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Fragestellung:In der vorliegenden Dissertation wurde unter Verwendung eines psychophysiologischen Paradigmas zur präattentiven Aufmerksamkeit sowie neuropsychologischer Tests zur kontrollierten Aufmerksamkeit schizophrene Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollen unter Beachtung einer Vielzahl soziodemografischer und klinischer Einflussfaktoren im Quer- und im Längsschnitt untersucht. Eine gestörte Informationsverarbeitung gilt als pathogenetischer Faktor der schizophrenen Erkrankung und bildete den theoretischen Rahmen. Von weiterem Interesse war der Zusammenhang zwischen präattentiver und kontrollierter Aufmerksamkeit im Sinne konvergenter und diskriminanter Konstruktvalidität. Methode:Die Untersuchung folgte dem Behandlungsverlauf schizophrener Patienten, die erstmalig bei Klinikaufnahme und nach vier Wochen stationärer Behandlung untersucht wurden. Präattentive Aufmerksamkeit wurde mithilfe der Präpulsinhibition der Schreckreaktion (PPI) unter Verwendung der stimulus onset asynchronies(SOAs) 30, 60, 90, 120, 240ms und kontrollierte Aufmerksamkeit mithilfe der Tests geteilte Aufmerksamkeit und Reaktionswechsel aus der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP) operationalisiert. Für die Auswertung der neuropsychologischen Tests wurde DPrime als Maß für die Reaktionsgenauigkeit und der Median der Reaktionszeiten in ms als Maß für die Reaktionsgeschwindigkeit verwendet. In der Querschnittsanalyse wurden 33 schizophrene Probanden und 33 gesunde Kontrollen und in der Längsschnittanalyse wurden 13 schizophrene Probanden und 17 ge-sunde Kontrollen jeweils vergleichbarer Bildung untersucht. Für die Zusammenhangsanalyse zwischen PPI und kontrollierter Aufmerksamkeit standen die Tests „geteilte Aufmerksam-keit“, „Aufmerksamkeitswechsel“ sowie „Arbeitsgedächtnis“ von 33 gesunden Probanden und 26 schizophrenen Patienten zur Verfügung. Ergebnisse:In der Querschnittsanalyse konnte nur für mehrfacherkrankte und medikamentös vorbehandelte Patienten psychophysiologische und neuropsychologische Defizite im Vergleich zu gesunden Kontrollen gefunden wer-den. Alter, Geschlecht und Nikotinkonsum stellten neben vereinzelten Einflüssen keine profunden Moderatorvariablen dar, was auch für klinische Variablen wie die Medikamentendo-sis, das Ersterkrankungsalter und die Psychopathologie galt. Das SOA 60ms wies einen ne-gativen Zusammenhang zur Anzahl der stationären Aufenthalte auf. Zwischen Kontrollen und Ersterkrankten ergaben sich keine Unterschiede in der PPI, beide schnitten signifikant besser als mehrfacherkrankte Patienten ab. Für die Neuropsychologie war die medikamentöse Vorbehandlung unabhängig von der Medikamentendosis und der Erkrankungsdauer der entscheidende Nachteil. Die Art des Neuroleptikums hatte keinen Einfluss. Die Befunde ließen sich in der Tendenz in der verringerten Verlaufsstichprobe replizieren. Die PPI erwies sich für Kontrollen als reliabel mit einer IKK von .687 für das SOA 60ms und einer IKK von .740 für das SOA 120ms, welches für die Patientengruppe nicht nachgewiesen werden konnte. Dort zeigte sich in der Tendenz mehr Bewegung dergestalt, dass Probanden mit einer hohen PPI, die sich sowohl in der Kontroll- als auch in der Patientengruppe fanden, leicht verringerte und Probanden mit einer niedrigen PPI, die eher in der Gruppe der Patienten ver-treten waren, leicht erhöhte Werte nach 4 Wochen aufwiesen. In den neuropsychologischen Tests geteilte Aufmerksamkeit und Reaktionswechsel verbesserten sich Kontrollen und Patienten gleichermaßen. Zwischen zum Aufnahmezeitpunkt unbehandelten Patienten und Kontrollen wurde erneut kein Gruppenunterschied signifikant. Auch in der Längsschnittanalyse war für die Variablen Alter, Geschlecht und Nikotinkonsum sowie für die Medikamentendo-sis und die Psychopathologie kein konsistenter Einfluss auf Psychophysiologie oder Neuropsychologie nachweisbar. Zwischen dem SOA 60ms und dem Kennwert Reaktionsgenauigkeit im Test geteilte Aufmerksamkeit wurde ein positiver korrelativer Zusammenhang nur in der Patientengruppe gefunden. Dieses Ergebnis wird kritisch diskutiert, da auch ein Zusammenhang in der Kontrollgruppe und v.a. für das durch Aufmerksamkeit modulierbare SOA 120ms erwartet worden wäre. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse sind eingebettet in Literatur, die zeigen konnte, dass die vielfach beschriebenen Defizite in der Informationsverarbeitung schizophrener Patienten oder ihrer Angehörigen auch zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht unabhängig von verschiedenen Einflussgrößen zu bewerten sind. Die Diskussion, ob es sich bei kognitiven Defiziten schizophrener Patienten um state oder um trait marker handelt, ist weiterhin offen. Aufklärung kann von Studien erwartet werden, die gesunde Kontrollen und Patienten vergleichbarer Bildung unter Berücksichtigung der individuellen Krankheits- und Behandlungsgeschichte untersuchen. Die Verwendung multipler psycho-physiologischer und neuropsychologischer Paradigmen im Sinne eines Multitrait- Multimethod Ansatzes würde in zukünftigen Studien validere Aussagen ermöglichen.
Ziel: Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, den Beitrag den regionale Industrieunternehmen gegen Rechtsextremismus in ihrer Belegschaft leisten zu ermitteln und zu analysieren, welche Maßnahmen sie darüber hinaus ergreifen können, um dem Erwerb und der Verfestigung rechtsextremistischer Orientierungen bei ihren Arbeitnehmern entgegenzuwirken. Ausgegangen wurde von der Annahme, dass Unternehmen die Abwehr gegenüber rechtsextremistischen Orientierungen bei ihren Mitarbeitern begünstigen können, indem sie ein Arbeitsumfeld schaffen, das deprivationsbedingte Risikofaktoren wie Unzufriedenheit, geringes Commitment und subjektive Arbeitsplatzunsicherheit weitestgehend reduziert. Eine entsprechend gelebte Unternehmenskultur sollte sich demnach positiv auf die Abwehr der Mitarbeiter gegenüber rechtsextremistischen Orientierungen auswirken. Methode: Acht Industrieunternehmen aus vier verschiedenen Branchen nahmen an dieser Studie teil. Alle wurden in der Region Vorpommern, Deutschland, rekrutiert und hatten mehr als 100 Mitarbeiter. Insgesamt wurden die Daten von 485 Mitarbeitern zur endgültigen Analysen berücksichtigt. Es waren 141 Frauen im Alter zwischen 24 und 59 Jahre (M = 46.16, SD = 8.65) und 344 Männer im Alter zwischen 20 und 64 Jahre (M = 45.91, SD = 9.08). Ergebnisse: Eine subjektiv geringe Arbeitsplatzunsicherheit und ein hohes affektives Commitment wirken sich günstig auf die Abwehrbereitschaft der Arbeitnehmer gegenüber rechtsextremistischen Orientierungen aus. Bezüglich der Arbeitszufriedenheit ließen sich keine bedeutsamen Effekte feststellen. Darüber hinaus ist die subjektive Arbeitsplatzunsicherheit von der Höhe des affektiven Commitments abhängig. Die der Unternehmenskultur zugrundeliegenden Wertvorstellungen des Unternehmens beeinflussen die Stärke des affektiven Commitments und die Höhe der subjektiven Arbeitsplatzunsicherheit der Mitarbeiter. Es zeigt sich, dass die Unternehmenswerte damit in einem indirekten Zusammenhang mit der Abwehrbereitschaft der Mitarbeiter gegenüber rechtsextremistischen Orientierungen stehen. Zusätzlich wurde analysiert, welchen Einfluss die Persönlichkeit der Arbeitnehmer auf die untersuchten Wirkzusammenhänge hat. So wirkt sich die subjektive Arbeitsplatzunsicherheit nur bei Personen mit hoch autoritärer Persönlichkeit bzw. mit niedriger sozialer Dominanzorientierung auf die Abwehr rechtsextremistischer Einstellungen aus. Für niedrig autoritäre sowie für die hoch sozial dominanzorientierten Persönlichkeiten zeigt sich dagegen eher die Höhe des affektiven Commitment als ausschlaggebend für die Abwehrbereitschaft gegenüber rechtsextremistischen Einstellungen.
Das Anliegen der vorliegenden Dissertation bestand darin, die Wirkung von intergruppalem Kontakt und den Einfluss der Gruppenbindung auf Vorurteile, intergruppales Vertrauen sowie die Bereitschaft zur Kooperation mit Angehörigen einer anderen Nation zu untersuchen. Vorurteile, Vertrauen und Kooperationsbereitschaft wurden dabei als Formen eines Ingroup-Bias betrachtet. Darüber hinaus hat sich die Frage gestellt, ob Kontakt zu vermehrten Freundschaften mit Mitgliedern der Fremdgruppe führt und inwieweit die gruppenübergreifenden Freundschaften zu Veränderungen in der Stärke der einzelnen Formen des Ingroup-Bias führen. Schließlich wurde ein Modell entwickelt, welches ausgehend von gruppenübergreifendem Kontakt, unter Berücksichtigung der Variablen intergruppale Freundschaften, Vorurteile und Vertrauen, die Bereitschaft zu kooperativem Verhalten mit Mitgliedern der Fremdgruppe vorhersagen soll. Die Untersuchung wurde am Beispiel des deutsch-polnischen Schulkontextes durchgeführt. Es fanden Schülerbefragungen an reinen Schulen statt, an denen kein Kontakt zwischen Deutschen und Polen vorliegt, sowie an gemischten Schulen, an den Deutsche und Polen zusammen zur Schule gehen und an einem gemeinsamen Unterricht teilnehmen. Schulischer Kontakt hat per se keinen Einfluss auf die untersuchten Formen des Ingroup-Bias ausgeübt. Es ergab sich jedoch ein Interaktionseffekt mit der Gruppenbindung. Für Schüler mit einer geringen Ausprägung der Bindung an die Eigengruppe kommt es bei schulischem Kontakt zu einer signifikanten Reduktion der Vorurteile. Im Gegensatz dazu führt der Besuch gemischter Schulen für Schüler mit hoher Bindung an die Eigengruppe tendenziell zu vermehrten Vorurteilen gegenüber der Fremdgruppe. Weiterführende Auswertungen haben darüber hinaus einen Einfluss der Nationalität belegt. Entsprechend den Erwartungen erhöht schulischer Kontakt jedoch die Anzahl intergruppaler Freundschaften, wobei diese selbst zu einer Reduktion aller drei Formen des Ingroup-Bias führen. Abschließend konnte das entwickelte Model zur Vorhersage eines Ingroup-Bias in der Kooperationsbereitschaft bestätigt werden.
Emotionale Beeinträchtigungen wie Affektverflachung und Anhedonie zählen zu den zentralen Merkmalen schizophrener Störungen. In einer experimentellen Studie wurden die Reaktionen von 49 schizophrenen Patienten und 46 gesunden Kontrollprobanden auf emotional bedeutsame Bilder untersucht. Während der Betrachtung angenehmer, neutraler und unangenehmer Bilder wurden akustische Schreckreize zu fünf unterschiedlichen Zeitpunkten nach Bildbeginn dargeboten und der Lidschlagreflex, die Herzrate und die Hautleitfähigkeit wurden gemessen. In einem zweiten Durchgang gaben die Probanden mit Hilfe des Self-Assessment-Manikins an, wie angenehm und wie erregend sie das jeweilige Bild erlebten. Die autonomen und die subjektiven emotionalen Reaktionen der schizophrenen Patienten unterschieden sich nicht von denen der gesunden Probanden. Auch zeigten die schizophrenen Patienten bei langer Stimulus-Onset-Asynchronie (SOA) keine Einschränkungen in der emotionalen Schreckreflexmodulation. In beiden Gruppen führten negative Bilder zu stärkeren Schreckreaktionen als positive Bilder. In der gesunden Kontrollgruppe war die Valenz-modulation des Schreckreflexes bereits nach SOAs von 300 ms zu beobachten. Bei den schizophrenen Patienten hingegen trat die Reflexpotenzierung durch negative Bilder erst nach SOAs von 3800 ms auf; die Reflexhemmung durch positive Bilder trat ohne Verzögerung ein. In beiden Gruppen wirkten die Bilder bei SOAs von 300 bzw. 800 ms als Präpuls-reize und lösten eine Präpulsinhibition der akustischen Schreckreaktion aus.
Die vorliegende Dissertation widmete sich der Entwicklung und Validierung einer deutschsprachigen Commitment-Skala. Grundlage hierfür bildeten die Rekonzeptualisierung von Commitment als willentliche Bindung, die sich durch Zusicherung und Verantwortlichkeit gegenüber einem Bindungsziel auszeichnet (Klein, Molloy & Brinsfield, 2012) sowie die dazugehörige Skala (Klein, Cooper, Molloy & Swanson, 2014). Ziel dieser Arbeit war eine Skala, welche so, wie die Commitment-Skala von Klein et al. (2014), (1) vier Items umfasst, (2) eindimensional ist und (3) unabhängig vom Bindungsziel eingesetzt werden kann. Die Entwicklung erfolgte in aufeinander aufbauenden Teilschritten. Ausgangspunkt war ein aus verschiedenen Quellen (Übersetzungen der US-amerikanischen Items, Interviews mit Arbeitnehmern, Items bestehender Skalen, Deduktionen aus der Commitment-Definition) zusammengestellter Itempool, der in mehreren empirischen Untersuchungen sukzessive reduziert wurde. Die finalen Entwicklungsschritte, eine qualitative Untersuchung zum Itemverständnis von Arbeitnehmern (Untersuchung 1) und eine darauf aufbauende quantitative Untersuchung zur Itemselektion (Untersuchung 2), werden in der Dissertation umfassend berichtet. Die resultierende Skala ist Gegenstand einer weiteren quantitativen Untersuchung, in welcher erste empirische Belege für deren Konstruktvalidität (z. B. nomologische Validität, konvergente und divergente Validität) gesammelt wurden (Untersuchung 3). Die vier Items der deutschen Commitment-Skala bilden jeweils ein Merkmal des Konstrukts ab. Im Kontrast zur US-amerikanischen Skala (Klein et al., 2014) kann das Konstrukt für den deutschen Sprachraum nämlich nicht durch einen bestimmten Begriff operationalisiert werden. Die vier deutschen Items lauten: 1) „Wie verbunden fühlen Sie sich [Ihrem/dem/diesem Bindungsziel]?“; 2) „Wie wichtig nehmen Sie [Ihr/das/dieses Bindungsziel]?“; 3) „Wie stark haben Sie sich [Ihrem/dem/diesem Bindungsziel] verschrieben?“; 4) „Wie verantwortlich fühlen Sie sich gegenüber [Ihrem/dem/diesem Bindungsziel]?“. Die Skala wird mit dem Akronym KUTG bezeichnet, welches die Merkmale der Skala widerspiegelt. Der Buchstabe K kennzeichnet, dass die Skala auf den Arbeiten von Klein et al. (2012, 2014) basiert. Ihre Commitment-Definition wird durch die Items 3 (willentliche Zusicherung) sowie die Item 2 und 4 (Verantwortlichkeit) abgebildet. Der Buchstabe U kennzeichnet die Unidimensionalität der Skala. Die quantitativen Untersuchungen konnten zeigen, dass die Skalenitems keine Merkmale anderer, von Commitment abzugrenzender Konstrukte (z. B. Identifikation, Verhalten) abbilden. Das T bringt den von Klein et al. (2012) postulierten, allgemeinen Gültigkeitsbereich (engl. target-free) von Commitment zum Ausdruck, der sich in der Skala widerspiegeln soll. In dieser Arbeit wurde die Validität der KUTG für die Organisation, das Team und den Vorgesetzten als Bindungsziele eines Commitments gestützt, wobei sie sich als metrisch invariant erwies. G steht für German und verdeutlicht, dass die Verbundenheit mit dem Bindungsziel, welche durch Item 1 abgebildet wird, ein deutsches Merkmal von Commitment ist. Ausgehend von ihrer begrifflichen Bedeutung äußert sich die Verbundenheit im Erleben von Nähe zum Bindungsziel, die durch positiven Affekt begleitet ist. Da der Affekt nach Klein et al. (2012) zu den Einflussfaktoren von Commitment zählt, ist anzunehmen, dass im deutschen Sprachraum weniger präzise zwischen dem Erleben der Bindung und der positiv affektiven Bewertung des Bindungsziels differenziert wird als im US-amerikanischen Raum. Aus den Merkmalen der KUTG resultieren verschiedene methodologische und praktische Vorteile für Forschung und Praxis, weshalb die KUTG einem Einsatz anderer Commitment-Skalen vorzuziehen ist. Sie ermöglicht bspw. weniger konfundierte und ökonomischere Messungen und ist zudem flexibel für das jeweilig interessierende Bindungsziel einsetzbar.
Bezugsnormen stellen in der Leistungsmotivation ein zentrales Konstrukt dar. Durch die Bewertung eines Handlungsresultats an individuellen, sozialen oder kriterialen Bezugsnormen wird die Leistungsgüte bestimmt. Während individuelle Bezugsnormen eine temporale Perspektive eröffnen und somit den Zusammenhang von Anstrengung und Leistungszuwachs erkennbar machen und ihnen motivational förderliche Effekte zugesprochen werden, kann an der sozialen Bezugsnorm der Rangplatz in einer Vergleichsgruppe bestimmt werden. Die soziale Bezugsnorm soll motivational hemmende Wirkung haben. Diese angenommenen Effekte werden unter Berücksichtigung von Zielorientierung und Persönlichkeitsfaktoren genauer untersucht. Als theoretischer Rahmen dient hierbei das hierarchische Modell der Motivation. In Studie 1 (N = 204) zeigt sich eine differentielle Wirkung der Bezugsnormen: Unterschiede finden sich im Interesse an der Aufgabe, im Zielcommitment und im Fähigkeitsselbstkonzept. In Studie 2 wird der gemeinsame Einfluss von Zielorientierungen und Bezugsnormen auf die Aufgabenwahl geprüft. In dieser Untersuchung (N = 546) können die angenommenen Zusammenhänge nicht gezeigt werden. Vielmehr findet sich ein relevanter Zusammenhang von Neurotizismus und Vermeidungs-Leistungszielorientierung. In Studie 3 (N = 90) wird geprüft, ob sich die Präferenz für eine Leistungsrückmeldung mit klassischen motivationspsychologischen Variablen vorhersagen lässt. Die Ergebnisse erlauben keine Vorhersage anhand der gewählten Variablen. Es zeigt sich jedoch wiederum ein relevanter Zusammenhang von Neurotizismus und Vermeidungs-Leistungszielen. Vor dem Hintergrund des hierarchischen Modells der Motivation kann das Konstrukt der Bezugsnormen in den aktuellen theoretischen Rahmen eingeordnet werden. In den drei berichteten Studien werden die geprüften Annahmen teilweise bestätigt. Die Ergebnisse werden unter Berücksichtigung des gefundenen Zusammenhangs von Neurotizismus und Vermeidungs-Leistungszielorientierung diskutiert.
In fünf empirischen Studien wurde untersucht, ob Personen wissen, was sie im Ausdruck zeigen und anderen Personen kommunizieren, wenn sie eine Emotion erleben. Theoretische Grundlage der Untersuchungen war die Selbst-Inferenz-Hypothese von Reisenzein und Studtmann (2007). Diese besagt, dass Personen das Vorhandensein, die Art und die Intensität ihres Emotionsausdrucks nicht primär durch die Wahrnehmung ihres tatsächlichen Ausdrucksverhaltens feststellen, sondern aus der Qualität und Intensität ihres Gefühlserlebens erschließen. Zentrales Ziel der Untersuchungen war die empirische Überprüfung der Selbst-Inferenz-Hypothese für den mimischen Emotionsausdruck bei hedonisch positiven (Freude, Erheiterung) und negativen (Ekel, Traurigkeit/Enttäuschung, Ärger/Frustration) Emotionen. Darüber hinaus wurde eine Reihe von methodischen Einwänden gegen bisherige Studien zum Wissen über die eigene Mimik auf ihre Bedeutsamkeit überprüft. Die Ergebnisse der Experimente bestätigten konsistent die Vorhersagen der Selbst-Inferenz-Hypothese. Insbesondere konnte erstens für alle untersuchten Emotionen gezeigt werden, dass Gefühle bessere Prädiktoren von Meinungen über den eigenen mimischen Emotionsausdruck waren als der durch Beobachtereinschätzungen oder FACS-Codierungen gemessene tatsächliche Ausdruck. Zweitens zeigte sich, dass Personen meist nicht genau wissen, was sie zeigen, wenn sie ein Gefühl erleben. Vielmehr überschätzten sie systematisch die Intensität ihres Emotionsausdrucks. Potenzielle Alternativerklärungen dieser Ergebnisse konnten entweder methodisch ausgeschlossen oder empirisch entkräftet werden. In Studie 5 konnte die Selbst-Inferenz-Hypothese auch für nicht-mimische Ausdruckskomponenten von Prüfungsangst bestätigt werden. Die Befunde haben potenziell bedeutsame Implikationen für Theorien der Mimik, die Validität von Messmethoden des Emotionsausdrucks und für soziale Interaktionen im Alltag.
Die vorliegende Arbeit untersuchte den Einfluss des motivationalen Zustandes auf die Verarbeitung von Nahrungsreizen. Die Relevanz von Essensreizen ist zustandsabhängig und steigt im hungrigen Zustand. Diese Arbeit prüfte die Annahme, dass sich für Essensbilder spezifische Modulationen in der kortikalen Verarbeitung nach Nahrungsdeprivation beobachten lassen. In einer ersten Studie wurden Essensbilder in rascher Darbietungsweise gezeigt. Die Probanden wurden im Abstand einer Woche in balancierter Reihung satt und hungrig untersucht. Die ereigniskorrelierten Potentiale ergaben spezifische Veränderungen bei der Betrachtung von Essensbildern nach Deprivation im Zeitfenster zwischen 180 und 320 ms. Die Topographie der Differenz von hungrigem und sattem Zustand zeigte positive Differenzen über parietalen sowie negative Differenzen über temporo-okzipitalen Bereichen. Die Darstellungen potentieller Generatorstrukturen lieferten Hinweise auf eine verstärkte Verarbeitung in visuellen Kortexbereichen für Essensbilder im hungrigen Zustand. Diese Befunde sprachen für eine erleichterte Verarbeitung von Essensbildern nach Deprivation. In einer zweiten Studie wurden zusätzlich späte Potentialveränderungen untersucht. Diese späten Potentiale ergaben erhöhte Amplituden positiver Potentiale über posterioren Bereichen für Essensbilder im hungrigen Zustand. Die Quellenschätzungen zeigten, dass vor allem extrastriäre Bereiche im hungrigen Zustand verstärkt aktiv waren. Diese Ergebnisse können als Hinweis auf eine elaboriertere Verarbeitung zustandsrelevanter Essensbilder nach Nahrungsdeprivation verstanden werden. Eine verstärkte Verarbeitung von Nahrungsreizen im hungrigen Zustand kann im Sinne einer optimierten Exploration der Umgebung und Identifikation potentieller Nährstoffquellen als überlebensrelevanter Mechanismus der menschlichen Wahrnehmung verstanden werden.
Ziel von Statistikkursen an Universitäten ist es, den Studierenden statistische Kompetenz als Grundlage des
wissenschaftlichen Arbeitens zu vermitteln. Trotzdem verlassen Studierende diese Kurse teilweise mit statistischen Fehlkonzepten und können das Gelernte in Studium und Praxis nicht anwenden. Zudem bereiten den Studierenden hohe Statistikangst und ein geringes Interesse an Statistik als Teil ihres Studienfachs Probleme.
In der vorliegenden Arbeit geht es um die Frage, wie Statistikkurse zu Studienbeginn gestaltet sein sollten, um die statistische Kompetenz der Studierenden besser zu fördern. Dabei wird davon ausgegangen, dass für statistische Kompetenz neben kognitiven Voraussetzungen in Form von gut vernetztem und in Schemata gespeichertem Wissen in Statistik und anderen Bereichen, auch motivationale Voraussetzungen notwendig sind. Als zentrale motivationale Voraussetzung werden dabei Kompetenzüberzeugungen in Statistik aufgefasst. Solche Kompetenzüberzeugungen zeigen nicht nur kurz- und langfristige Zusammenhänge zur Leistung, sondern stehen auch mit anderen motivationalen Konstrukten wie Angst oder Interesse in Verbindung. In der folgenden Arbeit wurden zwei Untersuchungen durchgeführt, welche auf die Bedeutung dieser Kompetenzüberzeugungen bei der Entwicklung und Förderung der statistischen Kompetenz in Statistikkursen fokussierten.
Die erste Untersuchung befasste sich damit, ob Kompetenzüberzeugungen zu Beginn eines Statistikkurses mit Lernverhalten und Leistung zum Ende des Kurses zusammenhängen. Dabei interessierte vor allem, ob a) eine besonders hohe oder eine besonders realistische Überzeugung von der eigenen statistischen Kompetenz zu Kursbeginn von Vorteil ist und b) ob eine Überzeugung von der Veränderbarkeit der statistischen Kompetenz die Einflüsse der anfänglichen Überzeugungen moderieren kann. In der Untersuchung wurden n = 88 Psychologiestudierende in mehreren Statistikkursen zu Beginn und zum Ende eines Semesters befragt. Es zeigte sich, dass eine hohe Kompetenzüberzeugung mit besseren Leistungen einhergeht – während die Kompetenzüberzeugung für bessere Leistungen nicht unbedingt auch realistisch sein muss. Zudem ist eine Überzeugung von der Veränderbarkeit von Kompetenz von Vorteil: sie kann negative Effekte einer geringen Kompetenzüberzeugung zu Beginn des Semesters auf die Leistung kompensieren, führt aber auch bei einer unrealistisch hohen Kompetenzüberzeugung zu besseren Leistungen. In der zweiten Untersuchung wurde analysiert, ob ein nach dem Lehrformat des „Inverted Classroom“ (IC) unterrichteter Statistikeinführungskurs die Kompetenzüberzeugungen und damit verbundene Konstrukte von Statistikangst und Interesse sowie die Leistung von Studierenden fördern kann. Letzteres sollte darauf zurückzuführen sein, dass im Gegensatz zu „traditionellen Vorlesungen“ (TL) im IC Möglichkeiten zur individuellen Anpassung des Kurses an die Voraussetzungen von Studierenden zur Verfügung stehen und die Studierenden so beim Lernen weniger überfordert und motivierter sind. In der Untersuchung wurden n = 27 Studierende ein Semester lang in einem Statistikkurs im IC und n = 43 Studierende in einem Kurs als TL unterrichtet. Eine zusätzliche Kontrollgruppe (KG) von n = 24 Studierenden erhielt keinen Kurs. Die Ergebnisse zeigten, dass Studierende im IC zwar bessere und auch homogener Leistungen erreichen als im TL, dies kann jedoch nicht auf die Überforderung oder Motivation beim Lernen zurückgeführt werden. Auch die Kompetenzüberzeugungen und das Interesse waren im IC deutlich höher. Sowohl im IC als auch in der TL wurde die Statistikangst im Semesterverlauf geringer, während sich in der KG keine Veränderung zeigt.
Zu Beginn der Statistikausbildung sollten infolgedessen Kompetenzüberzeugungen – insbesondere auch die Überzeugung von der Veränderbarkeit statistische Kompetenz – gefördert werden. Dazu sind individualisierte Lehrformate wie der IC geeignet, welche die Entwicklung statistischer Kompetenz und statistischer Kompetenzüberzeugungen ermöglichen. Solche individualisierten Lehrformate können nicht nur in Statistikkursen zu Beginn, sondern auch in Statistikkursen im weiteren Studienverlauf eingesetzt werden.
Theoretischer Hintergrund Panikattacken (PA) sind ein in der Bevölkerung häufig auftretendes Phänomen, wie repräsentative epidemiologische Studien zeigen: Bis zu 20% der Personen erleben mindestens einmal im Leben einen Angstanfall oder eine Panikattacke; davon erfüllen aber nicht alle die geforderten Symptomkriterien einer klinisch relevanten »vollständigen Panikattacke«. Ein Teil der betroffenen Personen (ca. 2 – 4 %) erlebt weitere Panikattacken und erfüllt zudem die weiteren Diagnosekriterien einer Panikstörung. Lerntheoretische Modelle sehen eine besonders intensive, sogenannte initiale Panikattacke (iPA) als entscheidendes konditionierendes Ereignis für die Entwicklung einer Panikstörung. Dabei wird angenommen, dass neben der symptomatischen Schwere der Panikattacke weitere Faktoren die Krankheitsentwicklung beeinflussen. Relevant scheinen in dem vermuteten multifaktoriellen ätiologischen Geschehen u. a. sowohl Belastungen durch kritische Lebensereignisse als auch in zeitlicher Nähe zur iPA vorliegende psychische Erkrankungen zu sein. Eine weitere wichtige Rolle scheinen Charakteristika der iPA selbst sowie die Verarbeitung der Attacke und die Reaktion auf sie zu spielen. Die vorliegende Arbeit dient der vergleichenden Untersuchung initialer Panikattacken in einer bevölkerungsbasierten und in einer klinischen Stichprobe. Sie zielt auf die Identifizierung und Differenzierung möglicher, die Entwicklung einer Panikstörung begleitender Faktoren ab. Methode Die vorliegende Untersuchung basiert auf zwei Stichproben. Befragungsdaten der Study of Health in Pomerania – Life-Events and Gene-Environment Interaction in Depression (SHIPLEGENDE) bilden die Grundlage der bevölkerungsbasierten Stichprobe (N = 2400). Die Daten der klinischen Stichprobe (N = 234) wurden einerseits der Studie Mechanism of Action in CBT (MAC) entnommen; andererseits stammen sie von Patienten des ZPP des Instituts für Psychologie an der Universität Greifswald. Für die Untersuchung wurden übereinstimmende Erhebungsinstrumente und Auswertungsmethoden verwendet. Die iPA wurde mit dem neu entwickelten Interview zur Erfassung der initialen Panikattacke (iPA-Interview) erhoben. Psychische Störungen wurden strukturiert mittels der computergestützten Version des Münchener Composite International Diagnostic Interview (M-CIDI) erfasst. Die Stralsunder Ereignisliste (SEL) diente zur strukturierten Erhebung kritischer Lebensereignisse. Ergebnisse Rund 16 % der Befragten gaben an, mindestens einmal im Leben anfallartige Ängste erlebt zu haben. Knapp die Hälfte dieser Personen (7.6% aller Befragten) erlebte vollständige PA. Von diesen erfüllten ca. 46% die Kriterien einer Panikstörung (PD), ca. 18.4% im Zusammenhang mit einer komorbiden Agoraphobie. Initiale Panikattacken am Beginn einer Panikstörung waren nicht nur symptomatisch schwerer, sondern auch häufiger von einem Gefühl der Hilflosigkeit und Todesangst begleitet – insbesondere, wenn sie außerhalb des eigenen Zuhauses au traten. Sie verunsicherten anhaltend, initiierten als Bewältigungsversuche Selbstbeobachtung, häufige Arztbesuche und – sofern eine komorbide Agoraphobie vorlag – die Vermeidung von Situationen. Bereits im Vorfeld, aber auch nach der iPA, zeigte sich in beiden Stichproben eine erhöhte Komorbiditätsrate – vor allem bei Personen, die die Kriterien von PD und Agoraphobie erfüllten. Kritische Lebensereignisse traten häufiger im Vorfeld der Entwicklung von PD auf. Anhaltend belastende Lebensbedingungen schienen die Entwicklung einer komorbiden Agoraphobie zu begünstigen. Schlussfolgerungen Auf der Basis der vergleichenden Untersuchung einer bevölkerungsbasierten und einer klinischen Stichprobe unter Verwendung einer übereinstimmenden Methodik konnte bestätigt werden, dass initiale Panikattacken ausschlaggebende Ereignisse in der Entwicklung von PD darstellen, was im Einklang mit lerntheoretischen Modellen der PD steht. Zudem konnte gezeigt werden, dass nicht nur die iPA an sich, sondern auch Faktoren im zeitlichen Umfeld der iPA Einfluss auf die Krankheitsentwicklung haben können. Die erhöhte Komorbiditätsrate bei Vorliegen sowohl isolierter PA als auch PD zeigt, dass Panik häufig im Umfeld weiterer psychischer Auffälligkeiten auftritt. Diese Erkenntnis sowie der Befund, dass besonders anhaltende Belastungen schweren Formen der Panik vorausgehen, könnte als Ansatzpunkt zur Prävention und (Früh-)Intervention genutzt werden. Die Befunde dieser Untersuchung dürfen aufgrund der Erhebung im Querschnitt nicht kausal interpretiert werden und müssen noch durch eine Erhebung im Längsschnitt bestätigt werden. Dennoch sprechen die Ergebnisse dieser Arbeit für ein multifaktorielles Bedingungsgefüge der Ätiologie der Panikstörung.
Fragestellungen: In dieser Dissertation soll mithilfe der Methode des ambulanten Assessment die Rolle der sozialen Unterstützung in der Befindensregulation verhaltens- und erlebensnah im natürlichen Umfeld der Probanden untersucht werden. Bei der Forschung zur Bedeutung der sozialen Unterstützung für das Befinden und die Befindensregulation dominieren bislang noch retrospektive Auskünfte und globale Selbstberichte als Datenquellen. Es gibt vergleichsweise deutlich weniger Studien, die den Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Befindensregulation unter alltagsnahen Bedingungen untersuchen, so u.a. die Auswirkungen von Diskrepanzen bei der sozialen Unterstützung auf das Befinden bzw. der wechselseitige Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Rumination. In der vorliegenden Dissertation wurde überprüft, welchen Einfluss Diskrepanzen zwischen der gewünschten und erhaltenen sozialen Unterstützung auf das subjektive Wohlbefinden im Alltag ausüben (Studie 1), wie sich Veränderungen in der erhaltenen Unterstützung auf die Erreichung von verständnis- bzw. lösungsfokussierten Zielen auswirken, die Personen mit ruminativen Prozessen infolge von traurigkeitsassoziierten Episoden versuchen zu erreichen (Studie 2) und welche Auswirkungen ärgerbezogene Ruminationsprozesse–insbesondere eine rachefokussierte Rumination—auf das soziale Wohlbefinden haben (Studie 3). Methodik: Bei Studie 1 nahmen 30 weibliche Studierende der Universität Greifswald (M = 24.2, SD = 3.99) teil. Den Teilnehmerinnen wurde über den Zeitraum von sieben Tagen ein tragbarer Kleincomputer mitgegeben, auf dem signalkontingente Erhebungspläne implementiert wurden. An Studie 2 und Studie 3 nahmen insgesamt 144 Studierende der Universität Greifswald (keine Studierende der Psychologie) teil. Die Probanden wurden randomisiert entweder der Hauptgruppe oder einer Kontrollgruppe zugewiesen. Nach Abschluss der Datenerhebung befanden sich 93 Studierende (64.5% Frauen, M = 23.4 Jahre, SD = 2.9) in der Hauptgruppe und 51 Studierende (70.6% Frauen, M = 23.7 Jahre, SD = 2.7) in der Kontrollgruppe. Die Kontrollgruppe diente zur Überprüfung von potentiellen Reaktivitätseffekten infolge der Messwiederholungen. Den Teilnehmern wurde über den Monitoringzeitraum von 28 Tagen ein tragbarer Kleincomputer mitgegeben, der die Teilnehmer drei Mal täglich zu randomisierten Zeitpunkten zwischen 9 und 18 Uhr befragte. Die Auswertung erfolgte in allen drei Studien durch entsprechende Strategien der Multilevelanalyse. Ergebnisse: In Studie 1 leisteten die Diskrepanzen bei der sozialen Unterstützung einen signifikanten Beitrag zur Vorhersage des subjektiven Wohlbefindens. Eine Unterversorgung mit emotionaler Unterstützung ging mit einer Verringerung des Wohlbefindens einher, während eine Überversorgung mit emotionaler Unterstützung mit einer Verbesserung des Wohlbefindens einherging. Diskrepanzen bei der informationellen und instrumentellen Unterstützung leisteten im Unterschied zur emotionalen Unterstützung einen geringeren Beitrag zur Vorhersage des Wohlbefindens. Den Ergebnissen der Studie 2 zufolge bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen der subjektiv erlebten Steigerung in der sozialen Unterstützung und dem Erreichen lösungsfokussierter Ziele, nicht aber verständnisfokussierter Ziele. Die Ergebnisse der Moderatoranalysen weisen zudem darauf hin, dass insbesondere für Personen mit höherer symptomfokussierter Rumination ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer erhöhten sozialen Unterstützung und dem Erreichen lösungsfokussierter Ziele bestand. In Studie 3 zeigte sich, dass ärgerassoziierte Rumination nicht per se mit einer Verschlechterung des sozialen Wohlbefindens einherging. Habituelle Ärgerneigung moderierte den Zusammenhang zwischen rachefokussierter Rumination und dem sozialen Wohlbefinden dahingehend, dass sich lediglich für Personen mit höheren Werten bei der Ärgerneigung ein signifikanter Zusammenhang zwischen der rachebezogenen Rumination und einer Verringerung des sozialen Wohlbefindens zeigte. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der vorliegenden Studien verdeutlichen die Notwendigkeit einer alltagsnahen Erfassung mittels der Methode des ambulanten Assessment, um auf diese Art und Weise ein umfassendes Bild über die Rolle der sozialen Unterstützung im Rahmen der Befindensregulation zu erhalten. Die Studien leisten einen wichtigen Beitrag zur Unterstützungsforschung, da sowohl der Zusammenhang zwischen einer Über- bzw. Unterversorgung mit sozialer Unterstützung und dem Wohlbefinden als auch die Beziehung zwischen sozialer Unterstützung und traurigkeits- bzw. ärgerassoziierter Rumination bislang nur unzureichend im Alltagskontext untersucht worden sind. Zukünftige Studien zur Rolle der sozialen Unterstützung bei der Befindensregulation im Alltag sollten zusätzlich zur Empfängerperspektive auch die Geberperspektive in den Fokus der Betrachtung stellen.
Die vorliegende qualitativ-hermeneutische Dissertation untersucht auf der Basis von 20 Interviews die Motivation von Patientinnen der Plastischen Alterschirurgie, die einen größeren Eingriff (Facelift) anvisieren oder bereits haben vornehmen lassen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das bisher gängige Prozedere die psychologischen Risiken und Nebenwirkungen einer solchen Operation vernachlässigt. Nach Sichtung der bewussten Beweggründe der Patientinnen und des sozialen Kontextes ihrer Entscheidung für eine OP beleuchtet die Arbeit komplexe Fragen des persönlichen Selbst- und Weltbilds, der Emotionalität und neurotischer Fixierungen. Das häufige Vorliegen von maladaptivem Coping, narzisstischem Selbstwertmanagement, niedriger sozioemotionaler Kompetenz, fehlender Sinnressourcen, wie auch der Neigung zum Selbstbetrug wirft ein problematisches Licht auf die Indikation. Unter Abwägung der Chancen und Risiken einer OP aus psychotherapeutischer Sicht erscheint es zweifelhaft, ob ein verjüngender Eingriff die Probleme der Patientinnen beheben kann, ob er unter ungünstigen Umständen nicht sogar mehr schadet als nützt. Dieses grundsätzliche psychologische Dilemma könnte berücksichtigt und minimiert werden durch ein verbindliches psychologisches Beratungs- und Aufklärungsgespräch im Vorfeld der Operation. So schließt die Arbeit mit dem Vorschlag eines kombinierten chirurgisch-psychologischen Vorgehens zur ganzheitlich konzipierten Therapie der Altersängste der Patientinnen, eine Neuerung, die sowohl im Dienst der Patienten wie auch im Dienst des behandelnden Chirurgen stünde.
In einer standardisierten Fragebogenuntersuchung (N=330 Teilnehmer und Teilnehmerinnen internationaler Studentenfestivals) wird das Konstrukt Risiko untersucht, in dem das axiomatische Simplified Conjoint Expected Risk Model (E.U. Weber, 1988) dem psychometrische Ansatz (Slovic, 1989) gegenübergestellt wird. Hierzu werden Urteile über das wahrgenommene Risiko für Situationen erhoben, die von der World Health Organization 2002 als die derzeit größten globalen Risiken angesehen werden. Regressionsanalysen ergaben, dass die Dimensionen Ausmaß und Wahrscheinlichkeit Verlust am bedeutsamsten für das Risikogesamturteil sind. Nationale, Geschlechts- und Unterschiede in Dakes Weltanschauungsskalen konnten gezeigt werden. Eine experimentelle Studie untersucht kulturelle Einflüsse auf die Intentionsbildung und die Verarbeitung von Risikoinformationen. N=99 polnische und N=91 deutsche Studierende hatten die Aufgabe, zwischen zwei Gesundheitsprogrammen zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Wahl zutreffen. Erwartet wurde, dass eine dominante Option durch Informationsverzerrung der Attributbedeutsamkeiten entsteht. Diese Dominanzstruktur konnte für die Bedingung gezeigt werden, in der die Optionen auf den psychometrischen Risikodimensionen beschrieben wurden. Nationale Unterschiede im Entscheidungsverhalten konnten nachgewiesen werden. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf die Theoriebildung in der Handlungs- und Entscheidungstheorie, für das interkulturelle Handeln und die Kommunikation über Risiken diskutiert.
Theoretischer Hintergrund: Ausdauerndes Handeln (Persistenz) ist für das Erreichen schwieriger Ziele notwendig. Ohne Persistenz und die zugrundliegenden motivational-kognitiven Prozesse würde eine Person bei auftretenden Schwierigkeiten jede Handlung sofort abbrechen. Allerdings stellen sich manche Ziel-Intentionen als kaum umsetzbar heraus, sodass das Ziel, wenn überhaupt, nur unter unverhältnismäßig hohen Kosten erreicht werden kann. Persistenz würde dann zu einer Verschwendung von Anstrengung, Zeit oder Geld führen. Wie vorangegangene Studien gezeigt haben, neigen Menschen dazu, an solchen fehlgehenden oder verlustreichen Handlungen festzuhalten. Somit kann Persistenz nicht der einzige Faktor sein, der für eine effektive und ressourcenschonende Zielverfolgung wichtig ist. Zielgerichtetes Verhalten muss auch an relevante Veränderungen, die während des Zielstrebens auftreten, angepasst werden, was gegebenenfalls, z. B. bei Lebensgefahr, auch zum Handlungsabbruch führen sollte. In der vorliegenden Arbeit wird eskalierende Persistenz als spezifischer Aspekt dieses Persistenz-Flexibilitäts-Dilemmas (Goschke, 2008) analysiert. Der volitionale Zustand, der die Grundlage zielgerichteter Persistenz bildet, wird üblicherweise als Commitment bezeichnet. Gemäß volitionspsychologischer Ansätze, wie der Goal-Setting Theorie (Locke & Latham, 2002) oder dem Rubikon-Model der Handlungsphasen (Gollwitzer, 1990), wird Commitment als Festlegung auf die Erreichung eines Ziels beschrieben. Das Konstrukt wird jedoch eher allgemein definiert. Mit der vorliegenden Arbeit wird das Commitment-Modell der Handlungsphasen (CMHP) vorgeschlagen, das auf dem Rubikon-Modell aufbaut und eine neue, präzisere Perspektive auf Commitment und dessen Implikationen für eskalierende Persistenz bietet. Im CMHP wird Commitment als relative stabile Eigenschaft der Ziel-Intention verstanden, die die Aufrechterhaltung der Intention motivational und kognitiv unterstützt. Somit bleiben die Intention und ihre Umsetzung bei hohem Commitment relativ unbeeinflusst von Problemen, Unannehmlichkeiten oder anderen negativen Veränderungen. In solchen Fällen konzentriert sich die Person unbeirrt auf die Umsetzung und bewertet das Ziel weiterhin positiv. Diese anfänglich funktionale Stabilität der Intention kann zu eskalierender Persistenz führen, wenn Risiken und Kosten der Zielverfolgung weiter ansteigen oder auf unvorteilhaftem Niveau verbleiben. Gemäß dem CMHP wird eskalierende Persistenz durch eine reduzierte kognitive Repräsentation von Problemen verursacht, die besonders bei hohem Commitment auftritt. Je höher das Commitment der Intention ist, desto stärker reduziert sich die kognitive Repräsentation von Problemen und desto unwahrscheinlicher ist es, dass ein Handlungsabbruch erwogen wird. Somit führen bei hohem Commitment selbst schwerwiegende Problem nicht unmittelbar zum Handlungsabbruch. Empirische Studien: In Studie 1 (N = 115) sollte gezeigt werden, dass problembezogene Informationen bei hohem Commitment nur abgeschwächt kognitiv repräsentiert werden. Dazu wurden die Faktoren Commitment und Probleme bei einer computergestützten Leistungsaufgabe experimentell variiert. Es zeigte sich modellkonform, dass bei geringem Commitment die kognitive Repräsentation der Probleme deutlich positiv vom Faktor Probleme abhing, wohingegen bei hohem Commitment sowohl geringe als auch starke Probleme kaum repräsentiert wurden. In Studie 2 gelang es Commitment (als stabilen Parameter der Intention) und Volitionsstärke (als flexiblen Parameter der Intention) empirisch zu differenzieren. In diesem Längsschnittexperiment (N = 149) konnte gezeigt werden, dass das Commitment für ein persönliches Ziel über drei Wochen stabil verlief, während die Volitionsstärke eine flexible Charakteristik aufwies. Zudem stimmte ein Modell mit zwei spezifischen Faktoren der Handlungsregulation (Commitment und Volitionsstärke) zu allen Messzeitpunkten deutlich besser mit den empirischen Daten überein, als ein Modell mit nur einem globalen Faktor (Commitment = Volitionsstärke). In Studie 3 (N = 120) wurden Validitätsprobleme des Commitment-Selbstberichts untersucht, die offenbar dem konstruierten Charakter von Intentionen in Laboruntersuchungen geschuldet sind. Bei persönlichen Zielen liegen demgegenüber keine Validitätsprobleme des Commitment-Selbstberichts vor. Diskussion: Die Annahmen des CMHP wurden durch die Ergebnisse überwiegend bestätigt. In allen drei Studien wurde umso ausdauernder an problematischen Intentionen festgehalten, je höher das Commitment war. Die Konstrukte Commitment und Volitionsstärke konnten empirisch differenziert werden. Zudem wurde die spezifische Rolle von Commitment bei der kognitiven Repräsentation von problembezogenen Informationen gezeigt. Abschließend wird die Bedeutung der Ergebnisse für Maßnahmen zur Prävention von eskalierender Persistenz diskutiert.
Es wird der Frage nachgegangen, ob Selbstmanagement-Therapie für die stationäre Behandlung von Alkoholabhängigen im Rahmen einer medizi-nischen Maßnahme zur Rehabilitation einsetzbar ist und ob sich ein solches Vorgehen innerhalb eines psychiatri¬schen Krankenhauses bzw. einer Stiftung mit diakonischer Tradition verwirklichen lässt. Die eingesetzten therapeutischen Strategien und die einzelnen Teile des inten-dierten the¬rapeutischen Prozesses werden umfassend beschrieben; eine Auswahl von eingesetzten Therapiematerialien ist beigefügt. Maßnahmen zur Implementierung des Vorgehens in die gegebene organisatorische Struktur und zur Etablierung der Behandlungsstätte innerhalb der Region werden ebenfalls beschrieben. Im Rahmen einer Erkundungsphase erho-bene erste Ergebnisse für den stationären Behandlungsteil weisen auf gleich gute Effektivität hin, wie in Deutschland vom Fachverband Sucht veröffentlicht. Die durchschnittliche Verweildauer im stationären Behand¬lungsteil hat sich während der Laufzeit der Erkundungsphase von 42 Tagen auf gut 53 erhöht; im Fachverband Sucht werden z. Z. 84 Tage als durchschnittliche Verweildauer genannt. Die Vernetzungs-möglichkeiten mit ambulanten Angeboten zur Rehabilitation im Rahmen einer Kombi-Therapie werden begründet und beschrieben.
Diese Arbeit beschäftigt sich deskriptiv mit der Evaluation der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung in der Hochschulambulanz der Universität Greifswald im Sinne einer Bewertung der Behandlungsqualität. Damit ist sie thematisch im Bereich der Versorgungsforschung und Qualitätssicherung angesiedelt. Gerade in der ambulanten Psychotherapie ist die Versorgungslage noch unzureichend und Qualitätssicherungsmaßnahmen fehlen oft. In dieser Untersuchung wird die Tätigkeit der Universitätsambulanz in Greifswald für den Zeitraum Januar 2004 bis Juni 2009 dokumentiert. Handlungsleitend für die Formulierung der einzelnen Fragestellungen dieser Arbeit ist die Unterscheidung in Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Zunächst geht es um die Fragen, wie der Ambulanzbetrieb anhand einiger Kennzahlen beschrieben werden kann und welche Patienten das therapeutische Angebot der Einrichtung nutzen. Danach wird dokumentiert, unter welchen Bedingungen in der Psychotherapieambulanz gearbeitet wird (Strukturqualität) und wie die einzelnen Prozessabläufe beschaffen sind (Prozessqualität). Zur Erfassung der Ergebnisqualität dienen die Berechnungen von Mittelwertsveränderungen und Effektstärken sowie die Angaben zur retrospektiven Einschätzung der Therapien und zur Patientenzufriedenheit. Die Kennzahlen der Hochschulambulanz in Greifswald verdeutlichen eine kontinuierliche Ausweitung der Ambulanztätigkeit zwischen 2004 und 2009. Die anamnestischen Daten der behandelten Patienten zeigen, dass die soziodemographische Zusammensetzung der Ambulanzpatienten in etwa derer anderer universitärer Psychotherapieambulanzen entspricht. Die häufigsten behandelten Störungsbilder sind Angststörungen und depressive Störungen. Zudem besteht ein hoher Bedarf an ambulanter Psychotherapie in der Region. In ihrer strukturellen Beschaffenheit entspricht die Universitätsambulanz in Greifswald den Qualitätskriterien für ein verhaltenstherapeutisches Ausbildungsinstitut. Ferner bietet sie ein breites Spektrum an Therapieverfahren auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft an. Auch hat die Greifswalder Ambulanz für Psychotherapie bereits umfangreiche Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Prozessqualität ergriffen und umgesetzt. Die Untersuchungen zur Ergebnisqualität verweisen auf gute Behandlungserfolge, insbesondere im Bereich der Therapie von Angststörungen. Es finden sich signifikante Verbesserungen im Sinne einer Symptomreduktion, durchschnittlich mittlere Effektstärken, positive Therapiebeurteilungen sowie eine allgemeine Patientenzufriedenheit. Zusammenfassend zeigen die Evaluationsergebnisse dieser Arbeit, dass kognitiv-verhaltenstherapeutische Psychotherapie auch im klinischen Alltag einer Therapieambulanz wie der in Greifswald als effektiv und brauchbar zu bewerten ist. Mögliche Problemstellen werden aufgezeigt und diskutiert sowie Ideen zur Optimierung der angebotenen Leistungen angeregt. Aktuell verfolgt die Universitätsambulanz in Greifswald das Ziel, ein geprüftes Qualitätsmanagementsystem einzurichten und damit über langjährige vergleichende Bewertungsprozesse ein realistisches Bild der Therapiequalität zu erhalten sowie eine kontinuierliche Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung zu ermöglichen.
Das Ziel der vorliegenden Studie bestand darin, einen möglichen Einfluss des Darbietungsmodus auf die Leistung von Vorschulkindern in einer Aufgabe zur Theory of Mind (ToM) zu überprüfen. Dazu wurden die Leistungen von 94 Kindern zwischen 3 und 5 Jahren in einer klassischen Ortsverlagerungsaufgabe zum Verständnis falscher Überzeugungen (Wimmer & Perner, 1983) untersucht. Den Kindern wurde die Originalgeschichte entweder live oder als Videofilm präsentiert. Erstmalig konnte ein signifikanter Effekt des Darbietungsmodus in einer Aufgabe zur ToM nachgewiesen werden. Dieser ergab sich in der Altersgruppe der 4-Jährigen. Unabhängig vom Darbietungsmodus antworteten 3-Jährige überzufällig falsch und 5-Jährige überzufällig korrekt. Der nachgewiesene Effekt des Darbietungsmodus wird auf dem Hintergrund bereits bestehender Theorien zum so genannten Videodefiziteffekt (VDE) diskutiert.
Die vorliegende Studie vergleicht die Problemlösefähigkeiten von 30 Bulimikerinnen, 30 BED-Patientinnen, 30 Angstpatientinnen und 30 Kontrollpersonen. Aufbauend auf dem klassischen Problemlösemodell von D'ZURILLA und NEZU (1971) und geleitet durch eine Konzeptualisierung von D’ZURILLA und MAYDEU-OLIVARES (1995) werden zur Realisierung einer Prozess- und Outcome-Messung von Problemlösefähigkeiten empirisch überprüfte Fragebogenverfahren eingesetzt. Hierbei handelt es sich um das Problem-Solving-Inventory (PSI) von HEPPNER und PETERSEN (1982), das Social-Problem-Solving-Inventory (SPSI-R) von D’ZURILLA und NEZU (1990), das Means-End-Problem-Solving-Verfahren (MEPS) von PLATT und SPIVAK (1975) in der deutschen Bearbeitung von KÄMMERER (1983) und das Inventar-zur-Erfassung-interpersonaler-Probleme (IIP) von HOROWITZ, STRAUSS und KORDY (1994). Die Ergebnisse zeigen signifikant eingeschränkte Problemlösefähigkeiten aller drei Patientengruppen im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe. Unter Berücksichtigung des Depressionsgrades der Probandinnen trat eine Abschwächung, teilweise sogar eine Nivellierung der Effekte auf. Die Patientengruppen unterscheiden sich in ihren Problemlösefähigkeiten nicht untereinander. Problemlösefähigkeiten können sowohl störungsspezifische als auch störungsunspezifische klinische Kennwerte der Patientengruppen vorhersagen. Eine Berücksichtigung von Problemlösefähigkeiten in einem biopsychosozialen Störungsmodell, in Diagnostik und Behandlung von Bulimia Nervosa und "Binge-Eating"-Störung wird durch die Ergebnisse dieser Studie empirisch fundiert.
Mental repräsentierte Kausalzusammenhänge und die Gedächtnisdynamik beim diagnostischen Schließen
(2014)
Durch diagnostisches Schließen deckt der Mensch auf, welche Ursachen seine Beobachtungen erklären. Hierfür nutzt ein Arzt beispielsweise sein Wissen über die kausalen Zusammenhänge zwischen möglichen Erkrankungsursachen und den beobachteten Effekten in Form von Symptomen. Aus kognitionspsychologischer Sicht stellt sich die Frage, wie Kausalität überhaupt mental repräsentiert wird. Hinweise auf kausale Repräsentationen beim kausalen Schlussfolgern wurden bereits vorgelegt. Die hier vorgelegte Arbeit knüpft daran an, indem sie anhand des Phänomens des Diversitätseffekts aufzeigt, dass eine mental repräsentierte Kausalstruktur für diagnostische Schlussfolgerungen konsultiert wird. Der kausale Diversitätseffekt besagt, dass eine eher diverse, strukturelle Verteilung von beobachteten Effekten die eingeschätzte Wahrscheinlichkeit der von ihnen unterstützten Diagnose erhöht. Versuchspersonen dreier Experimente, welche die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Ursache einschätzen sollten, wurden hierfür Symptomkonstellationen mit manipulierter struktureller Diversität präsentiert. Die Exp. zeigen, dass eine größere Diversität der Symptome in der zugrundeliegenden Kausalstruktur die eingeschätzte Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Ursache vergrößert. Dieser Diversitätseffekt legt eine Repräsentation der Kausalstruktur nahe. Dies begründet sich vor allem darin, dass der Effekt durch Manipulationen der Kausalstruktur sowie der Basisrate der Ursache im Szenario variiert wurde. Im Einklang mit den qualitativen, normativen Vorhersagen kausaler Bayes-Netze verringerte sich zum einen das Ausmaß des Diversitätseffektes bei verkürzten Verursachungswegen in der Kausalstruktur, die einen stärker determinierten Zusammenhang zur Hauptursache bedeuteten. Zum anderen vergrößerte sich der Effekt für dieselben Verursachungswege, wenn die Absenkung der Basisrate der erfragten Ursache mögliche Alternativursachen wahrscheinlicher machte. Der erste Teil der Arbeit liefert hiermit nicht nur Belege für die Repräsentation von kausalen Verursachungswegen, welche die Diversität abbilden. Er gibt auch Hinweise auf eine Integration dieser Repräsentation mit der beobachteten Evidenz in einer Weise, wie es Theorien zum kausalen Schlussfolgern mit mentalen Kausalmodellen nahelegen. Beobachtungen werden jedoch meist in einer zeitlichen Abfolge angestellt. Die zuerst beobachteten Symptome aktivieren erste hypothetische Diagnosekandidaten im Langzeitgedächtnis. Im Kontext weiterer Beobachtungen werden diese Initialhypothesen modifiziert und zudem weitere Hypothesen aktiviert, bevor letztlich eine von all diesen Hypothesen als Diagnose gewählt wird. Hierbei beeinflusst die Reihenfolge der Beobachtungen das menschliche Diagnoseverhalten: Früh bzw. spät beobachtete Symptome können bei der Diagnose übermäßig berücksichtigt werden. Die im Fall multipler Hypothesen wenig erforschte Problematik und bestehende Erklärungsansätze von Reihenfolgeeffekten sollen hiernach im Kontext konkurrierender Hypothesen überprüft werden. Insgesamt sieben Exp. konfrontierten Probanden mit ambigen Sequenzen aus vier Symptomen, die bei einer vorgegebenen Auswahl von bis zu acht Hypothesenkandidaten zwei Hypothesen gleichstark unterstützten, davon eine früh und eine spät. Die überwiegende Wahl der früh unterstützten Hypothese als Diagnose entspricht hierbei einem Primacy-Effekt, der spät unterstützten entsprechend einem Recency-Effekt. Variiert wurden die Symptomreihenfolge, die Antwortprozedur (ein Urteil vs. kontinuierliche Einschätzungen), die Konsistenz der präsentierten Symptomatik mit der Initialhypothese, die Anzahl der Hypothesenkandidaten sowie die Lernprozedur für das diagnostische Wissen. Ein stabiler Primacy-Effekt wurde in sechs von sieben Exp. aufgezeigt. Nur durch eine Lernprozedur, in der mittels Patientenprofilen Erfahrung gesammelt wurde, und durch eine Antwortprozedur mit wiederholt abzugebenden Zwischenurteilen wurde der Primacy-Effekt verringert. Diese Prozedur begünstigte überdies einen Wechsel zu Alternativhypothesen, die spät unterstützt wurden (Recency-Effekt). Zusätzlich wurde die Eignung einer Probe-Reaktionszeitaufgabe als Prozessmaß zur Verfolgung der Verarbeitung konkurrierender Hypothesen bestätigt. Die so gemessenen Hypothesenaktivierungen deuteten darauf hin, dass sich im Verlauf einer schrittweise ablaufenden Symptombeobachtung bereits frühzeitig die bevorzugte Diagnose der Initialhypothese abzeichnet. Im Kontext bestehender Erklärungsansätze wird deutlich, dass die verzerrte Verarbeitung von ambigen Symptomen, zugunsten kohärenter Repräsentationen mit den Initialhypothesen, in den Primacy-Effekten der Diagnosen mündet. Dies wird begleitet von gedächtnisabhängigen Bewertungsprozessen von Hypothesen, welche bei erhöhten kognitiven Anforderungen Recency-Effekte begünstigen. Der 2. Teil der Arbeit zeigt somit, dass das sequentielle diagnostische Schließen mit multiplen Hypothesen einer vielfältigen Gedächtnisdynamik unterliegt.
Gefahrenlagen, wie schwere Unwetter, Terroranschläge oder die COVID-19-Pandemie, stellen aktuell und zukünftig eine Bedrohung unserer Gesellschaft dar. Im Fall dieser und weiterer Gefahren können Warnungen helfen, Schäden zu verhindern und Menschenleben zu retten, indem sie die Empfänger*innen informieren und Schutzmaßnahmen vermitteln. Das Protective Action Decision Model (PADM) (Lindell & Perry, 2012) bietet einen theoretischen Rahmen, der Verarbeitungsprozesse von Warnungen und die Entstehung von Schutzverhalten abbildet. Neben zahlreichen weiteren Elementen beinhaltet das PADM die Wahrnehmung von Risiko als zentralen Faktor. Im Sinne des Modells sowie bereits existierender Literatur wird Risikowahrnehmung jedoch häufig ausschließlich kognitiv abgebildet. Zudem untersuchen Studien vorwiegend einzelne Gefahrenlagentypen oder singuläre Ereignisse.
Die vorliegende Arbeit bildet mit drei Beobachtungsstudien sowie einer experimentellen Studie Verarbeitungsprozesse von Warnungen vor verschiedenen Gefahrenlagen ab. Untersucht wurde der Einfluss der Warnungen auf kognitive und affektive Facetten der Risikowahrnehmung und ihre Rolle bei der Suche nach Informationen sowie der Intention, Schutzverhalten auszuführen. Über Online-Befragungen erhielten die Teilnehmenden Warnungen zu verschiedenen Gefahrenlagen (schweres Unwetter, Großbrand, extreme Gewalttat, Ausfall der Notrufnummer, Fund einer Weltkriegsbombe, COVID-19-Pandemie, Gewitter), die Informationen zur Gefahr sowie Handlungsempfehlungen enthielten. Befragt wurden sie unter anderem hinsichtlich ihrer Risikowahrnehmung vor und nach Warnerhalt sowie ihrer Intention, die angegebenen Schutzmaßnahmen zu befolgen oder sich Informationen zu suchen. Zudem wurden Eigenschaften der Warnungsempfänger*innen erhoben.
Die Ergebnisse stärken die Rolle affektiver Risikowahrnehmung für die Verarbeitung
von Warnungen sowie die Entstehung von Schutzverhalten und Informationssuche. Dies gilt
jedoch nicht für alle Gefahrenlagen gleichermaßen, sodass der Einfluss von Eigenschaften der Gefahr, wie Häufigkeit oder Schweregrad, deutlich wird. Bezüglich der Eigenschaften der Empfänger*innen ergab sich ebenfalls kein einheitliches Bild. Basierend auf den Ergebnissen wird eine Erweiterung des PADM um ein Modellelement der affektiven Risikowahrnehmung vorgeschlagen.
Fortführende Forschung zu Warnungen sollte eine multifacettierte Sichtweise von Risikowahrnehmung anstreben. Darüber hinaus sollten Gefahrenlagen vergleichend untersucht und ihre Eigenschaften sowie Eigenschaften der Warnungen systematisch variiert werden.