Eine Maximalkomplikation der Sepsis stellt das Multiorganversagen dar, welches mit dem Auftreten einer disseminierten intravasalen Koagulopathie (DIC) und gleichzeitig einem letalen Endpunkt assoziiert ist. Es gibt bisher keine wirksame Therapie, zuletzt scheiterte die Anwendung von aktiviertem Protein C (APC) in klinischen Studien. Es fehlt an geeigneten Tiermodellen, um die Grundlagen der Pathophysiologie der DIC zu verstehen. Die Colon Ascendens Stent Peritonitis (CASP) stellt ein Modell der Schweren Sepsis dar. In der schweren Sepsis kommt es bei 37 % der Patienten zu einer DIC. Die klinischen Diagnosekriterien der DIC sollten im Mausmodell der CASP analysiert werden, um anschlieĂend Untersuchungen zur Bedeutung des CC-Chemokinrezeptors 4 (CCR4) auf Thrombozyten fĂŒr die DIC zu tĂ€tigen. Hierzu wurden zunĂ€chst durchflusszytometrische Untersuchungen zur Aktivierung des Thrombozyten in der Sepsis getĂ€tigt, welche zeigten, dass es zu einer vermehrten AusschĂŒttung von α-Granula im septischen Verlauf kam. Der Thrombozyt beteiligt sich anscheinend aktiv durch die AusschĂŒttung seines Sekretoms an den immunologischen VorgĂ€ngen einer Sepsis. ZusĂ€tzlich konnte mit molekularbiochemischen und proteinbiochemischen Methoden gezeigt werden, dass der Thrombozyt die FĂ€higkeit des SpleiĂens und der Proteinbiosynthese aus entwicklungsgeschichtlich jĂŒngeren Zeiten konservierte. Im Modell der CASP zeigte die Wildtyp-Maus eine signifikant erniedrigte Thrombozytenzahl, erniedrigte Fibrinogenplasmaspiegel, Thrombozytenablagerung in der Leber und eine verlĂ€ngerten extrinsische Gerinnungszeit. Diese Kriterien beschreiben das klinische Vorhandensein einer DIC. In den vergleichenden Untersuchungen des AusmaĂes der DIC der CCR4-defizienten Maus mit der Wildtyp-Maus konnten keine Unterschiede detektiert werden. Die CCR4-defiziente Maus hat einen Ăberlebensvorteil in der Sepsis trotz der klinischen Kriterien einer DIC. Sowohl der Fibrinogen-ELISA als auch die Immunfluoreszenzhistologien hatten methodisch bedingte SchwĂ€chen. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die vorgelegte Arbeit keinen negativen Einfluss des CCR4 auf die DIC detektieren konnte. Die Bedeutung der CCR4-vermittelten Aggregation des Thrombozyten fĂŒr den Organismus bleibt unklar. Festzuhalten ist, dass das CASP-Modell geeignet ist um das klinisch-analytische Bild einer DIC in der Schweren Sepsis zu untersuchen. Vor dem Hintergrund mangelnder realitĂ€tsnaher Tiermodelle leistet dies einen Beitrag fĂŒr weitere Forschung. Die Experimente zur mRNA-Regulation und Protein-Synthese bilden einen weiteren Baustein im VerstĂ€ndnis des Thrombozyten als kernlose Immunzelle. In ihrer Gesamtheit soll die vorgelegte Arbeit die Sichtweise auf Thrombozyten schĂ€rfen. Es handelt sich hierbei nicht um âMegakaryozytenzelltrĂŒmmerâ, deren Funktion ausschlieĂlich in der Blutgerinnung zu suchen ist. Vielmehr können Thrombozyten als eine Art Andenken an die Phylogenese des Immunsystems angesehen werden. DreiĂigmillionen Jahre Entwicklungsgeschichte sind zwischen dem Amöbozyten und dem Thrombozyten vergangen und haben ein breites Rezeptor- und Mediatorrepertoire erhalten. Ob diese dem Organismus im Falle einer Sepsis nutzen oder eher schaden bleibt zu klĂ€ren. Dass das Fehlen von Thrombozyten in bestimmten inflammatorischen Konstellationen einen Vorteil darstellt, ist auch fĂŒr die abdominelle Sepsis untersucht. Die Depletion von Thrombozyten erzeugt eine 60 %-ige Verringerung des zellulĂ€ren Ădems und des pulmonalen Schadens. In folgenden Untersuchungen soll das Modell der CASP genutzt werden um den Einfluss von Thrombozyten auf die DIC und das Ăberleben in der CASP zu untersuchen.
Entwicklung einer Methode zur magnetischen Markierung von Thrombozyten mit Eisenoxidpartikeln
(2012)
Thrombozyten können mittels PrĂ€paration mit superparamagnetischen Nanopartikeln markiert werden, welche fĂŒr die Nutzung am Menschen zugelassen sind. Ohne Zugabe weiterer Chemikalien ist die erreichte Konzentration von gespeicherten Resovist-Partikeln in den Thrombozyten sowohl suffizient fĂŒr Ăberlebensstudien als auch fĂŒr Signaldetektion mittels MR. Magnetisch markierte Thrombozyten können zu einem wichtigen diagnostischen Instrument fĂŒr Patienten mit kardiovaskulĂ€ren Erkrankungen, Blutungserkrankungen oder Thrombozytopenie werden. Weiterhin können sie nĂŒtzlich fĂŒr die Erfassung des Einflusses von unterschiedlichen PrĂ€parationsmethoden auf das ThrombozytenĂŒberleben in der Transfusionsmedizin sein.
Die chronische arterielle Hypertonie erhöht das Risiko fĂŒr kardiovaskulĂ€re Komplikationen wie Schlaganfall und Myokardinfarkt. In der Pathophysiologie dieser Komplikationen spielen Thrombozyten eine wesentliche Rolle. Hierbei gehen die meisten Experten derzeit davon aus, dass Thrombozyten mit den durch die Hypertonie geschĂ€digten GefĂ€ĂwĂ€nden reagieren. Ziel unserer Untersuchungen war es, zu untersuchen, ob durch die Hypertonie auch VerĂ€nderungen in Thrombozyten entstehen. Thrombozyten zirkulieren im Kreislauf in engem Kontakt mit der GefĂ€Ăwand und reagieren sensibel auf hohe ScherkrĂ€fte und aktivierte Endothelzellen. Jede Aktivierung, auch in reversiblen FrĂŒhstadien fĂŒhrt dabei zu VerĂ€nderungen in der Proteinzusammensetzung der Thrombozyten, dem Proteom. Da sie keinen Kern haben, ist die Proteinneosynthese in Thrombozyten stark limitiert. So âspeichernâ Thrombozyten Informationen ĂŒber ihre Aktivierungshistorie wĂ€hrend ihrer zehntĂ€gigen Ăberlebenszeit, da die verĂ€nderten Proteine nicht, oder nur sehr eingeschrĂ€nkt durch neu synthetisierte Proteine ersetzt werden. Proteomics bietet einen Ansatz, ĂŒber tausend Proteine gleichzeitig zu untersuchen. Mittels zweidimensionaler, differentieller in Gel Elektrophorese (2D-DIGE) kann dabei ein sensibler quantitativer Vergleich zweier Proben erfolgen. Die komplexe Methodik erfordert jedoch eine hochgradige Standardisierung der Versuchsgruppen. In diesem Projekt wurde daher ein Tiermodell verwendet, um die ca. 1000, mittels 2D-PAGE dargestellten Proteinspots des Thrombozytenzytosols auf hypertoniebedingte VerĂ€nderungen zu untersuchen. Dabei wurden zwei unterschiedliche Rattenmodelle der Hypertonie eingesetzt um die Aussagekraft zu erhöhen. Nach 14tĂ€giger Hypertoniephase wurden 45 Proteinspots detektiert, deren IntensitĂ€t in beiden Rattenmodellen signifikant verĂ€ndert war. Die Identifikation dieser Spots mittels Massenspektrometrie zeigte neben spezifischen Thrombozytenproteinen v.a. Zytoskelett- und Zytoskelett -assoziierte Proteine. Wurde an die 14tĂ€gige Hypertoniephase eine 10tĂ€gige Erholungsphase angeschlossen, waren diese VerĂ€nderungen nicht mehr nachweisbar. Ăberraschenderweise waren die beobachteten VerĂ€nderungen unterdrĂŒckbar durch mehrmalige Blutentnahme vor- und wĂ€hrend der Hypertoniephase. Dabei wurden 8 Tage vor-, sowie zweimal wĂ€hrend der Hypertoniephase (Tage 3 und 10) 3 ml Blut entnommen. Die daraufhin durchgefĂŒhrte Untersuchung auf VerĂ€nderungen des Thrombozytenproteoms durch Blutentnahmen an normotensiven Tieren zeigte ein Muster an VerĂ€nderungen, dass dem unter Hypertonie beobachteten entgegengesetzt war. Eine denkbare Ursache fĂŒr diese Beobachtung ist, dass die Thrombozytopoese durch die mehrmaligen Blutverluste gesteigert wurde. Die so vermehrt ausgeschĂŒtteten âjungenâ Thrombozyten zeigen ein inverses Proteommuster, gegenĂŒber den durch Hypertonie gestressten Thrombozyten. Um dieser Hypothese nachzugehen wurden Ratten mit dem Thrombopoetinrezeptoragonisten Romiplostim behandelt. Das Thrombozytenproteom von Ratten nach Stimulation der Thrombozytopoese Ă€hnelt dem von Ratten nach mehrmaligen Blutentnahmen. Dies unterstĂŒtzt unsere Hypothese, dass die durch Blutentnahmen bedingten ProteomverĂ€nderungen auf eine gesteigerte Thormobzytopoese zurĂŒckzufĂŒhren sind und damit auf das gesteigerte Vorkommen junger Thrombozyten im Blutkreislauf. VerĂ€nderungen des Thrombozytenproteoms, die in beiden Tiermodellen unter Hypertonie auftraten, können mit groĂer Sicherheit auf die Hypertonie zurĂŒckgefĂŒhrt werden. Zu beachten ist allerdings, dass beide Modelle auf einer Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems (RAAS) basieren. Es kann also nicht differenziert werden, ob die VerĂ€nderungen durch die Hypertonie selbst oder durch das aktivierte RAAS verursacht wurden. Die Tiermodelle spiegeln somit nur eine Subgruppe der Hypertoniepatienten wider. Wir haben mit diesen Experimenten Thrombozyten-Proteine identifiziert, die sich durch einen erhöhten Blutdruck verĂ€ndern. Diese Proteine sind daher potentielle Kandidaten fĂŒr Biomarker, die eine Aussage ĂŒber den Blutdruckverlauf der zurĂŒckliegenden Tage ermöglichen. Solch ein Marker, Ă€hnlich dem HbA1c beim Diabetes mellitus, könnte die Hypertoniediagnostik erheblich erleichtern. FĂŒr die in dieser tierexperimentellen Studie identifizierten Proteine finden sich analoge Proteine in menschlichen Thrombozyten. Deren VerĂ€nderung durch Bluthochdruck sollte in Fall/Kontroll-Studien am Menschen untersucht werden. In ErgĂ€nzung zum im Journal of Hypertension veröffentlichten Artikel wird in der vorliegenden deutschen Zusammenfassung detaillierter auf die Methoden eingegangen. DarĂŒber hinaus werden zusĂ€tzliche Aspekte in der Diskussion angesprochen.