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Theoretischer Hintergrund: Studien, die eine kultursensible Notfallversorgung thematisieren, beziehen sich vorwiegend auf den Bereich der Notaufnahme und berichten eine höhere Inanspruchnahme durch Migranten sowie eine geringere Versorgungszufriedenheit von Migranten, jeweils im Vergleich zur Mehrheitsbevölkerung. FĂŒr den Bereich der prĂ€klinischen Notfallversorgung existieren vereinzelte Studien, deren Ergebnisse im Kontext des anglo-amerikanischen Modells zu interpretieren sind. Die vorliegenden Studien dieser Dissertation beziehen sich auf die prĂ€klinische Notfallversorgung in Deutschland und werden damit einhergehend im Kontext des hier praktizierten franko-germanischen Modells interpretiert. Studie 1: Als ursĂ€chlich fĂŒr eine ĂŒberproportional hĂ€ufige Inanspruchnahme von Notaufnahmen durch Migranten werden u.a. Wissensdefizite ĂŒber das Gesundheitssystem und Sprachbarrieren angefĂŒhrt. FĂŒr den Bereich der prĂ€klinischen Notfallversorgung wurde vereinzelt berichtet, dass Sprachbarrieren hemmend auf die Inanspruchnahme des Notrufes wirken. Migrationsspezifische Einflussfaktoren auf die Inanspruchnahme prĂ€klinischer Notfallversorgung wurden bisher nicht untersucht. Studie 2: Erfahrungen des Personals im prĂ€klinischen Bereich deuten auf Herausforderungen infolge kulturbedingt unterschiedlicher Verhaltensweisen hin. Um diesen Herausforderungen angemessen zu begegnen, wird eine Vermittlung interkultureller Kompetenzen befĂŒrwortet. Inwiefern konzeptionelle Grundlagen der in der medizinischen Versorgung/Pflege vorhandenen AnsĂ€tze fĂŒr den Bereich der prĂ€klinischen Notfallversorgung relevant sind, wurde bisher nicht eruiert. Studie 3: Studien mit Bezug zur Zufriedenheit mit der Notaufnahme implizieren u.a. migrationsspezifische und servicebezogene Einflussfaktoren. Vergleiche zwischen Migranten und der Mehrheitsbevölkerung ergaben, dass Erstere das Personal in Notaufnahmen als weniger freundlich/fĂŒrsorglich beurteilten. FĂŒr den prĂ€klinischen Bereich sind vereinzelte Daten, ohne BerĂŒcksichtigung migrationsspezifischer Faktoren vorhanden. Methode: Studie 1 und Studie 3 basieren auf einem querschnittlichen Design. Die verwendeten Fragebögen wurden jeweils in einem konsekutiven Prozess entwickelt. Studie 2 basiert auf einem qualitativen Design. Ergebnisse: Die Untersuchung der Inanspruchnahme prĂ€klinischer Notfallversorgung ergab, dass ein niedriger/mittlerer Bildungsabschluss signifikant positiv mit dieser assoziiert war. Weiterhin wurde festgestellt, dass Migranten, die nicht in Deutschland geboren sind, prĂ€klinische Notfallversorgung weniger hĂ€ufig in Anspruch nehmen als Migranten, deren Geburtsland Deutschland ist. Bezogen auf die Vermittlung Interkultureller Kompetenzen wurde ĂŒbergreifend hĂ€ufig von Migranten und von Experten die Aneignung kulturellen Wissens befĂŒrwortet. DarĂŒber hinaus thematisierten v.a. Migranten soziale/emotionale und kommunikative Kompetenzen des Rettungsdienstpersonals. Vorrangig von Experten wurde auf die Achtsamkeit gegenĂŒber der eigenen Kultur hingewiesen, die gleichsam als Voraussetzung fĂŒr die Entwicklung einer Achtsamkeit gegenĂŒber kulturellen Unterschieden angesehen wurde. Ferner zeigen die Ergebnisse, dass personenbezogene Faktoren 7.1% der Varianz von Zufriedenheit mit der prĂ€klinischen Notfallversorgung aufklĂ€ren. Ungeachtet dessen sind keine/geringe Kenntnisse der deutschen Sprache signifikant negativ mit der Versorgungszufriedenheit assoziiert. Die servicebezogenen Faktoren hingegen klĂ€ren 47.3% der Varianz von Zufriedenheit mit der prĂ€klinischen Notfallversorgung auf. Diskussion: Bzgl. des Einflusses der Variable Immigration auf die Inanspruchnahme liegt die Vermutung einer Orientierung an Versorgungsstrukturen aus dem Herkunftsland nahe. Die Ergebnisse der Studie 2 weisen darauf hin, dass die im Zusammenhang mit sozialen/emotionalen Kompetenzen genannten Umgangsformen im Einklang mit den Ergebnissen der Studie 3 stehen, die den maĂgeblichen Einfluss genannter Kompetenzen auf die prĂ€klinische Versorgungszufriedenheit unterstreichen. Vergleichbar mit Ergebnissen aus dem Bereich Notaufnahme wurde in Studie 3 eine signifikant negative Assoziation zwischen keinen/geringen Sprachkenntnissen und der prĂ€klinischen Versorgungszufriedenheit festgestellt. Limitationen: Trotz mehrsprachig eingesetzter Befragungsinstrumente sind Migranten mit begrenzten Sprachkenntnissen in den vorliegenden Studien unterreprĂ€sentiert. Des Weiteren wurden Daten ĂŒber Notfallereignisse in Form von Selbstberichten erfasst, so dass Erinne-rungsverzerrungen bei der Beantwortung der Fragen nicht auszuschlieĂen sind. Fazit/Ausblick: Mit Hilfe der vorliegenden Studien konnten grundlegende Aspekte der prĂ€klinischen Notfallversorgungsforschung unter BerĂŒcksichtigung migrationsspezifischer Faktoren identifiziert werden. WeiterfĂŒhrende Studien sollten v.a. Migranten einbeziehen, die aufgrund begrenzter Sprachkenntnisse gröĂeren Herausforderungen gegenĂŒberstehen, insbesondere die Inanspruchnahme prĂ€klinischer Notfallversorgung betreffend.