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Aktive Immunisierung mit GD2-Peptidmimotopen und anti-Idiotypen zur Immuntherapie beim Neuroblastom
(2013)
Das Neuroblastom ist der häufigste solide, extrakranielle Tumor des Kindesalters. Die schlechte Prognose von Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung macht die Entwicklung neuer Therapiemodalitäten zu einem der wichtigsten Forschungsziele auf dem Gebiet der pädiatrischen Onkologie. Durch die passive Immuntherapie mit Antikörpern gegen das Glykolipidantigen Disialogangliosid GD2, welches von Neuroblastomen hoch exprimiert wird, konnte die Überlebensrate von Hochrisiko-Neuroblastompatienten zuletzt deutlich verbessert werden. Dennoch ist die passive Immuntherapie mit Nachteilen verbunden: Das Ausbleiben einer langfristigen Immunität erfordert repetitive Antikörpergaben mit akuten antikörperbezogenen Nebenwirkungen und dem Risiko, eine humorale Immunreaktion gegen den applizierten Antikörper zu entwickeln. Eine aktive GD2-gerichtete Immunisierung erscheint daher vorteilhaft. Die schwache Immunogenität des Glykolipids ist hierbei ein wesentliches Hindernis bei der Induktion einer effektiven GD2-gerichteten Immunität. Dieses Problem kann durch die Verwendung von Proteinantigenen wie GD2-Peptidmimotopen oder anti-Idiotyp-Antikörpern umgangen werden. Zunächst beschreibt diese Arbeit die Charakterisierung von zwei GD2-Peptidmimotopen („MA“ und „MD“), welche durch Screening von Phagenbibliotheken identifiziert wurden, sowie den Nachweis der erfolgreichen Induktion einer neuroblastomspezifischen Immunität im syngenen Mausmodell. In einem zweiten Schritt wurden die Peptidmimotope durch Austausch einzelner Aminosäuren in ihrer Affinität zu GD2-Antikörpern optimiert und das so geschaffene neue Peptidmimotop („C3“) im Hinblick auf die Induktion einer humoralen GD2-spezifischen Immunität erfolgreich im Mausmodell getestet. Zudem gelang es, einen neuen monoklonalen GD2-anti-Idiotyp-Antikörper („Ganglidiomab“) zu erzeugen. Ganglidiomab weist typische Eigenschaften eines anti-Idiotypen wie die kompetitive Inhibition der Bindung von GD2 an GD2-Antikörper auf und erwies sich im Mausmodell als wirksam bei der Induktion einer GD2-spezifischen humoralen Immunantwort. Das optimierte GD2-Peptidmimotop C3 und der neue monoklonale GD2-Anti-Idiotyp Ganglidiomab bilden somit eine Basis zur weiteren Entwicklung einer wirksamen und sicheren Vakzine zur Behandlung von Hochrisiko-Neuroblastompatienten.
Jährlich erkranken in Deutschland etwa 130 Kinder neu an einem Neuroblastom. Mit einem Anteil von 7 % aller malignen Tumorerkrankungen im Kindesalter stellt es damit den häufigsten soliden extrakraniellen Tumor bei Kindern unter 15 Jahren dar. Leider ist zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits jedes zweite Neuroblastom metastasiert und die Diagnose für fortgeschrittene Stadien noch immer besonders schlecht. Die Verbesserung von Lebenserwartung und -qualität dieser Patienten ist somit von großer Bedeutung und Gegenstand gegenwärtiger Forschung. In den letzten Jahren zeigten sich bereits große Erfolge auf dem Gebiet der Tumorimmunologie. Nach dem Prinzip der passiven Immunisierung wird der monoklonale Antikörper ch14.18/CHO (Dinutuximab beta) eingesetzt, welcher sich gegen das auf Neuroblastomzellen hoch exprimierte tumorassoziierte Antigen GD2 richtet. Die Wirksamkeit wurde in mehreren klinischen Studien bestätigt, zeigte jedoch auch erhebliche Nebenwirkungen dieser Therapie, insbesondere in Form neuropathischer Schmerzen.
Diese Arbeit zeigt die Ergebnisse eines unizentrisch an der Universität Greifswald durchgeführten Programms mit dem Ziel, die Nebenwirkungen durch eine veränderte Applikationsart zu senken. Verabreicht wurde eine verlängerte kontinuierliche Infusion von ch14.18/CHO in Kombination mit subkutaner Applikation von Proleukin (IL-2) und oraler Isotretinoin (13-cis-RA)-Gabe. Gemessen an der Schmerzintensität und dem Morphinbedarf der Patienten konnte ein niedriges Schmerzniveau mit stark rückläufiger Tendenz im Therapieverlauf beobachtet werden. Im Studienvergleich war eine Schmerzreduktion messbar. Es ließen sich ein Anstieg der Antikörper- und Effektorzellspiegel sowie eine korrelierende anti-tumorale Aktivität über den gesamten Behandlungszeitraum von sechs Monaten verzeichnen. Hohe zytolytische Werte in der ADCC in vitro korrelierten mit einem verbesserten Outcome der Patienten in Form eines längeren EFS und OS. In Zusammenschau der Daten bestätigt dies eine effektive Immuntherapie bei Langzeitinfusion des Antikörpers. Bei kontinuierlicher Infusion des Antikörpers und niedrigen Nebenwirkungen ist in Zukunft eine ambulante Therapie mit gesteigerter Lebensqualität für die Patienten denkbar.