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Diese Arbeit befasst sich mit der ökonomischen Evaluation innovativer Infektionsprävention.
Dabei liegt der Fokus auf einem stakeholderbasierten Hygienemanagement und
der modellhaften Einführung eines prästationären Screenings auf Multiresistente Erreger (MRE) mit anschließender Kostenanalyse.
Bei der Einführung innovativer Infektionspräventionsmaßnahmen im Krankenhaus ist
die Beurteilung der aktuellen Situation grundlegend. Krankenhausleitungen sollten als
Stakeholder die Rolle der Machtpromotoren aufgrund ihrer Position und Entscheidungskompetenz
dabei übernehmen. Allerdings gibt es keine empirischen Beweise dafür,
ob diese Annahme gültig ist oder nicht. Diese Arbeit berichtet darüber, wie deutsche
Krankenhausleitungen die aktuellen Herausforderungen in der Infektionsprävention
wahrnehmen. Analysiert werden ferner die fördernden und hemmenden Faktoren bei
der Einführung von innovativen Infektionspräventionsmaßnahmen. Dazu wurde eine
Online-Befragung bei deutschen Krankenhausleitungen durchgeführt. An der Befragung
nahmen 266 Krankenhausführungskräfte teil. Die Befragung ergab, dass die Übertragung
von Krankheitserregern vor allem im stationären Bereich, insbesondere in Akutkrankenhäusern
und in der stationären Altenpflege gesehen wurde. Der Zeitmangel des
Personals und die Refinanzierung von Infektionspräventionsmaßnahmen durch die
Krankenkassen wurden vorrangig als Barrieren bei der Umsetzung neuartiger Infektionspräventionskonzepte
empfunden. Die befragten Krankenhausleitungen bewerteten,
dass die aktive Einbindung der Patienten und deren Angehörigen in den Infektionsschutz
die Infektionsprävention ihrer Einrichtung stärken könnte. Es lässt sich aus der
Erhebung schlussfolgern, dass Krankenhausführungskräfte offen für innovative Hygienemaßnahmen
sind. Insbesondere begrüßen sie die aktive Einbindung der Patienten und
deren Angehörigen in die Infektionsprävention. Um diese innovative Infektionsprävention
voranzubringen, müssen daher finanzielle und institutionelle Barrieren, wie z. B.
eine unzureichende Finanzierung des Hygienemanagements überwunden werden.
In dieser Arbeit wurden ebenso die identifizierten Herausforderungen bei der Einführung
eines prästationären MRE-Screening sowie deren Bewältigung dargestellt. Des
Weiteren wurden die erwarteten Kosten einer prästationären MREManagementstrategie
im Vergleich zur stationären MRE-Managementstrategie berechnet.
Insbesondere die Überwindung der Sektorengrenzen im Gesundheitswesen bildete
eine Herausforderung bei der Einführung des prästationären MRE-Screenings. Hierzu
zählten vor allem die Abstimmung zwischen behandelndem Vertragsarzt und aufneh34
mendem Krankenhaus sowie die gesicherte Informationsübermittlung zwischen den
beteiligten Akteuren. Durch Schaffung transparenter, sektorenverbindender Prozesse
kann diese Herausforderung bewältigt werden. Als grundlegende Herausforderung besteht
weiterhin darüber hinaus die Abbildung und Vergütung prästationär erbrachter
MRE-Leistungen in der Regelversorgung.
Mit Hilfe der Methodik eines Entscheidungsbaumes wurden prästationäre und stationäre
Szenarien zum Screening auf den Erreger Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus
(MRSA) und zur MRSA-Behandlung entwickelt. Anhand derer wurden die erwarteten
Kosten dieser MRSA-Managementstrategien nach dem Rollback-Verfahren im Rahmen
einer Entscheidungsbaumanalyse berechnet. Die Berechnungen ergaben, dass die erwarteten
Kosten für eine prästationäre MRSA-Managementstrategie bei 8,24 Euro und für
eine stationäre MRSA-Managementstrategie bei 672,51 Euro liegen. Die kostengünstigere
Strategie bei Patienten mit geplantem Krankenhausaufenthalt ist, berechnet nach
dem Rollback-Verfahren, die Durchführung eines prästationären MRSA-Screenings
sowie ein positiver Befund vorliegt, eine ambulante Dekolonisation.
Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt die Durchführung einer ärztlichen Risikoanalyse für das Vorliegen einer bestehenden MRSA-Kolonisation und -Infektion, um zu entscheiden, welche Patienten in ein MRSA-Aufnahmescreening einzuschließen sind. Nach einem MRSA-Ausbruch im Mai/Juni 2006 in der Klinik für Hautkrankheiten der Universitätsmedizin Greifswald wurde in Anlehnung an die „Search and destroy“-Strategie der Niederlande ein PCR-basiertes generelles MRSA-Screening eingeführt. Alle stationär aufzunehmenden Patienten erhielten sowohl 14 Tage vor der Aufnahme als auch am Aufnahmetag einen MRSA-Abstrich, wobei die Proben aus beiden Nasenvorhöfen und von sichtbaren Erkrankungen der Haut sowie Wunden entnommen wurden. Nach Einleitung der Maßnahmen konnte ein Rückgang der Prävalenz von 14.7 % (Mai/Juni 2006) auf 1.6 % (Juli 2006-Dezember 2010) sowie der Inzidenzdichte von 19.4 (Mai/Juni 2006) auf 1.8 (Juli 2006-Dezember 2010) nachgewiesen werden. MRSA-Transmissionen traten nicht auf. Die vorliegenden Daten der Klinik für Hautkrankheiten der Universitätsmedizin Greifswald zeigen, dass dermatologische Einrichtungen ohne intensivmedizinische Betreuung, jedoch mit hohem Anteil von Patienten mit chronischen Erkrankungen (z. B. chronische Wunden, Diabetes mellitus) ähnlich hohe MRSA-Raten wie anerkannte Hochrisikostationen (u.a. Intensivstationen) erreichen können. Dementsprechend muss auch in dermatologischen Einrichtungen mit relevanten Transmissionsraten gerechnet werden, sodass dermatologische Abteilungen als MRSA-Risikostationen anerkannt werden sollten. Im Rahmen des MRSA-Screenings sollten nach Empfehlungen des Robert Koch-Institutes definierte Prädilektionsstellen (mindestens beide vorderen Nasenvorhöfe, Rachen, Wunden; ggf. Perineum und Leiste) für eine MRSA-Kolonisation untersucht werden. Unter Berücksichtigung der analysierten Daten wird für dermatologische Einrichtungen eine Dreifachkombination von Nase, vorhandenen Wunden und Hautläsionen (u.a. Ekzem, Psoriasis) für die MRSA-Surveillance empfohlen. Die zusätzliche Entnahme von Proben aus dem Rachen kann gemäß der RKI-Empfehlungen zu einer höheren Sensitivität des MRSA-Nachweises führen. Aus den erhobenen Daten kann kein eindeutiger Vorteil durch die zusätzliche Entnahme von Proben aus dem Rachen abgeleitet werden, wobei die Zahlen für eine Verallgemeinerung zu gering sind. Basis des MRSA-Nachweises ist laut RKI-Vorgaben ein kultureller Nachweis, bei dem zusätzliche Charakteristika (Identifizierung, Empfindlichkeitstestung, Testung Virulenzfaktoren) erhoben werden können. Neben dem kulturellen Nachweis (24-48 Stunden) ist es möglich eine Polymerase-Kettenreaktion (PCR) zu einem schnelleren MRSA-Nachweis einzusetzen (nicht zum Nachweis von MRSA-Infektionen, nicht zur Kontrolle eines Sanierungserfolges). Wie die vorliegenden Daten zeigen, kann ein PCR-gestütztes generelles Aufnahmescreening in Kombination mit einem prästationären Screening eine MRSA-Transmission in einer Dermatologie zuverlässig verhindern. Neben dieser Strategie mit Modellcharakter ist zusätzlich eine funktionierende Basishygiene in allen beteiligten Bereichen wichtige Voraussetzung für die Vermeidung von MRSA-Transmissionen. Goldstandard in der MRSA-Diagnostik war auch in der Greifswalder Dermatologie der kulturelle MRSA-Nachweis, wobei im Gegensatz zu den RKI-Vorgaben eine 72-stündige Bebrütungszeit empfohlen wird. 12 % nicht detektierte MRSA-Träger sollten bei der MRSA-Surveillance insbesondere für die Transmission und für eine potentielle Infektionsquelle in dermatologischen Einrichtungen nicht toleriert werden. Derzeit werden weiterhin alle stationären Patienten in der Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten der Universitätsmedizin Greifswald auf MRSA gescreent. Dabei wurde das prästationäre Zeitfenster auf 8 Wochen erweitert. Patienten, die innerhalb der letzten 8 Wochen vor Aufnahme einen negativen MRSA-Befund nachweisen können, werden am Aufnahmetag nicht erneut gescreent. In der Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten der Universitätsmedizin Greifswald traten weiterhin keine Transmissionen auf. Die MRSA-Prävalenz betrug im Durchschnitt 1 % (2011 0.76 %, 2012 0.69 %, 2013 1.58 %, 2014 1.06 %). Das Beibehalten eines modifizierten generellen Aufnahmescreenings erfolgt, da MRSA auch bei Patienten ohne klassische Risikofaktoren (n = 21, 35 % der MRSA-Patienten) nachgewiesen werden konnte.