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Im Laufe der letzten Jahre hat sich herausgestellt, dass Transportproteine einen entscheidenden Beitrag zur Absorption, Verteilung und Elimination zahlreicher Endo- und Xenobiotika leisten. Vor allem die hepatobiliäre Elimination nimmt eine Schlüsselrolle in systemischen Clearance-Prozessen ein. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr hochmolekulare und metabolisch stabile Stoffe Eingang in die Arzneistoffentwicklung finden und diese vorwiegend hepatobiliär eliminiert werden, wurde es erforderlich, differenziertere Kompartimentmodelle zu entwickeln, um singuläre Substanzeffekte auf zellulärer Ebene zu untersuchen. Gerade Interaktionen zwischen simultan verabreichten Arzneistoffen können zu erheblichen Nebenwirkungen durch Veränderung pharmakokinetischer Eliminationsprozesse in Kombination mit erhöhter oder eingeschränkter Bioverfügbarkeit führen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, für die frühe Arzneistoffentwicklung ein In vitro-Modell auf Basis des pharmakokinetischen Standardtiermodells der Ratte zu konzipieren, welches eine einfache Analyse hepatobiliärer Elimination auf indirektem Weg über die Interaktion mit fluoreszierenden Modellsubstraten ermöglicht. Die Zielvorgabe wurde umgesetzt, indem auf Basis literaturbeschriebener Methoden ein In vitro-Rattenhepatozytenmodell etabliert wurde. Hierfür war es zunächst unerlässlich, geeignete Kultivierungsbedingungen zu identifizieren und zu optimieren. Es konnte gezeigt werden, dass primäre Hepatozyten nur befähigt wurden, sich in vitro zu repolarisieren und eine in vivo-ähnliche Morphologie anzunehmen, wenn sie eingebettet zwischen zwei extrazellulären Kollagenmatrices kultiviert wurden. Diese sogenannte Sandwichkultivierung der Zellen und die Supplementierung des Zellkulturmediums mit dem Glukokortikoid Dexamethason erwiesen sich hierfür als wesentliche Faktoren. Die Hepatozyten reformierten sich folglich innerhalb von 96 Stunden unter Ausbildung eines vollständigen und sehr einheitlichen Gallengangssystems, welches nahezu jeden Hepatozyten umschloss. Nach Etablierung der Zellkultur wurden die sandwichkultivierten Hepatozyten hinsichtlich der Proteinexpression, ausgewählte Transportproteine und Cytochrome umfassend, über einen Kultivierungszeitraum von 10 Tagen charakterisiert, um die Validität des Zellsystems zu gewährleisten. Unter Bei-behaltung der optimierten Kultivierungsbedingungen konnte mit zunehmendem Repolarisierungsstatus der Zellen ein Anstieg der apikalen Transportproteinexpression unter Begleitung einer Erhöhung der molekularen Masse der Transportproteine verzeichnet werden. Als Grund für die Molekulargewichtszunahme im Laufe des Redifferenzierungsprozesses der Zellen konnte die posttranslationale N-Glykosylierung am Beispiel der Transportproteine P-gp, Mrp2 und Bcrp identifiziert werden. Verifiziert wurden die Proteinexpressionsdaten, die apikalen Effluxtransporter P-gp, Mrp2, Bsep und Bcrp betreffend, über die Bestimmung der funktionellen Aktivität unter Verwendung fluoreszierender Modellsubstrate über einen Kultivierungszeitraum von 8 Tagen. Diese funktionelle Aktivität der Transportproteine wurde durch das Erscheinen fluoreszierender Moleküle in den Lumina der Gallenkanälchen ersichtlich und nahm mit voranschreitender Maturierung des Gallenkanalnetzwerkes sowie mit Verstärkung der Transportproteinexpression, gekoppelt mit dem Grad der N-Glykosylierung, zu. Die Selektivität der einzelnen Modellsubstrate wurde mittels in der Literatur beschriebener Substrate und Inhibitoren untersucht und bestätigt. Auf Basis der funktionellen Charakterisierung wurde im Anschluss eine indirekte In vitro-Methode entwickelt, welche die Voraussetzung schuf, Interaktionspotentiale von Arzneistoffen mit Effluxtransportproteinen zu evaluieren. Die Inhibition eines apikalen Transportproteins resultierte dabei prinzipiell in Abhängigkeit der eingesetzten Substanzkonzentration in einer Reduktion des eliminierten fluoreszierenden Modellsubstratanteils, was mit einer Zunahme der intrazellulären Fluoreszenz korrelierte. So konnte aufgezeigt werden, dass bekannte Inhibitoren und Substrate die Transport-proteinaktivität konzentrationsabhängig reduzierten, ohne dass der sichtbare Effekt auf toxische Effekte der eingesetzten Substanzen zurückzuführen war. Dies konnte mittels des Zelltoxizitätsmarkers Alamar blue nachgewiesen werden. Clonidin, welches nicht als ABC-Transportersubstrat beschrieben worden ist, interagierte erwartungsgemäß auch mit keinem der Transportprozesse. Der Einsatz eines derartigen In vitro-Systems in der frühen Arzneistoffentwicklung könnte helfen, geeignete Arzneistoffkandidaten auszuwählen, welche ein geringes Potential aufweisen, mit hepatobiliären Effluxsystemen zu interagieren, um die Gefahr schwerer Arzneimittelnebenwirkungen zu minimieren.
Marine Organismen haben sich im Laufe der Evolution hervorragend an die besonderen Bedingungen unter Wasser angepasst. Diese Tatsache führte aufgrund von Adaptationsprozessen unter anderem zur Bildung neuer biologisch aktiver Naturstoffe, die sich in ihrer Struktur und Wirkung häufig von bekannten terrestrischen Naturstoffen unterscheiden. Während Makroorganismen marinen Ursprungs schon länger intensiv untersucht werden, nahm das Interesse an marinen Mikroorganismen erst in den letzten zehn Jahren stark zu. Pilze im marinen Habitat wurden sehr spät beschrieben. Die ersten Funde wurden 1869 bekannt, doch erst in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde langsam klar, dass auch im marinen Lebensraum eine reichhaltige Pilzflora zu finden ist. Hierbei stellen besonders Mikroorganismen des marinen Habitats wichtige potentielle Quellen auf der Suche nach neuen pharmakologisch aktiven Wirkstoffen dar, da ihre biotechnologische Fermentation in nahezu unbegrenzter Menge möglich ist, ohne dass eine Ausbeutung begrenzter natürlicher Ressourcen erfolgen muss. Im Vordergrund dieser Arbeit stand daher die Isolierung bioaktiver Naturstoffe aus marinen Pilzen. Die Pilze wurden unter verschiedenen Bedingungen kultiviert, mit geeigneten Lösungsmitteln extrahiert und die Extrakte chemisch analytisch sowie auf ihre antimikrobielle Aktivität hin untersucht. Biologisch aktive sowie analytisch aussichtsreich erscheinende Extrakte wurden zur Isolierung der in ihnen enthaltenen Sekundärstoffe ausgewählt. Die Naturstoffisolierung sowie die nachfolgende Strukturaufklärung erfolgten mithilfe verschiedener chromatographischer sowie spektroskopischer Methoden (HPLC, LC-MS, NMR, DC, verschiedene säulenchromatographische Techniken). Isolierte Reinsubstanzen wurden auf ihre biologische Aktivität gescreent. Aus dem Ethylacetat-Extrakt des taxonomisch bis jetzt nicht einordenbaren marinen Pilzes 222 konnten insgesamt elf verschiedene Verbindungen strukturell aufgeklärt werden. Dabei stellten sich 6-Deoxybostrycoidin (1), 5-Deoxyanhydrofusarubin (2) und Altechromone A (3) als bereits bekannte Verbindungen heraus. Die acht Verbindungen Balticol A-F (4, 5, 6, 7, 8, 9), Balticofuran (10) und Balticolid (11) stellten sich als neue Naturstoffe heraus. In Biotests zeigte 6- Deoxybostrycoidin antibakterielle Aktivität gegen humanpathogene Keime (Staphylococcus aureus und Bacillus subtilis) und fischpathogene Keime (Vibrio anguillarum, und Pseudomonas anguilliseptica). Die antimikrobielle Aktivität dieser Ver¬bin¬dun¬g gegen fischpathogene Erreger wurde in der Literatur bisher nicht beschrieben. Die neuen Verbindungen Balticol A-F (4-8) und Balticolid (11) zeigten starke antivirale Aktivität gegen Herpes Simplex-Virus Typ 1 und Influenza Virus Typ A. Am stärksten war die Wirkung von Balticol E (8) mit einem IC50-Wert von 0,01 µg/ml gegen HSV 1. Balticol D (7) zeigte auch antiinflammatorische Eigenschaften. Die neue Verbindung Balticofuran A (10) zeigte gute Radikalfängereigenschaften. Aus dem Pilz Lophiostoma sp. konnten drei Verbindungen isoliert und strukturell aufgeklärt werden. Dabei stellten sich Oxasetin (12) , Erogosterolperepoxid (13) und Cerebrosid C (14) als bereits bekannte Verbindungen heraus, die aber zum ersten Mal aus Lophpiostoma sp. isoliert wurden. Das antibakteriell aktive Oxasetin war vorher nur aus dem Pilz Vaginatispora aquatica beschrieben worden. Oxsetin erwies sich im Test als antiviral aktiv gegen Herpes Simplex-Virus Typ 1 und Influenza Virus Typ A . Die antimikrobielle Aktivität dieser Ver¬bin-dun¬g gegen fischpathogene Erreger und die antivirale Aktivität wurden in der Literatur bisher nicht beschrieben.
Die Implantation von Arzneistoff-freisetzenden (drug-eluting) Stents in durch Ballonangioplastie revaskularisierte Koronararterien stellt heutzutage eine der wichtigsten Methoden zur Prävention von Restenosen der betroffenen Gefäßabschnitte dar. Die Erzielung wirksamer Konzentrationen der hochpotenten Wirkstoffe in der Gefäßwand unter Vermeidung von unerwünschten systemischen Arzneimittelwirkungen soll durch die kontrollierte Arzneistofffreisetzung im stenosierten Gefäßabschnitt gewährleistet werden. Aufgrund der Unzugänglichkeit des Wirkortes für direkte Konzentrationsbestimmungen liegen bis dato jedoch nur wenige Daten bezüglich der Wirkstofffreisetzung und -verteilung aus Humanstudien vor. Da die zur Verfügung stehenden offizinellen und nicht offizinellen Methoden zur Untersuchung des In vitro-Verhaltens von Arzneiformen lediglich ein Akzeptorkompartiment aufweisen, sind sie ebenfalls nur bedingt zur Vorhersage der Freisetzung aus einem Stent am Implantationsort geeignet. Verteilungprozesse können mit diesen Methoden nicht beschrieben werden. Aus diesem Grund war es das Ziel der vorliegenden Arbeit, einen an die In vivo-Bedingungen am Implantationsort adaptierten In vitro-Freisetzungstest für Arzneistoff-freisetzende Stents basierend auf den Methoden des Europäischen oder US-Amerikanischen Arzneibuchs zu entwickeln. Der Freisetzungstest sollte dazu geeignet sein, sowohl die Wirkstofffreisetzung und -verteilung zwischen verschiedenen Kompartimenten als auch räumliche Verteilungsmuster innerhalb eines Gefäßwand-simulierenden Kompartiments zu untersuchen. Als Basis für die Modellentwicklung wurde aufgrund der am Implantationsort in vivo vorliegenden Bedingungen die Durchflusszellen-Apparatur ausgewählt, die die einzige offizinelle Methode darstellt, bei der ein gerichteter Fluss erzeugt wird. Zur Simulation der Gefäßwand sollte ein zusätzliches Akzeptorkompartiment in die Durchflusszelle eingebracht werden. Da das Kompartiment einerseits formstabil sein sollte und andererseits die Aufnahme und den Transport des Arzneistoffs durch Diffusion ermöglichen sollte, wurden verschiedene Hydrogele hinsichtlich ihrer Eignung zur Integration in die Durchflusszelle untersucht. Calciumalginat wurde als geeignetes Hydrogel für das zusätzliche Akzeptorkompartiment identifiziert und durch Veränderungen an der Durchflusszellen-Apparatur erfolgreich in den Freisetzungstest integriert. Es wurde eine zentrale Aussparung im Hydrogel geschaffen, die im Modell das Gefäßlumen simuliert und in die ein Stent mittels Ballonkatheter implantiert werden kann. Nach der Implantation des Stents kann die Öffnung im Hydrogel mit dem Freisetzungsmedium mit einer Flussrate von 35 ml/min, die dem Blutfluss in Koronarien entspricht, perfundiert werden. Durch Einsatz geeigneter Medienvolumina kann die Einhaltung von Sinkbedingungen, die als das größte Problem der häufig eingesetzten nicht offizinellen Testsysteme gilt, sichergestellt werden. Nach erfolgter Entwicklung wurde die Eignung des Modells durch die Testung verschiedener Stentmodelle geprüft werden. Neben der Bestimmung der Freisetzung der Modellsubstanzen ins Durchflussmedium während der Perfusion und der am Versuchsendpunkt in der Stentbeschichtung verbliebenen Modellsubstanz-Anteile wurden verschiedene Methoden zur Untersuchung des Hydrogels nach Beendigung der Perfusion entwickelt. Zur direkten Quantifizierung der ins Hydrogel diffundierten Modellsubstanz wurde eine geeignete Methode zur Verflüssigung des Gels identifiziert. Zur Untersuchung der räumlichen Verteilung innerhalb des Hydrogels wurden zwei Methoden zur Präparation des Hydrogels entwickelt, die die Untersuchung im Fluoreszenzmikroskop ermöglichten. Einerseits wurde anhand von Mikrotomschnitten die Diffusionstiefe im Querschnitt untersucht. Unter Verwendung von Alginatfilmen war andererseits die Untersuchung der Innenseite des simulierten Gefäßlumens parallel zur Flussrichtung möglich. Unter Verwendung einer Finite-Elemente-Methode konnten zudem ausgewählte Freisetzungsversuche mathematisch modelliert werden. Für die Berechnungen wurden im Rahmen dieser Arbeit experimentell bestimmte Diffusionskoeffizienten zu Grunde gelegt. Die Ergebnisse der Freisetzung mit dem im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Testsystem wiesen im Vergleich zur Testung mit offizinellen Methoden eine Verlangsamung der Entleerung der Stentbeschichtung bei allen Modellsubstanzen durch die an die In vivo-Situation adaptierten Einbettungs- und Flussbedingungen auf. Diese Beeinflussung der Freisetzungsgeschwindigkeit durch die Freisetzungsbedingungen unterstreicht die Notwendigkeit, für die In vitro-Evaluation von Arzneistoff-freisetzenden Stents spezialisierte, an die In vivo-Bedingungen adaptierte Testsysteme einzusetzen. Mit dem im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Freisetzungsmodell steht erstmals ein solches Testsystem zur Verfügung.