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Die vorliegende qualitativ-hermeneutische Dissertation untersucht auf der Basis von 20 Interviews die Motivation von Patientinnen der Plastischen Alterschirurgie, die einen größeren Eingriff (Facelift) anvisieren oder bereits haben vornehmen lassen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das bisher gängige Prozedere die psychologischen Risiken und Nebenwirkungen einer solchen Operation vernachlässigt. Nach Sichtung der bewussten Beweggründe der Patientinnen und des sozialen Kontextes ihrer Entscheidung für eine OP beleuchtet die Arbeit komplexe Fragen des persönlichen Selbst- und Weltbilds, der Emotionalität und neurotischer Fixierungen. Das häufige Vorliegen von maladaptivem Coping, narzisstischem Selbstwertmanagement, niedriger sozioemotionaler Kompetenz, fehlender Sinnressourcen, wie auch der Neigung zum Selbstbetrug wirft ein problematisches Licht auf die Indikation. Unter Abwägung der Chancen und Risiken einer OP aus psychotherapeutischer Sicht erscheint es zweifelhaft, ob ein verjüngender Eingriff die Probleme der Patientinnen beheben kann, ob er unter ungünstigen Umständen nicht sogar mehr schadet als nützt. Dieses grundsätzliche psychologische Dilemma könnte berücksichtigt und minimiert werden durch ein verbindliches psychologisches Beratungs- und Aufklärungsgespräch im Vorfeld der Operation. So schließt die Arbeit mit dem Vorschlag eines kombinierten chirurgisch-psychologischen Vorgehens zur ganzheitlich konzipierten Therapie der Altersängste der Patientinnen, eine Neuerung, die sowohl im Dienst der Patienten wie auch im Dienst des behandelnden Chirurgen stünde.
Ziel dieser Arbeit war es, die Zusammenhänge zwischen der Identifikation mit der Gruppe der psychisch Kranken, den eigenen stigmatisierenden Haltungen und der Selbststigmatisierung der Patienten bei Aufnahme in eine psychiatrische Klinik und deren Veränderung im Verlauf des Aufenthaltes zu untersuchen. Dazu wurden 70 Patienten auf Psychotherapiestationen und in Tageskliniken kurz nach Aufnahme und nach vier Wochen Aufenthalt in der Klinik anhand von Fragebögen befragt. Die Hypothese, dass mit längerer Behandlung eine stärkere Identifikation mit der Gruppe der psychisch Kranken stattfindet, über positive Vergleiche der In-Group gegenüber der Out-Group stigmatisierende Haltungen psychisch Kranken gegenüber abgebaut und Selbststigmatisierung damit verringert werden kann, ließ sich nicht bestätigen. Stattdessen zeigte sich, dass mit Dauer der Behandlung die Identifikation mit der Gruppe tendenziell abnahm, die eigenen stigmatisierenden Haltungen eher zunahmen und die Selbststigmatisierung dennoch eher abnahm.
Die erste Hypothese, die besagte, dass sich Patienten mit höheren eigenen stigmatisierenden Haltungen auch stärker selbst stigmatisieren, wenn sie sich mit der Gruppe der psychisch Kranken identifizieren, ließ sich zum Teil bestätigen, musste aber präzisiert werden: Patienten, die negativen Stereotypen gegenüber psychisch Kranken zustimmen, stigmatisieren sich selbst stärker; der Drang nach Abgrenzung von psychisch Kranken hat keinen Einfluss auf die Selbststigmatisierung. Patienten, die sich mit der Gruppe der psychisch Kranken identifi-zieren, stigmatisieren sich stärker.
Auch die zweite Hypothese, der zufolge sich Patienten mit stärkeren stigmatisierenden Hal-tungen weniger mit der Gruppe der psychisch Kranken identifizieren, konnte zum Teil bestä-tigt werden, musste jedoch ebenso präzisiert werden: Patienten, deren stigmatisierende Hal-tungen sich im Wunsch nach Abgrenzung von anderen psychisch Kranken äußern, identifizie-ren sich weniger mit der Gruppe der psychisch Kranken. Ob die Patienten gängigen negati-ven Stereotypen über psychisch Kranke zustimmen, beeinflusst nicht ihre Identifikation mit der Gruppe.
Die dritte Hypothese, die besagt, dass die Identifikation mit der Gruppe der psychisch Kran-ken über einen vierwöchigen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik zunimmt, ließ sich nicht bestätigen. Die Identifikation mit der Gruppe nahm tendenziell eher ab, bei Patienten mit ein bis fünf Voraufenthalten signifikant ab.
Die vierte Hypothese, nach der eine erhöhte Gruppenidentifikation einen negativen Einfluss auf das eigene Stigma hat, die stigmatisierenden Haltungen gegenüber psychisch Kranken im Verlauf abnehmen und damit auch die Selbststigmatisierung abnimmt, ließ sich ebenso teil-weise bestätigen, doch auch hier muss differenziert werden: Patienten, die sich weniger mit der Gruppe der psychisch Kranken identifizieren, haben einen höheren Drang nach Abgren-zung von psychisch Kranken. Dies beeinflusst nicht, ob sie negativen Stereotypen über psy-chisch Kranke zustimmen. Die soziale Distanz, der Drang nach Abgrenzung von psychisch Kranken, nimmt im Verlauf zu; die Zustimmung zu negativen Stereotypen ändert sich unwe-sentlich. Die Selbststigmatisierung nimmt eher ab, bei Patienten mit ein bis fünf Voraufenthal-ten signifikant ab. Die Veränderung der Zustimmung zu negativen Stereotypen korreliert mit der Zunahme der Selbststigmatisierung, obwohl die Zustimmung zu negativen Stereotypen nicht signifikant zunimmt.
Eine entstigmatisierende Wirkung ist durch das therapeutische Milieu im stationären und teil-stationären Bereich also nicht eindeutig zu verzeichnen. Vielmehr zeigt sich, dass der Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik Abgrenzungsprozesse gegenüber anderen Betroffenen in Gang setzt, die eine Zunahme von Selbststigmatisierung verhindern können.
Die Alkoholabhängigkeit ist eine schwere, häufig chronisch verlaufende und im besonderen Ausmaß stigmatisierte psychische Erkrankung. Das öffentliche Stigma stellt dabei den Nährboden für die Entstehung von Selbststigmatisierung dar, die schlussendlich zu Selbstwertminderung und Verlust von Selbstwirksamkeit führt und mit einer geringeren Abstinenzzuversicht assoziiert ist. Bis heute ist nur wenig über mögliche Einflussfaktoren auf den Selbststigmatisierungsprozess sowie zu dessen Auswirkungen auf die soziale Inklusion bei Menschen mit Alkoholabhängigkeit bekannt. In der durchgeführten klinischen Querschnittstudie wurden 2011 im Zeitraum von März bis September 130 Menschen mit Alkoholerkrankung im Raum Greifswald und Stralsund befragt. N=86 Probanden konnten nachfolgend in die Datenanalyse eingeschlossen werden. Hierbei zeigte die Self-Stigma in Alcohol Dependence Scale (SSAD) konvergente Validität mit etablierten Messinstrumenten zu Selbststigma bei psychischen Erkrankungen (ISMI), Selbstwert (SES) und Scham (TOSCA-3). Die SSAD-Skala stellt damit ein geeignetes Messinstrument für den stufenweisen Selbststigmatisierungsprozesses bei Alkoholabhängigkeit dar. Weiterhin stand Selbststigma unabhängig von der aktuellen psychischen Gesamtbelastung in einem negativen Zusammenhang mit der sozialen Inklusion. Mit stärkerer Selbststigmatisierung nahm die soziale Isolation zu. Darüber hinaus stand Selbststigma in einem positiven Zusammenhang zu einer erlebten frühkindlichen Traumatisierung. Frühkindliche Traumatisierung zeigte in der Probandengruppe eine deutlich erhöhte Prävalenz und stellt einen Risikofaktor für die Entwicklung von Selbststigma dar. Wesentliche Limitationen der Studie waren Größe und Zusammensetzung der Stichprobe sowie das gewählte Querschnittdesign. Über ein besseres Verständnis von Selbststigma und dessen Zusammenhänge mit sozialer Inklusion und frühkindlicher Traumatisierung können im besten Fall sowohl die klinische Behandlung als auch die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Alkoholerkrankung verbessert und die Lebensqualität positiv beeinflusst werden.
Ein Großteil der Menschen mit psychischen Erkrankungen sucht keine professionelle Hilfe auf. Sowohl Ursachenvorstellungen als auch stigmatisierende Einstellungen scheinen relevante Einflussfaktoren auf den Prozess der Inanspruchnahme von Hilfe zu sein. Ziel dieser Arbeit war es zu untersuchen, inwieweit Ursachenvorstellungen und stigmatisierende Einstellungen mit dem Prozess der Inanspruchnahme bei Menschen mit unbehandelten psychischen Erkrankungen assoziiert sind. Außerdem sollte untersucht werden, inwieweit in dieser Zielgruppe Ursachenvorstellungen und Stigma miteinander assoziiert sind.
Wir interviewten dazu 207 Probanden mit einem unbehandelten psychischen Problem. Dabei erhoben wir als Teil des Prozesses der Inanspruchnahme von Hilfe die Symptomwahrnehmung und -bewertung, die Selbstidentifikation als psychisch krank, das Selbstlabeling als psychisch krank, die wahrgenommene Behandlungsbedürftigkeit, sowie die Intention professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Weiterhin wurden Ursachenvorstellungen, stigmatisierende Einstellungen, Depressivität, Depressionswissen, Behandlungserfahrungen sowie soziodemografische Variablen erfasst und ein diagnostisches Interview durchgeführt (M.I.N.I.).
Der überwiegende Teil der Probanden erfüllte die diagnostischen Kriterien (ICD-10) einer affektiven Störung (n=181, 87.4%) und/oder einer neurotischen, Belastungs- und somatoforme Störung (n=120, 58.0%). Eine explorative Faktorenanalyse von 25 verschiedenen Ursachen ergab fünf Ursachenfaktoren: biomedizinische Ursachen, personenbezogene Ursachen, Kindheitstraumata, aktueller Stress und ungesundes Verhalten. Die Attributionen eigener Beschwerden auf biomedizinische Ursachen, personenbezogene Ursachen, Kindheitstraumata und Stress waren mit stärkerer Selbstidentifikation als psychisch krank assoziiert. Jedoch waren bei Personen ohne Behandlungserfahrung nur biomedizinische Ursachen mit dem wahrgenommenen Behandlungsbedarf sowie der Intention verbunden, professionelle Hilfe aufzusuchen. Weiterhin waren biomedizinische Ursachen, Kindheitstraumata und ungesundes Verhalten mit stärkeren stigmatisierenden Einstellungen und wahrgenommenen Stigma-Stress verbunden. Stigmatisierende Einstellungen waren sowohl mit weniger Selbstidentifikation als auch mit geringerer Wahrscheinlichkeit assoziiert, eigene Beschwerden mit einer psychischen Erkrankung zu bezeichnen (Selbstlabeling).
Ableitend aus den Ergebnissen wurden Implikationen für die Zukunft hinsichtlich der Förderung der Inanspruchnahme von professioneller Hilfe bei psychischen Problemen, sowie weiterer Forschungsbedarf diskutiert.
Ländliche Regionen in Deutschland weisen aktuell eine zunehmende psychotherapeutische Unterversorgung auf. Telemedizinische Konzepte könnten eine Strategie bieten dieser entgegenzuwirken. Insbesondere im Bereich der schweren psychischen Erkrankungen ist die Studienlage zu internet- und telefonbasierten Interventionen sehr heterogen und unzureichend für eine finale Einschätzung der Effektivität. In der vorliegenden Arbeit wird daher die Konzeptualisierung, Durchführung und Auswertung einer telemedizinischen Intervention basierend auf Telefon- und SMS-Nachrichten vorgestellt und diskutiert, die speziell für Menschen mit der Diagnose einer Schizophrenie oder bipolaren Störung entwickelt wurde.
Als primäres Ziel der randomisierten kontrollierten Studie sollte eine leicht zugängliche, interindividuell adaptierbare und dabei ressourcenschonende Intervention zu einer verbesserten Situation der Probanden im Vergleich zur Kontrollgruppe führen. Die Medikamentenadhärenz innerhalb der Interventions- und Kontrollgruppe wurde dafür als primärer Endpunkt definiert. Die Probanden der Interventionsgruppe erhielten nach deren stationärer Entlassung über sechs Monate regelmäßig teilstrukturierte Anrufe und SMS-Nachrichten.
120 Probanden wurden in die Studie eingeschlossen und randomisiert. Die logistische Regressionsanalyse für den primären Endpunkt ergab einen signifikanten Effekt der Intervention auf die Medikamentenadhärenz nach sechs Monaten (OR: 4.11 CI: 1.47 – 11.45, p=.007). Die Medikation, Diagnose und soziale Erwünschtheit hatten keinen Einfluss auf diese Ergebnisse. Eine Analyse der Interventionseffekte auf das generelle Funktionsniveau und die wahrgenommene soziale Unterstützung der Probanden ergab keine signifikanten Veränderungen.
Somit können wir zeigen, dass personalisierte Telekommunikation zu einer Verbesserung der Medikamentenadhärenz beiträgt und damit einen vielversprechenden Ansatz liefert, um eine entscheidende Lücke in der medizinischen Versorgung von Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen zu überbrücken.