Refine
Year of publication
- 2013 (2) (remove)
Document Type
- Doctoral Thesis (2)
Language
- German (2) (remove)
Has Fulltext
- yes (2)
Is part of the Bibliography
- no (2)
Keywords
- Motorik (2) (remove)
Die motorische Leistungsfähigkeit nimmt mit steigendem Alter ab. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass cerebrale Mehraktivierungen, die bei älteren Menschen beobachtet werden, die altersbedingten Defizite kompensieren können. Jedoch ist nicht bekannt, ob gesteigerte Aktivierung — besonders in motorischen Regionen der kontralateralen und ipsilateralen Hemisphäre — effektiv zu motorischer Leistung beitragen oder ob diese Ausdruck einer ineffektiven Anpassung an altersbedingte Defizite des motorischen Systems sind und somit einer neuronalen Dedifferenzierung entsprechen. Wir untersuchten diese Frage in Gruppen von jungen und alten Probanden anhand unterschiedlich komplexer motorischer Paradigmen. Diese umfassten einfache Paradigmen (passive Bewegungsschiene, Faustschlussbewegungen in 1 Hz und in individuell maximaler Frequenz) sowie komplexe Paradigmen eines somatosensorisch geführten Fingerfertigkeitstests und einer visuellen Nachführaufgabe. In der Gruppe der älteren Probanden waren die Hirnaktiverungen generell gesteigert, vor allem in den primären und sekundären Arealen der ipsilateralen Hemisphäre. Die Gruppe der jungen Probanden zeigte fokussierte Mehraktivierungen im kontralateralen primär motorischen Kortex während des Fingerfertigkeitstests. Während des komplexen Paradigmas der Fingerfertigkeit war das Leistungsniveau der Gruppen vergleichbar. Korrelationen zwischen motorischer Leistung und den fMRT Aktivierungen wurden durchgeführt. Die älteren Probanden zeigten eine negative Korrelation in der ipsilateralen SMA und im ipsilateralen SM1. Die jungen Probanden zeigten eine positive Korrelation in der kontralateralen SMA und dem kontralateralem SM1. In der ersten Studie konnte gezeigt werden, dass die gesteigerte cerebrale Rekrutierung eine ineffektive Antwort auf eine altersbezogen gesteigerte Schwierigkeit der Aufgabe darstellt und nicht als effektiver Weg angesehen werden kann, altersbezogene Defizite des motorischen Systems zu überwinden. Eine weitere Gruppe von Probanden, die sich durch cerebrale Mehraktivierungen auszeichnen, sind Schlaganfallpatienten. Gesteigerte Aktivierungen sind dabei oft Ausdruck schlechter motorischer Restitution und mit schlechten Rehabilitationserfolgen assoziiert. Für die Vorhersage des Rehabilitations-Potentials nach Schlaganfall spielen sowohl die strukturelle als auch die funktionelle Integrität der absteigenden motorischen Bahnen eine gewichtige Rolle. Die zweite Studie untersuchte das Verhältnis zwischen Biomarkern cerebraler Bildgebung auf Ebene der Capsula interna in der kontra- und ipsilateralen Hemisphäre und der Handfunktion bei Schlaganfallpatienten, die eine fast vollständige Restitution der motorischen Funktion erfahren hatten. Die fraktionale Anisotropie und das Verhältnis der Bahnen in den Hemisphären des posterioren Schenkels der Capsula interna wurden durch diffusionsgewichtete MRT Messungen bestimmt. Die funktionelle Integrität der kortikospinalen Bahnen wurde mittels Transcranieller Magnetischer Stimulation (TMS) gemessen. Patienten mit geringer MEP-Amplitude zeigten hier eine abgeschwächte Handkraft und vermehrte Aktivierung des primär motorischen Kortex der betroffenen Hemisphäre. Bei einer Gruppe von chronischen Schlaganfallpatienten mit subkortikalen ischaemischen Insulten wurden mittels fMRT die Hirnaktivierungen während der Paradigmen einer passiven Bewegungsschiene und Faustschlussbewegungen in 1Hz und individuell maximaler Frequenz gemessen. Asymmetrische Verteilung der subkortikalen Bahnen zwischen den Hemisphären war mit schlechterer Handfertigkeit und mit gesteigerter Aktivierung des dorsalen Prämotorischen Kortex der kontraläsionalen Hemisphäre während der anspruchsvollen Handparadigmen assoziiert. Aus den Ergebnissen der Studie kann man die Möglichkeit einer vorteilhaften Reorganisation der ipsiläsionalen sekundär motorischen Regionen ableiten, die auf gesteigerte Anforderungen nach Affektion der kortikospinalen Bahnen durch subkortikale Schlaganfälle zurückzuführen ist.
Neuronale Plastizität, also Veränderungen neuronaler Strukturen in ihrer funktionellen oder sogar anatomischen Erscheinung, ist noch im Erwachsenenalter nachweisbar. Diese kann durch Kurzzeit- oder Langzeitlernen bzw. -training verursacht sein. Zur Untersuchung von durch Langzeitlernen oder -training hervorgerufenen Effekten eignen sich insbesondere Musiker. Diese zeigen eine bemerkenswerte Fähigkeit, motorische und sensorische Aspekte zu verarbeiten. Viele der dabei ablaufenden Prozesse sind spezifisch für die Interaktion mit dem jeweiligen Instrument. Ziel der zugrunde liegenden Untersuchung war es, instrumentenspezifische Veränderungen in zerebralen und zerebellären Arealen zu identifizieren. Hierzu wurden zwei Gruppen von Instrumentalisten mittels funktioneller Magnet-resonanztomographie untersucht, die in demographischen Parametern und Instrumentalerfahrung weitgehend homogen waren, sich aber in der Art der Interaktion mit dem jeweiligen Instrument unterschieden. Beide Gruppen (Trompeter als Experimentalgruppe, Pianisten als Kontrollgruppe) führten Aufgaben mit isolierter oder kombinierter Lippen- bzw. Fingerbewegung auf einem Trompetenmodell oder einem Keypad durch. Hierbei wurden Trompeten- bzw. Klaviernoten oder Piktogramme von Händen gezeigt, um die geforderten Fingerbewegungen zu kodieren. Während des isolierten Fingerspiels auf dem Trompetenmodell, also ohne zusätzlichen auditorischen Stimulus, zeigten die Trompeter verstärkte Aktivierung im posterior-superioren Kleinhirn, dem primär sensomotorischen Kortex der dominanten Hemisphäre im Bereich der Lippe und des Körperstamms sowie dem linken primär auditorischen Kortex. Diese Ergebnisse legen die Existenz eines audito-motorischen, moto-motorischen sowie zerebro-zerebellären Regelkreises nahe, der bei kontextspezifischen Fingerbewegungen aktiviert wird. Darüber hinaus entwickelten die Trompeter beim kombinierten Lippen- und Fingerspiel sowie isolierten Lippenspiel eine stärkere bilaterale Aktivierung im Heschl Gyrus, obwohl die Pianisten lauter spielten. Dies unterstreicht die Rolle des primär auditorischen Kortex im Rahmen von durch Langzeittraining ausgebildeten auditorischen Feedbackmechanismen. Beim kombinierten Lippen- und Fingerspiel zeigten beide Gruppen eine Annäherung der primär somatosensorischen Repräsentationsareale der Lippe und Hand in der dominanten Hemisphäre im Vergleich zu den jeweils isolierten Bewegungen. Dies wirft die Frage auf, ob es sich bei dem beschriebenen Effekt um einen für die fokale Dystonie des Lippenansatzes ätiologisch relevanten, wie bisher angenommen, oder im Allgemeinen dem kombinierten Lippen- und Fingerspiel geschuldeten handelt. Eine primäre Ökonomisierung der Lippenmuskelaktivität, der eine sekundäre, mit der Spielerfahrung positiv korrelierende folgt, sowie eine niedrigere Sensibilitätsschwelle der Oberlippe konnten mit Hilfe der zusätzlich durchgeführten peripher physiologischen Messungen bei Trompetern gezeigt werden.