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Der Replikationszyklus der Herpesviren ist sehr komplex und im Detail unzureichend verstanden. Die Funktionen und Eigenschaften einiger viraler Proteine sind bisher kaum charakterisiert. Folglich gibt es wenige Strukturmodelle dieser Proteine, wodurch beispielsweise eine rationale Medikamentenentwicklung kaum möglich war. Die Zielstellung dieser Arbeit war, neun dieser Proteine (pUL4, -7, -11, -16, -21, -26, -26.5, -32 und -33) aus dem pseudorabies virus (PrV) zu charakterisieren und nach Möglichkeit deren Struktur aufzuklären. Hierzu wurden die zur Verfügung gestellten Gensequenzen in geeignete bakterielle Expressionsvektoren umkloniert und in E. coli exprimiert. Lösliche Proteine wurden gereinigt und anschließend Kristallisationsexperimenten unterzogen, während unlösliche Proteine zum Teil auf ihre Renaturierbarkeit getestet wurden. Die Strukturen des kristallisierten N-terminalen Teils von pUL26 (Assemblin) wurden mittels Röntgenkristallographie aufgeklärt. Außerdem wurden alle Proteine in silico auf Signalsequenzen, Phosphorylierungen und Sequenzmuster untersucht. Von der N-terminalen Serinproteasedomäne (Assemblin) von pUL26 wurden drei Strukturen durch Röntgenkristallographie bestimmt: eine native dimere, eine inhibierte dimere, sowie eine native monomere Struktur. Letztere ist das erste bekannte Strukturmodell der monomeren Form eines Assemblins. In Verbindung mit den dimeren Strukturen konnte experimentell bestätigt werden, dass die Aktivierung der Assembline über die Verschiebung eines loop bei der Dimerisierung erfolgt. Die Umlagerung dieses loop basiert darauf, dass sich der in der monomeren Form teilweise flexible Dimerisierungsbereich durch die Dimerisierung etwas verändert und eine weitestgehend starre Konformation einnimmt. Die Helix α8 wird etwas verkürzt und die Helix α7 etwas verlängert und begradigt, wodurch sich der Oxyanionenloch-Loop vom Dimerisierungsbereich entfernt und ein ausgedehntes Wasserstoffbrückenbindungsnetzwerk aufbaut. In dieser Konformation stabilisiert der loop das Oxyanionenloch, wodurch die Protease aktiviert wird. Weiterhin wurde durch small-angle X-ray scattering bestätigt, dass der Dimerisierungsgrad von der Assemblin- und Mg²+;-Ionenkonzentration abhängig ist. Diese Informationen zur Dimerisierung des PrV-Assemblins können dazu beitragen, rationale Medikamentenentwicklung zu betreiben. Daraus resultierende Wirkstoffe können die Dimerisierung und somit die Aktivierung dieses Schlüsselproteins verhindern. Durch die hohe Ähnlichkeit der Assembline in anderen Herpesviren, kann die nun bekannte monomere Struktur des PrV-Assemblins als Modell für die monomere Struktur anderer, zum Teil humanpathogener Herpesviren genutzt werden. Demzufolge könnte dieses Modell auch die Entwicklung von Medikamenten beispielsweise gegen das Epstein-Barr virus oder das herpes simplex virus 1 ermöglichen. Es stellte sich zudem heraus, dass die bisher für das PrV-pUL26 bzw. -pUL26.5 vorhergesagte zweite Assemblinschnittstelle (M-site) vermutlich nicht korrekt ist. Es wurde eine andere M-site vorgeschlagen, welche ebenfalls infrage kommt. Eine Charakterisierung in vitro war bei fünf der neun zu untersuchenden Proteine möglich. Die anderen vier Proteine (pUL7, -16, -21 und -32) konnten aus verschiedenen Gründen nicht erfolgreich exprimiert werden. Die Proteine pUL4, pUL26.5 und pUL33 wurden unlöslich exprimiert, wobei pUL33 renaturiert werden konnte. Der Membrananker pUL11 und die N-terminale Serinproteasedomäne von pUL26 konnten löslich exprimiert werden. Untersuchungen in silico ergaben, dass der Membrananker pUL11 aus dem pseudorabies virus wahrscheinlich ein nukleäres Exportsignal trägt, was bisher nicht bekannt war. Es ist zudem wahrscheinlich, dass pUL11 selbst keine definierte Struktur hat, da es mit 63 Aminosäuren ein sehr kleines Protein ist und über Sequenzmuster mit anderen Proteinen interagiert.
Diese Arbeit beschreibt den Aufbau eines Assays zur Selektion eines Ribozyms, welches die Desaminierung von Adenosin zu Inosin katalysiert. Diese Reaktion spielt im Organismus, wo sie proteinkatalysiert abläuft, eine wichtige Rolle (Nukleotidmetabolismus, RNA-Editing). Zusätzlich besitzt ein solches Ribozym das Potenzial zur gezielten Veränderung von RNA-Sequenzen. Das Projekt hat somit evolutionstheoretische (RNA-Welt-Hypothese) als auch gentherapeutische Relevanz. Zentraler Punkt des vorgestellten Assays ist die Markierung einer Mischung verschiedener RNA-Sequenzen (= Bibliothek) mit dem Substrat Adenosin. Dieses trägt an der exozyklischen Aminogruppe eine Biotinfunktion. Wird diese Bibliothek auf einer festen Phase über die Biotin/Streptavidin-Wechselwirkung immobilisiert und den Selektionsbedingungen unterworfen, werden Spezies mit der gewünschten Aktivität in Lösung entlassen. Diese können eluiert und über RT-PCR angereichert werden. Die Funktionalisierung der RNA-Bibliothek geschieht am 5’-Ende jeder Sequenz durch Transkriptionspriming aus einer chemisch synthetisierten DNA-Bibliothek in Gegenwart der vier NTPs und eines Guanosin-5’-monophosphatderivats, dem „Initiator“. Letzteres ist über die 5’-Phosphatfunktion mit dem biotinylierten Substrat Adenosin verknüpft. Das Initiatormolekül wurde in zwei Strategien synthetisiert. Die erste Strategie fand an der festen Phase unter Verwendung des Phosphoramiditverfahrens statt und lieferte Initiator in nanomolarem Maßstab. Die zweite Strategie bestand aus einer 17-stufigen Synthese in Lösung und ergab fast identisches Initiatormolekül in µmolarem Maßstab. Beide Initiatormoleküle wurden erfolgreich zur Funktionalisierung einer RNA eingesetzt. Zur qualitativen Dokumentation des Einbaus des Initiators wurde eine auf Chemilumineszenzdetektion basierende Methode entwickelt. Dabei wurden die Transkriptionsprodukte auf eine Nylonmembran immobilisiert und mit einem Fusionsprotein aus Alkalischer Phosphatase und Streptavidin inkubiert, welches spezifisch den Biotinrest bindet. Durch Zugabe eines möglichen Substrats der Alkalischen Phosphatase wird ein Chemilumineszenzsignal erzeugt, was über einen Röntgenfilm dokumentiert wurde. Dieser qualitative Nachweis wurde erweitert, um die Einbaueffizienz zu quantifizieren. Dazu wurde eine RNA, welche zu 100% mit dem Initiatormolekül markiert war, mit Hilfe des Phosphoramiditverfahrens hergestellt. Diese als Standard fungierende RNA wurde in definierter Menge zusammen mit definierten Mengen an statistisch funktionalisierten Primingprodukt geblottet. Die Quantifizierung der Chemilumineszenz der Proben erfolgte mit Hilfe eines Photosystems und durch Integration der Signalintensitäten. Dadurch konnte der Anteil der in den durchgeführten Primingreaktionen mit Initiator markierten RNA zu maximal 3 % bestimmt werden. Obwohl eine Erhöhung dieses Wertes z.B. durch Optimierung der Initiatorstruktur wünschenswert ist, ist damit die Funktionalisierung einer RNA-Bibliothek in einer für die Selektion ausreichenden Menge durchaus möglich. Zur Evaluation des Assays wurde der Selektionsschritt simuliert, in welchem ein über das Initiatormolekül festphasengebundenes Ribozym spezifisch zur Selbstspaltung aktiviert wird. Zu diesem Zweck wurden ein Hammerheadriboyzm, ein Hairpinribozym sowie ein DNAzym untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die Spaltaktivität aller drei Systeme durch Funktionalisierung mit dem Initiator in Lösung fast vollständig inhibiert wird, unmarkierte Spezies unter identischen Bedingungen jedoch uneingeschränkte Spaltaktivität zeigen. Die beobachtete Inhibierung beruht auf einem intramolekularen Effekt, der möglicherweise zu einer Verschiebung des Konformerengleichgewichts der Testsysteme hin zu spaltinaktiven Konformeren führt. Zusätzlich wurde die Spaltaktivität des mit Initiator markierten und an einer Festphase immobilisierten Hairpinribozyms untersucht. Auch hier war eine stark verringerte Spaltaktivität zu beobachten, welche jedoch in unspezifischen Wechselwirkungen zwischen Festphase und Ribozym begründet liegen könnten. Die verwendeten Systeme eignen sich offenbar nicht zur Evaluierung des Assays, was jedoch die Möglichkeit offen lässt, dass im geplanten Assay selektierte RNA-Sequenzen die Funktionalisierung mit Initiator tolerieren. Die Ergebnisse dieser Arbeit erlauben den Schluss, dass die gewählte Strategie zur Selektion der Adenosindesaminase einige Punkte beinhaltet, welche nach Möglichkeit optimiert werden müssen, um eine effizientere Selektion durchführen zu können. Prinzipiell ist die Vorraussetzung für die Selektion der Adenosindesaminase durch die beschriebene Methode jedoch geschaffen und kann basierend auf den vorgestellten Ergebnissen in zukünftigen Studien durchgeführt werden.
Die akute Pankreatitis ist eine der häufigsten nicht malignen gastrointestinalen Erkrankungen, die zu Krankenhausaufenthalten führt. Sie ist als Selbstverdau des Pankreas durch seine eigenen Proteasen wie z.B. Trypsin, Elastase und Chymotrypsin definiert. Als Ursprung der Erkrankung wird die frühzeitige intrazelluläre Aktivierung dieser Verdauungsenzyme angesehen. Dies führt zum Zelltod der Azinuszellen und zur Schädigung des Gewebes.
Während der akuten Pankreatitis kommt es in 20% der Fälle zu einem schweren Verlauf der Erkrankung, der mit Organversagen in der Lunge und den Nieren assoziiert ist. Es ist bekannt, dass es zu einer Entzündungsreaktion kommt, bei der große Mengen an Zytokinen ausgeschüttet werden. Leukozyten infiltrieren das Pankreas und verstärken den Gewebeschaden. Es kommt zur Freisetzung von DAMPs, die das angeborene und adaptive Immunsystem aktivieren. Bislang ist nicht gut untersucht, wie das Immunsystem den schweren Verlauf der akuten Pankreatitis beeinflusst und es gibt wenig Theorien über den Organschaden in der Lunge und den Nieren.
In dieser Arbeit lag der Fokus auf dem Organschaden in Lunge und Niere und die Wirkung von Interleukin 33 (IL33) auf die Zellen des angeborenen Immunsystems und deren Einwanderung in verschiedene Organe während der schweren akuten Pankreatitis im Mausmodell. Die schwere akute Pankreatitis wurde mittels Gangligatur und einmaliger Gabe von Caerulein an Tag 2 nach Gangligatur induziert. An Tag 3 nach Induktion wurden die Mäuse getötet und die Organe wurden für weitere Analysen entnommen.
Am dritten Tag nach Induktion der Pankreatitis kam es zu einem Organschaden in der Lunge und den Nieren. In der Lunge fand sich eine Verdickung der Alveolarsepten und eine Verdichtung des Gewebes sowie eine Infiltration von Leukozyten und ein Ödem. In der Niere waren ebenfalls strukturelle Veränderungen zu finden und eine Infiltration von Leukozyten war zu beobachten. In durchflusszytometrischen Analysen der Lunge konnte beobachtet werden, dass CD11b+CD62L+ Monozyten während der akuten Pankreatitis signifikant anstiegen. Mittels RT-DC wurde gezeigt, dass diese Monozyten an Tag 3 signifikant an Größe zugenommen hatten. Mit einer CD11b Färbungen von Lungen und Nieren konnte die Infiltration durch Monozyten bestätigt werden. Unter einer Blockade von Monozyten durch systemische Gabe von anti-CCR2-Antikörpern verringerte sich die Schädigung in Lunge und Niere während der Pankreatitis signifikant.
Diese Daten legen nahe, dass der Organschaden in der schweren akuten Pankreatitis durch infiltrierende Monozyten verursacht wird, die über CD62L (L-Selektin) an die Gefäßwände binden und über ihre Größe Gefäße verstopfen, was in den Kapillaren zur Ischämie führt.
In vitro sezernierten Makrophagen, die mit CCK stimulierten Azinuszellen co-inkubiert wurden, IL33. Im Mausmodell wurde IL33 mittels sST2 blockiert, was die Schädigung des Pankreas in der Pankreatitis reduzierte. In IL33-depletierten Tieren fand sich im Vergleich zum Wildtyp ein geringerer Lungenschaden aber eine unveränderte Nierenschädigung. Somit scheint IL33 eine Rolle bei der Monozyten-vermittelten Organschädigung in der Pankreatitis zu spielen, die sich auf Grund von kompensatorischen Regulationsmechanismen im globalen IL33 Knock-out weniger gut belegen lässt als nach IL33 Inhibition. Die Hemmung von IL33 zur Behandlung der akuten Pankreatitis stellt somit ein vielversprechendes Therapieprinzip dar.
Rekombinante Expression und Design der Aminoacylase 1 für die Synthese von N-Acyl-Aminosäuren
(2009)
Im Rahmen der Dissertation wurde die Möglichkeit der enzymatischen N Acylierung von Aminosäuren über eine thermodynamisch kontrollierte Reaktion im wässrigen Medium untersucht. Eine Auswahl von Biokatalysatoren wurde auf ihre Eignung hin untersucht und die Aminoacylase 1 aus der Schweineniere (pAcy1) als Wildtyp-Enzym ausgewählt. Es konnte gezeigt werden, dass das primäre Problem bei der pAcy1-katalysierten Synthese der Modellkomponente N-Lauroyl-L-Glutamat (NLLG) in einem sehr ungünstigen thermodynamischen Gleichgewicht liegt. Dieses konnte zwar durch den pH-Wert zugunsten der Synthese verschoben werden, lieferte aber auch unter optimierten Bedingungen nur unzureichende Umsätze. Als primäre Probleme auf Seiten des Biokatalysators wurde ein niedriges Verhältnis zwischen der Synthese und Hydrolyse des Produktes (S/H-Verhältnis) neben einer vergleichsweise schlechten Akzeptanz langkettiger Acyldonoren identifiziert. Um für eine Optimierung des Enzyms die Methoden des rationalen Protein Designs und der gerichteten Evolution zu nutzen, wurde ein rekombinantes Expressionssystem über ein synthetisches Gen der pAcy1 auf dem Vektor pET52(b) realisiert. Durch die Anpassung des Expressionsmediums, der Temperatur sowie der Co-Expression molekularer Chaperone konnten etwa 80 mg aufgereinigtes Enzym pro Liter Fermentationslösung erhalten werden. Das rekombinante Protein wurde biochemisch charakterisiert und die Aktivität gegenüber dem bevorzugten Substrat der pAcy1 N-Acetyl-L-Methionin (NAM) mit 94 U/mg quantifiziert. Die Optimierung des S/H-Verhältnisses der pAcy1 fokussierte sich auf das Potential der katalytischen Base (E146) zur Protonenaufnahme. Als Basis für ein rationales Design wurde ein Strukturmodell erstellt und ein Aspartat an der Position 346 identifiziert, welches den pKa-Wert von E146 maßgeblich beeinflusst. Durch Modellierungen der Elektrostatik im aktiven Zentrum wurde die Substitution von D346 zu Alanin, Asparaginsäure, Glutamat und Glutamin vorgeschlagen und weiterhin die Mutation der katalytischen Base selbst untersucht. Versuche zur Beschreibung des S/H-Verhältnisses von erstellten Varianten der pAcy1 wurden anschließend mit NAM als Modellkomponente durchgeführt. Bei allen Mutanten war ein starker Rückgang der Gesamtaktivität zu verzeichnen, wobei die Restaktivitäten der 146X-Varianten maximal 0,5% und die der 346X-Varianten maximal 9% bei der Hydrolyse betrugen. Durch die parallele Quantifizierung der Synthesereaktion konnte gezeigt werden, dass sich das S/H-Verhältnis durch die Substitution des Asp346 in beide Richtungen verschieben lässt, wobei die gewünschte Erhöhung des Verhältnisses mit einer stark verminderten Gesamtaktivität einhergeht. Die Mutante D346A wies z.B. eine Erhöhung des S/H-Verhältnisses von 0.02 auf 0.18 auf, wobei allerdings die Restaktivität im Vergleich zum Wildtyp-Enzym bei der Synthese 0.2% und die in der Hydrolyse 0.05% betrug. Zur Erklärung dieser Beobachtungen wurde die pH-Abhängigkeit der pAcy1-Varianten für die Hydrolyse des artifiziellen Substrats Furyl-Acyl-M ethionin (FAM) bestimmt. Eine Verschiebung des pH-Optimums ins Saure bzw. ins Basische korrelierte bei D346A bzw. D346E mit der zuvor bestimmten Verschiebung des S/H-Verhältnisses. Weiterhin sollte die Affinität der pAcy1 gegenüber langkettiger Acyldonoren durch gerichtete Evolution erhöht werden. Da aus der Literatur bekannt ist, dass die Reste I177, T345, L370 die Acylbindetasche des Enzyms definieren, wurden diese über iterative Sättigungsmutagenese randomisiert und so etwa 32.000 Varianten der pAcy1 erzeugt. Zur Charakterisierung einer Mutantenbibliothek wurde ein hochdurchsatzfähiges Expressions- und Screeningsystem etabliert, wofür das bereits realisierte Expressionssystem auf den Mikrolitermaßstab übertragen und auf die besonderen Ansprüche hin optimiert wurde. Zur Charakterisierung der Enzyme wurde eine modifizierte Form eines bereits beschriebenen Proteaseassays verwendet, welcher eine kontinuierliche Messung der entstehenden Aminosäure als Produkt der Hydrolysereaktion erlaubte. Eine vorhergehende Selektion aktiver Varianten auf Minimalmedium erlaubt ein effizientes Screening der Mutantenbibliothek. Das Screening- und Selektionssystem wurde bisher mit der Wildtyp-pAcy1 und einer inaktiven Mutante erfolgreich getestet und zeigte Schwankungen von lediglich ±10%. Das noch ausstehende Screening der Mutantenbibliothek wird in laufenden Arbeiten durchgeführt.
Diese Arbeit widmet sich der funktionellen und strukturellen Untersuchung von SCO3201, einem Protein aus der Klasse der TetR-Repressoren, dessen Struktur bisher unbekannt war und das eine geringe sequenzielle Ähnlichkeit zu anderen Mitgliedern seiner Familie besitzt. SCO3201 wurde als Repressorprotein identifiziert, das durch Überexpression sowohl die Antibiotikaproduktion, als auch die morphologische Differenzierung von Streptomyces coelicolor unterdrückt. In früheren Arbeiten wurde gezeigt, dass SCO3201 an mindestens 16 verschiedene Promotor-Sequenzen binden kann. Das Protein konnte in E. coli exprimiert und anschließend isoliert werden. Wegen des Fehlens geeigneter Strukturmodelle gelang eine Strukturlösung mittels Molekularem Ersatz nach erfolgreicher Kristallisation zunächst nicht. Mittels Single-Wavelength-Anomalous-Dispersion-Methode konnte die Struktur des teilweise induzierten Proteins jedoch aufgeklärt werden. Zudem wurde eine Apo-Form des Proteins kristallisiert und ebenfalls strukturell aufgeklärt. Dies erlaubte die Lokalisation der Ligandenbindungstasche und ließ Rückschlüsse auf die Domänenbewegungen zu, die durch den Prozess der Induktion ausgelöst werden. Daneben wurde mittels Röntgenkleinwinkelstreuung die Struktur von SCO3201 in Lösung untersucht, um eventuelle Kristallisationsartefakte auszuschließen. Durch den Electrophoretic Mobility Shift Assay (EMSA) wurde außerdem die Interaktion zwischen dem Regulator SCO3201 zu seinen Operatoren untersucht.
Die Monooxygenase TetX wurde zuerst in Bacteroides sp. identifiziert, später auch in Sphingobacterium sp. Tetracycline werden von TetX zu 11a-Hydroxy-Tetracyclinen hydroxyliert, welche nicht-enzymatisch weiterdegradieren und keine zweiwertigen Kationen chelatieren können. Dies führt zur Resistenz von aeroben Bakterien gegen Tetracycline. Die Verbreitung von TetX könnte zu einem späteren Zeitpunkt zu klinischer Relevanz gelangen. Die Kristallstruktur von TetX wurde durch Multiple Anomale Dispersion an einem Selenomethionin-Derivat gelöst. Die native Kristallstruktur von TetX konnte mit den erhaltenen Phasen des TetX-SeMet Experiments gelöst werden. Die Kristallstrukturen von TetX im Komplex mit 7-Iodtetracyclin, 7-Chlortetracyclin, Minocyclin und Tigecyclin wurden gelöst, wobei der Minocyclin-Komplex mit 2.18 Å der am höchsten aufgelöste Komplex ist und so zu den detailliertesten Einblicken der Tetracyclin-Erkennung durch TetX verhilft. Durch Derivatisierung von TetX-Einkristallen mit Xenon, welches ähnliche hydrophobe Eigenschaften wie molekularer Sauerstoff besitzt, wurden zwei besonders hydrophobe Taschen in der Substrat-bindenden Domäne von TetX identifiziert, die dem Sauerstofftransport dienen können. Neben der enzymatischen Inaktivierung von Tetracyclinen durch TetX sind nicht-enzymatische Abbauprozesse von Tetracyclinen allgegenwärtig. Dazu gehört die Umwandlung von Tetracyclinen zu Iso-Tetracyclinen im neutralen bis alkalischen Milieu, was zu einem Bruch der C11-C11a-Bindung und somit zu einer veränderten Anordnung der neuen Ringe A, B, C* und D führt. Die Bindung von Iso-Tetracyclinen zum Tetracyclin-Repressor, der durch die [Mg-Tetracyclin]-Bindung induziert wird, von der Operator-DNA tetO dissoziiert und so die Expression von TetR und dem Effluxprotein TetA reguliert, wurde untersucht. Die Affinität von Iso-Chlortetracyclin für TetR(D) wurde durch Oberflächen-Plasmon-Resonanz bestimmt. Die Kristallstrukturen von TetR(D) im Komplex mit Iso-Chlortetracyclin bzw. Iso-Cyanotetracyclin wurden durch Co-Kristallisationsexperimente gelöst.
Verschiedene Strategien sind heute in der Entwicklung, um mit Hilfe von RNA Molekülen die genetische Information auf Transkriptebene zu korrigieren. In dieser Arbeit wurde untersucht, ob Twinribozyme durch den Austausch kleiner RNA Fragmente das Potential zur RNA Reparatur und ortsspezifischen RNA Funktionalisierung besitzen. Das Hairpinribozym katalysiert je nach Stabilität des Ribozym-Substrat-Komplexes die Spaltung bzw. die Ligation seines Substrats. Twinribozyme wurden durch Verknüpfung von zwei Hairpinribozymeinheiten entwickelt. Die Spaltung eines RNA Substrates an den zwei katalytischen Stellen produziert drei Fragmente: beide äußeren binden fest an das Twinribozym, während die Bindung des mittleren Fragments durch einen Vier-Nukleotid-Loop im Ribozymstrang destabilisiert wird. Dies fördert dessen Dissoziation gegenüber dessen Rückligation. Die Zugabe eines so genannten Reparaturoligonukleotids, das stabil an das Twinribozym anstelle des mittleren Fragments bindet, begünstigt dessen Assoziation zum Ribozym und dessen Ligation zu den übrigen Substratfragmenten. Das Ergebnis ist ein um vier Nukleotide verlängertes Reparaturprodukt. Dies stellt ein Modell für die Reparatur einer Vier-Nukleotid-Deletion auf mRNA Ebene dar. Erstes Ziel dieser Arbeit war es, die bestehende Reaktion kinetisch und thermodynamisch zu charakterisieren. Weiter wurde das Potential von Twinribozymen für die Reparatur anderer RNA Defekte und die ortsspezifische RNA Funktionalisierung untersucht. Schließlich wurde die Twinribozym vermittelte Reparaturreaktion in Zellkulturen getestet. Beim ursprünglichen Vier-Nukleotid-Deletionsmodell wurden unter äquimolaren Konzentrationen aller Fragmente und bei 10 mM Magnesiumchlorid und 37 °C 35 % Reparaturprodukt erhalten. Kinetische Untersuchungen jeder Einzelreaktion konnten zeigen, dass die Tamdemkonfiguration des Twinribozyms die Spalt- und Ligationseigenschaften nicht beeinträchtigt. In thermodynamischen und kinetischen Bindungsuntersuchungen von Modellduplexen, die der Austauschregion ähneln, wurde gezeigt, dass die Struktur des Ribozym-Substrat-Komplexes den Austausch der mittleren Fragmente stark fördert. Eine Voraussetzung zur biophysikalischen und biochemischen Untersuchungen von RNA Molekülen ist ihre ortsspezifische Markierung. Dies wird für bis zu 80 Nukleotide lange RNA Stränge durch chemische Synthese erreicht. Längere modifizierte RNA Moleküle werden mühsam durch Ligation mehrerer Stränge synthetisiert. Eine andere Möglichkeit besteht darin, native RNAs durch in situ Hybridisierung zu markieren. Keine Methode steht somit zur Verfügung, um in vitro Transkripte oder native RNAs intern und kovalent zu modifizieren. Ein synthetisches Substrat konnte ohne Ausbeuteverluste mit verschiedenen Fluoreszenzmolekülen, die chemisch in das Reparaturoligonukleotid eingebaut wurden, mit dem Twinribozym markiert werden. Verschiedene Transkripte wurden ebenfalls erfolgreich mit dem Twinribozym funktionalisiert. Drei verschiedene Modelle wurden untersucht: die Markierung der Transkripte resultierte entweder in einer Verlängerung um vier Nukleotide, in der Einführung von drei Einzelbasenmutationen oder in gar keinem Sequenzunterschied. Um die Ribozymzugänglichkeit der Zielsequenzen zu verbessern wurden erhöhte Temperaturen sowie DNA Oligonukleotide verwendet, die an das Transkript im Bereich der Flanken zur Ribozymbindungssequenz binden. Markierungsausbeuten von jeweils 53, 47 und 11 % wurden erzielt. Die potentielle Anwendung von Twinribozymen für die therapeutische RNA Reparatur erfordert eine effektive Zellaktivität. In vitro Versuche konnten zeigen, dass Twinribozyme unter zellähnlichen Bedingungen aktiv sind. Ein Versuch, die bestehende in vitro Reaktion in menschlichen Zellkulturen durchzuführen und das Reparaturprodukt nach Zelllyse nachzuweisen, scheiterte, da das Ribozym während der Analyse nicht deaktiviert werden konnte. Weiter wurde ein Luciferasereportergen durch die Einführung verschiedener Mutationen so deaktiviert, dass ein neues entwickeltes Twinribozym die Fehler auf mRNA Ebene reparieren sollte. In vitro Versuche mit kurzen synthetischen Substraten zeigten, dass das Ribozym die Fehler effizient prozessiert. Reparaturansätze mit den mutierten Transkripten lieferten aber Reparaturausbeuten unter 1 %, möglicherweise wegen der schlechten Ribozymzugänglichkeit der langen Transkripten. Durch Lumineszenzzellversuche konnte leider keine RNA Reparatur nachgewiesen werden. Twinribozyme erlauben den Austausch kurzer RNA Fragmente innerhalb synthetischer RNAs und Transkripte und akzeptieren dabei modifizierte Sequenzen. Dies öffnet Twinribozymen den Weg als molekulares Werkzeug für die RNA Reparatur und die ortsspezifische RNA Funktionalisierung. Die Erarbeitung von Möglichkeiten, die schlechte Zugänglichkeit der Zielsequenzen zu umgehen, sowie der Erhalt positiver Zellversuche werden über die Verwendung dieses potentialreichen RNA Werkzeugs entscheiden.
Die in dieser Arbeit durchgeführten Kristallstrukturanalysen der ersten bakteriellen Chalconisomerase (CHI) bilden die Grundlage für das strukturelle Verständnis der Flavonoiddegradation von Eubacterium ramulus. Das Enzym zeigt eine offene und eine geschlossene Lid-Konformation, die das aktive Zentrum vollständig vom Solvens abgrenzt. Durch SAXS-Messungen konnte gezeigt werden, dass sich diese beiden Konformationen im Solvens in einem dynamischen Gleichgewicht befinden und nur eine geringe Energiebarriere zur Schließung überwunden werden muss. Die Lokalisation des aktiven Zentrums konnte durch Cokristallisation mit dem Substrat (2S)-Naringenin bewiesen werden. Der Reaktionsmechanismus konnte durch Mutagenese-Studien und spezifischen 1H/2H-Austausch durch NMR bewiesen werden. Trotz jeglicher fehlender funktionaler Verwandtschaft zeigt die Tertiärstruktur der bakteriellen CHI große Ähnlichkeiten zu der ferredoxin-like Faltung der Chloritdismutase aus Dechloromonas aromatica und dem mit Stress verbundenen Protein SP1 aus Populus tremula. Ein Vergleich der bakteriellen CHI mit der pflanzlichen CHI von Medicago sativa zeigt, dass deren 3D-Struktur in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis steht. Dies suggeriert eine konvergente Evolution der beiden Chalconisomerasen ausgehend von unterschiedlichen Vorläuferproteinen. Anhand von Strukturaufklärungen der (R)-selektiven Amin-Transaminase aus Aspergillus fumigatus konnten erste Informationen über die strukturellen Voraussetzungen zur (R)-Selektivität dieser neuen Enzymklasse gewonnen werden. Die in silico Experimente zeigen, dass ähnlich zu den BCATs und D-ATAs das aktive Zentrum der (R)-ATA in eine große und eine kleine Bindetasche unterteilt ist. Dies konnte strukturell über den Inhibitorkomplex verifiziert werden. Die De-/Protonierung des Substrates durch das katalytische aktive Lys179 kann ausschließlich von der si-Seite erfolgen, sodass es zur Bildung des (R)-Enantiomers kommt. Der Mechanismus zur Bindung polarer Substrate (dual substrate recognition) wurde durch einen kovalenten Inhibitorkomplex und Mutagenese-Studien belegt und ist auf ein konserviertes Arginin im active site loop zurückzuführen.
Unter Verwendung von rekombinanten Schweineleberesterasen wurden zwei Chemoenzymatische Prozesse sukkzessive etabliert, optmiert und im Maßstab vergößert. Es wurden zwei chirale Synthesebausteine beispielhaft hergestellt und charakterisiert.
Die Arbeit gibt einen Einblick in die Prozessoptimierung von chemoenzymatischen Syntheserouten unter ökonomischen Aspekten.
Ribozyme sind katalytisch aktive RNA-Strukturen, die unter anderem in viralen Satelliten-RNAs entdeckt wurden, wo sie durch reversible Spaltung des Phosphatrückgrates die virale Replikation unterstützen. Durch gezielte strukturelle Manipulation von Ribozymen entstehen wertvolle Werkzeuge, die in vielen bioanalytischen, biotechnologischen und gentherapeutischen Bereichen Anwendung finden. Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem funktionalen Design von verschiedenen Ribozymmotiven, deren kinetische und strukturelle Charakterisierung sowie deren potentielle Anwendung. In einem ersten Projekt sollten durch rationales Design RNA-Schalter, sogenannte Riboswitches, entwickelt werden. Die Aktivität dieser schaltbaren Ribozyme hängt von einem externen Kofaktor ab. Solche Konstrukte können durch gezielte Kombination einer natürlichen Ribozymdomäne mit einer Aptamerdomäne, die spezifisch einen Kofaktor (darunter Nukleinsäuren, Peptide, organische Moleküle und Metallionen) binden kann, gewonnen werden. Durch Bindung dieses Kofaktors wird eine konformelle Änderung innerhalb der Ribozymstruktur erzwungen die einen Anstieg- oder Abfall der katalytischen Aktivität zur Folge hat. Derartige Systeme besitzen biosensorisches Potential. Betrachtet man den Kofaktor als Analyten, kann das Bindungsereignis, also die Detektion, über ein Spaltereignis beobachtet werden. Die Reversibilität solcher Detektionssysteme konnte bisher nicht demonstriert werden, würde aber deren Attraktivität und Anwendungspotential erhöhen. In dieser Arbeit wurden Ribozyme auf Basis des Hairpin-Motivs entwickelt, die in Abhängigkeit von Flavinmononukleotid (FMN) aktiv sind. Um die Reversibilität des Prozesses zu gestatten, müsste FMN beliebig aus der Aptamerdomäne entfernt und in diese wieder eingelagert werden können. Dies sollte über die Kontrolle der Molekülgeometrie des Kofaktors erfolgen. Durch chemische Reduktion von FMN werden strukturelle und elektronische Veränderungen innerhalb des Moleküls hervorgerufen, die die Bindungsaffinität verringern sollten. Versuche mit Reduktionsmitteln konnten die Reversibilität des Schaltvorganges in einem ersten Ansatz demonstrieren. Um ein mehrmaliges, kontrolliertes Schalten zu gestatten, wurde zur gezielten Manipulation des Oxidationszustandes von FMN eine elektrochemische Zelle entwickelt. Dazu musste das klassische Drei-Elektroden-System dem hier vorliegenden System angepasst werden. Zum einen muss die quantitative Reduktion/Oxidation von FMN in einem kleinen Probenvolumen von einigen Mikrolitern gewährleistet werden, zum anderen sollte unter Sauerstoffausschluss gearbeitet werden, um unerwünschte Reoxidationsprozesse zu verhindern. Mit der entwickelten Zelle konnte in einem Spaltexperiment ansatzweise die Verringerung der Ribozymaktivität durch elektrochemische Reduktion des Kofaktors demonstriert werden. Schnelles und präzises Schalten des Systems wurde durch Diffusionsprozesse der reagierenden Spezies zur Elektrodenoberfläche limitiert und konnte mit dieser Anordnung nicht demonstriert werden. Neben kinetischen Studien sollten strukturelle Untersuchungen die Charakterisierung des RNA-Schalters vervollständigen. Hierbei wurden die konformellen Änderungen innerhalb des Ribozyms bei Bindung des Kofaktors ESR-spektroskopisch studiert. Allgemein müssen dazu Nukleinsäuren mit paramagnetischen Spinsonden markiert werden. In diesem Zusammenhang wurden Synthese- und Markierungsmethoden zum Erhalt spinmarkierter Oligonukleotide etabliert. Ein zweites Projekt beschäftigte sich mit der Entwicklung von Reparatursystemen auf Basis kleiner katalytischer RNA-Motive. Die in diesem Zusammenhang entwickelten Twinribozyme besitzen großes Potential zur Reparatur von Gendefekten auf RNA-Ebene. Hierbei wird ein kurzer Sequenzabschnitt innerhalb eines RNA-Stranges gegen eine alternative Sequenz durch doppelte Spaltung und Ligation ausgetauscht. Diese Methode sollte es ermöglichen, mutierte Sequenzbereiche auf mRNA-Ebene gegen die entsprechend korrekte Sequenz zu ersetzen und Gendefekte zu beheben. Twinribozyme entstehen durch Duplikation zweier katalytischer Motive und wurden als erstes unter Verwendung des Hairpinribozymmotivs entwickelt. Da nicht alle Substratsequenzen vom Hairpinribozym toleriert werden, wurde im Rahmen dieser Arbeit die Eignung eines Hammerheadribozyms zur Entwicklung eines Twinribozyms überprüft, um die Palette derartiger Werkzeuge zu erweitern. Gezeigt werden konnte, dass der Austausch einer Sequenz zwar katalysiert wird, die geringe Produktausbeute von nur 3% eine gentherapeutische Anwendung zunächst noch in Frage stellt. Hier sollten strukturelle Optimierungen des Systems zu einem besseren Ergebnis führen. Insgesamt konnte demonstriert werden, dass die Aktivität von RNA-Enzymen gezielt durch die Einführung von charakteristischen Strukturelementen manipuliert und kontrolliert werden kann und somit Systeme mit hohem Anwendungspotential geschaffen wurden.
Enzyme sind bekannt als Biokatalysatoren, die spezifisch für ein oder wenige Substrate und ihre zu katalysierende Reaktion sind. Die Fähigkeit einiger Enzyme, mehr als nur eine bestimmte chemische Umsetzung zu katalysieren, bezeichnet man als Promiskuität. Einige Enzyme verfügen über ein breites Substratspektrum und können selbst strukturell verschiedene Substrate umsetzen. Man spricht hierbei von der Substratpromiskuität (substrate promiscuity) der Enzyme. Eine weitere Klasse der Promiskuität wird als Konditionspromiskuität (condition promiscuity) bezeichnet. Hierzu zählen Enzyme, die auch bei nicht-natürlichen Reaktionsbedingungen wie hohen Temperaturen, extremen pH-Werten oder in wasserfreiem Medium katalytische Aktivität aufweisen. Die katalytische Promiskuität (catalytic promiscuity) bildet die dritte Gruppe der Enzympromiskuität. Enzyme, die über diese Art der Promiskuität verfügen, zeichnen sich durch eine breite Reaktionsspezifität bei der Katalyse alternativer Reaktionen aus. Zudem lehren uns die Strukturen von über 30.000 Proteinen, dass die Natur nur von einem limitierten Repertoire von Proteingerüsten Gebrauch gemacht hat, um dennoch eine Vielzahl an verschiedensten Reaktionen herbeizuführen. Die Vielfältigkeit der Proteingerüste ist auf einige wenige Vorfahren zurückzuführen, deren Gerüst als Basis zur Generierung von Familien und Superfamilien diente. Die Überreste dieses Prozesses spiegeln sich in den ähnlichen Strukturen und katalytischen Resten der Familienmitglieder wieder. Über die Millionen von Jahren der Evolution haben sich jedoch die Sequenzähnlichkeiten der Mitglieder einer Familie stark verändert. Durch die Untersuchung der Beziehungen von Enzymen mit α/β-Hydrolasefaltung am Beispiel der Generierung von Epoxidhydrolaseaktivität in das Proteingerüst der Pseudomonas fluorescens Esterase (PFE) sollte die verwandtschaftliche Beziehung beider Enzyme näher dargestellt werden. Mit Hilfe der Methoden der positionsgerichteten Mutagenese und der gerichteten Evolution war es möglich eine Vielzahl von Mutanten zu kreieren. Zur Durchmusterung der Mutantenbliotheken kam sowohl ein neu entwickelter Agarplatten-Assay, als auch ein optimiertes Hochdurchsatz-Testsystem zum Einsatz. Mittels dieser Testformate konnten Mutanten der PFE identifiziert werden, die aktiv gegenüber Epoxiden sind. Des Weiteren erfolgte die genaue Charakterisierung der generierten Varianten.
Synthesen modifizierter Nukleoside zur Aufklärung der Struktur und Funktion von RNA-Molekülen
(2019)
Im Fokus dieser Arbeit lagen die Synthesen verschiedener Nukleosidderivate zur Aufklärung der Struktur und Funktion von RNA-Molekülen. Es wurden erfolgreich zwei Adenosinderivate synthetisiert und die für die post-synthetische Markierung benötigte Aminofunktion entweder mit Hilfe der Sonogashira-Kupplung an der Position C2 oder der Heck-Reaktion an der Position C8 eingebaut. Um auch Zugang zu modifizierten Cytidinen zu erhalten, wurde eine Synthesestrategie für ein aktiviertes Uridinderivat entworfen, um dieses nach der chemischen Synthese mittels Phosphoramiditverfahren, während der Reinigung, in das dazugehörige Cytidinderivat umzuwandeln. Hierzu wurden die funktionellen Gruppen erfolgreich für die chemische Oligonukleotidsynthese geschützt, die Modifikation an der Position C5 mit Hilfe der Sonogashira-Kupplung eingebaut und die Position C4 mit Hilfe von TIPS-Cl (2,4,6-Triisopropylbenzolsulfonylchlorid) aktiviert. In Vorversuchen konnte die erfolgreiche Umwandlung in das Cytidinderivat experimentell bestätigt werden. Im zweiten Teil der Arbeit wurde der Einfluss ausgewählter basenmodifizierter Nukleoside auf den Charakter einer doppelsträngigen RNA untersucht. Dazu wurden die Schmelzkurven und Schmelzpunkte modifizierter und unmodifizierter Oligonukleotide gemessen und ausgewertet. Die erhaltenen Daten lassen darauf schließen, dass der Einbau von basenmodifizierten Nukleosiden zur Senkung des Schmelzpunktes führt, jedoch nicht zur Veränderung des doppelsträngigen Charakters. Eine anschließende Markierung eines modifizierten Oligonukleotids mit dem Farbstoff ATTO 680 scheint nur einen marginalen Einfluss auf den Schmelzpunkt, im Vergleich zu den Schmelzpunkten der modifizierten Oligonukleotide, zu haben. Für die Untersuchung der Funktion und Struktur von größeren RNA-Molekülen, wie zum Beispiel ROSE-Elementen, wurde eine Strategie zu deren Herstellung mit Hilfe der T4 RNA Ligase I entwickelt und ex-perimentell bestätigt. Dazu wurde das ROSE-Element in drei Segmente geteilt, diese chemisch synthetisiert, gereinigt und mit Hilfe der T4 RNA Ligase I zum vollständigen Element ligiert. Dabei konnte das ROSE-Element erfolgreich vom 5´-Terminus aufgebaut werden. Es steht nun eine Methode zur Verfügung, um auch modifizierte Oligonukleotide zu einem ROSE-Element zu ligieren und dieses auf seine Funktion und Struktur hin zu untersuchen. Eine RNA 4-way-junction wurde durch Hybridisierung generiert und für strukturelle Untersuchungen verfügbar gemacht.
β-chirale Amine, wie zum Beispiel Pregabalin und Baclofen, sind Verbindungen von großem Interesse insbesondere für die pharmazeutische Industrie. Biokatalytische Herstellungsverfahren, vor allem Aminierungsreaktionen, sind bisher nur geringfügig untersucht worden und werden nach aktuellem Wissenstand bis auf die Synthese von Niraparib noch nicht in großtechnischem Maßstab eingesetzt. Wünschenswert ist die Etablierung einer Synthese, welche (S)-Pregabalin bzw. (R)-Baclofen in hohen Ausbeuten liefert, da diese beiden Enantiomere jeweils die höhere biologische Wirksamkeit aufweisen.
Ziel dieser Arbeit war die Synthese von Pregabalin und Baclofen als Modellverbindungen für β-chirale Amine mit Hilfe einer selektiven Amintransaminase oder Amindehydrogenase.
Zunächst wurde erfolgreich mit Hilfe der Gaschromatographie bzw. HPLC jeweils eine chirale Analytik für die beiden Reaktionsprodukte sowie die Baclofen-Derivate etabliert, die stabil reproduzierbar und auch zur Quantifizierung geeignet war. Auch für 3-(4-Chlorphenyl)-4-oxo-buttersäure-t-butylester konnte eine GC-Methode entwickelt werden, die Aufschluss über die Konzentration und den Enantiomerenüberschuss gab.
Die vier zur Verfügung gestellten Amindehydrogenasen konnten erfolgreich exprimiert und mittels IMAC-Methode gereinigt werden. Trotz geringer Aktivitäten in einem photometrischen NADH-Assay konnte jedoch keine Produktbildung nachgewiesen werden. Eine Kollektion von ca. 150 Amintransaminasen wurde bezüglich der Desaminierung von Pregabalin und Baclofen mittels Dünnschichtchromatographie untersucht. In Richtung der Aminierung wurde ein photometrischer Acetophenon-Assay verwendet. Dabei wurden für Pregabalin sechs und für Baclofen 17 potenzielle Kandidaten ermittelt. Besonders vielversprechend war die Variante 3FCR 59W 87L 231A 382M 429A (3FCR_5M), welche 3-(4-Chlorphenyl)-4-oxo-buttersäure-t-butylester als Substrat akzeptierte. Nach der Ermittlung eines geeigneten Aminodonors und Optimierung der Reaktionsbedingungen konnten Umsätze bis zu 90% bei 99%ee (R) mit IMAC-gereinigter 3FCR_5M erzielt werden.
Um Kosten für ein späteres großtechnisches Verfahren einzusparen, sollte die Reaktion ebenfalls für den Einsatz von Zellextrakt optimiert werden. Dabei wurde beobachtet, dass geringere Enantiomerenüberschüsse erzielt wurden als mit dem gereinigten Enzym und der Substratverbrauch höher als die Produktbildung war. Als mögliche Ursachen wurden der Umsatz des Substrats durch ein E. coli eigenes Enzym, beispielsweise eine Aldehydreduktase oder Aldehyddehydrogenase, sowie eine Beeinflussung der Enantioselektivität durch die veränderte chemische Umgebung oder den selektiven Entzug des gewünschten Substrat-Enantiomers durch eine selektive Nebenreaktion hypothetisiert. Dieses Phänomen konnte durch eine vorgeschaltete Reinigung mittels fraktionierender Ammoniumsulfat-Fällung jedoch erfolgreich umgangen werden. Mit dieser Methode konnten vergleichbar hohe Umsätze und Enantiomerenüberschüsse wie mit dem IMAC-gereinigten Enzym erreicht werden.
Bei ersten Vorversuchen zum Up-Scaling der Reaktion wurde festgestellt, dass eine höhere Substratkonzentration nicht einen proportional höheren Umsatz zur Folge hatte, jedoch konnte der Umsatz durch eine versetzte Zugabe der Enzymlösung gesteigert werden, sodass ein Prozess mit diesem Biokatalysator in seiner aktuellen Form eine kontinuierliche Zugabe erfordern würde. Praktikabel wäre einer Verminderung der Substrat-Inhibierung und Erhöhung der Enzymstabilität durch weiteres Protein-Engineering. Auch zur Produktion von 3FCR_5M im größeren Maßstab wurden Experimente vorgenommen. Dabei konnte gezeigt werden, dass eine vielversprechende Expression im Bioreaktor bei einer kontinuierlichen Temperatur von 30°C und einer Expressionsdauer von sieben Stunden. Nach einigen Optimierungsschritten konnte im Bioreaktor die zwanzigfache volumetrische Aktivität im Vergleich zur Expression im Schüttelkolben erzeugt werden.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass in der vorliegenden Arbeit, trotz weiterem Optimierungsbedarf, eine sehr gute Grundlage für die Transaminase-vermittelte Synthese von (R)-Baclofen geschaffen wurde. In zukünftigen Arbeiten sollte die Optimierung der Reaktion in großem Maßstab im Fokus stehen.
Das Interesse an Amin-Transaminasen stieg in den letzten Jahren stark an. Hierbei wurde der Fokus vor allem auf die Aufklärung der Strukturen der Amin-Transaminasen, aber auch auf ihre Anwendung in der Synthese von immer komplexeren Aminen gelegt. In dieser Arbeit befasste ich mich mit der Strukturaufklärung der (R)-selektiven Amin-Transaminase aus Aspergillus fumigatus und mit der Synthese von diastereomerenreinen 1 Amino-3-Methylcyclohexan. Es gelang die (R)-selektive Amin-Transaminase aus Aspergillus fumigatus zu kristallisieren und ihre Struktur mit einer Auflösung von 1,27 Å zu lösen. Der bis dato postulierte Aufbau des aktiven Zentrums von (R)-selektiven ATAs wurde bestätigt. Weiterhin wurde die duale Substraterkennung dieser (R)-ATA untersucht. Dieses erfolgte durch das Soaken mit dem Inhibitor Gabaculin und durch Mutagenesestudien. Hierbei wurde das Arginin 126 identifiziert, welches zusammen mit einem Histidin und einem Tyrosin, für die Koordinierung der Carboxylgruppe von Alanin bzw. Pyruvat in der großen Bindungstasche des aktiven Zentrums verantwortlich ist. Durch diese Erkenntnisse konnte das Verständnis über (R)-selektive Amin-Transaminasen erweitert werden und bietet nun eine gute Grundlage für zukünftige Optimierungen und Anwendungen dieser Enzyme in der Herstellung von Aminen. Zur Synthese von diastereomerenreinem 1-Amino-3-Methylcyclohexan wurde die (S)-selektive Amin-Transaminase aus Vibrio fluvialis (VibFlu) verwendet. Während hohe Enantioselektivitäten für andere Substrate bekannt waren, musste die Amin-Transaminase zunächst mit Hilfe der 3DM-Datenbank für die selektive Transaminierung von 3-Methylcyclohexanon optimiert werden. Eine Kopplung der generierten Mutanten VibFlu Leu56Ile und VibFlu Leu56Val mit verschiedenen Enoatreduktasen führte zur erfolgreichen Synthese von drei der möglichen vier Diastereomeren mit hohen Reinheiten von bis zu 97 %de und guten Umsätzen bis zu 99 %. Somit konnte die erfolgreiche selektive Synthese eines zyklischen Amins mit mehr als einem Stereozentrum durch eine Enzymkaskade gezeigt werden. Dies demonstriert die Möglichkeiten von Kaskadenreaktionen mit Amin-Transaminasen und Enoatreduktasen zur Synthese von komplexen diastereomerenreinen Aminen.
Einige Oberflächenstrukturen, die sogenannten aktiven Zentren, sind Katalysatoren für heterogene Reaktionen. Ihre Beständigkeit ist von Art und Zusammensetzung der Phasengrenze abhängig. Eine Wechselwirkung mit reaktiven Molekülen ändert die Oberfläche durch Auflösung, Adsorption oder Oberflächendiffusion. In dieser Arbeit werden die Änderungen der Oberflächenaktivität und –struktur von Gold und Platin nach der Behandlung mit den Hydroxyl-Radikalen aufgezeigt.
Die elektrochemische Aktivität von Platin gegenüber Hydrochinon, K3Fe(CN)6 und [Ru(NH3)6]Cl2 wurde durch die Behandlung mit Hydroxyl-Radikalen nicht beeinflusst. Die Oberfläche wurde allerdings, durch die Bildung einer Oxidschicht, rauer. Die Oxidschichtbildung konnte zyklovoltammetrisch und potentiometrisch nachgewiesen werden. Im Verlauf der Wechselwirkung von H2O2 mit Platin ging Platin in Lösung (ICP-AES).
Bei Gold wurden im letzten Jahrzehnt Oberflächenstrukturen mit vielfach erhöhter Aktivität nachgewiesen. Die Experimente zeigten, dass Hydroxyl-Radikale die reaktiven Goldstrukturen (aktiven Zentren) selektiv beeinflussen. Die elektrokatalytische Sauerstoffreduktionsreaktion und die defektorientierte Platinabscheidung wurden durch die vorherige Behandlung mit Hydroxyl-Radikalen inaktiver. Der Keimbildungsmechanismus blieb hingegen unverändert (instantaneous). Dies wurde mit Hilfe der Zyklovoltammetrie und der Chronoamperometrie nachgewiesen. Topographische Experimente mit dem Rasterkraftmikroskop (AFM) zeigten ein Platinwachstum auf den oberen Teilen der polykristallinen polierten Goldelektrode. Verschiedene Politurmethoden (fein und grob) wiesen zudem eine komplett unterschiedliche Aktivität und Reproduzierbarkeit auf. Mit einer groben Politur konnte eine deutlich bessere Reproduzierbarkeit erreicht werden.
Die Identifizierung chemisch aktiver Zentren ist sehr reizvoll. Mit Hilfe von AFM Experimenten konnte die Auflösung von Gold direkt verfolgt werden und damit die aktiven Zentren charakterisiert werden. Morphologische Untersuchungen mit dem Rasterkraftmikroskop belegen eine selektive Änderung der Kristallite und Korngrenzen nach der Wechselwirkung einer ausgeheilten Goldoberfläche mit Hydroxyl-Radikalen (in- und ex-situ). Es kann angenommen werden, dass die selektive Oberflächenänderung bei Gold durch die inhomogene Verteilung der Elektronendichte und verschiedene Bindungszustände der Oberflächengoldatome beeinflusst ist. Herausstehende Kristallstrukturen sind nach der Wechselwirkung mit den Hydroxyl-Radikalen kleiner und die Korngrenzen zwischen den Goldkristallen tiefer. Die nach der einmaligen elektrochemischen Zyklisierung auftretenden Oberflächenänderungen sind den Änderungen nach Behandlung mit Hydroxyl-Radikalen ähnlich. Ein mehrmaliges Zyklisieren führt hingegen zu ein er deutlich veränderten Oberflächenstruktur.
Molybdopterin spielt in der Natur eine wesentliche Rolle, da es gebunden an Molybdän den Molybdän-Cofaktor bildet, der einer Reihe verschiedener Enzyme als katalytisches Zentrum dient. Der Molybdän-Cofaktor kann zwar aus dem Protein freigesetzt werden, erweist sich dann aber als instabil. Trotz langjähriger Bemühungen konnten der Molybdän-Cofaktor und seine biologischen Vorstufen bisher nicht auf chemischem Wege synthetisiert werden. Daher konnten die bisher gewonnenen Kenntnisse über diese Verbindung nicht anhand von Untersuchungen an dem freien Cofaktor gewonnen werden. Um den Cofaktor in seiner Chemie zu verstehen, beschäftigt sich diese Arbeit mit der chemischen Synthese von Modellverbindungen, die die Aufgaben des natürlichen Cofaktors nachbilden können. Um den Einfluss der verschiedenen Struktureinheiten auf die Stabilität oder die katalytische Aktivität zu verstehen und so ein tieferes Verständnis über Molybdopterin und mögliche Struktur-/Funktionsbeziehungen des natürlichen Cofaktors zu entwickeln, werden einzelne Strukturabschnitte untersucht. Im Rahmen dieser Arbeit war der Fokus das Verständnis der Chemie des Pyrazin-Pyran-Dithiolen-Strukturabschnittes und nach Möglichkeit die Entwicklung alternativer Modellverbindungen, die in der Lage sind Sauerstoff-Transport-Reaktionen zu katalysieren und/oder mit dem Apoenzym verbunden werden können. Im besten Falle kann so eine Modellverbindung als Behandlungsmöglichkeit der Molybdän-Cofaktor-Defizienz eingesetzt werden, bei Bindung mit dem Apoenzym für iSOD (isolierte Sulfitoxidase-Defizienz) oder bei Nichtbindung für MoCo-Defizienz Typ B. Für die Synthese der Pyrazin-Pyran-Dithiolen-Liganden sollten bereits literaturbekannte Syntheserouten insbesondere von Garner modifiziert und optimiert werden. Vergleichsweise sollten auch Ligandensysteme mit einer CH2-Gruppe anstelle der Sauerstofffunktion des Pyrans synthetisiert werden. Des Weiteren sollten neue Synthesewege zu strukturell und elektronisch ähnlichen Verbindungen entwickelt werden. Die so gewonnenen Ligandensysteme sollten anschließend mit vorzugsweise Molybdän, aber auch Wolfram komplexiert werden.
Es wurden vier Nukleosid-Analoga hergestellt, deren Anwendungsbereiche gänzlich unterschiedlicher Natur sind. Sie stellen wichtige Hilfsmittel zur Erweiterung der Eigenschaften und zur Charakterisierung von Nukleinsäuren dar. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Voraussetzungen für die Selektion eines Cytidindesaminase-Ribozyms geschaffen. Es wurde ein Assay für die in-vitro-Selektion vorgestellt und das zu diesem Zweck notwendige Schlüsselmolekül, ein Cytidin-Derivat, designt und mit einer Gesamtausbeute von 8 % synthetisiert. Das Nukleosid wurde in einer 16-stufigen Synthese mit zwei unterschiedlichen Linkereinheiten funktionalisiert und stellt ein effektives Werkzeug zur Selektion von Cytidindesaminase-Ribozymen dar. Das bifunktionalisierte Cytidin-Substrat wurde über seine 5’-OH Gruppe mit einem Hexaethylenglykol-Linker versehen, der eine primäre Aminogruppe aufwies. Über eine kurze Linkereinheit an der C4-Position der Nukleobase wurde ein Biotinrest angefügt. Die angestrebte Selektionsstrategie sieht die Oxidation des 3’-Endes einer RNA-Bibliothek mittels Natriumperiodat vor. Das resultierende Dialdehyd soll anschließend mit der primären Aminogruppe des Cytidin-Derivats umgesetzt werden. Ein Protokoll zur Anbindung des synthetisierten Cytidins an eine an ihrem 3’-Terminus oxidierte RNA wurde entwickelt und steht für die zukünftige Selektion zur Verfügung. Der Nachweis des Konjugats aus RNA und dem Cytidin-Derivat erfolgte mittels HPLC, sowie massenspektrometrisch. Die RNA-Bibliothek zur Selektion eines Cytidindesaminase-Ribozyms wurde ausgehend von zwei Klenow-Primern hergestellt und steht ebenfalls bereit. Parallel zu den Arbeiten der Synthese des Cytidins, wurden im Rahmen zweier Kooperationen drei weitere Nukleosid-Analoga dargestellt. Das erste Kooperationsprojekt sah die Herstellung einer kurzen RNA vor. Es handelte sich dabei um die hochmodifizierte Anticodonschleife der tRNA(Lys) aus E. coli. Zur chemischen Festphasensynthese dieser 17mer RNA waren die Phosphoramiditbausteine von N6-Threonylcarbamoyladenosin (t6A) und 2-Thiouridin (s2U) erforderlich. Die Synthesen der Nukleosid-Analoga t6A und s2U, sowie deren Umwandlungen in die jeweiligen Phosphoramidite wurden vorgestellt. Die Darstellung von s2U erfolgte nach Protokollen von Vorbrüggen und Strehlke mit einer Gesamtausbeute von 78 %.Während des Schutzes der 2’-OH Gruppe mit TBDMS, bildete sich hauptsächlich das 3’-O-TBDMS-Isomer, das sich nur sehr schwer vom 2’-O-TBDMS-Isomer separieren ließ. Durch Verwendung der Schutzgruppe Di-tert-butylsilandiylditriflat zur Synthese des s2U-Phosphoramidits konnte das Problem der Bildung des 3’-O-TBDMS-Isomers behoben werden. Die erste Synthese eines t6A-Derivats orientierte sich an Vorschriften von Davis et al. und lieferte das Produkt mit einer Gesamtausbeute von 25 % über 7 Schritte. Darüber hinaus wurde eine zweite Synthesestrategie entworfen, die auf der Verwendung eines Isocyanats von L-Threonin basierte. Die Aminosäure Threonin wurde mit zwei verschiedenen Silylschutzgruppen versehen, die beide kompatibel mit der Phosphoramiditchemie während der chemischen RNA-Synthese waren. Das Isocyanat wurde mit guten Ausbeuten dargestellt und anschließend sowohl mit ungeschütztem, als auch mit geschütztem Adenosin zur Reaktion gebracht. In beiden Fällen wurde ein t6A-Derivat erhalten. Die Umsetzung mit einem geschützten Adenosin lieferte das t6A-Derivat mit einer Gesamtausbeute von 20% über 8 Stufen. Es wurde somit eine – in Bezug auf Ausbeute und Arbeitsaufwand – gleichwertige Alternativsynthese zur Darstellung von t6A-Derivaten entwickelt. Aus den beiden modifizierten Nukleosiden s2U und t6A wurden die Phosphoramidit-Bausteine generiert. Durch den erfolgreichen Einbau beider Nukleoside in eine 17mer RNA konnte die Anticodon-Schleife der tRNALys hergestellt werden. Die Bearbeitung des zweiten Kooperationsthemas erforderte die Herstellung eines isotopenmarkierten Pseudouridins. Es wurde eine vergleichende Synthese von 15N- markiertem Pseudouridin durch Adaption zweier unterschiedlicher Protokolle durchgeführt. Die erste Strategie, eine 7-stufige Synthese, lieferte die Zielverbindung mit einer Ausbeute von 2% über alle Schritte ausgehend von D-Ribose. Bezogen auf den 15N-Harnstoff betrug die Gesamtausbeute 14 %. Grund für die geringe Gesamtausbeute war eine unvermeidliche Isomerisierung der beta-Form der D-Ribose zum nicht reagierenden alpha-Anomer während der Lacton-Bildung, sowie der geringe Umsatz während der Reaktion mit dem 15N-angereicherten Harnstoff. Die zweite Strategie gab das 15N-markierte Pseudouridin mit einer Gesamtausbeute von 9 % über 9 Schritte. Für die Synthese von Uracil wurde eine alternative Vorschrift verwendet, bei der Propinsäure mit Harnstoff umgesetzt wurde. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass auf karzinogene Lösungsmittel, sowie anderer Reagenzien ohne Ausbeuteverluste verzichtet werden konnte.
Die Hälfte der globalen Primarproduktion wird in den Ozeanen realisiert und dabei wird ein großer Anteil des fixierten CO2 genutzt, um Algenpolysaccharide zu synthetisieren. Diese Kohlenhydrate dienen als wichtige Kohlenstoff- und Energiequelle für marine Nahrungsnetze, wobei sie von kohlenhydrataktiven Enzymen zu monomeren Zuckern umgesetzt werden. Da bisher wenig über den enzymatischen Abbau von Algenpolysacchariden in den Ozeanen bekannt ist, war es das Ziel dieser Arbeit, zu einem tieferen Verständnis dieser Prozesse beizutragen.
O-Methylierungen stellen stabile Modifikationen an Zuckern in marinen und terrestrischen Polysacchariden dar. Es wurde in Artikel I gezeigt, dass Cytochrom P450 Monooxygenasen eine wichtige Funktion in enzymatischen Abbausystemen aus marinen Bakterien für Agar haben, wobei diese Enzyme die oxidative Demethylierung von 6-O-Methyl-D-galaktose, einem Monomer aus Rotalgenpolysacchariden, katalysieren. Diese Ergebnisse zeigen, dass es sich bei der P450-Subfamilie CYP236A um die zweite beschriebene Gruppe von kohlenhydrataktiven Monooxygenasen handelt. Die charakterisierten P450s sind hochspezifisch für 6-O-Methyl-D-galaktose und akzeptieren keine typischen P450-Substrate. Um die molekularen Faktoren für den spezifischen Umsatz dieses polaren Substrates aufzuklären, wurde Proteinkristallografie genutzt (Artikel II). Die Kristallstruktur der P450 Monooxygenase aus Z. galactanivorans mit gebundenem Substratmolekül zeigt, dass sowohl Wasserstoffbrückenbindungen als auch hydrophobe Interaktionen an der Substraterkennung beteiligt sind, was zusätzlich durch ITC sowie Mutationsstudien bestätigt wurde.
Schnellwachsende Grünalgen der Gattung Ulva führen weltweit zu gefährlichen Algenblüten. Ein Hauptbestandteil der gebildeten Biomasse stellt das anionische Polysaccharid Ulvan dar. Bisher war der enzymatische Ulvanabbau kaum verstanden, was die sinnvolle Nutzung von Ulva-Biomasse erschwerte. Die detaillierte biochemische Charakterisierung einer Ulvanlyase auf F. agariphila wird in Artikel III gezeigt. Dieses Enzym katalysiert den ersten Schritt im Ulvanabbau und die biochemischen Parameter stimmen mit den Umweltbedingungen in Küstenbereichen des gemäßigten Ozeans überein, dem Habitat, aus dem dieses Bakterium isoliert wurde. Alle nachfolgenden Schritte im kompletten enzymatischen Ulvanabbau wurden aufgeklärt und sind in Artikel IV zum ersten Mal beschrieben. Insgesamt 13 Enzyme aus den Klassen der Polysaccharidlyasen, Glykosidhydrolasen sowie Sulfatasen agieren in einer komplexen Kaskade zusammen, um schlussendlich monomere Zucker aus Ulvan bereitzustellen.
Die gezeigten Identifizierungen und Charakterisierungen von neuen kohlenhydrataktiven Enzymen tragen nicht nur zu einem besseren Verständnis der Vorgänge im marinen Kohlenstoffkreislauf bei, sondern bilden zudem die Grundlage für zukünftige biotechnologische Prozesse. Eine effiziente enzymatische Depolymerisation der Algenpolysaccharide ist nötig, um Bioraffineriekonzepte basierend auf Algenkohlenhydraten zu realisieren. Dabei können über mikrobielle Fermentation Biokraftstoffe der zweiten Generation oder andere nützliche Produkte hergestellt werden.
Das Hairpin-Ribozym-basierte System CRZ-2 wurde verwendet, um Selbst-Prozessierungsprodukte nach Ribozym-Reaktion zu untersuchen. Inter- und intramolekulare Ribozym-Reaktionen sollten mit CRZ-2 und dem entsprechenden linearen 83mer (l-83mer) durchgeführt und Oligomere und zyklisierte RNAs nachgewiesen werden. Über die Bildung der intermediären Spaltprodukte und des finalen Spaltproduktes konnte der Ablauf der Spalt-Kaskade komplett gezeigt werden. Dies war insbesondere durch vergleichende Verwendung von Test-Systemen im denaturierenden Polyacrylamid-Gel möglich, da eines der Systeme eine eindeutige Separation der Produkte im Gel zulässt. Weiter konnten die zwei erwarteten Spalt-Produkte (83mer und 92mer) über Sequenzierung ihrer komplementären DNAs nachgewiesen werden. Um zwischen zyklischen und linearen Reaktionsprodukten unterscheiden zu können, wurden folgende Methoden herangezogen: i) 2D-PAGE ii) exonukleolytischer Abbau von RNA in Lösung und im Gel, iii) Vergleich des Laufverhaltens eines inaktiven RNA-Monomers mit dem Reaktionsgemisch des l-83mer nach Ligationsreaktion, iv) AFM und v) Ferguson-Plot. Es zeigte sich, dass das CRZ-2 nach Ribozym-Reaktion ausschließlich lineare Produkte und Oligomere bis zum Trimer hervorbringt, während das l-83mer nach Ligationsreaktion auch einen Ring, das zyklische 83mer, hervorbringt. Das Wissen um die Art der Reaktionsprodukte von CRZ-2 und dem l-83mer ermöglichten es, diese beiden RNAs als Referenz-Systeme zu benutzen, um Hairpin-Ribozym-basierte Varianten zu untersuchen. Die bioinformatische Entwicklung neuer Varianten erfolgte in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Ivo Hofacker (Universität Wien). Dabei wurde ein wahrscheinlichkeitsbasierter Entwurf (probability based design, kurz: PBD) für RNA-Sekundärstrukturen mittels Programm Switch.pl aus dem Vienna RNA package 2.0 verwendet. Die für die katalytische Aktivität der Hairpin-Ribozym-Varianten essentiellen Basenfolgen in den Loops wurden beibehalten. Alle Test-Systeme waren bistabil, denn sie zeigten indirekt, das die für CRZ-2 übliche Spalt-Kaskade durchlaufen wurde, indem das jeweilige zyklische 83mer über 2D-PAGE nachgewiesen wurde. Wie erwartet, waren die Varianten insgesamt aktiver als das Referenzsystem CRZ-2 und sie unterschieden sich, wie bioinformatisch charakterisiert, in ihrem Zirkularisationsverhalten bezüglich der Monomere. Bioinformatisch unerwartet war das Zyklisierungsverhalten der Dimere. Ausschließlich bei Test-System 4 könnten gemäß 2D-PAGE und AFM Analyse unter anderem auch dimere RNA-Ring entstanden sein. PBD4 ist das System, bei welchem die geringste Dimer-Zyklisierungstendenz angenommen wurde. Eine erste Evaluierung der PBD-Methode ergibt somit, dass die Erwartungen für die bioinformatische Charakterisierung des Ablaufs der Spalt-Kaskade bis zur Monomerzyklisierung erfüllt wurden. Für die bioinformatisch nicht vorausgesagten experimentellen Ergebnisse, z.B. bei der Dimerzyklisierung, könnten verstärkt tertiäre Interaktionen relevant sein, die mit der PBD-Methode zur Sekundärstrukturvorhersage nicht berücksichtigt werden. Sequenz-Alignments der Test-Systeme zu CRZ-2 ließen Rückschlüsse auf die Funktionen einzelner Basen zu. Vier Basen traten zusätzlich zu den vorgegebenen Sequenzen auf. Diese befinden sich in einer Helix und könnten kritisch für das Zustandekommen dieser Helix als wichtiges Strukturelement im bistabilen Ribozym sein. Dieser Aspekt könnte in weiterführenden Arbeiten mit rationalem Design z.B. über Einfach- oder Doppelmutation weiter untersucht und die Auswirkungen auf die Selbst-Prozessierungsereignisse analysiert werden. Interessant sind auch die eingeführten Mutationen im superstabilen Tetraloop der Hairpin-Ribozym-Varianten. Im Sequenz-Alignment zeigte sich, dass sich PBD3 und 4 nur um zwei sich im Tetraloop befindlichen Basen unterscheiden (Positionen 1 und 3). Da sich die beiden Systeme bezüglich ihrer Oligomerisierungs- und Zyklisierungstendenz unterscheiden, sind diese beiden Positionen für die Funktionen essentiell.