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HINTERGRUND: Der Konsum von Tabak ist weltweit die größte, vermeidbare Todesursache. Aktuell rauchen 1,3 Milliarden Menschen auf der Welt. Ohne aktive Prävention wird die Anzahl der Raucher auf 1,9 Milliarden Menschen ansteigen. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2030 ungefähr 8,3 Millionen Menschen an Folgen des Tabakkonsums sterben. Aktuelle Interventionsmaßnahmen unterstützen überwiegend Raucher, welche aus eigenem Antrieb mit dem Rauchen aufhören wollen. Somit wird nur ein geringer Teil der Raucher erreicht. Vor diesem Hintergrund werden derzeit proaktive Konzepte auf der Basis des transtheoretischen Modells diskutiert, welche in primär-medizinischen Einrichtungen ihre Anwendung finden sollen. In der vorliegenden Arbeit werden die Möglichkeiten der Implementierung eines computergestützten Interventionsmodells zur Raucherberatung in zahnärztlichen Praxen untersucht, für welches bisher aussichtsreiche Erfahrungen im Setting der hausärztlichen Versorgung gemacht wurden. ZIEL: Es wird geprüft, in welchem Umfang rauchende Zahnarzt- im Vergleich zu Hausarztpatienten durch proaktive, computergestützte Kurzinterventionen erreichbar sind. Weiterhin werden mögliche Unterschiede in der Charakteristik der erreichbaren Interventionsteilnehmer beider Settings exploriert. Abschließend folgt die Beschreibung der gegenwärtigen Praxis und Barrieren der Beratung von Rauchern aus der Sicht von Zahnärzten. METHODE: Für die vorliegende Arbeit wurde auf bereits vorhandene Daten einer Erhebung in der hausärztlichen Versorgung zurückgegriffen und eine ergänzende Erhebung in zahnärztlichen Praxen mit angeglichener Methodik durchgeführt. Dazu wurde eine Zufallsauswahl von jeweils 10 zahnärztlichen und 10 hausärztlichen Praxen in Greifswald einbezogen (Teilnahmeraten 77% bzw. 87%). In beiden Settings wurde jeder konsekutive Patient über einen Zeitraum von 2 (Zahnarztpraxen) bzw. 3 Wochen (Hausarztpraxen) registriert und zum Rauchstatus und Alter befragt. Tabak rauchenden Patienten im Alter von 18 bis 70 Jahren wurde die Teilnahme an einer Raucherberatung angeboten. Unter den teilnehmenden Patienten wurden über einen standardisierten Fragebogen soziodemografische Merkmale, Variablen des Rauchverhaltens und weitere psychologische Faktoren, die mit der Veränderung des Rauchverhaltens im Zusammenhang stehen, erfasst. Weiterhin wurden alle niedergelassenen Zahnärzte Greifswalds befragt. ERGEBNISSE: In den hausärztlichen Praxen wurden, verglichen mit den zahnärztlichen, signifikant mehr Konsultationen und Patienten pro Erhebungswoche registriert. Insgesamt konnten von 98,2% (2799/2850) der hausärztlichen und von 95,2% (1387/1457) der zahnärztlichen Patienten Informationen zum Rauchstatus und Alter erhoben werden. Für den erfassten Altersbereich ergeben sich unter den Probanden der Hausarztpraxis mit einer Prävalenz des derzeitigen Tabakrauchens von 33,2% und unter den zahnärztlichen Probanden mit einer Prävalenz von 27,9% keine statistisch signifikanten Unterschiede. Bei statistischer Kontrolle von Alter und Geschlecht zeigen sich jedoch insgesamt und für die jüngeren Patienten signifikant höhere Raucherraten unter den hausärztlichen Patienten. Bezüglich der Teilnahmerate unter den eingeschlossenen Probanden zeigte sich mit jeweils 78% kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Stichproben. Der multivariate Vergleich der Charakteristik der Interventionsteilnehmer zeigte signifikante Unterschiede zwischen den Settings in Bezug auf die Variablen Alter, Schulbildung sowie Schwere der Nikotinabhängigkeit und eine daraus resultierende günstigere Prognose für die Erreichung der Tabakabstinenz bei den zahnärztlichen Patienten. Insgesamt finden sich nur geringe Unterschiede in Bezug auf tabakabstinenzbezogene motivationale Faktoren. In beiden Settings befanden sich mehr als zwei Drittel der Interventionsteilnehmer in Bezug auf eine Beendigung des Tabakrauchens im Stadium der Absichtslosigkeit. Als einziger statistisch signifikanter Unterschied, der möglicherweise auf einen günstigeren motivationalen Einfluss des hausärztlichen Settings hindeutet, zeigte sich eine höhere Gewichtung der Nachteile des Nichtrauchens bei zahnärztlichen Patienten. Die Befragung der Zahnärzte ergab eine noch unzureichende systematische Integration von Raucherinterventionen in der Routineversorgung. SCHLUSSFOLGERUNG: Die Ergebnisse legen nahe, dass die positiven Befunde zur Bevölkerungswirksamkeit von computergestützten Raucherinterventionen aus der hausärztlichen Versorgung auf die zahnärztliche Versorgung übertragbar sind. Für die praktische Umsetzung von Konzepten der Prävention tabakassoziierter Erkrankungen in der zahnärztlichen Versorgung zeigt sich jedoch ein enormer Bedarf an Aufklärung in der zahnärztlichen Aus- und Fortbildung sowie an praxisgerechten Implementationsmodellen.
Die Förderung der Intention zur Tabakabstinenz in der Hausarztpraxis – Merkmale von Hausärzten
(2007)
Hintergrund: Das Tabakrauchen ist in den Industrienationen der bedeutendste vermeidbare Faktor unter den Gesundheitsrisiken. Daher ist die Senkung der Prävalenz ein wichtiges Ziel der Präventivmedizin. Verschieden Studien haben gezeigt, dass kurze und proakive Interventionen, wie eine Beratung oder der Ratschlag eines Hausarztes, die Wahrscheinlichkeit eines Rauchstopps erhöhen. Hausärzte erreichen einen großen Anteil der Raucher in ihrer Praxis. Obwohl kosteneffektive Interventionen verfügbar sind und deren Anwendung in den Leitlinien empfohlen wird, erfolgen sowohl ein systematisches Screening bezüglich des Rauchstatus als auch ein Beratungsangebot zum Rauchen im Praxisalltag bislang unzureichend. Das Ziel dieser Studie war es zu untersuchen 1) in welchem Umfang Raucher mit einem systematischen Beratungsangebot erreicht werden können, (2) welches Beratungsverhalten bei Hausärzten nach einer Schulung erzielt werden kann, wenn organisatorische Unterstützung stattfindet, (3) ob zwischen dem Rauchstatus des Hausarztes und der Wirksamkeit einer Kurzberatung ein Zusammenhang besteht. Methode: Die Daten wurden im Rahmen der Studie Pro GP „Proactive interventions for smoking cessation in General medical Practices“ erhoben. In dieser Studie wurde mit einem quasi experimentellen Design die Wirksamkeit von Interventionen zur Tabakabstinenz untersucht. Dazu wurde eine Auswahl von 39 Hausarztpraxen zufällig gezogen, 34 Praxen nahmen teil. Die Hausärzte erhielten eine Schulung von bis zu zwei Stunden in ihrer Praxis. Alle Patienten, die die Praxis im Verlauf einer Woche aufsuchten, wurden nach ihrem Rauchstatus gefragt (N=3434). Die Einschlusskriterien der Studie, aktuell Raucher und zwischen 18 und 70 Jahre alt erfüllten n=551 Patienten, 81,8% nahmen an der Studie teil. Mit einem Dokumentationsbogen, ausgefüllt durch eine Studienassistentin, wurden tabakrauchbezogenen Angaben des Patienten an den Hausarzt weitergeleitet. Der Hausarzt wurde darauf hingewiesen, für jeden Patienten nach der Beratung eine Kurzdokumentation auszufüllen. Die Patienten wurden 6, 12, 18 und 24 Monate nach der Kurzberatung wiederbefragt. Die Daten im Querschnitt wurden deskriptiv analysiert und eine logistische Regression gerechnet. Im Längsschnitt fand aufgrund der hierarchischen Struktur der Daten eine Multilevel Analyse Anwendung. Ergebnisse: Die Prävalenz des Rauchens unter den Hausärzten lag bei 24,6%. Weiterhin zeigten die Daten, dass 45,9% (n=17) der Hausärzte regelmäßig den Rauchstatus der Patienten bei Erstvorstellung in der Praxis erheben. Häufige genannte Barriere gegen die Beratung von Rauchern war neben Zeitknappheit, das vermutetes mangelndes Interesse auf Seiten der Patienten. In 96% (n=433) der Fälle konnte der Hausarzt das Thema Rauchen ansprechen und in 87% (n=396) dokumentierten die Hausärzte, dass ein Beratungsgespräch zum Rauchen stattgefunden hat. Eine logistische Multilevel- Regression hat gezeigt, dass durch die Kurzberatung, durchgeführt von einem nichtrauchenden Hausarzt bei den Patienten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine 24 Stunden- Nikotin- Abstinenz besteht. Eine schwächere Assoziation wurde für das Maß der 4- Wochen- prolongierten Tabakabstinenz gefunden. Diskussion: Trotz der berichteten und wahrgenommenen Barrieren wurde die Beratung von Rauchern durch die Hausärzte umgesetzt. Mit maßgeschneiderten Interventionskonzepten können nahezu alle rauchenden Patienten erreicht werden. Dass Hausärzte selbst mit dem Rauchen aufhören ist eine wichtige Voraussetzung, um ein persönliches und für die Patienten effektives Kurzberatungsangebot zu implementieren. Es sind spezielle Angebote, z. B. von Berufsverbänden erforderlich, damit sich die Motivation unter Ärzten, mit dem Rauchen aufzuhören, erhöht.