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Neue robuste Methoden zur Herzschlagerkennung und zur Quantifizierung der Herzfrequenzvariabilität
(2016)
Für die Analyse der Herzfrequenz ist eine genaue Detektion des Herzschlags aus Rohdaten unerlässlich. Standardmethoden der Herzschlagerkennung sind für elektrische Biosignale konfiguriert worden, die in einem standardisierten klinischen Umfeld erhoben wurden, insbesondere für das Elektrokardiogramm. Im Zuge neuer Möglichkeiten zur Erfassung der Vitalparameter (über Smartphone, drahtlose Möglichkeiten) und zur Reduktion von Falschalarmen im Krankenhaus werden zunehmend robuste Methoden benötigt. Im ersten Kapitel haben wir einen neuen Algorithmus eingeführt, welcher in der Lage ist, unterschiedliche Wellenformen zu verarbeiten und die Informationen aus mehreren gleichzeitig erhobenen Biosignalen zu bündeln. Die Leistungsfähigkeit wurde im Vergleich mit anderen Methoden an freien Datensätzen überprüft und wir konnten uns von der vielfältigen Anwendbarkeit und der Störungsresistenz überzeugen. Im zweiten Kapitel haben wir uns mit der Quantifizierung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) beschäftigt und ein neues leicht verständliches Maß eingeführt. Das dafür notwendige Konzept von relativen RR-Abständen wurde diskutiert und die Nutzung zur Artefaktfilterung und zur Klassifikation von Arrhythmiearten aufgezeigt. Vor- und Nachteile klassischer Methoden der HRV haben wir durch einige mathematische Eigenschaften begründet. Im dritten Kapitel der Dissertation haben wir das neue Maß an realen Daten angewendet und die Abhängigkeit der HRV vom Alter der Probanden und von der Herzfrequenz untersucht. Zudem haben wir periodische Strukturen des Streudiagramms von relativen RR-Abständen betrachtet, für die die Atmung ursächlich ist. Als wissenschaftliche Transferleistung wurde abschließend ein freies Programm geschaffen, welches die neuen robusten Methoden umsetzt.
Die Herausforderung des Notarztes in der Präklinik besteht darin, innerhalb kürzester Zeit mittels begrenzter medizinischer Ausstattung und oftmals nur anhand von Symptomen eine suffiziente Diagnostik und Therapie zur Versorgung des Patienten zu gewährleisten. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist eine möglichst standardisierte Vorgehensweise in Form von Algorithmen notwendig. Hierzu werden von regionalen Wiederbelebungsorganisationen (ERC/AHA) auf der Grundlage des ILCOR anhand von – soweit möglich – evidenzbasierten Erkenntnissen die international geltenden Leitlinien zur Wiederbelebung entwickelt. Inwieweit in MV tätige Notärzte diesen zustimmen und welche persönlichen Merkmale des Notarztes (z. B. Alter, Weiterbildungsstatus) zu einer konsequenteren Umsetzung dieser führen, beschreibt diese Dissertation. Ziel dabei ist, Überlegungen hinsichtlich der notfallmedizinischen Aus- und Weiterbildung anzustellen und letztlich durch Optimierung der Strukturqualität einen Beitrag zur Verbesserung des Qualitätsmanagements in der prähospitalen Notfallmedizin zu leisten. Letztlich soll die Versorgung von Notfallpatienten verbessert und gleichermaßen die Zufriedenheit der Notärzte gesteigert werden. Anhand eines in MV im Zeitraum von Juli 2010 bis Mai 2012 an Notärzte gerichteten Fragebogens wurden u. a. die auch im A(C)LS-Kurs vermittelten Inhalte der Leitlinien von 2005/2010 zur Versorgung des akuten Koronarsyndroms, des Herz-Kreislauf-Stillstandes sowie zur Versorgung tachykarder und bradykarder Herzrhythmusstörungen thematisiert. Zudem wurden die genannten persönlichen Merkmale in Form von soziodemografischen Daten erfasst. Nach Erstellung eines Summenscores in Verbindung mit den soziodemografischen Daten konnte durch Anwendung statistischer Tests der Einfluss der persönlichen Merkmale auf die Umsetzung der Leitlinien analysiert werden. Einzelne Teilnehmer wurden aus den jeweiligen Tests ausgeschlossen aufgrund fehlender Angaben zu einzelnen Fragen bzw. soziodemografischen Daten. Insgesamt beteiligten sich 98 Notärzte. Mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von α ≤ 0,05 und entsprechender Ausschlussverfahren konnte festgestellt werden, dass die Beteiligung an den Zusatzausbildungen (ERC, AHA, Organisationen zur Traumaversorgung) mit p=0,036 und der Besitz der Qualifikation „Intensivtransport“ nach DIVI-Empfehlung (p=0,029) zu einer konsequenteren Umsetzung der Leitlinien führt. Bei den Variablen Alter, Geschlecht, Fachrichtung, Weiterbildungsstatus, Dauer der Notarzttätigkeit, durchschnittliche Anzahl an Notarztdiensten im Monat und Einsatzort des Notarztes ließ sich hingegen kein Zusammenhang in Bezug auf die Umsetzung der Leitlinien herstellen. Die Teilnahme am A(C)LS-Kurs beträgt 3,06%. An mindestens einer der Zusatz¬ausbildungen nahmen 11,7% der Notärzte teil. Verglichen mit dem verpflichtenden 80-stündigen Notfallmedizinkurs werden bei den o. g. Zusatzausbildungen zur Vermittlung der Leitlinien Stärken vor allem im effizienten Instruktoren-Teilnehmer-Verhältnis, in der standardisierten Instruktorenausbildung und dem gut strukturierten Kurs- und Fortbildungsprogramm gesehen. Um den Kursstatus beizubehalten, ist eine Auffrischung im Abstand von zwei Jahren notwendig. In diesem Zusammenhang wäre es wünschenswert, wenn wie z. B. in Österreich oder Hessen auch in MV eine gesetzlich geregelte Fortbildungspflicht der Notärzte in festgelegten Abständen eingeführt würde. Zur Sicherstellung der Vermittlung aktueller Leitlinien könnte der Notarztkurs mit einem A(C)LS-Providerkurs kombiniert werden. Um die niedrige Teilnahme am A(C)LS-Kurs zu steigern, sollten berufliche und finanzielle Anreize sowie ein regionales Kurszentrum in MV geschaffen werden. Die Beziehung zwischen der Qualifikation „Intensivtransport“ nach DIVI-Empfehlung und der konsequenteren Umsetzung der Leitlinien ist am ehesten auf die Kombination der ihr zu Grunde liegenden Anforderungen zurückzuführen. Hierzu gehören der Nachweis klinischer Tätigkeit in der Intensivmedizin, die Notarztqualifikation, regelmäßige Notarztdienste und die Absolvierung eines 20-stündigen Kurses Intensivtransport. In Anlehnung an den ADAC wäre in der Luftrettung grundsätzlich die Qualifikation vorauszusetzen. Aus den voranstehenden Aussagen ergibt sich, dass eine regelmäßige Fortbildung der Notärzte Grundvoraussetzung für die Kenntnis und Umsetzung der Leitlinien im Umgang mit kardialen Notfällen ist. Ideen zur Verbesserung der Aus- und Weiterbildung von Notärzten bestehen, jedoch wurden diese bisher nur in Ansätzen verwirklicht. Durch das Zusammenwirken der Gesetz- und Verordnungsgeber, Ärztekammern und Arbeitgeber ist eine Verbesserung der Notfallversorgung zu erwarten.
Multiple Sklerose ist eine chronisch verlaufende neurodegenerative Erkran-
kung, welche sich durch herdförmige Läsionen des ZNS manifestiert und zur
progredienten Behinderung führt. Die kraniale MR-Bildgebung und die
Bestimmung der Läsionslast in T2-gewichteten Sequenzen ist das wichtigste
paraklinische Verfahren zur Diagnostik und Verlaufskontrolle der MS. Diese
wird in der klinischen Praxis durch visuellen Vergleich zweizeitiger MR-
Untersuchungen ermittelt und ist zeitaufwendig und fehleranfällig, weshalb
eine automatisierte Erkennung erstrebenswert ist.
In dieser Arbeit wurde ein auf Subtraktionsbildern basierter Algorithmus zur
semi-automatischen Erfassung von Veränderungen der Läsionslast in T2w,
sowie von kontrastverstärkten T1w Datensätzen von Patienten mit einer
chronisch demyelinisierenden Erkrankungen des ZNS mit der üblichen
visuellen Befundung verglichen.
Die hier präsentierte Methode erreicht im T2w Bild die Zuverlässigkeit der
üblichen visuellen Befundung. Dahingegen ist sie bei kontrastverstärkten
T1w Datensätzen unterlegen. Des Weiteren findet der präsentierte
Algorithmus nicht nur neue, subtile Läsionen und geringe
Volumenänderungen, sondern auch Signalalterationen ohne
Volumenzunahme in vorbestehenden Läsionen, die bisher nicht Bestandteil
der Diagnose- und Monitoringsysteme sind und bezüglich dessen einer
Evaluation bedürften.
In Hinblick auf T2w Datensätze könnte die präsentierte Methode die radio-
logische Befundung unterstützen und eine schnellere und sicherere Befun-
dung ermöglichen und so die Verlaufsbeobachtung der Krankheit
erleichtern.
In Zukunft könnten verbesserte Algorithmen, höhere Feldstärken und selbst-
lernende Programme eine schnelle und verlässliche Alternative zur zeit-
aufwendigen und fehlerbehafteten radiologischen Befundung darstellen und
so Diagnose und Verlaufsbeobachtung bei Patienten mit Multipler Sklerose
verbessern.
Die Detektion von Vorhofflimmern, zum Beispiel mittels Screening, ist wichtig, da eine frühzeitige Diagnosestellung und konsekutive Therapie Schlaganfälle effektiv vermeidet und die Prognose verbessert. Die Vielzahl der durch Vorhof-flimmern bedingten Hospitalisierungen stellt bei steigender Prävalenz eine zunehmend große (finanzielle) Herausforderung für das Gesundheitssystem dar.
Bisherige Detektionsmethoden sind teilweise limitiert durch fehlenden Komfort, niedrige Patientencompliance, hohe Kosten oder Invasivität und nicht bei jedem Menschen anwendbar.¬¬
Das Ziel der WATCH-AF-Studie war, eine in Bezug auf diese Nachteile interessante Alternative zu finden. Dafür wurde der neu entwickelte Nightwatch-Algorithmus auf seine Genauigkeit getestet, mittels photoplethysmographisch aufgezeichneten Pulskurven via Smartwatch zwi¬schen Sinusrhythmus und Vorhofflimmern zu unterscheiden.
Im Rahmen der prospektiven, doppelt-verblindeten Fall-Kontroll-Studie wurden an zwei Studienzentren 650 Probanden eingeschlossen und eine Pulskurvenmessung mittels einer kommerziell erhältlichen Smartwatch durchgeführt und mit dem Goldstandard, der Diagnose eines Kardiologen basierend auf einem Einkanal-Elektrokardiogramm, verglichen. Für die Hauptanalysen wurden die Daten von 508 Probanden ausgewertet (Durchschnittsalter 76,4 Jahre, 225 Frauen, 237 mit Vorhofflimmern). Es ergaben sich eine Sensitivität von 93,7% (95%-CI 89,8-96,4) und eine Spezifität von 98,3% (95%-CI 95,8-99,4).
Die Daten von 142 Patienten konnten bei schlechter Signalqualität nicht aus-gewertet werden. Die Hauptanalysen beruhten auf der Auswertung der Pulskurven über den Zeitraum von einer Minute. Eine Verlängerung der Analysezeit auf drei bzw. fünf Minuten führte zu keiner signifikanten Verbesserung der Ergebnisse, erhöhte jedoch die Anzahl nicht auswertbarer Messungen.
Eine weitere Steigerung der Ergebniszuverlässigkeit könnte in der Zukunft durch die Implementierung von Qualitätsfiltern und Bewegungssensoren erreicht werden.
Die photoplethysmographische Aufzeichnung und Analyse von Pulskurven mittels einer kommerziell erhältlichen Smartwatch differenziert bei guter Signalqualität zuverlässig zwischen Sinusrhythmus und Vorhofflimmern.
Sie bietet die Möglichkeit eines Langzeitherzrhythmusmonitorings für ein weiträumiges, komfortables, nicht invasives und kosteneffektives Screening auf Vorhofflimmern.
Die schwere Sepsis und der septische Schock sind aufgrund ihrer Häufigkeit, ihrer hohen Sterblichkeit, der hohen direkten und indirekten Kosten und insbesondere ihrer einschneidenden Folgen für die Lebensqualität Betroffener und ihrer Angehörigen ein relevantes Thema auf Intensivstationen weltweit. Die große Heterogenität des Krankheitsbildes erschwert eine rasche Diagnosestellung und eine schnelle Therapieeinleitung. Als ursächlich für die Verzögerung sehen viele Autoren ein mangelndes Wissen und eine daraus resultierende Verkennung der Dringlichkeit einer zeitkritischen Behandlung. Zum jetzigen Zeitpunkt existieren zu wenig belastbare Studien, die verlässliche Aussagen über den optimalen Zeitpunkt und die notwendige Zeitspanne bis zur Diagnostik und Therapie treffen können. Ebenso fehlen insbesondere in dieser frühen Phase der Sepsis wichtige Strukturen und Algorithmen, wie sie bereits bei anderen Notfällen seit Jahren etabliert sind. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, zunächst zu untersuchen, inwieweit eine mangelnde Priorisierung besteht und wie sich diese auf die viel diskutierte Forderung nach umgehender Diagnostik und Therapie überträgt. Dazu sollen die in Greifswald erhobenen Zeiten im Vergleich zu den Leitlinienempfehlungen und der aktuellen Studienlage diskutiert werden. Zur besseren Verdeutlichung wurden Daten von Polytraumapatienten aus Greifswald herangezogen. Darüber hinaus fand ein literaturbasierter Vergleich mit bereits etablierten Strukturen anerkannter Notfälle statt. Im Rahmen der vorliegen-den Arbeit wurden dazu retrospektiv 297 volljährige Patienten ausgewählt, die sich im Zeit-raum vom 4. Januar 2010 bis 24. Dezember 2015 mit schwerer Sepsis und septischem Schock auf den Intensivstationen ITS 1 und ITS 2 der Universitätsmedizin Greifswald befanden und die im Anschluss an eine radiologische Fokussuche eine operativ/interventionelle Herdsanierung erhalten haben. Zunächst bestätigen unsere Daten, im Einklang mit der bestehenden Studienlage, einen positiven Einfluss einer schnellen Herdsanierung auf die Letalität. Ebenso zeigen sie die Bedeutung einer frühestmöglichen Diagnosestellung der Sepsis. Vor allem zeigen unsere Ergebnisse eine deutliche mangelnde Priorisierung von Sepsispatienten im klinischen Alltag. Es zeigte sich, dass vor allem fehlende Strukturen zu Beginn der Behandlung und Defizite im Bereich der Kommunikation zu den wichtigsten Problemen im Umgang mit Sepsispatienten gehören. Aus diesen Erkenntnissen wurde ein Algorithmus abgeleitet, der in Zukunft die Früherkennung sowie die initiale Behandlung erleichtern soll. Er soll eine Antwort auf die Frage geben, ob ein Patient mit unspezifischen Symptomen an einer Sepsis erkrankt sein könnte. Auf diese Weise soll dem Notfall Sepsis im klinischen Alltag eine priorisiertere Stellung eingeräumt werden.