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Trotz intensivster Forschungen in den letzten Jahrzehnten konnte die unzureichende Reendothelialisierung implantierter Drug-eluting Stents (DES) bisher nicht effektiv verhindert werden. Aktuelle DES-Konzepte verfolgen das Ziel einer lokalen Inhibition der frühen Muskelzellproliferation durch den Einsatz hochwirksamer proliferationsinhibierender Wirkstoffe wie Sirolimus und Paclitaxel. Hierdurch werden jedoch auch die Endothelzellen stark in ihrer Proliferation eingeschränkt, was in Folge zu einer stark verzögerten Reendothelialisierung des Stents führt und wiederum die Gefahr von Komplikationen deutlich erhöht. Eine Möglichkeit, dem vorzubeugen, wäre es die proliferationsinhibierende Wirkung zellspezifisch auf die Muskelzellen zu vermitteln. Da die Wirksamkeit einer Substanz in der Regel abhängig von der erreichten intrazellulären Konzentration ist, bietet die differenzielle Expression von Transportproteinen eine interessante und elegante Möglichkeit, eine solche differenzielle Wirkung von Arzneistoffen zu erzielen. In der vorliegenden Arbeit konnten die Transporterexpressionsprofile von glatten Muskelzellen und Endothelzellen bestimmt werden. Bei einem Vergleich dieser Profile konnte für die Gruppe der organischen Kationentransporter (OCTs) eine signifikant erhöhte Expression von OCT1, OCT2 und OCT3 in den glatten Muskelzellen nachgewiesen werden, was zu der Hypothese führte, dass Substanzen die ein Substrat der OCTs darstellen, stärkere Effekte in glatten Muskelzellen hervorrufen sollten. Als erste Bestätigung dieser Hypothese konnte die signifikant erhöhte Akkumulation der kationischen Modelsubstrate MPP+ und TEA in Muskelzellen nachgewiesen werden. Im weiteren Verlauf der Arbeiten konnte ebenfalls für die mit den OCTs interagierenden Platinverbindungen Cisplatin und Oxaliplatin eine differenzielle Wirkung auf Endothel- und Muskelzellen nachgewiesen werden. In diesem Zusammenhang wurden OCT1 und OCT2 überexprimierende MDCKII-Zellsysteme etabliert und charakterisiert, die eine Zuordnung der beobachteten Effekte zu den einzelnen OCT-Vertretern ermöglichen sollten. An diesen Zelllinien und einer bereits vorhanden OCT3-überexprimierenden Zelllinie, konnte die spezifische Interaktion von Cisplatin mit OCT2 sowie die Interaktion von Oxaliplatin mit OCT1, OCT2 und OCT3 nachgewiesen werden. Bei Versuchen mit dem OCT1-Substrat Paclitaxel konnte ebenfalls eine differenzielle Wirkung auf Muskel- und Endothelzellen nachgewiesen werden. Für Paclitaxel konnte in diesem Zusammenhang auch zum ersten Mal eine direkte Aufnahme von [³H]-Paclitaxel über OCT1 und zusätzlich über OCT3 nachgewiesen werden, was bisher in der Literatur nicht beschrieben wurde. Einen weiteren Punkt dieser Arbeit stellt die Entwicklung und Etablierung eines adenoviralen Drug-Delivery-Systems dar, durch welches ein selektives „Drug-Loading“ ausgewählter Zielzellen bewerkstelligt werden kann. Dieses System basiert auf einer adenoviral vermittelten Expression des organischen Kationentransporters OCT1 unter der Kontrolle des muskelzellspezifischen SM22-Promotors. Durch dieses System war es in ersten Versuchen möglich, die Wirkung von Paclitaxel in infizierten Zellen muskelzellspezifisch zu erhöhen. Gleichzeitig wurden infizierte Endothelzellen jedoch nicht von einer erhöhten Paclitaxelaufnahme beeinflusst, wodurch die Funktionsfähigkeit dieses Systems belegt werden konnte.
Revaskularisierende Maßnahmen wie die perkutane transluminale Angioplastie sowie die Stentimplantation zählen heutzutage zu den Standardtherapieverfahren der koronaren Herzkrankheit. Insbesondere die Einführung der mit proliferationshemmenden Wirkstoffen wie Paclitaxel oder Sirolimus beschichteten drug-eluting stents (DES) konnte die Restenoserate der behandelten Gefäße auf unter 10 % senken. Der Erfolg der kardiovaskulären Intervention ist dabei insbesondere auch von der Freisetzungskinetik der Wirkstoffe aus der Polymerbeschichtung der Stents abhängig. Methoden zur Untersuchung des In vitro-Freisetzungsverhaltens sind jedoch weder im Europäischen noch im US-Amerikanischen Arzneibuch monographiert, meist werden aber offizinelle Methoden wie der Eintauchende Halter oder die Durchflusszelle sowie nicht offizinelle, einfache Shake-Flask-Methoden zur Bestimmung der In vitro-Freisetzung verwendet. Dabei bleiben allerdings Besonderheiten von DES wie die Einbettungsbedingungen in das Gewebe der Gefäßwand oder die Flussbedingungen unberücksichtigt. Mit der Einführung der Gefäßsimulierenden Durchflusszelle (vFTC) mit einem Gewebemodell in Form eines Hydrogels als zweitem Akzeptorkompartiment konnten dagegen Parameter wie der Blutfluss, die Verteilung des Wirkstoffes in die Gefäßwand sowie reine Diffusionsprozesse auf der abluminalen Seite der Stents in vitro simuliert werden. Durch Modifikation des Hydrogels mittels hydrophober Zusätze konnte auch bereits ein Einfluss auf die Freisetzung von Modellarzneistoffen aus schnellfreisetzenden Stents gezeigt werden. Ziel dieser Arbeit war es daher, auch für die tatsächlich in DES eingesetzten Arzneistoffe Sirolimus und Paclitaxel Gewebemodelle auf Basis von Hydrogelen zu entwickeln und den Einfluss dieser Gewebemodelle auf die In vitro-Wirkstofffreisetzung in der vFTC zu untersuchen.
Dazu wurden zunächst analytische Methoden zur Quantifizierung der beiden Wirkstoffe entwickelt und validiert. Zur Identifizierung eines geeigneten Freisetzungsmediums wurde anschließend die Stabilität der Wirkstoffe in verschiedenen pufferbasierten und ungepufferten Medien sowie unter Zusatz von stabilisierenden Additiva untersucht. Eine mit Butylhydroxytoluol und Brij® L23 stabilisierte 0,9 %-ige Kochsalzlösung wurde dabei als geeignet identifiziert, die Stabilität der beiden Wirkstoffe über einen Freisetzungszeitraum von fünf Tagen zu gewährleisten.
Auf Basis vorhergehender Arbeiten wurde für die Entwicklung der Gewebemodelle auf ein 2 %-iges Agarosegel als Grundlage zurückgegriffen. Um die Verteilung der Wirkstoffe in das Gewebemodell zu erhöhen, wurden verschiedene Zusätze wie Lecithin, LiChroprep® RP-18, Lipofundin® MCT/LCT 20 %, mittelkettige Triglyceride und Cholesterol zur Hydrophobisierung beigemischt. Außerdem wurden Elastin und bovines Serumalbumin als Zusätze gewählt, um spezifische Bindungen der Wirkstoffe im Gewebe zu simulieren. Zur Untersuchung der Eignung der entwickelten Hydrogele als Gewebemodell wurde der Verteilungskoeffizient zwischen Hydrogel und Wirkstofflösung ermittelt und mit ex vivo ermittelten Literaturwerten zwischen humanem Aortengewebe und einer Wirkstofflösung verglichen. Zusätze von 10 % Lipofundin®, 0,1 % LiChroprep® + 0,02 % Lecithin sowie 0,1 % Lecithin wurden als geeignet befunden, um die Verteilung von Sirolimus in das Gewebe humaner Aorta mit unterschiedlichem Status zu simulieren und wiesen zudem eine ausreichende Stabilität für Freisetzungsuntersuchungen in der vFTC über einen Zeitraum von fünf Tagen auf.
Die Untersuchung des Einflusses dieser drei Gewebemodelle als Hydrogelkompartiment auf die Wirkstofffreisetzung aus DES in der vFTC wurde mit Sirolimus-beschichteten Stents mit Poly-L-Milchsäure als Beschichtungspolymer über 120 h durchgeführt. Zum Vergleich wurde zusätzlich die Wirkstofffreisetzung in einer einfachen Shake-Flask-Methode sowie in der Durchflusszelle ohne Hydrogelkompartiment beziehungsweise mit einem Agarosegel ohne Zusätze bestimmt. Es konnte ein triphasisches Freisetzungsverhalten mit biphasischem, jeweils nach einer Kinetik 1. Ordnung ablaufenden burst release von 30 - 40 % des Wirkstoffes innerhalb der ersten 12 h sowie nachfolgender langsamer Diffusionsphase beobachtet werden. Ein Vergleich der unterschiedlichen Freisetzungs-methoden zeigte eine langsamere Freisetzung unter Verwendung der Durchflusszelle sowie eine weitere Verringerung des in das Medium freigesetzten Wirkstoffanteils durch die Einführung eines zweiten Akzeptorkompartiments in der vFTC. Statistisch signifikante Unterschiede wurden aber vorrangig in der Verteilung des Wirkstoffes zwischen den Kompartimenten gesehen. So führte die Verwendung von 10 % Lipofundin als Zusatz zu einer Erhöhung des Anteils an Sirolimus im Gewebemodell von etwa 1 % auf fast 14 % der Gesamtfreisetzung nach fünf Tagen (p < 0,05). Im Gegensatz zu vorherigen Untersuchungen mit Modellarzneistoffen ist es für den tatsächlich in DES eingesetzten Wirkstoff Sirolimus also gelungen, ein Gewebemodell mit ausreichend hohem Verteilungskoeffizienten zu entwickeln, mit dem signifikante Unterschiede in der Verteilung zwischen den verschiedenen Kompartimenten der vFTC ermittelt werden konnten. In vitro-Wirkstofffreisetzungsuntersuchungen aus DES mittels der vFTC können somit durch die Verwendung von Gewebemodellen mit einem den In vivo-Bedingungen angepassten Verteilungskoeffizienten für die betreffenden Wirkstoffe eine noch bessere Abschätzung der In vivo-Verteilung eines aus DES freigesetzten Wirkstoffes in die Arterienwand leisten. Auch für biorelevante In vitro-Wirkstofffreisetzungsuntersuchungen aus anderen Implantaten können die in dieser Arbeit entwickelten Gewebemodelle möglicherweise einen wertvollen Beitrag leisten.