucht. Um eine APMV-8-Infektion im Huhn zu charakterisieren, wurden drei Wochen alte SPF-Hühner mit APMV-8/goose/Delaware/1053/76 infiziert. Die Tiere zeigten nach Infektion keine klinischen Symptome, aber die Replikation des Erregers konnte bis vier Tage nach Infektion im oberen Respirationstrakt nachgewiesen werden. Sie verursachte jedoch keine histologischen Gewebeveränderungen, was die geringe Pathogenität des Erregers bestätigt. Eine Immunantwort konnte bereits sieben Tage nach Infektion detektiert werden. Um die Schutzwirkung einer APMV-8-Vakzinierung vor einer NDV- und APMV-8-Infektion zu ermitteln, erfolgte drei Wochen nach Immunisierung der Hühner eine Infektion mit homologem APMV-8 oder velogenem NDV. Dabei konnte gezeigt werden, dass nach erneuter APMV-8-Infektion die Virusausscheidung signifikant verringert war, was die Wirksamkeit der induzierten Immunantwort bestätigt. Nach Infektion mit einem velogenen NDV waren jedoch weder hinsichtlich Morbidität und Mortalität, noch Virusausscheidung signifikante Unterschiede zwischen vakzinierten und nicht vakzinierten Tieren nachweisbar. Das macht deutlich, dass eine Immunität gegen APMV-8 die Virusausscheidung nach erneuter APMV-8-Infektion zwar signifikant reduziert, jedoch nicht vor der Infektion mit einer letalen Dosis von velogenem NDV schützt.
Zur Aufklärung der molekularen Grundlagen einer Infektion mit dem Pseudorabiesvirus (PrV), dem Erreger der Aujeszky’schen Krankheit beim Schwein, wurde eine qualitative und quantitative Proteomstudie von PrV-infizierten bovinen Nierenzellen (MDBK) durchgeführt. Die Erstellung der Proteomkarten erfolgte durch hochauflösende zweidimensionale Gelelektrophorese, mit der neben zum größten Teil unmodifizierten Proteinen auch eine Reihe von Proteinen mit posttranslationalen Modifikationen nachgewiesen werden konnten. Die Identifizierung der Proteine erfolgte mit dem Peptidmassenfingerabdruck durch Matrix Assisted Laser Desorption/Ionisation Time-of-Flight(MALDI-TOF)-Massenspektrometrie. Proteine wurden massenspektrometrisch durch die stable isotope labelling by amino acids in cell culture (SILAC)-Technik quantifiziert. Um die Komplexität des Gesamtzellextraktes zu reduzieren, wurde eine Affinitätsfestphasenchromatographie aus verschiedenen Matrices, bestehend aus einer Cibacron Blau F3G-A Matrix, die Nukleotid-bindende Proteine bindet, einer Heparin Matrix, die DNA-bindende Proteine bindet und einer Phosphoprotein spezifischen Metallchelatmatrix etabliert. Dabei zeigte sich, dass sich der Gesamtzellextrakt in gut definierte Teilproteome fraktionieren ließ. Die Fraktionierung zeichnete sich durch eine hohe Trennschärfe, eine hohe Effizienz und eine spezifische Anreicherung entsprechend der Affinitäten der verwendeten Matrices aus. Zur weiteren Erhöhung der zu analysierenden Proteine wurden die Fraktionen auf mehreren Fokussierungsstreifen mit unterschiedlichen pH-Wert Bereichen (3-6, 4-7, 6-9 und 3-10) analysiert, wobei sich lediglich der pH-Bereich zwischen 3-6, als relativ proteinarm erwies. Die Streuung bezüglich der relativen Quantifizierung wurde in einem Kontrollversuch bestimmt. Sie war sehr gering, was auch die Erfassung sehr kleiner Unterschiede in den Expressionsniveaus erlaubt. Das bovine Wirtszellproteom erwies sich vier Stunden nach Infektion mit dem PrV in qualitativer und quantitativer Hinsicht, trotz des beschriebenen shutoff, der zu einem Abbau der zellulären mRNA führt, als überraschend stabil. Quantitative Unterschiede wurden bei 109 Wirtszellproteinen gefunden. Vorwiegend handelte es sich dabei um Proteine der Kernlamina, Bestandteile des Translationsapparates, Proteine des Membran- und intrazellulären-Transports, sowie Proteine der Stressantwort. Bei den Proteinen Lamin A/C und B2, 60S Saures Ribosomale Protein P0, Hitzeschock-27 Protein 1, Heterogenes Nukleäres Ribonukleoprotein K, Sorting Nexin-9 und dem Eukaryotischen Translations-Initiations Faktor 4B wurden Mengenverschiebungen zwischen den Isoformen hin zu den stärker negativ geladenen Varianten beobachtet, die möglicherweise auf Phosphorylierungen zurückzuführen sind. Um den Mechanismus der Regulation der Wirtszellproteinexpression genauer zu untersuchen, wurde aufbauend auf den Ergebnissen der Proteomstudie eine Transkriptanalyse durchgeführt. Transkriptom- und Proteom-Analysen nach einer PrV-Wildtyp-Infektion zeigten eine nur geringe Korrelation, sodass die beobachteten Veränderungen der Proteinmengen die Folge von posttranslationalen Vorgängen sein dürften. Neben der Quantifizierung von Wirtszellproteinen wurde die SILAC-Methode zur Quantifizierung der Expression von viralen Proteinen in Deletionsmutanten getestet. Dazu wurde der Analysengang verändert und MDBK-Zellen mit einer PrV-US3-Deletionsmutante (PrV-ΔUS3) und dem PrV-Wildtyp infiziert. Die Extrakte aus PrV-Wildtyp-infizierten Zellen wurden als globaler interner Standard verwendet. Die Verwendung der SILAC-Methode erlaubte hier die Anwendung der sonst sehr Artefakt-anfälligen Zellfraktionierung in Zytosol- und Kernextrakte zur Reduktion der Probenkomplexität. Ein Vergleich zur Affinitätsfestphasenextraktion zeigte, dass ein Großteil der identifizierten Proteine auch mit letzterer erfasst wird. Einige wichtige Kernproteine wie Spleißfaktoren konnten aber nur in der Kernfraktion identifiziert werden. Vergleiche von Zellextrakten nach Infektion mit PrV-Wildtyp oder einer US3-negativen Mutante zeigten Veränderungen in den Expressionsniveaus der viralen Proteine pUL29, pUL39 und pUL42. Dabei besaßen pUL29 und pUL39 eine erhöhte und pUL42 eine verminderte relative Abundanz in Abwesenheit des pUS3. Die Proteine pUL29 und pUL42 traten in mehreren Ladungsvarianten auf, wobei das pUL42 zusätzlich eine Größenvariante aufwies. Im dritten Teil dieser Arbeit wurde ein SILAC-gestütztes Verfahren zur Quantifizierung der Expression von Fremdgenen in viralen Vektoren etabliert.
Herpesviren nutzen zwei unterschiedliche Zellkompartimente für die Morphogenese. Während der Kapsid-Zusammenbau und die DNA Verpackung im Zellkern stattfinden, erfolgt die weitere Assemblierung im Zytoplasma. Um dorthin zu gelangen muss die Kernmembranbarriere überwunden werden. Hierfür knospen die Nukleokapside an der inneren Kernmembran und erhalten dort eine primäre Virushülle, die allerdings nach Fusion mit der äußeren Kernmembran wieder verloren geht. Für diesen als envelopment-deenvelopment bezeichneten Vorgang ist ein Komplex aus zwei viralen Proteinen notwendig. Er besteht aus pUL34, einem Membranprotein der Kernmembran und dessen Interaktionspartner pUL31. Beide Proteine allein reichen aus, um Membranvesikel von der inneren Kernmembran abzuschnüren. Ziel dieser Arbeit war, diesen nuclear egress weiter zu charakterisieren. Hierfür sollte zunächst geklärt werden, welche Domänen von pUL34 für dessen korrekte Lokalisierung in der Kernmembran und der Interaktion mit dem Komplexpartner pUL31 notwendig sind. Dazu wurden chimäre Proteine aus Teilen des pUL34 und zellulären Proteinen der inneren Kernmembran hergestellt. Die Ergebnisse zeigten, dass die pUL34-Transmembrandomäne keine virusspezifische Funktion besitzt und durch entsprechende Bereiche zellulärer Proteine ausgetauscht werden kann. Auch die Erweiterung der Substitution auf 50 C-terminale Aminosäuren führte zu einem funktionellen Protein, während ein Konstrukt mit einem Austausch von 100 C-terminalen Aminosäuren durch entsprechende Lap2ß Sequenzen den Defekt der PrV-deltaUL34-Deletionsmutante nicht mehr komplementieren konnte. Dennoch war noch immer eine Interaktion mit dem Komplexpartner möglich. Dies zeigte, dass zwischen den C-terminalen Aminosäuren 50 und 100 ein virusspezifischer, funktionell wichtiger Bereich liegt, der in nachfolgenden Arbeiten weiter eingegrenzt werden muss. In früheren Arbeiten konnte gezeigt werden, dass die Aminosäuren 1-162 des PrV pUL34 für die Interaktion mit pUL31 ausreichen. Für das engverwandte HSV-1 konnte dieser Bereich jedoch auf die Aminosäuren 137 und 181 eingegrenzt werden. Um dies für PrV pUL34 näher zu untersuchen wurde das Konstrukt pUL34-LapNT hergestellt, bei dem die 100 N-terminalen Aminosäuren durch Lap2ß Sequenzen ersetzt wurden. Hier zeigte sich jedoch, dass pUL34-LapNT das pUL31 nicht mehr an die innere Kernmembran rekrutieren konnte und folglich den Defekt der PrV-delta UL34-Deletionsmutante nicht mehr komplementierte. Im Gegensatz zu HSV-1 scheinen hier auch die N-terminalen 100 Aminosäuren für die Interaktion mit pUL31 notwendig zu sein. Da die Expression von pUL34 und pUL31 allein ausreicht, um die Bildung von Membranvesikeln von der inneren Kernmembran abzuschnüren, sollte im Weiteren getestet werden, ob auch Kapside in diese Vesikel aufgenommen werden. Da bei Herpesviren die Kapside autokatalytisch gebildet werden und dies bereits für einige Herpesviren über Expression in rekombinanten Baculoviren nachgestellt werden konnte, sollte versucht werden, dies auch für PrV zu etablieren. Dabei sollte die Kapsidbildung über Transduktion in Säugerzellen unabhängig von einer PrV Infektion nachgestellt werden. Hierbei sollte geklärt werden, welche weiteren viralen Proteine, neben den eigentlichen Kapsidproteinen, wie z.B. das pUL17 und pUL25, für den nuclear egress notwendig sind. Obwohl alle Kapsidkomponenten kloniert und auch in Zellen exprimiert werden konnten, konnte keine Kapsidbildung nachgewiesen werden. Die Ursachen hierfür konnten nicht geklärt werden. Auffällig war, dass das Triplexprotein pUL38 in den Baculovirus-transduzierten Zelllysaten ein etwas anderes Laufverhalten als das in Zelllysaten PrV-infizierter Zellen aufwies, dessen Ursache nicht auf der Verwendung eines downstream lokalisierten Startkodons beruhte. Mit Hilfe dieser rekombinanten Baculovirusvektoren konnte jedoch gezeigt werden, dass das Hauptkapsidprotein pUL19 mit dem Gerüstprotein (pUL26 bzw. pUL26.5) und die Triplexproteine pUL18 und pUL38 gemeinsam in den Kern transportiert werden. Die Beteiligung zellulärer Proteine am nuclear egress sollte über siRNA Experimente untersucht werden. In einer vorangegangen Arbeit war gezeigt worden, dass p97, eine zelluläre AAA+ATPase, nach Infektion vermehrt exprimiert wurde. Ziel war es, die p97 Expression über siRNA zu reduzieren und den Effekt auf die Virusinfektion zu untersuchen. Eine erfolgreiche siRNA Studie war bereits für p97 in Rattenzellen publiziert und sollte hier angewandt werden. Leider waren die zur Verfügung stehenden Rattenzelllinien nur sehr ineffizient transfizierbar und zusätzlich auch schlecht mit PrV infizierbar. Das eigene Design und die Anwendung von p97 spezifischer siRNA für Kaninchenzellen zeigte zwar die gewünschte Reduktion der p97 Expression, war jedoch nur sehr schlecht reproduzierbar und konnte daher nicht für aussagekräftige Infektionsversuche verwendet werden.
Pestivirus-Replikons als Werkzeug für heterologe Genexpression und molekulare Charakterisierung
(2021)
Replikons sind autonom replizierende RNA-Moleküle die nicht in der Lage sind, infektiöse Viren zu bilden. Sie sind wichtige Hilfsmittel zur molekularen Charakterisierung von Viren. Außerdem werden sie erfolgreich als Expressionssystem für Proteine und zur Entwicklung von Impfvektoren eingesetzt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde ein Replikon-basiertes Testsystem für den Nachweis spezifischer Antikörper gegen das atypische porzine Pestivirus (APPV) in Schweineseren etabliert. Auf Basis eines Klons des Virus der bovinen Virusdiarrhoe Typ 1 (BVDV) wurden die ursprünglichen BVDV Glykoproteine E1 und E2 gegen die Glykoproteine des APPV ausgetauscht. Die Expression mittels Replikon gewährleistet die natürliche Konformation der Proteine und damit die Bindung der entsprechenden Antikörper. Dieses System ermöglichte die serologische Untersuchung von 1115 Schweineseren ohne vorherige Isolation oder Zellkulturadaptation des Virus. Mit diesem neu entwickelten System konnte eine Seroprävalenzstudie gestartet und eine hohe Prävalenz von APPV in der untersuchten deutschen Schweinepopulation gezeigt werden.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wurden Replikons zur Charakterisierung des atypischen Pestivirus Bungowannah Pestivirus (BuPV) eingesetzt. Während die Replikons mit Deletionen der Gene für die einzelnen Strukturproteine C, E1 und E2 oder die gesamte Strukturproteinregion keine Besonderheiten im Vergleich zu bereits untersuchten Pestivirus-Replikons aufwiesen und keine infektiösen Virionen mehr produzieren konnten, zeigten BuPV-Replikons mit ERNS-Deletion die Fähigkeit, zwei weitere Replikationszyklen zu durchlaufen und Zellen zu infizieren, allerdings mit einem sehr deutlichen Wachstumsdefizit. Dieser Defekt scheint in der Virusassemblierung und/oder der Freisetzung aus der Zelle zu liegen. Es konnte somit erstmals gezeigt werden, dass ERNS nicht essentiell für die Bildung infektiöser Bungowannah-Viren ist, jedoch sehr wichtig für eine effiziente Virusvermehrung. Diese Eigenschaft der ERNS deletieren BuPV macht diese besonders interessant als Vektoren für die Entwicklung neuer Replikon-basierter Expressionssysteme und einer Vakzinplattform. ERNS-Deletionsmutanten wurden daher auf ihre Fähigkeit hin untersucht, eine effiziente Expression verschiedener immunogener Proteine zu gewährleisten. Die Konstrukte waren dabei in der Lage, die ausgewählten Proteine effizient zu exprimieren und konnten zudem effizient zu Virus-Replikon-Partikel (VRP) verpackt und in einer trans-komplementierenden Zelllinie vermehrt werden.
Auch der für das parentale Virus beschrieben Zelltropismus konnte für die generierten BuPV-VRP gezeigt werden. Zusätzlich zu den beschriebenen Eigenschaften sind es der nicht-zytopathogene Charakter und die in den meisten Regionen fehlende Immunität gegen BuPV, die das hohe Potential dieses Systems als universellen Vakzinvektor herausstellen.
Zusätzlich wurde im Rahmen dieser Arbeit ein erstes DNA-basiertes System zur Herstellung rekombinanter BuPVs etabliert. Dieses System ermöglicht sowohl die Virusproduktion ausgehend von einem T7-RNA-Polymerase Promotor, als auch von einem Polymerase-II-Promotor. Die infektiösen Viren zeigten gleiche Wachstumseigenschaften wie Viren, welche mit dem konventionellen RNA-System generiert wurden. Auf Basis des neuen DNA-Systems konnte auch ein Replikon mit Deletion im ERNS-Gen etabliert werden. Dieser Klon zeigte nach der Transfektion eine sehr geringe Replikationsrate, konnte jedoch zur weiteren Konstruktion eines „single round infectious particle“ (SRIP) eingesetzt werden. Diese SRIP sind durch die Koexpression des deletierten ERNS in der Lage, sich selbst zu verpacken und bilden damit ein ideales System zum Transport selbst-replizierender RNA. Durch seine selbstlimitierenden Eigenschaften könnte es zur Entwicklung und Etablierung einer effizienten und sicheren Vakzineplattform eingesetzt werden. Allerdings ist dafür eine weiterreichende Optimierung notwendig.
Insgesamt zeigten die Untersuchungen, dass sich pestivirale Replikons sowohl als effizientes und schnelles Testsystem für die Untersuchung der Verbreitung neu auftretender Pestiviren, als auch zur Entwicklung effizienter RNA- und DNA-basierter Transport- und Verpackungssysteme viraler Proteine, eignet.
Der Kernaustritt der Nukleokapside stellt einen essentiellen Schritt im Replikationszyklus der Herpesviren dar. Aufgrund seiner Größe kann das Kapsid den Kern nicht durch die Kernporen verlassen, sondern wird durch die Kernmembranen transportiert. Die viralen Proteine pUL34 und pUL31 bilden den NEC (nuclear egress complex), der virale und zelluläre Kinasen an die Kernmembran rekrutiert. Diese phosphorylieren die Lamine, wodurch sich die Lamina partiell auflöst und das Nukleokapsid Zugang zur Kernmembran erhält. Die Deletion einer oder beider Komponenten des NEC bewirkt zwar eine deutliche Reduktion der viralen Titer, jedoch wird eine geringe Menge infektiöser Nachkommenviren freigesetzt, die für eine Reversionsanalyse genutzt wurde. Dafür wurde zuerst das UL34-negative Virus und später auch das UL31-negative Virus, auf Kaninchennierenzellen (RK13) seriell passagiert, bis im Überstand Wildtyp-ähnliche Titer erreicht wurden. Aus diesen Überständen wurden Virusmutanten isoliert, die ohne den NEC effizient replizierten und als PrV-ΔUL34Pass bzw. PrV-ΔUL31Pass bezeichnet wurden. Elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigten, dass die passagierten Viren nicht mehr wie der PrV-Wildtyp durch die Kernmembran transportiert, sondern durch eine partiell aufgelöste Kernmembran ins Zytoplasma freigesetzt wurden. Das Ziel dieser Arbeit war zu untersuchen, wie die Freisetzung der Kapside aus dem Kern ohne den essentiellen NEC abläuft. Um zu ermitteln, welche viralen Proteine für die Auflösung der Kernmembran von Bedeutung sein könnten, wurde zunächst das komplette Genom von PrV-ΔUL34Pass sequenziert und mit dem des Wildtyps (PrV-Ka) und der nicht passagierten UL34-Deletionsmutante (PrV-ΔUL34) verglichen. Die mutierten Gene wurden anschließend in PrV-ΔUL31Pass sequenziert. Zu den sieben Genen, die in beiden passagierten Viren verändert sind, gehören u.a. UL21, UL26, UL46 und UL49. Jedoch konnte durch Deletion der einzelnen mutierten Gene nicht geklärt werden, welches Genprodukt für die Kernmembran-Fragmentierung in PrV-ΔUL34Pass- oder PrV-ΔUL31Pass infizierten Zellen bzw. für die Stabilisierung der Kernmembran während der Wildtyp-Infektion verantwortlich ist. Mit Hilfe von Inhibitorstudien wurde untersucht, welche zellulären Prozesse von den passagierten Viren manipuliert werden könnten, um die Kernmembran-Fragmentierung zu induzieren. Der Cdk (Cyclin dependent kinase) 1, Cdk2 und Cdk5-Inhibitor Roscovitin, der in höheren Dosen auch ERK1/2 (extracellular regulated kinase 1/2) hemmt, reduzierte die Titer der passagierten Viren deutlich, während der PrV-Wildtyp kaum beeinflusst wurde. Einen ähnlichen Effekt konnte auch mit einem Inhibitor für die ERK1/2 vorgeschaltete Kinase MEK1/2 (mitogen activated protein kinase/ERK kinase 1/2) erzielt werden. Spezifische Inhibitoren von ERK1/2, Cdk1, Cdk2 oder Cdk5 zeigten jedoch keinen spezifischen Einfluss auf die passagierten Virusmutanten oder den Wildtyp. Zur selben Zeit konnte eine andere Arbeitsgruppe zeigen, dass das Varizella Zoster Virus pUL46 Homolog ORF12 die Aktivierung von ERK1/2 induziert (Liu et al., J. Virol. 86, 2012). Basierend auf dieser Studie wurde untersucht, ob PrV pUL46 ebenfalls ERK1/2 aktivieren kann und ob diese Aktivierung für die Auflösung der Kernmembran von Bedeutung ist. Es konnte gezeigt werden, dass sowohl PrV-Wildtyp als auch PrV-ΔUL34Pass pUL46 ERK1/2 und die entsprechenden Zielgene aktivierte. Die Deletion von UL46 aus dem Genom der passagierten Viren resultierte außerdem in einem deutlich höheren Anteil von Zellen mit einer fragmentierten Kernmembran, wobei dies nicht ausschließlich auf die Aktivierung von ERK1/2 durch pUL46 zurückgeführt werden kann, da sich die beiden passagierten Viren in ihrem ERK-Aktivierungspotential unterscheiden. Während PrV-ΔUL31Pass ERK1/2 vergleichbar zum Wildtyp induzierte, war die Aktivierung durch PrV-ΔUL34Pass deutlich geringer. Diese Abweichung lässt sich nicht auf die unterschiedlichen pUL46-Proteine der beiden passagierten Virusmutanten zurückführen, da der Austausch der jeweiligen UL46 Sequenzen gegen Wildtyp UL46 das ERK1/2-Aktivierungsmuster nicht veränderte. Somit scheint pUL46 einen Einfluss auf die Stabilität der Kernmembran und die Aktivierung von ERK zu haben. Beide passierte Viren bilden verstärkt Synzytien im Vergleich zum PrV-Wildtyp oder den nicht-passagierten Vorläufern aus. Um zu untersuchen, ob diese Deregulierung der Membranfusion auch die Kernmembranen betrifft und möglicherweise eine Ursache für die Fragmentierung sein könnte, wurden die Glykoproteine gB und gH aus den Genomen der passagierten Virusmutanten deletiert. Elektronenmikroskopische Aufnahmen sowie Untersuchungen von Replikationsverhalten und Plaquebildung ergaben, dass die Fragmentierung der Kernmembran auch in Abwesenheit von gB oder gH stattfindet. Dagegen sind beide Glykoproteine, wie auch im PrV-Wildtyp, für die Virusreplikation essentiell.
Die Glykoproteine gB und gH-gL sind bei allen Herpesviren konserviert und wichtig für den Viruseintritt und die direkte Zell-Zell-Ausbreitung. Allerdings kann sich PrV in Abwesenheit von gL noch in einem sehr geringen Ausmaß von Zelle zu Zelle ausbreiten, was Reversionsanalysen durch serielle Zellkultur-Passagen einer gL-negativen PrV-Mutante erlaubt. So konnte in einem Passageexperiment die Revertante PrV-ΔgLPassB4.1 isoliert werden. In der vorliegenden Arbeit wurden die molekularen Grundlagen der gL-unabhängigen Infektiosität von PrV-ΔgLPassB4.1 untersucht. Dabei wurden Mutationen in den Glykoproteinen gB, gH und gD nachgewiesen und deren Auswirkung auf die Proteinfunktion mit Hilfe von transienten Transfektions-Fusionsassays untersucht. Die Aufklärung der Kristallstrukturen eröffnete die Möglichkeit, über zielgerichtete Mutagenese die Funktion von gH-gL besser zu analysieren. Erstaunlich war, dass im gH des Impfstammes PrV-Bartha ein ansonsten hochkonserviertes Prolin durch Serin ersetzt ist. Für dieses Prolin wurde postuliert, dass es für die Ausbildung einer ebenfalls bei allen Herpesviren konservierten Disulfidbrücke notwendig ist. Um den Effekt der Substitution und die Funktion der Disulfidbrücke zu testen, wurden gH Mutanten hergestellt, die entweder Prolin oder Serin an Position 438 oder Serin statt Cystein an Position 404 exprimierten. Diese wurden in transienten Transfektions-Fusionsassays sowie während einer Virusinfektion getestet. Obwohl die Aminosäuresequenzen der gH-Proteine der Herpesviren nur eine geringe Homologie aufweisen, sind die Kristallstrukturen erstaunlich ähnlich. Daher sind konservierte Strukturmotive wie die Disulfidbrücke in der Domäne III, für die eine Bedeutung für die Faltung und Stabilität der Domäne III postuliert wurde, von besonderem Interesse. Um weitere funktionsrelevante konservierte Regionen in Domäne III aufzudecken, welche für die Lokalisierung und Funktion des gH wichtig sein könnten, wurden zunächst Sequenzvergleiche zwischen EBV und PrV gH unter Berücksichtigung der vorhandenen gH-Kristallstrukturen durchgeführt. Hierbei wurden komplexe Interaktionsnetzwerke über Wasserstoffbrückenbindungen zwischen konservierten und benachbarten nicht-konservierten Aminosäuren vorhergesagt. Diese wurden im EBV und PrV gH mutiert und die gH-Proteine anschließend auf ihre Oberflächenexpression und Fusionsfunktion untersucht. Zusätzlich wurden PrV Rekombinanten mit entsprechenden gH-Mutationen hergestellt und charakterisiert.
Herstellung sicherer und wirksamer Lebendvakzine gegen die Koi Herpesvirus Infektion von Karpfen
(2019)
Das Koi Herpesvirus (KHV, Cyprinid herpesvirus 3) verursacht eine tödliche Erkrankung bei Kois und Karpfen. Um sichere und wirksame Lebendvirusimpfstoffe zu erhalten, haben wir Einzel- und Doppeldeletionsmutanten von KHV erzeugt, aus deren Genom die für die beiden Nukleotidstoffwechselenzyme Thymidinkinase (TK, ORF55) und Desoxyuridin-Triphosphatase (DUT, ORF123) codierenden Leserahmen gezielt entfernt worden waren. Die Mutationen wurden durch homologe Rekombination in den zellkulturadaptierten aber noch virulenten Stamm KHV-T eingeführt. Umfangreiche in vitro Tests zeigten, dass die Deletion der TK- und DUT- Gene die KHV-Replikation in Zellkultur (CCB Zellen) nicht erkennbar beeinträchtigt. In vivo Tests an Jungkarpfen zeigten jedoch eine im Vergleich zum Ausgangsvirus signifikant reduzierte Virulenz der Einzelgen-Deletionsmutanten eine fast vollständige Attenuierung der Doppelmutante. Dennoch waren alle immunisierten Karpfen gegen eine letale Belastungsinfektion mit virulentem KHV geschützt. Mittels einer neu entwickelten Triplex-Real-Time-PCR und aus Kiementupferproben isolierter DNA war es möglich, mit TK-negativem KHV immunisierte und Wildtyp- infizierte Karpfen zu differenzieren. Daher könnte die Doppelmutante KHV- TΔDUT/TK als genetischer Marker-Impfstoff geeignet sein.
In einer zweiten Studie wurde die Funktion von vier immunogenen Hüllglykoproteinen der ORF25-Genfamilie (ORF25, ORF65, ORF148 und ORF149) von KHV untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass alle vier Gene für die Virusreplikation in Zellkultur entbehrlich sind. Während die Deletion von ORF65 keinen erkennbaren Einfluss auf die Virusvermehrung hatte, führte die Deletion von ORF148 sogar zu einer leicht erhöhten Replikationsrate. Im Gegensatz dazu bewirkten Deletionen von ORF25 oder ORF149 einen verzögerten Eintritt in die Wirtszellen und damit auch eine verlangsamte Vermehrung und Ausbreitung der Viren. Interessanterweise führte die gemeinsame Deletion der Gene ORF148 und
ORF149 zu einem wildtypähnlichen Wachstumsverhalten, das auf gegensätzlicher Funktionen der beiden Proteine hindeutete. Elektronenmikroskopische Untersuchungen von CCB-Zellen, die mit den verschiedenen Glykoproteindeletionsmutanten infiziert waren, zeigten keine Auswirkungen auf die Bildung und Reifung der Virionen im Zellkern oder im Zytoplasma, oder die Virusfreisetzung. Im Tierversuch erwiesen sich KHV-Mutanten mit Deletionen der Gene ORF148 und/oder ORF149 als geringfügig, aber für eine Verwendung als Lebendvirus-Impfstoff nicht ausreichend abgeschwächt. Überlebende Fische waren jedoch gegen Belastungsinfektionen ebenso gut geschützt wie Wildtyp-infizierte Karpfen, so dass die Deletion dieser antikörperinduzierenden Proteine zur Entwicklung von KHV-Markerimpfstoffen beitragen könnte, die eine serologische Differenzierung von Wildtyp-infizierten und geimpften Fischen erlauben (DIVA- Prinzip). In einer dritten Studie wurden durch serielle Zellkulturpassage von virulentem KHV und anschließende in vivo Infektionsversuche Hinweise darauf gefunden, dass das bislang nicht näher charakterisierte, neben dem ORF149 Gen lokalisierte ORF150 für einen weiteren Virulenzfaktor von KHV codiert. Möglicherweise könnte also durch eine kombinierte Deletion der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten KHV-Gene ein sicherer und wirksamer, genetisch und serologisch differenzierbarer Markerimpfstoff hergestellt werden.
Clostridium (C.) difficile ist beim Menschen ein bedeutender Erreger von Krankenhaus-assoziierten Durchfallerkrankungen. Die vorliegende Dissertation umfasst die Erhebung und Analyse der ersten epidemiologischen Daten zu C. difficile in deutschen Heim- und Nutztierbeständen und die Entwicklung eines neuartigen DNA-Microarrays, der eine einfache Ribotypisierung von C. difficile ermöglicht. In drei Studien wurden Kotproben von Hunden, Katzen, Ferkeln und Kälbern kulturell auf C. difficile untersucht. Das Bakterium wurde aus 5 von 135 Katzenkot- (3,7%), 9 von 165 Hundekot- (5,4%), 176 von 999 Kälberkot- (17,6%) und 147 von 201 Schweinekotproben (73,1%) isoliert. Neugeborene Ferkel und Kälber waren in den ersten 2 bzw. 3 Lebenswochen signifikant häufiger kulturpositiv für C. difficile als ältere Tiere. Die in den Studien isolierten Stämme wurden 25 Ribotypen zugeordnet; darunter befanden sich 6 bisher nicht beschriebene Varianten. Bei den Ferkelproben dominierten die einander sehr ähnlichen Ribotypen 078 (55% der Isolate) und 126 (20%). Die Ribotypen 033 (57% der Isolate) und 078 (17%) wurden bei Kälbern am häufigsten vorgefunden. Basierend auf ihren Typisierungsprofilen wurden die Ribotypen in einer UPGMA-Analyse (Unweighted Pair Group Method with Arithmetic mean) untereinander verglichen. Von den 25 bei den untersuchten Tieren gefundenen Ribotypen formten 11 einen Cluster, zu dem auch die Ribotypen 033, 078 und 126 gehörten und in dem sich 90% aller in den beiden Nutztierstudien isolierten Stämme wiederfanden. Alle Isolate dieses Clusters waren zudem PCR-positiv für ein binäres Toxin und, im Gegensatz zu allen nicht zu dem Cluster gehörenden Ribotypen, PCR-negativ für den MLVA-Lokus A6Cd. Hierdurch, aber auch durch frühere Studien, in denen gezeigt werden konnte, dass die dem Cluster zugeordneten Ribotypen 033, 045, 078 und 126 den gleichen MLST-Typ (ST-11, Multilocus Sequence Typing) und eine charakteristische Deletion (delta 39 bp) im Toxinregulatorgen tcdC aufweisen, wird die These einer genetische Verwandtschaft unterstützt. In allen untersuchten Tierpopulationen wurden Ribotypen gefunden, die mit C.-difficile-Infektionen des Menschen assoziiert werden. Da Stämme des Ribotyps 078 in deutschen und europäischen Krankenhäusern zunehmend häufiger als Ursache von Durchfallerkrankungen auftreten, wurden alle ermittelten MLVA-Daten von Ribotyp-078-Stämmen humanen und tierischen Ursprungs mit entsprechenden Daten anderer Studien aus 5 europäischen Ländern verglichen. In einer hierbei durchgeführten Minimum-Spanning-Tree-Analyse mit 294 Datensätzen wurde die genetische Abgrenzung von MLVA-Typen unterschiedlicher geographischer Herkunft verdeutlicht und belegt, dass einige aus Tieren und Menschen isolierte C.-difficile-Stämme sehr ähnlichen oder sogar identischen MLVA-Typen entsprechen. Die in den Haus- und Nutztierstudien isolierten C. difficile wurden anschließend mit dem neu entwickelten DNA-Microarray ribotypisiert. Das Sondendesign des Microarrays basiert auf der bei C. difficile modular aufgebauten Intergenic Spacer Region (ISR), welche auch Zielstruktur der herkömmlichen Ribotypisierungsmethoden ist. Die Sonden wurden von in der GenBank-Datenbank publizierten ISR-Modulsequenzen und theoretisch möglichen Modulsequenzkombinationen abgeleitet. Nachdem die Eignung des Arrays in theoretisch und praktisch durchgeführten Experimenten belegt werden konnte, wurde mit 142 repräsentativ ausgewählten C.-difficile-Stämmen eine 48 Ribotypen umfassende Datenbank aus Referenzhybridisierungsmustern erstellt. Diese Referenzmuster wurden anschließend in einer Ähnlichkeitsmatrix-Analyse untereinander verglichen, wobei 27 Referenzmuster eindeutig differenziert werden konnten. Zu den gut unterscheidbaren Ribotypen gehörten u.a. die häufig mit humanen C.-difficile-Infektionen assoziierten Ribotypen 001, 014/020, 027 und 078/126. Nicht unterscheidbar hingegen waren die 11 Ribotypen des oben beschriebenen Clusters, wodurch sich die These ihrer molekularen Verwandtschaft weiter erhärtet. Die Praxistauglichkeit des DNA-Microarrays wurde abschließend in einer Anwendungsstudie überprüft. Hierbei wurden 50 C.-difficile-Stämme, die im Rahmen eines anderen Projektes aus Kotproben von Haustieren und deren Besitzern isoliert wurden, mit herkömmlicher und DNA-Microarray-basierter Ribotypisierung vergleichend untersucht. Berücksichtig man, dass durch den Microarray einige sehr ähnliche Ribotypen derzeit noch nicht unterschieden werden können, wurden alle Isolate dem richtigen Ribotypen bzw. der richtigen Ribotypengruppe zugeordnet. Darüber hinaus wurden 6 für das Microarray unbekannte Ribotypen korrekt als „neu“ und klar voneinander unterscheidbar erkannt. Zusammenfassend trägt das Dissertationsprojekt zum Verständnis über das Vorkommen von C.-difficile-Genotypen in Heim- und Nutztierbeständen bei und präsentiert einen neuartigen DNA-Microarray zur einfachen Ribotypisierung von C. difficile.
Trotz der Verfügbarkeit von verschiedenen Impfstoffen zählen Influenza-A-Viren (IAV) nach wie vor zu den gefährlichsten humanpathogenen Krankheitserregern weltweit. Ebenso verursachen einige animale IAV-Stämme bei zahlreichen Wild- und Nutztierarten schwerwiegende und teilweise tödlich verlaufende Infektionen. Daher ist die Entwicklung moderner und effektiver Impfstoffe gegen IAV für die Tier- und Humanmedizin von größter Wichtigkeit. Im ersten Teil der Arbeit wurde auf Basis des IAV-Stamms A/Bayern/74/2009 (pH1N1) eine doppelt-attenuierte IAV-Mutante, genannt BY74-NS1-99-E, mit einem Elastase-sensitiven HA-Spaltmotiv und einer C-terminalen Verkürzung des Interferon-Antagonisten NS1 generiert und hinsichtlich ihrer Eignung als IAV-Lebendimpfstoff untersucht. In vitro zeigte sich BY74-NS1-99-E streng Elastase-abhängig und replizierte ausschließlich unter dessen Zugabe zu ähnlich hohen Titern wie der Wildtyp unter Zugabe von Trypsin. Aufgrund der geringen Elastase-Verfügbarkeit in vivo war die Mutante in ihrer Replikationsfähigkeit stark eingeschränkt und zeigte sich im Gegensatz zum Wildtyp sowohl im Mausmodell als auch im Schwein vollkommen apathogen. In der Maus führte die einmalige intranasale Applikation von BY74-NS1-99-E zu einer deutlichen Bildung von H1-spezifischen Serumantikörpern. Ihr Auftreten korrelierte mit dem Schutz der Mäuse gegen eine Belastungsinfektion mit dem homologen Wildtyp-Virus. Während eine singuläre Immunisierung mit einer Dosis von 106 TCID50 BY74-NS1-99-E komplett vor einer Replikation des homologen Belastungsvirus schützte, verhinderten Dosen ab 104 TCID50 die Ausbildung klinischer Symptome, einen Gewichtverlust und reduzierten die pulmonale Viruslast. Im Schwein erwies sich die Mutante als wenig immuogen. So ließ sich selbst nach zweifacher intranasaler Applikation mit der Mutante keine H1- oder NP- spezifische Antikörper-Antwort nachweisen. Um künftig leichter Fragen zum Zelltropismus und zur Virusausbreitung auch in Echtzeit sowohl in vitro als auch in vivo untersuchen zu können, wurde im Rahmen des zweiten Teils der Arbeit ein replikationsfähiges IAV mit einem membranständigen eGFP generiert. Die Strategie zur Herstellung des rekombinanten, Fremdgen exprimierenden Virus, basierte auf einer Veröffentlichung von Gao et al. (2010), in welcher ein IAV mit einem zusätzlichen neunten Gen-Segment beschrieben wird. Bei den in vitro Untersuchungen zum Wachstumsverhalten der mittels reverser Genetik hergestellten Mutante BY74-eGFP, wurde eine im Vergleich zum parentalen Wildtyp verminderte Replikationseffizienz festgestellt. Genetisch zeigte sich BY74-eGFP weitgehend stabil. Die Ergebnisse der Western-Blots sowie die Immunfärbungen zur konfokalmikroskopischen Auswertung deuteten stark auf eine Inkorporation des NA-eGFP-Fusionsproteins in die virale Membran der Mutante hin. Ein solches Reportergen-exprimierendes Virus könnte zukünftig als molekulares Werkzeug bei der Untersuchung und Aufklärung der genauen Verläufe einer IAV-Infektion in vitro und in vivo dienen. Ziel des dritten Teils dieser Arbeit war es, auf Grundlage der Arbeiten von Gao et al. (2010) und Stech et al. (2005), ein Elastase-abhängiges IAV, welches zwei verschiedene Hämagglutinine (H1 und H3) exprimiert, zu generieren und auf seine Eignung als LAIV im Mausmodell zu untersuchen. Als Basis für das generierte Neunsegmentvirus BY74-H1H3-E diente der Stamm A/Bayern/74/09 (pH1N1). Das zusätzlich bereitgestellte neunte Gensegment codierte für das H3-HA des Stammes A/Swine/Bissendorf/IDT1864/2003 (H3N2) (SB03). Bei den In-Vitro-Untersuchungen zur Expressions-Stabilität konnte zwar zunächst eine schwache H3-HA-Expression in den infizierten Zellen beobachtet werden, jedoch reduzierte sich diese von Passage zu Passage und verschwand letztendlich. Die Genomanalyse zeigte, dass das H3-tragende Gensegment letztlich verloren ging. Im Vergleich zum Wildtyp wies das potentielle Impfvirus in vitro eine stark verringerte Replikationsfähigkeit auf. Im Mausmodell erwies sich die BY74-H1H3-E-Mutante im Gegensatz zu A/Bayern/74/09 (pH1N1) und A/Swine/Bissendorf/IDT1864/2003 (H3N2) als vollkommen apathogen. Eine zweifache intranasale Immunisierung mit 103 TCID50 der dualen Virusmutante induzierte eine deutliche H1-spezifische und zum Teil eine moderate H3-spezifische Antikörper-Antwort. Sie schützte die Tiere bei einer homologen Belastungsinfektion BY74-Wildtyp (H1N1) komplett vor einem Gewichtsverlust und der Ausbildung klinischer Symptome. Bei einer heterosubtypischen Belastungsinfektion mit SB03-Wildtyp (H3N2) reduzierte sie den Gewichtsverlust und die klinischen Symptome. Die Doppelimmunisierung führte sowohl bei den Tieren, die einer homologen als auch bei den Tieren die einer heterologen Belastungsinfektion unterzogen worden waren zu einer Reduktion der pulmonalen Viruslast. Insgesamt erfüllte BY74-H1H3-E die Anforderungen eines potentiellen dualen LAIV-Kandidaten nur bedingt.
Der Kernexport neusynthetisierter Kapside stellt einen Schlüsselprozess in der Herpesvirus-Replikation dar. Die zugrundeliegenden Mechanismen dieser Vesikel-vermittelten Translokation sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. Der nuclear egress wird dabei maßgeblich von zwei viralen Proteinen dirigiert, die in PrV und HSV-1/-2 als pUL31 und pUL34 bezeichnet werden und in allen Herpesviren konserviert sind. Beide Proteine interagieren an der inneren Kernmembran, wo sie den sogenannten nuclear egress complex (NEC) bilden. Während pUL34 ein membranständiges Protein in der Kernmembran ist, gelangt das lösliche pUL31 über einen aktiven Transport in den Kern. Obwohl der erste Schritt der Freisetzung aus dem Kern, die Vesikelbildung und Abschnürung an der inneren Kernmembran, schon gut untersucht ist und auch die Kristallstrukturen des NEC für verschiedene Herpesviren ermittelt werden konnte, sind noch viele Fragen offen. So war zu Beginn dieser Arbeit noch unklar wie die Kapside in diese Hüllen rekrutiert werden und welche Rolle die nicht konservierte und offensichtlich flexible N-terminale Domäne von pUL31, die nicht in den Kristallstrukturen dargestellt werden konnte, für die Regulierung dieses Prozesses spielt. So konzentrierte sich diese Arbeit auf die Fragen, wie die Kapside mit dem NEC interagieren (Paper I und II) und wie der pUL31-N-Terminus diesen ungewöhnlichen Transportweg beeinflusst (Paper III).
Paper I und II: Untersuchungen zur Nukleokapsid/NEC Interaktion
Unklar ist, wie der NEC mit seiner Fracht, den Nukleokapsiden, interagiert. Auf Grundlage der vorhandenen Kristallstrukturen des Komplexes unterschiedlicher Herpesviren wurde eine Interaktionsdomäne in pUL31 postuliert und angenommen, dass dies mittels elektrostatischer Wechselwirkungen erfolgt. Um dies näher zu untersuchen, wurden in dieser Arbeit geladene Aminosäuren, die als mögliche Interaktionspartner in Frage kommen, zu Alanin mutiert. Die so generierten pUL31 Mutanten wurden, nach Transfektion entsprechender Expressionsplasmide in Kaninchennierenzellen (RK13), auf ihre Lokalisation und nach Koexpression mit pUL34 auf Interaktion getestet. Die Funktionalität der mutierten Proteine während der Virusreplikation wurde mit Hilfe stabiler Zelllinien nach Infektion mit PrV-∆UL31 untersucht. Über elektronenmikroskopische Analysen wurde der Einfluss auf den Kernexport im Detail betrachtet. Hierbei konnte einem konservierten Lysin an Position 242 in PrV pUL31 im Prozess der Kapsidumhüllung eine Schlüsselrolle zugeordnet werden. Dieses Lysin befindet sich im membrandistalen Bereich des NECs, in der Alphahelix H10 von PrV pUL31. Die Substitution des K242 zu Alanin führte zu einem Abschnüren und einer Akkumulation leerer, Virushüllen-ähnlicher Vesikel im PNS, obwohl reife Kapside im Kern und in unmittelbarer Nähe zu den Akkumulationen vorhanden waren. Dies führte zu der Hypothese, dass die Ladung des Lysins direkt an der Interaktion mit dem Kapsid beteiligt ist (Paper I).
Obwohl das Lysin 242 in der Struktur des Dimers oberflächenexponiert erschien, zeigten Modellierungen im NEC Oligomer, dass diese Aminosäure vermutlich zu tief in der Struktur verborgen ist um als direkter Interaktionspartner in Frage zu kommen. Um die im vorherigen Paper aufgestellte Hypothese zu verifizieren oder auch zu widerlegen, wurde das Lysin nicht nur durch Alanin, sondern auch durch andere nicht geladene, sowohl positiv als auch negativ geladene oder in ihrer Größe variierende Aminosäuren substituiert (Paper II).
Die neu generierten Substitutionsmutanten wurden nach Transfektion der Expressionsplasmide auf ihre Lokalisation und nach Kotransfektion mit pUL34, auf ihre Interaktion untersucht. Die Funktionalität der mutierten Proteine wurde ebenfalls mit Hilfe stabil exprimierender Zelllinien analysiert. Die vorliegenden Phänotypen wurden weiter mittels elektronenmikroskopischer Analysen bestimmt. Es stellte sich heraus, dass unabhängig von der vorhandenen Ladung der Aminosäure an Position 242 der Kernexport signifikant beeinträchtigt wurde. In Strukturanalysen der einzelnen Mutanten zeigte sich, dass vielmehr die Ausrichtung und Größe der Seitenkette der ersetzten Aminosäure entscheidend war. So störte beispielsweise die Substitution zu Serin und Tyrosin, die die Lage der Seitenketten des ursprünglich vorliegenden Lysins imitierten, die Funktion des pUL31 am wenigsten und die Titer erreichten fast Wildtypwerte. Dagegen führten Substitutionen zu deutlich längeren Aminosäuren, wie Glutaminsäure oder Arginin, zu massiven Beeinträchtigungen des nuclear egress. Allerdings führte keine der Substitutionen zu einem unkontrollierten Abschnüren von Vesikeln ohne Aufnahme eines Kapsids an der inneren Kernmembran.
Die hier gezeigten Ergebnisse entkräfteten die Annahme einer elektrostatischen Interaktion über pUL31 K242 mit den Nukleokapsiden in PrV. Vielmehr deuteten sie auf eine strukturell basierte Störung der Kapsidaufnahme in die Vesikel hin (Paper II).
Mittels serieller Passagen von Virusmutanten die das UL31 mit der K242A Substitution exprimierten, wurde nach möglichen kompensatorischen (second-site) Mutationen gesucht, die den Defekt ausgleichen und darüber hinaus Aufschluss auf die molekularen Ursachen ziehen lassen.
Die generierten Virusrekombinanten erreichten bereits nach ca. 10 Passagen Wildtpy-ähnliche Titer. Aus den Passagen wurden verschiedene Isolate charakterisiert. Es zeigte sich zwar keine Reversion zum Lysin 242, vielmehr waren jedoch entweder weitere Mutationen in pUL31 oder in pUL34 zu finden. Während die detektierten pUL34 Mutationen zu einem späteren Zeitpunkt charakterisiert werden müssen, wurden die second-site mutierten pUL31 Proteine auf Lokalisation, Kolokalisation und Kompensation des K242A Defektes getestet. Die Ergebnisse bestärkten die Annahme eines Strukturdefektes durch K242A. Darüber hinaus konnten durch Rückmutation des K242A Defektes in den second-site mutierten pUL31 zwei Helices bestätigt werden (H5 und H11), die ähnlich der H10 einen starken Einfluss auf den Kernexport besitzen.
Die erhaltenen Ergebnisse zeigten, dass die Aminosäure an Position 242 nicht direkt mit den Nukleokapsiden interagiert, dass eingeführte Mutationen jedoch die Umorganisation des NEC-Oligomers, welche offensichtlich notwendig für die effiziente Kapsidumhüllung an der inneren Kernmembran ist, stört und so den nuclear egress inhibiert (Paper II).
Es zeigte sich, dass sich die Struktur-Funktions-Beziehungen in den NECs komplexer darstellen als vermutet. Die Ergebnisse dieser Arbeit können zwar nicht den Mechanismus des Kapsidexports bzw. der Kapsidbindung und -inkorporation aufklären doch zeigen sie, dass die Interaktionen der NECs miteinander sehr viel komplexer aber auch wesentlich flexibler sind als zunächst angenommen.
Paper III: Untersuchung der N-terminalen Domäne von PrV pUL31
Neben einem Kernlokalisationssignal (NLS) beherbergt der N-terminus verschiedener pUL31 Homologer auch zahlreiche vorhergesagte Phosphorylierungsstellen, die an der Regulation des Kernexportes beteiligt sind bzw. sein könnten. Dieser flexible N-terminale Bereich hat in PrV pUL31 eine Länge von 25 Aminosäuren, wobei auffallend viele basische Aminosäuren in Clustern und verschiedene mögliche Phosphorylierungsstellen enthalten sind. Computer-unterstütze Analysen (NLStradamus) erkennen in der Aminosäuresequenz ein bipartites NLS (AS 5-20). Um die Rolle des N-terminalen Bereiches in PrV pUL31 näher zu untersuchen, wurde dieser schrittweise verkürzt und die basischen Aminosäuren, sowie die möglichen Phosphorylierungsstellen, durch gerichtete Mutagenese durch Alanin ersetzt. Getestet wurden diese Mutanten nach Transfektion der entsprechenden Expressionsplasmide in RK13 Zellen auf ihre Lokalisation und, nach Koexpression von pUL34, auf Interaktion und der Umorganisation der Kernmembran. Über stabil-exprimierende Zelllinien und nach Infektion mit der UL31 negativen Virusmutante (PrV-∆UL31) wurde die Funktionalität in eplikationsassays und auch ultrastrukturell charakterisiert. Erstaunlicherweise zeigte sich, dass weder das bipartite NLS noch die vorhergesagten Phosphorylierungsstellen eine entscheidende Rolle spielen. Vielmehr konnte der größte Teil des N-Terminus ohne sichtbaren Funktionsverlust deletiert werden, sofern mindestens ein Cluster basischer Aminosäuren in dieser Region erhalten blieb. Die Ergebnisse zeigten, dass der basische Charakter dieser Region entscheidend für die korrekte Lokalisation, sowie für die Bildung und Funktionalität des NEC ist. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Phosphorylierung im N-Terminus von PrV pUL31, wie auch die roteinkinase pUS3, zwar nicht essenziell für die Freisetzung der Nukleokapside aus dem perinukleären Spalt sind, jedoch diesen Prozess unterstützen (Paper III).
Von den bisher beschriebenen atypischen Pestiviren ist das Bungowannah-Virus das genetisch und antigenetisch am weitesten von den klassischen Pestiviren entfernte Virus-Isolat. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde das N-terminale Protease-Protein Npro des Bungowannah-Virus analysiert und charakterisiert. Es konnte die volle funktionelle Kompatibilität des Bungowannah-Virus-Npro in einem BVDV-1-Hintergrund (vCP7_Npro-Bungo) demonstriert werden. Trotz einer sehr geringen Aminosäuresequenzidentität von Bungowannah-Virus-Npro und CP7-Npro zeigten das parentale BVDV-1 CP7 sowie das neu generierte Virus vCP7_Npro-Bungo ein vergleichbares Replikationsverhalten in bovinen Zellen. Es konnte außerdem nachgewiesen werden, dass das Bungowannah-Virus-Npro die Funktionen des CP7-Npro als Autoprotease, aber auch als Interferon-Antagonist, vollständig übernehmen kann und sich demnach trotz der großen Sequenzunterschiede nicht von den pestiviralen Npro-Proteinen der klassischen Spezies innerhalb des Genus unterscheidet. Im zweiten Teil der Arbeit wurde der Zelltropismus des Bungowannah-Virus analysiert. Vergleichende Studien erfolgten mit ausgewählten klassischen (BVDV-1, BVDV-2) und atypischen Pestiviren (HoBi-Virus, Giraffe-Virus und Pronghorn Antilope-Virus). Dabei zeigte das Bungowannah-Virus den breitesten Zelltropismus und war im Gegensatz zu den anderen Pestiviren in der Lage, Primaten-, Fledermaus-, Human- und Mauszellen zu infizieren und dort zu replizieren. Um die Bedeutung der Virushülle für den außergewöhnlichen in vitro-Zelltropismus des Bungowannah-Virus zu untersuchen, wurde mittels heterologer Komplementierung ein chimäres rekombinantes Virus generiert, in dem die BVDV-Strukturproteine (C, Erns, E1 und E2) durch die des Bungowannah-Virus substituiert wurden (vCP7_C-E2-Bungo). Mit Hilfe der Chimäre konnte demonstriert werden, dass die Virushülle des Bungowannah-Virus allein nicht ausreicht, um den erweiterten Zelltropismus auf BVDV zu übertragen. Einzig das Bungowannah-Virus war in der Lage, effizient in Affen-, Fledermaus- und Humanzellen zu replizieren. In einigen Zelllinien (Zellen der Westlichen Grünen Meerkatze, Human- und Fledermauszellen) ist daher nicht die Virushülle allein, sondern vielmehr das Zusammenspiel des Replikationskomplexes mit den Strukturproteinen entscheidend. Die Empfänglichkeit von Fledermauszellen für das Bungowannah-Virus und die darüber hinaus erreichten hohen Virustiter in diesen Kulturen werfen die Frage nach einem möglichen Ursprung des Bungowannah-Virus in der Ordnung Chiroptera auf. Möglicherweise kam es zu einer Spill-over-Infektion und schnellen Anpassung des Erregers an Vertreter der Ordnung Artiodactyla. Da bislang keine monoklonalen Antikörper zum Nachweis von Bungowannah-Virus-Proteinen existierten, wurden am FLI neu etablierte monoklonale Antikörper auf ihre Proteinspezifität untersucht. Die Charakterisierung dieser Bungowannah-Virus-spezifischen monoklonalen Antikörper unter der Verwendung verschiedener chimärer Pestiviren erlaubte die Identifizierung von 18 Bungowannah-Virus-Erns- und einem Bungowannah-Virus-E2-spezifischen monoklonalen Antikörper. Diese sind wichtige Werkzeuge für zukünftige wissenschaftliche Untersuchungen und für die Etablierung einer einfachen und effizienten Bungowannah-Virus-Diagnostik, welche bei einem erneuten Ausbruch des Virus in australischen Schweinehaltungen oder in anderen Regionen der Welt von großer Bedeutung sein kann.
Zwei bedeutende Erkrankungen des Wirtschaftsgeflügels, die weltweit zu hohen Verlusten führen können, sind die Newcastle Krankheit und die aviäre Influenza. Mit der Verfügbarkeit des reversen genetischen Systems für das Newcastle Disease Virus (NDV) wurde es möglich, NDV als Vektor für einzelne Proteine, z.B. des aviären Influenzavirus (AIV) zu nutzen und so Viren zu generieren, die als Impfvirus gegen beide Krankheiten einen Schutz vermitteln. Um zu untersuchen, ob die Insertionsposition eines Transgens in das NDV-Genom einen Einfluss auf die Höhe der Expression des Fremdproteins hat, wurde das Hämagglutinin-Protein (HA)-Gen eines hochpathogenen (HP) AIV Isolates in die intergene Region zwischen den Genen für das Phosphoprotein (P) und das Matrixprotein (M), M und das Fusionsprotein (F) oder F und des Hämagglutinin-Neuraminidase Proteins (HN) des attenuierten NDV Clone 30 inseriert. Zusätzlich wurden Virusrekombinanten untersucht, die ein HPAIV Neuraminidase (NA)-Gen zwischen den NDV Genen F und HN alleine oder in Kombination mit dem HA im Insertionsort zwischen NDV P und M trugen. Die Quantifizierung der Expression der HA- und NA-spezifischen mRNA wurde mit Hilfe der Northern Blot Analyse durchgeführt. Die HA-Proteine wurden zusätzlich durch die Massenspektrometrie identifiziert und durch die SILAC (stable isotope labelling with amino acids in cell culture)-Technik quantifiziert. Dabei zeigte sich, dass die HA Expression auf Transkript- und Proteinebene am höchsten war, wenn das HA-Gen zwischen NDV F und HN inseriert wurde, sich jedoch nur moderat von den anderen untersuchten Insertionsorten unterschied. Daraus kann gefolgert werden, dass die Wahl der intergenen Region zum Einbau des Fremdgens im Genomabschnitt zwischen P und HN nur einen geringfügigen Einfluss auf dessen Expression hat. Durch die simultane Integration von HA und NA in das NDV-Genom konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass NDV zwei Transgene und damit eine Vergrößerung des Gesamtgenoms um über 3 kb toleriert und dabei effizient repliziert Zusätzlich wurde untersucht, ob die gleichzeitige Insertion des NA- und HA-Gens zu einer Steigerung der Immunantwort und folglich zu einem verbesserten Schutz vor einer hoch virulenten aviären Influenzainfektion führt. Dazu wurden drei verschiedene NDV/AIV Rekombinanten generiert, bei denen das HA-Gen zwischen NDV P und M und/oder das NA-Gen zwischen NDV F und HN inseriert wurden. Die Schutzwirkung der Rekombinanten wurde gegen drei verschiedene HPAIV des H5 Subtyps in Hühnern bestimmt. Hierbei zeigte sich, dass die Schutzwirkung vor einer letalen HPAIV-Infektion durch die Insertion beider AIV Oberflächenproteingene in das NDV Genom nicht besser war als bei alleiniger AIV HA Expression. Daraus kann geschlossen werden, dass die NA-Antikörper nur einen geringen Beitrag bei der Abwehr einer HPAIV Infektion leisten. Im dritten Teil dieser Arbeit wurden durch die Sequenzierung des Gesamtgenoms des lentogenen Impfvirus Clone 30 mit Hilfe des Genome Sequenzers (Roche) neun Sequenzunterschiede im Vergleich zum ursprünglichen rekombinanten NDV (rNDV) detektiert. Durch Mutagenese der betreffenden Nukleotide konnte ein NDV generiert werden, das in seiner Sequenz dem Wildtypvirus Clone 30 entspricht. Die Virulenz und Eignung als in ovo Impfvirus des resultierenden Virus (rNDVGu) wurde im Vergleich zu den Virusrekombinanten rNDV, rNDV49, das durch einzelne Punktmutationen im F- und HN-Gen charakterisiert ist, und dem Wildtypvirus NDV Clone 30 untersucht. Bei der Bestimmung der Virulenz durch Ermittlung des intracerebalen Pathogenitätsindex (ICPI) konnte eine Reihung der Viren mit abnehmender Virulenz vorgenommen werden: NDV Clone 30 > rNDVGu > rNDV ~ rNDV49. Die geringere Virulenz des rNDVGu im Vergleich zum Ausgangsvirus Clone 30 deutet auf das Vorhandensein von Unterspezies in dem plaquegereinigtem NDV Clone 30 und die daraus resultierende Beeinflussung der Virulenzeigenschaften hin. Nach in ovo Applikation der drei hergestellten rekombinanten NDV und des Wildtypvirus NDV Clone 30 konnte gezeigt werden, dass das Wildtypvirus für Hühnerembryonen eine höhere Virulenz besitzt als die Virusrekombinanten. Die geschlüpften Küken waren vor einer Infektion mit hochpathogenem NDV geschützt, jedoch entsprachen die Schlupfraten nicht den Anforderungen für eine in ovo Vakzine. Diese Untersuchungen zeigten aber auch, dass mit Hilfe der in ovo Applikation eine deutlichere Unterscheidung der Restvirulenz lentogener NDV mit ähnlichen ICPI-Werten möglich ist.