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Das Glioblastom ist ein hochmaligner und aggressiver Hirntumor, der von der WHO als Grad IV eingestuft wird. Die Betroffenen haben eine mittlere Überlebenszeit von 12 bis 15 Monaten, was auf dem invasiven Wachstum und der Chemo- und Radioresistenz des Tumors beruht. Dadurch existiert keine kurative Behandlung und es kommt in nahezu allen Fällen zu Rezidiven. Zunehmend wird deutlich, dass das Glioblastom einen stark veränderten Energiestoffwechsel aufweist, wobei das sogenannte lipidomic remodelling (Koundouros und Poulogiannis, 2020), welches für maßgebliche Alterationen im Fettsäuremetabolismus sorgt, besonders interessant erscheint. Die Fettsäureoxidation sowie damit assoziierte Prozesse und Proteine sind als eine bedeutende Energiequelle in den Fokus der Forschung getreten. So auch der hoch-affine Carnitintransporter OCTN2 (SLC22A5), welcher essentiell für den Carnitinhaushalt und damit die β-Oxidation der Zelle ist. In der vorgelegten Arbeit wurde daher das komplexe OCTN2/L-Carnitin System in seiner Funktion als potenzielle pharmakologische Zielstruktur zur therapeutischen Intervention beim Glioblastom tiefergehend untersucht und vorhandenes Wissen weiter ausgebaut. Hierzu diente eine Vielzahl experimenteller Bedingungen und Methoden, um Teilcharakteristiken des Glioblastoms darzustellen und die Bedeutung des OCTN2/L-Carnitin System zu überprüfen.
Da in vorausgegangenen Studien eine erhöhte Expression von OCTN2 mit einem signifikant schlechteren Überleben von Patienten mit Glioblastom nachgewiesen werden konnte, wurden als weitere potentiell interessante Zielstrukturen der niedrig-affine Carnitintransporter OCTN1 (SLC22A4) sowie Komponenten der β-Oxidation (CPT1C, CRAT) in die Patientenanalysen eingeschlossen. Zwar konnte für OCTN1 eine signifikant erhöhte mRNA-Expression in den humanen Glioblastomproben festgestellt werden, diese war jedoch nicht mit dem Überleben der Patienten assoziiert. Auch CPT1C und CRAT zeigten sich nicht als relevante Zielstrukturen beim Glioblastom.
In den durchgeführten Zellkulturexperimenten mit humanen LN-18 und murinen GL261 Glioblastomzellen zeigten sich partiell signifikante Effekte auf die wachstumsfördernden Kinasen AKT1 und ERK1/2, deren Phosphorylierungsgrad durch L-Carnitin moduliert wurde und die damit möglicherweise an carnitinvermittelten Wirkungen beteiligt sein könnten. Auf die Zellviabilität und Zellvitalität ließen sich hemmende Wirkungen des OCTN2-Inhibitors Meldonium sowie des CPT1-Hemmstoffes Etomoxir nachweisen, welche teilweise durch die zusätzliche Gabe von L-Carnitin revertiert wurden. Hinsichtlich der durch Zytostatika (Doxorubicin, Carmustin, Vincristin und Temozolomid) induzierten Apoptose konnte L-Carnitin nur die durch Carmustin in niedriger Dosierung ausgelöste Caspase-3 Aktivierung verhindern. Ein durch L-Carnitin ausgelöster Effekt auf die Migration der Glioblastomzellen konnte nicht nachgewiesen werden, jedoch wurde die migratorische Aktivität durch die Zytostatika Temozolomid und Carmustin, sowie interessanterweise auch durch den CPT1-Inhibitor Etomoxir, beeinträchtigt.
Um die Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie gegen das OCTN2/L-Carnitin System präklinisch zu evaluieren, wurden tierexperimentelle Studien durchgeführt. Unter Verwendung eines orthotopen Glioblastommodelles der Maus konnte gezeigt werden, dass Etomoxir und Meldonium einen hemmenden Einfluss auf das in vivo Tumorwachstum besitzen, wobei dieser Effekt nur für den OCTN2-Inhibitor Meldonium signifikant ausfiel. In den OCTN2-defizienten jvs(-/-)-Mäusen konnte keine ausreichende Anzahl von Versuchstieren erreicht werden, um zuverlässige und finale Aussagen zu tätigen. In den heterozygoten jvs(+/-)-Mäusen, die zwar phänotypisch unauffällig sind, aber durch die geringere OCTN2 Ausstattung verminderte Carnitin-Gewebespiegel aufweisen, zeigte sich eine leichte, nicht signifikante Reduktion des intrazerebralen Tumorwachstums im Vergleich zu den C57BL/6-Wildtyp Mäusen.
Zusammenfassend wurde in der vorliegenden Arbeit das OCTN2/L-Carnitin System und seine Bedeutung für das Glioblastom umfassend dargelegt und experimentell überprüft. Als Endresultat dieser Studie können Etomoxir und Meldonium als Substanzen zur zielgerichteten Beeinflussung des Glioblastomwachstums angesehen werden und sollten in weiteren Versuchsreihen detailliert auf ihre Eignung für die Entwicklung neuer Therapieformen überprüft werden.
Zink-Transporter 8-Autoantikörper sind auch in Kindern ohne hereditäres Diabetes-Risiko in der Lage, das Erkrankungsrisiko zu stratifizieren, was auf eine ähnliche Pathophysiologie hinweist, und insbesondere in anderweitig als niedrig-risikobehaftet eingestuften und in IA-2A-negativen Individuen diejenigen identifiziert, die manifestieren werden.
ZnT8A sind zudem hilfreich in der Identifizierung eines autoimmun-vermittelten Diabetes mellitus im Erwachsenenalter, insbesondere bei phänotypisch als T2D eingestuften Patient*innen, sodass eine entsprechende Therapie und damit die Prognose sowie das Langzeit-Outcome in diesem Patientenkollektiv positiv beeinflusst werden kann.
Das entsprechend des SNP im kodierenden SLC30A8-Gen getriggerte Reaktionsmuster ist in T1D-Patient*innen und hoch-risikobehafteten Kindern mit überwiegend davon unabhängiger Autoantikörperantwort gegenüber der ZnT8WA-dominierenden Antwort in LADA-Patient*innen deutlich different, was die Hypothese unterschiedlicher Pathomechanismen dieser beiden Diabetesformen unterstützt.
Die zusätzliche Testung von ZnT8QA trägt nicht zu einer zusätzlichen Risikostratifizierung bei, sodass ein kombiniertes ZnT8A-Screening mit einem ZnT8-Arg325-Trp325-Hybridkonstrukt eine deutliche Zeit- und Kostenersparnis ohne Sensitivitätsverlust darstellt.
Bei spezifischen klinischen Konstellationen ist eine Lumbalpunktion zur Liquoranalytik
wichtig, um die Ätiologie der epileptischen Anfälle bzw. eines Status epilepticus zu klären und
alternative Erkrankungen auszuschließen. Die im Rahmen der vorliegenden Studie entwickelte
IDEAL-Checkliste stellt vor diesem Hintergrund einen einfach umzusetzenden und in den
klinischen Alltag leicht zu implementierenden Algorithmus dar, der behandelnde Ärztinnen
und Ärzte bei der Entscheidung für oder gegen die Durchführung einer Liquoruntersuchung
unterstützt. Gleichzeitig bewahrt die Anwendung der Checkliste Patientinnen und Patienten vor
einer nicht notwendigen Liquorpunktion mit entsprechenden Risiken. In den hier vorliegenden
Studien hätte bei etwa der Hälfte der Fälle (43 % in der prospektiven bzw. 49 % in der
retrospektiven Kohorte) auf eine Lumbalpunktion verzichtet werden können. Damit hätten die
periprozedurale Belastung der Patientinnen und Patienten sowie potentielle Komplikationen
einer Lumbalpunktion vermieden werden können.
Gleichzeitig besteht aufgrund des hohen negativen prädiktiven Wertes von 99-100 % eine hohe
Wahrscheinlichkeit eine liquorrelevante Ätiologie auch nicht zu übersehen, wenn kein Item der
kombinierten IDEAL-Checkliste zutrifft und damit auf eine Lumbalpunktion zur Liquoranalyse
verzichtet wird.
Eine multizentrische, prospektive Beobachtungsstudie sollte unter Anwendung der nationalen
und demographischen MoCA-Werte und auch im Hinblick auf unterschiedliche
Diagnostikstrategien bzw. Indikationskriterien, die breite klinische Anwendung, aber auch die
Erfassung seltener Ätiologien (z. B. immunsupprimierte Patientinnen und Patienten,
systemische Autoimmunerkrankungen) zur weiteren Validierung der IDEAL-Checkliste
erfolgen.
Modulation der Immunantwort durch Vagotomie im Mausmodell der postoperativen Immundysfunktion
(2024)
Die postoperative Immunsuppression ist ein häufiges Problem nach großen abdominalchirurgischen Eingriffen und geht mit einer erhöhten Mortalität insbesondere durch septische Komplikationen einher. Eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Immunsuppression spielt der Nervus vagus, dies ist schon lange als cholinerger antiinflammatorischer Signalweg (engl. CAP) bekannt, wobei weder die Signalkaskaden auf zellulärer Ebene noch die Effekte des Nervus vagus hinreichend verstanden sind und kontrovers diskutiert werden.
Anhand der vorliegenden Ergebnisse dieser Arbeit lässt sich feststellen, dass das Traumamodell der surgically-induced immune dysfunction (SID) weitreichende Auswirkungen auf das Immunsystem hat. So konnten in-vivo signifikant veränderte Serumspiegel von IFN-γ, IL-2 und IL-6 gemessen und somit vorherige Ergebnisse anderer Arbeiten unserer Forschungsabteilung bestätigt werden. Außerdem führte die SID zu deutlichen Veränderungen hinsichtlich der Abwehrlage des angeborenen Immunsystems: wir fanden erniedrigte CD4+/CD8+-Relationen innerhalb der T-Zell-Population sowie insbesondere in der Spätphase ein erhöhtes Ly6Chigh/Ly6Clow-Verhältnis als Ausdruck einer gestörten angeborenen Immunabwehr durch patrolling macrophages, welche sich zusätzlich durch eine Abnahme der MHCII-Expression auf den Makrophagen unter Vagotomie äußerte.
Bei der ex-vivo-Betrachtung des Immunsystems unter Hinzunahme von Funktionstests mit Lipopolysaccharid (LPS) konnten wir beobachten, dass der Ablauf der Immunreaktion anhand der TNF-α-Ausschüttung von Makrophagen interessante Ähnlichkeiten mit dem bekannten SIRS-CARS-Modell der Sepsis aufweist. Wir konnten zeigen, dass die Vagotomie insbesondere in der Frühphase nach SID die hyperinflammatorische Reaktion der Milzmakrophagen noch weiter verstärkt. In der Spätphase 72 Stunden nach Trauma hat die Vagotomie einen geringeren Einfluss auf die Immunantwort und führt zu einer verstärkten Suppression, die allerdings nicht so stark ausgeprägt ist wie die Hyperinflammation in der Frühphase. Die Ausschaltung des N. vagus führt also in beiden Phasen zu einer Abweichung zu den Extremen hin und bedingt eine nachhaltige Störung des immunologischen Gleichgewichts.
Mit der vorliegenden Arbeit konnte ein wichtiger Beitrag zur Grundlagenforschung dieses klinisch so bedeutsamen Problems geleistet werden. Weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet sind notwendig, um in Zukunft nach operativem Trauma z.B. in Form von spezifischen Agonisten am alpha7-Rezeptor eine wirksame Therapie oder besser eine Prophylaxe zur Vermeidung anbieten zu können.
Thioredoxine (Trxs) bilden eine Familie ubiquitärer Oxidoreduktasen, welche durch posttranslationale Redox-Modifikationen von Cysteinyl-Thiolgruppen sowie die Regulation der intrazellulären Wasserstoffperoxidgehaltes die zelluläre Redoxantwort steuern. Es ist bekannt, dass Thioredoxine, Glutaredoxine (Grxs) und Peroxiredoxine (Prxs) wesentliche Signalwege von Inflammation, Proliferation und Apoptose beeinflussen und somit in vielen Pathologien, insbesondere bei entzündlichen Erkrankungen wie dem allergischen Asthma, eine entscheidende Rolle spielen. Derzeit sind vorwiegend die intrazellulären Funktionen der Proteine der Trx-Familie in Gesundheit und Krankheit umfassend untersucht, doch die extrazellulären Funktionen bei der Redox-Signalübertragung bleiben bis zum heutigen Tage weitestgehend im Dunkeln. In dieser Arbeit haben wir uns daher zum Ziel gesetzt, Verteilung und Funktion von Proteinen der Trx-Familie in der Regulation der Immunantwort zu untersuchen, wobei der Schwerpunkt auf dem extrazellulären Vorkommen und den damit verbundenen Eigenschaften liegt.
Allergische Atemwegsentzündungen sind durch bronchiale Obstruktion und chronischen Umbau sowie Hyperreagibilität der Atemwege gekennzeichnet. Die Anhäufung reaktiver Sauerstoffspezies in der bronchialen Flüssigkeit der Lunge und die sich daraus ergebenden Veränderungen des Redoxzustands in den bronchialen Epithelzellen sind in den letzten Jahren in den Fokus der Asthmaforschung gerückt. Mehrere Studien beschrieben eine positive Wirkung von Trx1 und Grx1 in Atemwegsinfektionen, so würde eine Th2-typische Immunmodulation reduziert und verringere in der Folge den Umbau der Atemwegsstruktur – eine zentrale Pathologie des Asthmas.
In dieser Studie untersuchten wir die Expressionsniveaus von Proteinen der Trx-Familie in Lungengewebe und bronchoalveolärer Lavageflüssigkeit in einem Mausmodell der Ovalbumin (OVA) induzierten allergischen Atemwegsentzündung. Wir konnten eine Zunahme von Grx2 und Prx4 in intrazellulären Proben aus der Mäuselunge nach einsetzen der induzierten Atemwegsinfektion zeigen. Ausschließlich unter OVA-induzierter Inflammation wurde in diesen Proben eine zweite Isoform von Grx2, zytosolisches Grx2c, nachgewiesen. Die Behandlung von Mäusen mit intraperitoneal appliziertem, rekombinantem Grx2 parallel zur Induktion der Entzündung mit OVA, hatte eine entzündungshemmende Wirkung, die zu einer Verringerung des asthmatischen Phänotyps in der Immunhistochemie und einer signifikanten Reduktion der Gesamtzahl der Entzündungszellen, besonders der eosinophilen Granulozyten führte. Die Verabreichung der rekombinanten Grx2C40S-Mutante, der die Fähigkeit zur Katalyse des Dithiol-Reaktionsmechanismus fehlt, hatte nicht die gleiche entzündungshemmende Wirkung. Eine zusätzlich durchgeführte His-Tag-Färbung zeigte eine Aufnahme von rekombinantem Grx2 in die Epithelzellen und Makrophagen der entzündeten Lunge. Die Färbung von Lungenabschnitten für HIF1- und Pro-Caspase3 nahm nach Beginn der allergischen Atemwegsentzündung zu und ging bei den mit dem wildtyp Grx2 behandelten Mäusen deutlich zurück.
In den extrazellulären Fraktionen war die Konzentration von Trx1, Grx1, Prx2 und Prx4 unter Entzündungsbedingungen erhöht, zudem konnte Prx4 in dieser Studie erstmals nur in der Entzündung, nicht aber bei gesunden Mäusen nachgewiesen werden. In-vitro-Experimente, bei denen Makrophagen aus Balb/c-Mäusen stimuliert wurden, sollten Aufschluss über die Funktionen von Trxs und Grxs in der Immunantwort geben. Grx2 und Trx1 wurden als potenzielle Stimulatoren von Makrophagen identifiziert, die die Sekretion von RANTES, IL-6, IL-10 und TNF-α induzieren, während die Zytokinspiegel von IL-4 und INF-γ nicht verändert wurden. Bei kombinierter Verabreichung von Redoxinen mit LPS/IFN-γ, die einen Entzündungszustand nachahmt, wurde gezeigt, dass Trx1 die Zytokinspiegel von TNF-α und INF-γ im Vergleich zu LPS/IFN-γ allein senkt. Die Behandlung mit Trx1/LPS/IFN-γ induzierte die Produktion von IL-6 und RANTES auf ein Niveau vergleichbar mit der alleinigen Stimulation durch LPS/IFN-γ.
Diese Arbeit beleuchtet Proteinveränderungen von Thioredoxinen, Glutaredoxinen und Peroxiredoxinen in einem Mausmodell für allergische Atemwegsentzündungen mit besonderem Schwerpunkt auf der extrazellulären Verteilung und Funktion der Proteine. Wir zeigen, dass die Veränderungen der Proteinspiegel selektiv reguliert werden und zu einem fein abgestimmten Netzwerk von Partnern in der Redox-Signalgebung beitragen und somit Potenzial für mögliche Therapieansätze bieten.
Hintergrund
Migräne ist eine hochprävalente Erkrankung, die bei betroffenen Patient*innen eine hohe Belastung sowohl durch die Kopfschmerzen an sich als auch durch die Einschränkung ihres Sozial- und Berufslebens hervorruft. Die Therapie besteht aus einer Akuttherapie der Kopfschmerzattacken sowie einer prophylaktischen Therapie zur Reduktion der Kopfschmerzfrequenz und -schwere. In der Prophylaxe stehen mit Antikörpern gegen das Calcitonin-gene-related-peptide (CGRP) und dessen Rezeptor erstmalig für die Migräne entwickelte gezielte prophylaktische Therapien zur Verfügung. Es stellt sich jedoch hierbei die Frage, ob CGRP-Antikörper lediglich symptomatisch in der Peripherie des trigemino-vaskulären-Systems wirken oder auch im zentralen Nervensystem die zugrundeliegenden pathophysiologischen Mechanismen beeinflussen, was einer krankheitsmodifizierenden Wirkung entspräche. Ziel unserer Studie war es, die Nullhypothese einer rein symptomatischen Wirkung gegen die Alternativhypothese einer Krankheitsmodifikation und somit zentralnervösen Wirkung, zu prüfen, indem bei Patient*innen mit episodischer Migräne der nozizeptive Blinkreflex vor und nach der Behandlung mit CGRP-Antikörpern untersucht wurde.
Methoden
22 Patient*innen mit episodischer Migräne (21 Frauen, 46,2 ± 13,8 Jahre alt) und 22 alters- und geschlechts-gematchte Kontrollen wurden im Rahmen dieser prospektiven Beobachtungsstudie eingeschlossen. Sie erhielten einen umfassenden Fragebogen zur Erhebung demografischer Charakteristika sowie der Kopfschmerzanamnese. Es erfolgte eine Messung des Blinkreflexes (10 Durchgänge à 6 Stimuli) vor (V0) und 3 Monate (V3) nach der Behandlung mit CGRP-Antikörpern (Kontrollen wurden einmalig gemessen). Im Rahmen der Messung wurden wiederholt schmerzhafte Stimuli supraorbital appliziert, die direkte Rückschlüsse auf die zentralnervöse Erregbarkeit des Hirnstamms als pathophysiologisch zentralen Mechanismus im Rahmen der Migräneentstehung zulassen. Die Area-under-the-curve (AUC) der R2-Komponente der Muskelsummenaktionspotentiale des Blinkreflexes sowie das Habituationsverhalten (Regressionskoeffizient über mehrere Blöcke) der stimulierten sowie nicht-stimulierten Seite wurden über 10 Blöcke hinweg evaluiert (primärer Endpunkt). Es wurde jeweils zuerst ein Test auf globale Veränderungen durchgeführt, der dann durch post-hoc-Analysen weiter spezifiziert wurde.
Ergebnisse
Alle Patient*innen zeigten eine signifikante Reduktion der Kopfschmerztage/Monat (V0: 12,4±3,3, V3: 6,6 ± 4,9) nach Beginn der Behandlung mit einem CGRP-/Rezeptorantikörper. Auf der stimulierten Seite reduzierte sich die AUC signifikant in den Blöcken eins, zwei sowie acht (Fglobal=5,86, p<0,001; block 1: R2a_s: -28%, p<0,001). Auf der nicht-stimulierten Seite zeigten sich Block eins, zwei, drei, acht sowie zehn als signifikant reduziert (Fglobal=8,22, p<0,001, block 1: R2a_ns: -22%, p=0,003). Die Veränderung der Habituation erwies sich in den Blöcken sechs, sieben, acht und zehn auf der nicht-stimulierten Seite als signifikant (Fglobal=3,07, p<0,001; block 6: R2h_ns: r=-1,36, p=0,007). Weder die AUC noch die Habituation des ersten Messtermins (V0) korrelierte mit dem späteren klinischen Ansprechen, sodass kein Prädiktor für das Therapieansprechen detektiert werden konnte (binär logistische Regression; alle Prädiktoren p>0,05).
Diskussion & Zusammenfassung
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die dreimonatige Therapie mit CGRP-Antikörpern die Erregbarkeit des Hirnstamms als Antwort auf wiederholte schmerzhafte Stimuli bei Patient*innen mit Migräne normalisiert und liefert somit Hinweise für ein krankheitsmodifizierendes Potenzial. Veränderungen der Habituation korrelierten signifikant mit der Verringerung der Kopfschmerz-Frequenz, weitere Studien sind jedoch nötig, um zu eruieren, ob Parameter als Prädiktor geeignet sind um eine Voraussage über das Therapieansprechen und das Risiko einer Verschlechterung nach Beendigung der Therapie zu ermöglichen.
Kognitive Beeinträchtigungen treten bei 43-70 % der Patient*innen mit Multipler Sklerose (MS) auf [1]. Der Symbol Digit Modalities Test (SDMT) ist ein kognitiver Test, der ein empfindliches Maß für die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit ist, und bei MS-Patient*innen häufig beeinträchtigt ist [2, 3]. In bildgebenden Studien wurden bereits die Bedeutung von Läsionen in der weißen Substanz, aber auch der grauen Substanz im Bereich des beidseitigen superioren Parietallappens (Brodman Areal [BA] 7A) für die Durchführung des SDMT hervorgehoben [4–6]. Bislang liegen jedoch nur wenige Daten speziell zur Integrität der von BA 7A absteigenden Bahnen der weißen Substanz vor. Ein Zusammenhang zwischen der Integrität des BA 7A Traktes der weißen Substanz und der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit bei Patient*innen mit Multipler Sklerose ist bisher noch unbekannt.
In dieser Studie untersuchten wir die Assoziation zwischen der Integrität des von BA 7A ausgehenden Traktes der weißen Substanz und der Leistung im SDMT in einer Gruppe von 101 MS-Erkrankten. Dazu verwendeten wir die Diffusionstensor Bildgebung (DTI), um diesen Trakt mit der probabilistischen Traktographie zu rekonstruieren. Anhand der quantifizierten mittleren fraktionalen Anisotropie (FA), ein Maß für die Abweichung von isotroper Diffusivität in allen Richtungen und der SDMT Leistung konnten wir mit und ohne Maskierung der zuvor festgestellten Läsionen der weißen Substanz mögliche Korrelationen berechnen. Dabei zeigte sich, dass die Werte der fraktionalen Anisotropie positiv mit den verminderten Ergebnissen des SDMT assoziiert waren. Für den kortikospinalen Trakt als Kontrolltrakt ergab sich diese Assoziation erwartungsgemäß nicht, da er mit motorischen und nicht mit kognitiven Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht wird [7]. Der positive Zusammenhang blieb auch nach Maskierung der Läsionen innerhalb des BA 7A Traktes bestehen, was auf eine zusätzliche Schädigung der normal erscheinenden weißen Substanz schließen lässt.
Die Beziehung zwischen der Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung bei Patient*innen mit Multipler Sklerose und der Integrität des BA 7A-Traktes der weißen Substanz wurde festgestellt. Durch diese Studie können weitere Erkenntnisse über die strukturelle Korrelation der weißen Substanz des Gehirns mit der kognitiven Leistung von MS-Erkrankten gewonnen werden. In der Zukunft ist eine Kombination aus strukturellen mit funktionellen Messungen sinnvoll.
Pentathiepine sind siebengliedrige, heterocyclische Polysulfane. Sie gehören damit zur Gruppe organischer Polysulfide und somit zu einer Stoffklasse, die in den letzten Jahren wachsendes Interesse hinsichtlich pharmazeutisch/medizinisch nutzbarer Eigenschaften geweckt hat. Sie besitzen unterschiedliche biologische Wirkungen, die möglicherweise auf die Aktivierung durch Thiole, wie zum Beispiel Glutathion (GSH), zurückzuführen sind. Dazu gehören die Erzeugung von reaktiven Sauerstoffspezies und die oxidative Fragmentierung von DNA.
Pentathiepine zeigen sich als gelbe, schwer lösliche Feststoffe und sind in sauren Lösungen sehr stabil. In Lösungen, die Basen oder Nukleophile enthielten, nahm der Gehalt an Pentathiepinen jedoch sehr schnell ab. In dieser Arbeit sollte hauptsächlich untersucht werden, inwieweit sich die Stabilität der Pentathiepine auf die biologischen Eigenschaften auswirkt. Neben der Ermittlung der Verteilungskoeffizienten 23 verschiedener Pentathiepine, wurden auch enzymbasierte Assays durchgeführt.
Dazu gehörte die Bestimmung der Reversibilität der Hemmung an boviner Glutathionperoxidase-1 (GPx-1) sowie der Einfluss unterschiedlicher Inkubationsbedingungen auf die inhibitorische Wirkung. Dabei wurde für das untersuchte Pentathiepin mittels jump dilution keine irreversible Hemmung an boviner GPx-1 gefunden. Eine irreversible Inhibierung konnte jedoch für Mercaptobernsteinsäure gezeigt werden. Die Ergebnisse der unterschiedlichen Inkubationsbedingungen erlauben die Schlussfolgerung, dass der intakte Pentathiepinring wahrscheinlich nicht an der Hemmung der GPx-1 beteiligt ist, sondern die aus der Reaktion mit GSH gebildeten Abbauprodukte. Es konnte jedoch auch gezeigt werden, dass der Pentathiepinring mindestens als „Schwefeltransporter“ benötigt wird. Ein Übertrag des GPx-Assays auf die HPLC konnte als prinzipiell möglich, für die Pentathiepine jedoch als nicht geeignet gezeigt werden.
Im zweiten Teil der Arbeit wurden sechs Pentathiepine mit vier unterschiedlichen Grundgerüsten hinsichtlich ihrer Stabilität in Gegenwart von GSH untersucht. Dabei gab es hinsichtlich der Reaktivität der Pentathiepine sehr starke Unterschiede. Trotz dieser großen Unterschiede konnten keine Unterschiede hinsichtlich der GPx-Hemmung und der antiproliferativen Eigenschaften beobachtet werden. Auch eine Absenkung der intrazellulären GSH-Konzentration durch Inkubation mit DL-Buthioninsulfoximin in drei humanen Krebszelllinien mit unterschiedlichem Glutathiongehalt ergab keine Unterschiede zwischen den getesteten Substanzen. Sie waren nach Vorinkubation der Zellen durchgehend aktiver.
Aufgrund der vergleichsweise hohen Reaktivität in Gegenwart von GSH sollte ein Pentathiepin in einem proof of concept in Liposomen formuliert werden. Diese Formulierung sollte einerseits das Pentathiepin vor Reaktionen mit Thiolen wie GSH schützen, andererseits die Wasserlöslichkeit erhöhen. Dabei ergab sich, dass die Wasserlöslichkeit der Pentathiepine durch Formulierung in DOPC-Liposomen von unter 3 μM auf über 400 μM erhöht werden konnte. In Hinsicht auf die Stabilität ergab sich eine erhöhte Stabilität des untersuchten Pentathiepins in Anwesenheit von 10 mM GSH um den Faktor 4 in der Zeit bis zum vollständigen Abbau. Hinsichtlich der antiproliferativen Eigenschaften ergab sich keine Abnahme der Wirkung des Pentathiepins durch Formulierung in Liposomen.
Ein wichtiges Nachsorgekonzept nach erfolgter Parodontitistherapie besteht im Angebot einer Unterstützdenden Parodontitis Therapie (UPT). Hierfür stehen herkömmliche Methoden wie Hand-, Schall- und Ultraschallinstrumente einerseits sowie Luft-Pulver-Wasserstrahlgeräte andererseits zur Verfügung.
Die vorliegende Arbeit untersucht in diesem Kontext einen spezifischen Aspekt der Luft-Pulver-Wasserstrahltechnik. Es soll betrachtet werden, welche Wirkung niedrig-abrasive Prophylaxepulver auf die Farbstabilität von Zahnschmelz haben und wie dieser Effekt sich im Vergleich zu herkömmlicher Zahnpolitur mit Polierpaste darstellt. Ein weiterer Beitrag der Studie besteht in der eigenständigen Entwicklung eines in-vitro Modells, in dem das Färbeverhalten von Zahnoberflächen reproduzierbar erfasst werden kann.
Insgesamt liegen aus dieser Untersuchung Daten von 152 extrahierten Zähnen vor, welche durch verschiedene Verfahren oberflächlich behandelt und anschließend in eine Färbelösung aus Kaffee gegeben wurden. Die Zahnfarben wurden zu verschiedenen Zeitpunkten mittels digitaler Bildanalyse bestimmt.
Im gewählten Versuchsaufbau (Durchlauf 1 und 2) ließ sich zunächst kein signifikanter Unterschied im Färbeverhalten nach Behandlung mit den Prophylaxepulvern Airflow Plus, Airflow Perio (EMS, Nyon, Schweiz) oder der Polierpaste Cleanic Prophy Paste flouride (Kerr Hawe, Bioggio, Schweiz) feststellen. Die Anwendung der verglichenen drei Produkte nach Herstellerangaben in der Studiensimulation erbrachte demnach keine signifikanten Verfärbungsunterschiede. Erst eine Modifikation des Versuchsablaufs im 3. Durchlauf, bei welchem die Zahnproben zusätzlich mit einer gesättigten Lösung aus Prophylaxemittel und Aqua Dest exponiert wurden, konnte einen signifikanten Einfluss des Prophylaxepulvers Airflow Plus auf das Färbeverhalten zeigen. Es ist von einem chemischen Einfluss des Inhaltsstoffes Chlorhexidin im Pulver Airflow Plus auszugehen, welcher in einer Konzentration von ≤0,3% im Pulver enthalten ist.
Diese Nebenwirkung ist aus der Praxis und aus der Literatur bekannt und wurde bereits in zahlreichen Untersuchungen bestätigt.
Gegenstand zukünftiger Arbeiten könnte die Untersuchung des Einflusses des Hauptbestandteils Erythritol auf das Färbeverhalten von Zahnoberflächen sein, oder der Einfluss höherer Druck- und Wassereinstellungen des Prophylaxegerätes. Des weiteren könnte ein Einfluss speziell auf das Färbeverhalten von Dentin oder Kompositrestaurationen durch das Prophylaxepulver EMS Airflow Plus und seine einzelnen Bestandteile untersucht werden.
Der Vergleich der Ernährungsgewohnheiten zweier populationsbasierter Kohorten
zeigt signifikante regionale Unterschiede in Deutschland. Anhand der in Vorpommern
ansässigen SHIP-Kohorte und der KORA-Kohorte der Region Augsburg lassen sich
sowohl Aussagen zu einem möglichen Nord-Süd-Gefälle als auch zu persistierenden
Unterschiede zwischen neuen und alten Bundesländern nach der deutschen
Wiedervereinigung treffen. In Vorpommern wird der Verzehr von Fleisch, Fisch, Obst
und Softdrinks häufiger angegeben. In der Region Augsburg dagegen ist die
Verzehrhäufigkeit von Gemüse und Cerealien höher. Mit dem ebenfalls erhobenen
Food Frequency Score lässt sich die Qualität der Ernährung messen und anhand einer
Bewertungsmatrix der einzelnen Nahrungsmittelkategorien in Beziehung zu deren
Wert gemäß den Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
vergleichen. Die südwestdeutsche KORA-Kohorte weist einen höheren Score und
damit eine ausgewogenere Ernährung auf als die nordostdeutsche SHIP-Kohorte. Die
regionalen Unterschiede in den Ernährungsgewohnheiten bieten eine mögliche
Erklärung für die regionalen Unterschiede in der Lebenserwartung sowie in der
Prävalenz der Wohlstandserkrankungen. Die Ernährungsweisen in beiden Regionen
werden von bestimmten soziodemographischen Faktoren beeinflusst. Alter,
Geschlecht, Bildungs- und Einkommensstatus sind die Faktoren, deren Einfluss
untersucht wurden. Im Wesentlichen zeigen sich die Differenzen zwischen den
Kohorten in gleicher Ausprägung, auch unabhängig vom Geschlecht. Nur für einzelne
Lebensmittelgruppen besteht ein stärkerer Effekt. Bei Vergleich dreier Altersgruppen
ließ sich feststellen, dass die regionalen Unterschiede am deutlichsten in der Gruppe
der 60-80-jährigen sind. Das Einkommen hat in einzelnen Nahrungsmittelgruppen
keinen signifikanten Einfluss auf den Unterschied zwischen den Kohorten. Eine höhere
Schulbildung dagegen verringert die Differenz zwischen SHIP und KORA bezogen auf
den Verzehr von Sättigungsbeilagen, Fisch und Eiern. Diese Assoziation kann jedoch
nicht auf andere Lebensmittelkategorien übertragen werden. Der Food Frequency
Score liegt bei der KORA Kohorte für alle untersuchten soziodemographischen
Faktoren höher als bei der SHIP Kohorte. Für männliche Teilnehmer und Teilnehmer
mit einer Bildungsdauer über 10 Jahren ist der Effekt signifikant größer. Die Faktoren,
die mit einer ungesünderen Ernährungsweise assoziiert sind, bieten also
Angriffspunkte für Präventionsmaßnahmen für einzelne Bevölkerungsgruppen.
Zusammenfassung
Die Verordnung einer Stressulkusprophylaxe im Rahmen stationärer Aufenthalte ist im medizinischen Alltag weit verbreitet. Die Verschreibungspraxis einer SUP wurde bisher vor allem im Bereich der Intensivmedizin und der Inneren Medizin untersucht [33, 40, 42, 45, 46]. Allerdings konnte gezeigt werden, dass eine stressulkusbedingte gastrointestinale Blutung unter stationären Bedingungen ein sehr seltenes Ereignis darstellt [12,17]. Im Bereich chirurgischer, nicht kritisch erkrankter Patienten gibt es bislang nur wenige Studien zur aktuellen Praxis der Verschreibung einer SUP [16, 46].
Um die aktuelle Verschreibungspraxis einer SUP in einem chirurgischen Patientenkollektiv beschreiben und bezüglich des Vorliegens einer Indikation nach aktuellen Leitlinien charakterisieren zu können, wurden retrospektiv von Januar bis Juni 2016 Patientendaten an der Universitätsmedizin Greifswald erhoben und ausgewertet [49]. Des Weiteren erfolgte eine Untersuchung der landesweiten Verschreibungspraxis einer SUP auf der Basis einer Befragung der Abteilungsleiter und Mitarbeiter chirurgischer Abteilungen der Akutkliniken in Mecklenburg-Vorpommern [50].
Die Auswertung der retrospektiv erhobenen Patientendaten zeigte eindeutig, dass im weit überwiegenden Anteil der Patienten mit neu verordneter SUP keine Risikofaktoren für die Ausbildung von Stressulzera und stressulkusbedingten Blutungen vorlagen [49]. In 85.7-99.6 % der Patienten mit SUP konnte die Indikation für die Gabe nicht nachvollzogen werden [49].
Die Befragung chirurgisch tätiger Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern zeigte, dass die Verschreibung der SUP nur in einer Minderzahl der Kliniken durch eine SOP geregelt war [50]. In den Kliniken mit vorhandener SUP war deren Inhalt nur einer Minderheit der klinisch tätigen Ärzte inhaltlich bekannt [50]. Eine kritische Reevaluation der Indikation einer SUP erfolgte nicht regelhaft bei Verlegung von Intensiv- auf die Normalstation oder bei Entlassung [50].
Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass bei chirurgischen Patienten auch heute noch eine massive Überverschreibung einer medikamentösen Stressulkusprophylaxe zur medizinischen Routine gehört [49, 50]. Dabei scheint von den behandelnden Ärzten das Risiko eines Auftretens stressulkusbedingter Blutungen massiv überschätzt beziehungsweise den Patientengruppen nicht regelrecht zugeordnet werden zu können [49, 50]. Angesichts der Tatsache, dass den zur SUP verwendeten Medikamente eine zunehmend größere Zahl unerwünschter Nebenwirkungen (bakterielle Gastroenteritis, akute interstitielle Nephritis, Vitamin-B12-Mangel, ein erhöhtes Risiko für eine Covid-19-Infektion, ambulant und nosokomial erworbene Pneumonien, Demenzerkrankungen, Osteoporose sowie Elektrolytstörungen) zugeordnet werden kann, sollte die Verschreibung der SUP nach einem festen Indikationsschemas erfolgen und im Laufe des stationären Aufenthaltes wiederholt kritisch hinterfragt werden [23-27].
Die Entwicklung einheitlicher Empfehlungen und Richtlinien zur Handhabung von SUP und die Sensibilisierung chirurgisch tätiger Ärzte im Rahmen von Fort- und Weiterbildungen erscheint somit, angesichts der erarbeiteten Daten, dringend notwendig zu sein.
Diese Arbeit beschreibt die Konstruktion einer 3D-gedruckten modularen
Messapparatur (M3DOMA), die eine simultane Messung von Kraft und Drehmoment in allen drei Raumachsen (X, Y und Z) an drei beliebigen Zähnen des Zahnbogens erlaubt und in weiteren Ausbaustufen auf alle Zähne eines Zahnbogens erweitert werden kann. Die Messapparatur wird in Hinblick auf den Aufbau und dessen Eigenschaften, wie der Ruherausch, die Wiederholbarkeit, sowie die Verlässlichkeit der Messungen, beschrieben.
Die Migration von Endothelzellen unter hämodynamischen Flussbedingungen ist ein komplex regulierter Vorgang. In dieser Arbeit konnten die Aktivierung des Apelin-Rezeptors und die Zugabe von Statinen als Einflussfaktoren auf die Migration der Endothelzellen unter verschiedener Schubspannung identifiziert werden. Dabei wurden folgende Kernaussagen herausgearbeitet:
1. Der Apelin-Rezeptor reguliert die Endothelzellen-Migration in Abhängigkeit von der Schubspannung und dem Gefäßbett. In HUVEC wirkt der APLNR migrationsfördernd unter physiologischen Schubspannungen und migrationshemmend unter höheren Schubspannungen. Keinen Einfluss zeigt der APLNR auf die Migration von HCAEC.
2. Physiologische Statinkonzentrationen reduzieren die EC-Migration in HCAEC. Dies steht im Gegensatz zu der beschriebenen migrationsfördernden Wirkung von statinbehandelten HUVEC. In supraphysiologischen Konzentrationen zeigten sich Unterschiede zwischen dem lipophilen Atorvastatin und dem hydrophilen Pravastatin.
3. Die Wirkung der Statine auf die EC-Migration scheint teilweise über den APLNR zu erfolgen. Dies könnte möglicherweise abhängig von ihrer Lipophilie geschehen.
Hinsichtlich der klinischen Relevanz scheint insbesondere der Einfluss des APLNR auf die endotheliale Migration, sowie sein Zusammenspiel mit Atorvastatin von Bedeutung zu sein. In diesem experimentellen Setting konnte bei Betrachtung von arteriellen EC kein Vorteil eines der Statine bezüglich ihrer Migration herausgearbeitet werden. Inwieweit sich diese jedoch klinisch unterscheiden, müsste in in vivo Studien untersucht werden.
In Zusammenschau mit den Studien der aktuellen Literatur zeigte die hier vorliegende Arbeit besonders, wie stark zum Beispiel die Auswahl des Zellmodells die Ergebnisse beeinflusst. So lassen sich Arbeiten mit dem für Arteriosklerose oft gewählten HUVEC-Zellmodell kaum mit Experimenten an HCAEC vergleichen, obgleich es sich bei beiden um vaskuläre Endothelzellen handelt. Außerdem zeigte sich, dass die Wirkung der Statine oder der APLNR-Blockierung unter physiologischen Schubspannungen teilweise gegenteilig zu ihrer Wirkung unter höheren Schubspannungen ist.
In der individualisierten Medizin wird angestrebt für jeden einzelnen Patienten entsprechend seiner Erkrankungen, die optimalste Therapie zu finden. Wo Atorvastatin für den einen Patienten von Vorteil ist, sorgt bei einer anderen Patientin Pravastatin für mehr Sicherheit. Dass diese Wirkstoffgruppe nicht so homogen ist, zeigen die hier erhobenen Ergebnisse. Um den modernen Therapieansatz zu verfolgen, sollten auch die wissenschaftlichen Fragestellungen bezüglich der Wirkstoffgruppe der Statine konkreter abgestimmt beantworten.
Für frühgeborene Kinder ist Muttermilch die empfohlene enterale Ernährung mit vielen bereits gut untersuchten positiven Effekten. Jedoch ist der Gehalt an Makronährstoffen zu niedrig, um die Bedürfnisse von Frühgeborenen zu decken. Zusätzlich zeigt native Muttermilch eine hohe inter- und intraindividuelle Variabilität der Makronährstoffe. Die Effizienz der allgemein verbreiteten Standardfortifizierung mit kommerziell erhältlichen Fortifiern ist durch diese Variabilität beeinträchtigt und kann so in einem Großteil der Muttermilchproben zu einer inadäquaten Nährstoffzufuhr führen, die zu niedrig, jedoch auch zu hoch ausfallen kann. Unzureichende Ernährung kann einen negativen Einfluss auf das Wachstum und die Körperzusammensetzung sowie Folgeerkrankungen im Erwachsenenalter haben.
Diese Studie zeigt anhand eines Datensatzes mit realen Messwerten zur Zusammensetzung der Muttermilch in über 3300 Proben, dass die Messung der Makronährstoffe in nativer Muttermilch und die anschließende, darauf basierende Targetfortifizierung mit der individuellen Ergänzung der fehlenden Makronährstoffen zu adäquaten Nährstoffeinträgen führt. Mit diesem Ansatz kann auf die Variabilität der nativen Muttermilch reagiert und die Variation der Makronährstoffeinfuhr signifikant verringert werden. In dieser Arbeit wurden drei verschiedene optimierte Standardfortifier entwickelt. Deren Zusammensetzung erhöht den Makronährstoffeintrag bereits unter Standardfortifizierung, aber noch mehr bei ein oder zwei Muttermilchanalysen pro Woche.
Weiterhin wurde in dieser Arbeit der Einfluss der durch die verschiedenen Fortifizierungsstrategien erzeugten Nährstoffzufuhren auf die Wachstumsraten berechnet, die für Standardfortifizierung ungenügende und für Targetfortifizierung hauptsächlich zufriedenstelle Ergebnisse zeigt.
Verschiedene Kombinationen von Pooling mit bis zu drei Proben oder von Pooling einer größeren Anzahl wie in einer Milchbank zu Verfügung stehenden Proben verringerten nicht die Variabilität der Nährstoffzufuhr. Ebenso zeigte die Gefriertrocknung keine zufriedenstellenden Ergebnisse für alle Makronährstoffkonzentrationen.
Die Ergebnisse dieser Arbeit verdeutlichen, dass standardfortifizierte Muttermilch trotz verschiedener Poolingstrategien keine adäquate Makronährstoffzufuhr für frühgeborene Kinder sicherstellt. Für den klinischen Alltag wird die Bedeutung der Targetfortifizierung deutlich, die mit regelmäßiger Muttermilchanalyse und unter Anwendung optimierter Standardfortifier zufriedenstellend gelingen kann und so zu physiologischen Wachstumsraten führen kann.
Hintergrund:
Kardiovaskuläre Präventionsleitlinien empfehlen unterschiedliche Instrumente zur kardiovaskulären 10-Jahres-Risikobestimmung. In der hausärztlichen Praxis wird dafür häufig das arriba-Instrument verwendet und durch die Leitlinie „Hausärztliche Risikoberatung zur kardiovaskulären Prävention“ empfohlen. Ziel der Studie ist die Validierung der arriba-Risikoprädiktion auf Basis von Morbiditäts- und Mortalitätsdaten der bevölkerungsbasierten Study of Health in Pomerania.
Methoden:
In einer retrospektiven Längsschnittanalyse wurde für Probanden ohne vorheriges kardiovaskuläres Ereignis das kardiovaskuläre 10-Jahres-Gesamtrisiko (Myokardinfarkt oder Schlaganfall) zur Basisuntersuchung mit dem arriba-, SCORE-Deutschland- und PROCAM-Algorithmus (Myokardinfarkt) berechnet. Aus Daten der Folgeuntersuchungen wurden kardiovaskuläre Ereignisraten ermittelt und Diskriminierungs- und Kalibrierungsmaße für die Risikobestimmungsinstrumente berechnet.
Ergebnisse:
In die Analyse wurden 2277 Proband:innen (Durchschnittsalter 53 ± 13 Jahre, 50% Männer) eingeschlossen. Nach durchschnittlich 10,2 Jahren betrug die kardiovaskuläre Ereignisrate 8,6% (196/2277). Das Verhältnis aus prädizierter und beobachteter Ereignisrate betrug für Proband:innen mit niedrigem, mittlerem und hohem kardiovaskulären Risiko 0,8, 1,5 und 1,3. Arriba unterschätzte bei Frauen und überschätzte in den Altersgruppen 30-44 und 45-59 Jahren die kardiovaskulären Ereignisraten.
Schlussfolgerung:
Diskriminierungswerte für das arriba-Instrument sind mit SCORE-Deutschland und PROCAM vergleichbar, eine individuelle Anpassung an die Zielpopulation ist jedoch nötig.
Die Untersuchung widmet sich der Analyse von Darstellungen von Erde und Kosmos in ausgewählten Drucken der Inkunabelzeit zwischen 1450 und 1500. Das Forschungskorpus umfasst verschiedene Werke, darunter das „Buch der Natur“ von Konrad von Megenberg, den „Lucidarius“, den „Schatzbehalter“ von Stephan Fridolin und die „Weltchronik“ Hartmann Schedels. Im Fokus steht die Untersuchung des Verhältnisses von Text und Bild sowie der Funktionen der Holzschnitte bei der Vermittlung von Wissen über die Welt. Bei der Analyse werden Aspekte wie Layout, Bildformeln, Kolorierung und das Zusammenspiel von Text und Bild bei der Rezeption berücksichtigt. Die Werke repräsentieren unterschiedliche Textgattungen und ermöglichen Einblicke in die sich wandelnde Rezeption von Wissen über Erde und Kosmos im Übergang von der Handschrift zum Druckmedium.
In der vorliegenden Arbeit wurde ein Routine-TDM auf einer Intensivstation über 3 Jahre bei Patient:innen mit Sepsis während einer kontinuierlichen Meropenemtherapie durchgeführt und auf die Umsetzung und den praktischen Nutzen hin untersucht. Da Meropenem ein Antibiotikum mit zeitabhängiger Wirkung ist, war das Ziel Konzentrationen unterhalb der 4-fachen MHK und ein dadurch bedingtes mögliches Therapieversagen zu vermeiden.
Die Patient:innen erhielten zu Beginn eine Tagesdosierung von 6 g/d mit einem initialen Bolus von 0,5 g Meropenem. Die Dosierung wurde entsprechend der erhobenen Meropenemkonzentrationen durch das Routine-TDM nach Einschätzung des ärztlichen Personals angepasst. Es wurden keine Vorgaben bzgl. eines oberen Grenzwertes oder Umsetzung der Dosisanpassungen gemacht. Das TDM ergab gerade zu Beginn erhöhte Meropenemkonzentrationen, sodass Dosissteigerungen fast ausschließlich erst nach vorheriger Dosisreduktion durchgeführt werden mussten. Konzentrationen, bei denen eine Steigerung oder eine Reduktion der Dosis beschlossen wurde, wiesen eine hohe Variabilität auf. Das Anpassungsverhalten des ärztlichen Personals kann als sehr konservativ beschrieben werden. Die Dosissteigerungen wurden bereits sehr früh und Dosisreduktionen eher spät durchgeführt.
Bei knapp 46 % der Patient:innen wurde die Dosis gar nicht angepasst und bei 46 % der Patient:innen wurde insgesamt eine Dosisreduktion durchgeführt. Dies war zu 96 % eine Halbierung der Tagesdosis auf 3 g/d. Die gemessenen Wirkkonzentrationen unterschieden sich bei Patient:innen die 6 g/d und bei Patient:innen die 3 g/d Meropenem erhielten letztendlich nicht signifikant voneinander. Dies zeigt, dass die Dosisanpassungen genutzt wurden um andere Einflussfaktoren auf die Konzentration auszugleichen.
In einer multivarianten Regressionsanalyse zeigten die Nierenfunktion, die Körpergröße und das Körpergewicht einen signifikanten Einfluss auf die Antibiotikumkonzentration. Dennoch zeigte die Regressionsanalyse sich in den Extrembereichen ungenau, weshalb ein TDM sehr sinnvoll ist. Gerade bei einer veränderten Nierenfunktion oder bei Patient:innen mit RRT zeigte sich ein TDM als sehr hilfreich. Patient:innen mit ARC zeigten sich in der vorliegenden Arbeit signifikant häufiger unterdosiert und Patient:innen mit RRT wiesen eine höhere Variabilität der gemessenen Konzentrationen auf. Tools zur Anpassung der Dosierung anhand der Nierenfunktion wurden in Studien bisher überwiegend als unzureichend beschrieben. Bei Patient:innen mit RRT werden verschiedenste Dosierungsoptionen aktuell diskutiert. Insgesamt wurde bei knapp 5,8 % der Patient:innen eine Unterdosierung detektiert. Daraufhin wurde vom ärztlichen Personal inkonsequent reagiert. Einen Einfluss auf das klinische Outcome konnte durch das TDM oder durch die Unterdosierungen nicht ausgemacht werden. Lediglich die Schwere der Sepsisart zeigte einen signifikanten Einfluss auf die Mortalität.
Neurologische Auffälligkeiten, wie Krampfanfälle konnten nur selten detektiert werden. Patient:innen, bei denen diese auffielen, zeigten zwar signifikant höhere Meropenemkonzentrationen, allerdings ließen sich die Symptome nicht mit Sicherheit auf die Antibiotikatherapie zurückführen, da diese Patient:innen zusätzlich eine neurologische Grunderkrankung hatten. In gezielten Studien zu neurotoxischen Nebenwirkungen bei Betalaktamen wird der Zusammenhang mit supratherapeutischen Konzentrationen aber immer öfter beschrieben.
Zusammenfassend zeigt sich, dass das TDM einen maßgeblichen Einfluss auf die Therapieentscheidungen hatte. Unterdosierungen sind unter der gewählten Dosierungsform nur selten aufgetreten und Dosissteigerungen waren kaum nötig. Gerade bei Patient:innen mit RRT oder erhöhter Nierenfunktion zeigte sich das TDM als nützlich. Die Grenzen für Anpassungen variierten sehr stark und wurden eher konservativ gewählt. Ein genau definierter Zielbereich der angestrebten Meropenemkonzentration und festgelegte Optionen zur Dosisanpassung könnten den Nutzen des TDMs weiter erhöhen. Weitere prospektive Studien sind nötig, um eine Obergrenze zu definieren und Toxizität zu vermeiden.
Empfehlungen für die Praxis:
• Fortsetzung des TDMs bei kritisch kranken Patient:innen
• Etablierung einer SOP zur Dosisanpassung sowie Reduzierung der Startdosierung auf 3 g Meropenem/d mit Initialbolus von 0,5 g
• Hinweise bei Patientengruppen mit Gefahr für Unter- oder Überdosierungen.
In der Klinik wird eine inter- und intraindividuelle Variabilität in Wirkung und Nebenwirkung von Opioiden beobachtet [5,6]. Ursächlich hierfür könnte unter anderem eine individuelle Ausstattung mit Transportproteinen sein, welche pharmakologische Substanzen wie zum Beispiel Opioide über körpereigene Barrieren zu ihren Wirkorten transportieren. Mit dieser Arbeit sollte die Affinität der Opioide Fentanyl und Sufentanil zu ausgewählten organic anion transporting polypeptides (OATP) untersucht werden. Ein weiteres Ziel war die Generierung eines neuen OATP1A2-Transportmodells. Im Vergleich zum bisherig verwendeten Modell mit pQCXIN::OATP1A2 sollte eine Zelllinie mit definiert integriertem Transportprotein-Gen für eine reproduzierbarere OATP1A2-Überexpression generiert werden.
Eine Affinität von Fentanyl zu OATP1A2 konnte in Kompetitionsversuchen
(IC50 14,17 µM) belegt werden. Für die Kombination Fentanyl/ OATP1B1 war keine Inhibition des Transporters nachweisbar. Sufentanil inhibierte OATP1A2 geringfügig, konnte aber herstellerbedingt nicht in vergleichbaren Konzentrationen untersucht werden. Es zeigte sich kein Transport von Fentanyl durch OATP1A2.
Da Funktionskontrollen mit den vorhandenen HEK-pQCXIN::OATP-Zelllinien mit zunehmender Passagennummer fluktuierende oder abnehmende Aktivitäten zeigten, sollten stabile Zelllinien mit definierter vorzugsweise singulärer Integration des Zielgens in HEK-293-Zellen generiert werden. Mittels Flp-In™-System wurden über drei verschiedene Klonierungsstrategien Klone von T-REx™-pcDNA5/FRT::OATP1A2 hergestellt. Auf RNA- und DNA-Ebene konnte die korrekte Integration der OATP1A2-Sequenz nachgewiesen werden. In der Funktionskontrolle zeigte sich aber nur eine maximal 1,7 fache erhöhte Aktivität gegenüber Kontrollzellen. Mit keiner der drei gewählten Klonierungsstrategien konnten ausreichend funktionelle OATP1A2 überexprimierende Zellen generiert werden, trotz intakt integrierter OATP1A2-Sequenz sowie korrekter Übergänge, Startcodon und Kozak-Sequenz, bestätigt durch Sequenzierung des Genoms der T-REx™-pcDNA5/FRT::OATP1A2 (Variante 3). In stabil transfizierten Zellen ließ sich durch Immunfluoreszenz keine Expression, ordnungsgemäße Lokalisation und Überexpression von OATP1A2 darstellen. Ob dies an einer Proteinfehlfaltung oder einer zu niedrigen Proteinexpression liegt, konnte nicht zweifelsfrei bestimmt werden.
Insgesamt trägt diese Arbeit zur Beantwortung der Frage bei, inwiefern Fentanyl die Aufnahmetransporter der OATP-Familie beeinflusst und somit durch pharmakologische Hemmung die Wirkungen und Nebenwirkungen anderer Arzneimittel verändern kann. Obwohl die Generierung OATP1A2-überexprimierender T-REx™-pcDNA5/FRT::OATP mit dem Flp-In™-System im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgreich verlief, konnten weitere Erfahrungen zum Flp-In™-System gesammelt werden.
Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand können Leitstellendisponenten mit Hilfe eines Telefonreanimationsprotokolls medizinische Laien in Wiederbelebungsmaßnahmen anleiten. Durch die Anwendung von Automatisierten Externen Defibrillatoren (AED) durch hinzukommende qualifizierte Ersthelfer (Community-First-Responder) kann die Überlebenswahrscheinlichkeit weiter gesteigert werden. Im Rahmen des Pilotprojektes MVLIFEDRONE wurde die Umsetzung eines Telefonreanimationsprotokolls, sowie die Reanimationsqualität und AED-Anwendung von Laienhelfenden und Community-First-Respondern in 48 Simulationsszenarien untersucht. Die Datenanalyse basierte auf Videoaufzeichnungen der Simulationen und Daten des Reanimationssimulators.
Die Forschungshypothese, dass bei dem aktuell in der Untersuchungsregion angewendeten Telefonreanimationsprotokolls Teilschritte in der Umsetzung durch die Laienhelfende nicht korrekt erfolgen, konnte nachgewiesen werden. Nur 64% der Laienhelfenden führten eine suffiziente Atemkontrolle durch. Bei Verwendung einer konkretisierten Atemkontrollanweisung mit Handlungsbeschreibung führten signifikant mehr Laienhelfende (92%) eine leitlinienkonforme Atemkontrolle durch, p <0,05. Verglichen zu Laienhelfenden (99 bpm), führten Community-First-Responder die Reanimation mit einer leitlinienkonformen Frequenz (109 bpm) und korrekter Handposition durch, wobei das Erreichen der Kompressionstiefe für beide Gruppen keine Herausforderung darstellte. Lautes Mitzählen der Laienhelfenden kann die Frequenz der Thoraxkompressionen verbessern. Eine Aufforderung zur Nutzung dieser Methode im Protokoll wird empfohlen. Andere Aufforderungen, wie Bewusstseinskontrolle, Entkleidung oder die Aktivierung der Freisprechfunktion, wurden von fast 100% der Laienhelfenden suffizient umgesetzt. Damit zeigen sich diese Formulierungen als verständlich und gut umsetzbar. Die vollständige Entlastung des Thoraxes wurde von beiden Helfergruppen unzureichend durchgeführt und sollte in der Ausbildung der Community-First-Responder explizit behandelt werden. In der AED-Anwendung fand sich kein signifikanter qualitativer Unterschied zwischen den Helfergruppen, wenngleich die Community-First-Responder im Mittel 20 Sekunden schneller waren. Die Hypothese der höheren Reanimationsqualität und schnelleren AED-Anwendung der Community-First-Respondern konnte bestätigt werden. Abschließend lässt sich feststellen, dass jedes Telefonreanimationsprotokoll auf seine Umsetzbarkeit und Qualität evaluiert werden sollte.
Begrenzte Knorpelschäden sind ein häufiger Befund im Rahmen von Arthroskopien des Kniegelenkes. Neben Gelenkschmerzen und Funktionsverlust sind diese mit erhöhter Inzidenz einer Gonarthrose vergesellschaftet. Es stehen eine Reihe von Therapieansätzen für Knorpelschäden des Kniegelenkes zur Verfügung. Neben oraler Medikation mit Chondroitin oder Vitamin D, sind dies Analgetika und intraartikuläre Injektionen mit Hyaluronsäure oder platelet-rich Plasma (PRP). Weiterhin stehen verschiedene operative Verfahren zur chirurgischen Therapie von begrenzten Knorpelschäden des Kniegelenkes zur Verfügung. Die Indikationsstellung und Wahl des Verfahrens wird vor dem Hintergrund der aktuellen Evidenz regelmäßig in Handlungsempfehlungen der Fachgesellschaften zusammengefasst. Zunächst wurde die Indikation zu knorpelregenerativen Verfahren auf begrenzte traumatische Knorpeldefekte bei jungen Patienten eingeschränkt, in den vergangenen Jahren zeigt sich jedoch ein Trend zur Ausweitung der Indikation. Die Handlungsempfehlungen zur Wahl des geeigneten Therapieverfahrens orientieren sich an der Größe des Defektes. Für kleinere Defekte sind in erster Linie knochenmarkstimulierende Verfahren wie Mikro- oder Nanofrakturierungen vorgesehen, die um den Einsatz einer Kollagenmembran zur temporären Fixierung der eingewanderten Zellen aus dem Knochenmark erweitert werden können. Für größere Knorpeldefekte wird die autologe Chondrozytentransplantation (ACT) empfohlen. Die ACT ist das am besten wissenschaftlich untersuchte Verfahren. Weitere chirurgische, knorpelregenerative Therapiemethoden sind das Débridement, die Thermochondroplastik (TCP) und die osteochondrale Transplantation (OCT). Im Deutschen KnorpelRegister werden seit dem Jahr 2013 chirurgische Knorpeltherapieverfahren gemonitort. Die vorliegende Arbeit ist eine Auswertung zur Indikationsstellung und Auswahl des geeigneten Therapieverfahrens in Abhängigkeit von patientenspezifischen und verletzungsspezifischen Faktoren.
Bezüglich der Indikationsstellung zeigte sich, dass das Durchschnittsalter behandelter Patienten bei 37 Jahren lag und ein Viertel der behandelten Patienten älter als 47 Jahre war. Bei 60 % der behandelten Patienten wurde Übergewicht festgestellt, bei einem Drittel der Übergewichtigen lag ein starkes Übergewicht mit einem BMI über 30 kg/m² vor. Der Großteil der behandelten Knorpelschäden war degenerativer Genese (54,7 %), im Vergleich dazu lagen seltener traumatische Knorpelschäden (21,4 %) vor. Während in 59,0 % der Behandlungen der korrespondierende Knorpel intakt war, wurde in 31,9 % der Fälle eine Schädigung Grad I oder II nach ICRS und in 6,6 % der Fälle eine höhergradige Knorpelschädigung toleriert. Intakte Menisken lagen in 53,8 % der Fälle vor, in 17,9 % der Fälle lag eine Teilresektion von weniger als einem Drittel und in 7,6 % von mehr als einem Drittel der Meniskussubstanz vor.
Die Auswertung bezüglich der Wahl des geeigneten Therapieverfahrens ergab, dass das am häufigsten registrierte Verfahren im Deutschen KnorpelRegister die ACT war (52,4 %). Weitere registrierte Verfahren waren BMS (18,4 %), ACT mit Spongiosaplastik (10,0 %), Matrix-BMS (8,3 %), Débridement (4,7 %), TCP (4,2 %) und OCT (2,0 %). Bezüglich der Wahl des geeigneten Verfahrens zeigte sich, dass prinzipiell die ACT bei größeren- (Mittelwert ± Standardabweichung: 4,4 ± 2,3 cm²) und die BMS-Verfahren bei kleineren (2,1 ± 2,0 cm²) Knorpeldefekten eingesetzt wurden, jedoch gab es eine große Varianz. Innerhalb des Mittelwertes ± der zweifachen Standardabweichung für BMS-Verfahren lagen Defekte von 0,25 bis 7,5 cm², gleichzeitig wurde bei 21,2 % der Defekte mit einer Größe von weniger als 2,0 cm² entgegen der Handlungsempfehlung eine ACT durchgeführt. Unabhängige Variablen, die zum Einsatz einer ACT bei kleinen Knorpeldefekten führten, waren Voroperationen und Defekte an Patella oder Trochlea. Unabhängige Faktoren, die bei kleinen Defekten den Einsatz eines BMS-Verfahrens begünstigten, waren höheres Patientenalter, korrespondierende Knorpelschäden und bestimmte Begleitoperationen wie Bandplastiken, Meniskustherapien und Osteotomien. Für ältere Patienten fiel eine veränderte Verteilung der häufig angewendeten Therapieverfahren auf. Während die ACT bei Patienten über 47 Jahren deutlich seltener eingesetzt wurde, wurden BMS-Verfahren, Débridement und TCP vor allem in dieser Altersgruppe eingesetzt.
Im Unterschied zu den ersten Handlungsempfehlungen zum Einsatz von chirurgischen, knorpelregenerativen Eingriffen zeigte diese aktuelle Analyse, dass die Indikation auf degenerative Defekte ausgeweitet wurde. Übergewicht stellt ebenso wie höheres Alter keine Kontraindikation für einen knorpelregenerativen Eingriff dar. Während leichtgradige korrespondierende Knorpelschäden und partieller Meniskusverlust toleriert werden, stellen auch Kissing-Lesions und subtotaler Meniskusverlust keine strikte Kontraindikation für eine operative Therapie des Knorpels dar. Es fällt jedoch auf, dass fortschreitende degenerative Veränderungen des Gelenkes den Einsatz von BMS-Verfahren wahrscheinlicher, und den Einsatz einer ACT weniger wahrscheinlich machen. Ebenso werden ältere Patienten häufiger mit, gemäß der aktuellen Literatur, im Vergleich weniger potenten, aber günstigeren Methoden wie BMS, Débridement oder TCP behandelt als jüngere Patienten, welche verhältnismäßig häufiger eine ACT erhalten. Bezüglich der Wahl des geeigneten Therapieverfahrens für einen Knorpeldefekt ist die Indikationsgrenze für eine ACT zuletzt auf 2 cm² reduziert worden. Durch die vorliegende Analyse der Daten aus dem Deutschen KnorpelRegister konnte gezeigt werden, dass die ACT regelmäßig auch bei Defekten unter 2,0 cm² angewendet wurde. Es entsteht der Eindruck, dass BMS-Verfahren häufig im Rahmen von bereits geschädigten Gelenken und bei älteren Patienten eingesetzt wurden, und eine ACT bei diesen Patienten zurückhaltend eingesetzt wurde. In Zukunft muss geprüft werden, ob die Zurückhaltung bei der Indikation zur ACT bei älteren Patienten und degenerativen Veränderungen gerechtfertigt ist, ob die Matrix-BMS auch im klinischen Alltag eine Alternative zur ACT bei mittelgroßen Knorpelschäden wird, ob das Tolerieren von Übergewicht bei der Indikationsstellung gerechtfertigt ist, ob weitere Kriterien neben der Defektgröße die Wahl des Therapieverfahrens beeinflussen sollten und welche Rolle die zuletzt vermehrt eingesetzte Minced-Cartilage Implantation in Zukunft spielen wird.