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Ziel der vorliegenden Arbeit war es, das Herstellungsverfahren der wässrig-fermentativen Frischpflanzenextraktion nach HAB, Vs. 33 und 34 sowie die dabei ablaufenden biochemischen und mikrobiologischen Reaktionen zu betrachten. Neben der Extraktion findet begleitend eine Fermentation statt und die daraus entstehende Urtinktur wird bis zur Weiterverarbeitung mindestens 6 Monate gelagert. Diese drei Prozessschritte -Extraktion, Fermentation, Lagerung- können Einfluss auf die Qualität der Urtinktur nehmen. Es sollte daher geklärt werden, welche bio- und phytochemischen Reaktionen bei der Herstellung und anschließenden Lagerung einer wässrig-fermentierten Urtinktur ablaufen und welche Mikroorganismen daran maßgeblich beteiligt sind.
In diesem Zusammenhang wurden Extrakte aus Atropa belladonna, blühendes Kraut hergestellt und durch Variation bestimmter Herstellungsparameter die Robustheit des Verfahrens überprüft.
Folgende Parameter wurden variiert:
Rezepturbestandteile:
· Honig und Lactose-Monohydrat
· Molke
· Starterkultur
· Asche
Herstellungsschritte:
· Erntezeitpunkt
· Waschen der Pflanze
· Mazerationstemperatur
· Zeitpunkt des Abpressens
· Sauerstoffzutritt
· Dauer der Reifezeit
Weiterhin erfolgte ein Vergleich zwischen diesem Extraktionsverfahren mit der verbreiteten ethanolischen Frischpflanzenextraktion. In den Jahren 2006-2009 wurden insgesamt 106 wässrig-fermentierte Urtinkturen und 4 ethanolische Auszüge hergestellt.
Da im Verlauf der Lagerung in einigen wässrig-fermentierten Urtinkturen Abnahmen des Atropingehaltes beobachtet wurden, wurde zur Klärung das Verhalten von Milchsäurebakterien in atropinhaltigen Lösungen untersucht.
Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigten, dass an der Fermentation in erster Linie Milchsäurebakterien beteiligt sind, die durch Zuckerabbau Milchsäure, daneben auch Acetat und Ethanol, bilden. Als verantwortliche Milchsäurebakterien konnten vor allem der homofermentative Lactobacillus plantarum und der heterofermentative Lactobacillus brevis isoliert und identifiziert werden. Hierbei war in der Hauptfermentationsphase eine Dominanz von Lactobacillus plantarum erkennbar. Die Kultivierung von Milchsäurebakterien in atropinhaltigen Lösungen zeigte, dass das Wachstums- und Fermentationsverhalten der gewünschten Milchsäurebakterien durch Atropin nicht negativ beeinflusst wird.
Bei dem betrachteten Herstellungsverfahren kann ein Verlust des Wirkstoffs Atropin unter Einhaltung einer ausreichenden Säuerung ausgeschlossen werden. Damit ist die wässrig-fermentative Urtinkturherstellung hinsichtlich der Atropinextraktion unter Einhaltung bestimmter Herstellungsregeln als ebenso effektiv und robust anzusehen wie die ethanolische Frischpflanzenextraktion. Unterschiedliche Gehalte zwischen ethanolischen und wässrig-fermentierten Extrakten ließen sich bei Scopoletin, Flavonoiden und einer im Rahmen der Arbeit nachgewiesenen Substanz X feststellen.
Das untersuchte Herstellungsverfahren führte in den meisten Fällen zu einem stabilen Extrakt, wobei sich Mikroflora und Fermentationsverläufe trotz Variation der Herstellungsparameter ähnelten. Auf Grund der Variabilität der mikrobiologischen Flora des Pflanzenmaterials unterliegt die Fermentation unter den Bedingungen des Homöopathischen Arzneibuchs allerdings natürlichen Schwankungen. Dies führte in einigen Fällen zu einer nicht spezifikationskonformen Urtinktur. Deswegen wurden für eine optimierte Herstellung die Zugabe einer Starterkultur, der Zusatz von Molke, eine durchgängige Mazeration bei 37 °C, eine flexible Anpassung des Kohlenhydratbedarfs, Sauerstoffausschluss während der Mazerationswoche, eine kürzere, für den Fermentationsverlauf individuelle Lagerungszeit und die Berücksichtigung des Wassergehaltes des Pflanzenmaterials empfohlen. Da die Ergebnisse der Arbeit mit den Untersuchungen anderer pflanzlicher Materialien Sauerkraut, Sauerteig, Silage) in Einklang stehen, ist davon auszugehen, dass diese Empfehlungen auch bei anderen Pflanzen die Herstellsicherheit erhöhen und zu einer reproduzierbaren Extraktqualität führen.