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Anwendung des Karlsburger Diabetes-Management-System (KADIS®) unter Studien- und Routinebedingungen
(2009)
Mit der Forschungstätigkeit der letzten Jahre sollte die Frage beantwortet werden, ob KADIS® zur unterstützenden Beratung von Ärzten bei Optimierung der Stoffwechseleinstellung in der Routine der Diabetikerversorgung geeignet ist. Dazu erfolgte eine stufenweise Testung von KADIS® in offenen mono- und polyzentrischen Studien, in einer Fall-Kontroll-Studie sowie in einer Anwendungsbeobachtung im Rahmen des Diabetiva®-Programms der TAUNUS BKK. Die Ergebnisse der Studien zeigten, dass die Anwendung von KADIS®-Empfehlungen zu einer signifikanten Verbesserung der Stoffwechseleinstellung führt. Diese Aussage fand in allen Studien durch Senkung des HbA1c-Wertes Bestätigung. In der monozentrischen Studie konnte eine HbA1c-Reduktion um 1,2 % und in der multizentrischen Studie um 0,62 % innerhalb von 3 Monaten erreicht werden. Im Diabetiva®-Programm führte der Einsatz von KADIS® ebenfalls zu einer Absenkung des HbA1c-Wertes. In allen Studien und in der Routine-Anwendung bestand eine Abhängigkeit des KADIS®-Effekts vom Ausgangs-HbA1c. Je höher der Ausgangs-HbA1c desto größer der KADIS® Effekt. So erreichte in der Fall-Kontroll-Studie die Subgruppe mit einem HbA1c-Ausgangswert >7,5 % unter kombinierter Anwendung von CGMS™ und KADIS® eine HbA1c-Reduktion von 0,8 %, während in dieser Subgruppe unter alleiniger CGMS™-Anwendung nur eine Absenkung von 0,2 % gelang. Das Diabetes-Management mit KADIS® war vergleichbar erfolgreich bei deutschen und arabischen Menschen mit Diabetes. Der positive KADIS®-Effekt war sowohl für Patienten mit Typ 1 als auch mit Typ 2 Diabetes nachweisbar. So führte die kombinierte Anwendung von CGMS™ und KADIS® im Vergleich zu CGMS™ alleine zu einer HbA1c-Senkung um 0,62%. Bei Typ 1 Diabetikern gelang eine größere Absenkung des HbA1c-Wertes als bei Typ 2 Diabetikern. Mit Hilfe einer multiplen Regressionsanalyse konnte gezeigt werden, dass Patienten, die von Allgemeinpraktikern betreut werden, am meisten vom Einsatz von KADIS® Empfehlungen im Sinne einer evidenzbasierten Entscheidungsunterstützung profitierten. Generell war der Einsatz von KADIS® als evidenzbasiertes Entscheidungsunterstützungssystem dem CGMS™-Monitoring allein überlegen. Offenbar liefert das CGMS™- Profil allein nur beschränkte Informationen zur Optimierung der Stoffwechselführung, während mittels KADIS® detaillierte Empfehlungen zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle abgeleitet werden können, die zudem spezifisch für die jeweilige individuelle metabolische Situation des Patienten bestmöglich zugeschnitten sind. Die Studien machen ein beträchtliches Potential von KADIS® zur Vermeidung von diabetischen Spätkomplikationen deutlich. Jede Absenkung des HbA1c-Wertes um 1 % führt laut UKPDS zu einer Verminderung diabetesbedingter Todesfälle um 21 %. Gelingt es, den HbA1c-Wert dauerhaft auf Werte unter 7,5 % abzusenken, reduziert sich deutlich das Risiko für Erblindung, Amputation, Nierenversagen und Nervenschäden. Selbst wenn eine Verbesserung der Blutzucker-Einstellung erfolgt, nachdem eine diabetesbedingte Komplikation diagnostiziert wurde, kann durch Verbesserung der Stoffwechseleinstellung die Manifestation einer weiteren verzögert oder verhindert werden. Abschließend kann festgestellt werden, dass KADIS® zur unterstützenden Beratung von Ärzten bei der Optimierung der Stoffwechseleinstellung in der Routine der Diabetikerversorgung geeignet ist. Darüber hinaus ist es gelungen, die Forschungsergebnisse in der Praxis unter ambulanten Bedingungen zu bestätigen. Der erfolgreiche Start des Diabetiva®-Programms zeigt, dass das Konzept eines telemedizinisch-gestützen Diabetikerbetreuungsnetzwerks mit KADIS® als evidenzbasiertem Entscheidungsunterstützungssystem sehr gut geeignet ist, die Stoffwechselführung von Patienten mit Typ 2 Diabetes zu verbessern.
HINTERGRUND: Der Konsum von Tabak ist weltweit die größte, vermeidbare Todesursache. Aktuell rauchen 1,3 Milliarden Menschen auf der Welt. Ohne aktive Prävention wird die Anzahl der Raucher auf 1,9 Milliarden Menschen ansteigen. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2030 ungefähr 8,3 Millionen Menschen an Folgen des Tabakkonsums sterben. Aktuelle Interventionsmaßnahmen unterstützen überwiegend Raucher, welche aus eigenem Antrieb mit dem Rauchen aufhören wollen. Somit wird nur ein geringer Teil der Raucher erreicht. Vor diesem Hintergrund werden derzeit proaktive Konzepte auf der Basis des transtheoretischen Modells diskutiert, welche in primär-medizinischen Einrichtungen ihre Anwendung finden sollen. In der vorliegenden Arbeit werden die Möglichkeiten der Implementierung eines computergestützten Interventionsmodells zur Raucherberatung in zahnärztlichen Praxen untersucht, für welches bisher aussichtsreiche Erfahrungen im Setting der hausärztlichen Versorgung gemacht wurden. ZIEL: Es wird geprüft, in welchem Umfang rauchende Zahnarzt- im Vergleich zu Hausarztpatienten durch proaktive, computergestützte Kurzinterventionen erreichbar sind. Weiterhin werden mögliche Unterschiede in der Charakteristik der erreichbaren Interventionsteilnehmer beider Settings exploriert. Abschließend folgt die Beschreibung der gegenwärtigen Praxis und Barrieren der Beratung von Rauchern aus der Sicht von Zahnärzten. METHODE: Für die vorliegende Arbeit wurde auf bereits vorhandene Daten einer Erhebung in der hausärztlichen Versorgung zurückgegriffen und eine ergänzende Erhebung in zahnärztlichen Praxen mit angeglichener Methodik durchgeführt. Dazu wurde eine Zufallsauswahl von jeweils 10 zahnärztlichen und 10 hausärztlichen Praxen in Greifswald einbezogen (Teilnahmeraten 77% bzw. 87%). In beiden Settings wurde jeder konsekutive Patient über einen Zeitraum von 2 (Zahnarztpraxen) bzw. 3 Wochen (Hausarztpraxen) registriert und zum Rauchstatus und Alter befragt. Tabak rauchenden Patienten im Alter von 18 bis 70 Jahren wurde die Teilnahme an einer Raucherberatung angeboten. Unter den teilnehmenden Patienten wurden über einen standardisierten Fragebogen soziodemografische Merkmale, Variablen des Rauchverhaltens und weitere psychologische Faktoren, die mit der Veränderung des Rauchverhaltens im Zusammenhang stehen, erfasst. Weiterhin wurden alle niedergelassenen Zahnärzte Greifswalds befragt. ERGEBNISSE: In den hausärztlichen Praxen wurden, verglichen mit den zahnärztlichen, signifikant mehr Konsultationen und Patienten pro Erhebungswoche registriert. Insgesamt konnten von 98,2% (2799/2850) der hausärztlichen und von 95,2% (1387/1457) der zahnärztlichen Patienten Informationen zum Rauchstatus und Alter erhoben werden. Für den erfassten Altersbereich ergeben sich unter den Probanden der Hausarztpraxis mit einer Prävalenz des derzeitigen Tabakrauchens von 33,2% und unter den zahnärztlichen Probanden mit einer Prävalenz von 27,9% keine statistisch signifikanten Unterschiede. Bei statistischer Kontrolle von Alter und Geschlecht zeigen sich jedoch insgesamt und für die jüngeren Patienten signifikant höhere Raucherraten unter den hausärztlichen Patienten. Bezüglich der Teilnahmerate unter den eingeschlossenen Probanden zeigte sich mit jeweils 78% kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Stichproben. Der multivariate Vergleich der Charakteristik der Interventionsteilnehmer zeigte signifikante Unterschiede zwischen den Settings in Bezug auf die Variablen Alter, Schulbildung sowie Schwere der Nikotinabhängigkeit und eine daraus resultierende günstigere Prognose für die Erreichung der Tabakabstinenz bei den zahnärztlichen Patienten. Insgesamt finden sich nur geringe Unterschiede in Bezug auf tabakabstinenzbezogene motivationale Faktoren. In beiden Settings befanden sich mehr als zwei Drittel der Interventionsteilnehmer in Bezug auf eine Beendigung des Tabakrauchens im Stadium der Absichtslosigkeit. Als einziger statistisch signifikanter Unterschied, der möglicherweise auf einen günstigeren motivationalen Einfluss des hausärztlichen Settings hindeutet, zeigte sich eine höhere Gewichtung der Nachteile des Nichtrauchens bei zahnärztlichen Patienten. Die Befragung der Zahnärzte ergab eine noch unzureichende systematische Integration von Raucherinterventionen in der Routineversorgung. SCHLUSSFOLGERUNG: Die Ergebnisse legen nahe, dass die positiven Befunde zur Bevölkerungswirksamkeit von computergestützten Raucherinterventionen aus der hausärztlichen Versorgung auf die zahnärztliche Versorgung übertragbar sind. Für die praktische Umsetzung von Konzepten der Prävention tabakassoziierter Erkrankungen in der zahnärztlichen Versorgung zeigt sich jedoch ein enormer Bedarf an Aufklärung in der zahnärztlichen Aus- und Fortbildung sowie an praxisgerechten Implementationsmodellen.
Neben dem Langzeitparameter HbA1c steht mit der Glukosevariabilität ein Beurteilungsparameter für die kurzfristige Stoffwechseleinstellung des Patienten zur Verfügung. Mit DIABETIVA bot die ehemalige TAUNUS BKK im Rahmen eines IV-Vertrages einen Beitrag zur Diabetestherapieoptimierung an. Unter Nutzung von Selbstkontrolldaten und kontinuierlichem 72-Stunden-Glukosemonitoring (CGM) konnten mit dem Entscheidungsunterstützungssystem KADIS®Therapieoptionen in-silico entsprechend den DDG-Leitlinien personalisiert simuliert und die abgeleiteten, individuellen Empfehlungen dem behandelnden Arzt zur Verfügung gestellt werden. Ziel der Anwendungsbeobachtung war es, den Einfluss der KADIS®-Anwendung auf die Glukosevariabilität von CGM-Profilen zu prüfen. Zur Quantifizierung der Glukosevariabilität in CGM-Profilen wurden die Parameter mittlere Sensorglukose (MSG), MAGE, Standardabweichung (SD), IQR, Range der Sensorglukose und MODD (MeanOf Daily Differences) sowie die Zeit ober- und unterhalb des Zielbereiches von 3,9–8,9 mmol/l bestimmt. Die über die jeweils drei gemessenen CGM-Einzelprofiltage gemittelten Parameter wurden als Mittelwert±SD bzw. Median (Interquartilbereich) dargestellt. 869 Patienten waren im DIABETIVA-Programm eingeschrieben. Bei 250 Patienten lagen drei auswertbare CGM (Untersuchungsbeginn, nach zwölf und 24 Monaten) und jeweilige KADIS®-Therapieempfehlungen vor. Bei durchgängiger Umsetzung der KADIS®-Empfehlung verminderten sich die MSG nach zwei Jahren von 7,7±1,7 auf 7,3±1,2 mmol/l (p<0,01) und der Range von 7,5±2,9 auf 6,6±2,4 mmol/l (p<0,05), ebenfalls SD (p<0,05), MAGE (p<0,01) und MODD (p<0,05). Daneben verringerten sich die Zeiten im hyperglykämischen (p<0,001) und hypoglykämischen Bereich (p<0,001). Die Vergleichsgruppe, welche die KADIS®-Vorschläge nicht umsetzte, wies in allen Parametern Tendenzen zur Verschlechterung auf, die aber nicht signifikant waren. Bei Umsetzung der KADIS®-basierten Empfehlungen verringerten sich die Glukosevariabilität und die Zeit im hyperglykämischen Bereich bei den Teilnehmern des DIABETIVA-Programms signifikant.