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Untersuchung zur Assoziation von Antikörpern gegen PF4/Heparin-Komplexe mit Parodontalerkrankungen
(2010)
Ziel dieser Fall-Kontroll-Studie war es, zu evaluieren, ob eine Assoziation zwischen dem Vorliegen einer Parodontitis und dem Vorhandensein von PF4/Heparin-Komplex Antikörpern besteht. PF4 ist ein Chemokin, welches vermehrt durch Thrombozyten bei deren Aktivierung ausgeschüttet wird. PF4 kann Komplexe mit negativ geladenen Molekülen bilden. Die Prototypreaktion ist die Formation von PF4/Heparin-Komplexen. Mit Heparin behandelte Patienten können gegen diese Komplexe Antikörper bilden, die zur komplexen Aktivierung der Blutgerinnung mit erhöhtem Risiko zu thrombembolischen Ergeignissen führen können. Diese Antikörper konnten aber auch in nicht mit Heparin behandelten Patienten nachgewiesen werden. Daraus entwickelte sich die Hypothese, dass parodontale Infektionen/Entzündungen möglicherweise über die Aktivierung der Thrombozyten und vermehrte Freisetzung von PF4 die Formation von PF4-Komplexen und Antikörperbildung induzieren könnten. Das Serum von 937 Blutspendern mit einem Alter von 40 - 60 Jahren wurde auf PF4/Heparin-Komplex Antikörper der Klassen IgG, IgA und IgM (ELISA) untersucht. Zu den 99 positiv getesteten Blutspendern (40 Fallprobanden, mittleres Alter 47,9 Jahre) wurden 40 Kontrollprobanden (mittleres Alter 48,1 Jahre) nach Alter (±2 Jahre), Geschlecht, Rauch- und Bildungsstatus gematcht. Die klinischen Parameter waren Zahnzahl, Sondierungstiefe, Attachmentverlust und Bluten nach Sondieren. 50% der Probanden waren männlich, 35% Nichtraucher, 25% ehemalige Raucher und 40% Raucher. 80% (15%) der Probanden haben ein mittleres (hohes) Bildungsniveau. Die Probanden der Fallgruppe hatten einen schlechteren parodontalen Gesundheitszustand als die Kontrollgruppe. Das Risiko eines positiven PF4/Heparin-Komplex-Antikörper-Status’ war 2 bis 7-fach erhöht bei schweren mittleren Sondierungstiefen wie auch bei moderatem und schwerem mittleren Attachmentverlust. Die vorliegende Untersuchung zeigte, dass parodontal erkrankte Probanden ein höheres Risiko für das Auftreten von anti-PF4/Heparin Antikörpern aufwiesen als parodontal gesündere Probanden. Parodontitis könnte mit dem Auftreten von natürlichen anti-PF4/Heparin-Komplex Antikörpern assoziiert sein. Um einen möglichen kausalen Zusammenhang zu evaluieren, sind weitere Studien mit größerem Stichprobenumfang und longitudinalem Design erforderlich.
Parodontitis und der resultierende Zahnverlust sowie auch Osteoporose nehmen mit zunehmendem Alter eine beachtliche Stellung ein. Um einer erhöhten Prävalenz von Parodontalerkrankungen und Zahnverlust im Alter entgegenzuwirken, ist eine individuelle risikoorientierte Prävention und Therapie unerlässlich. Zurückliegende Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass bei Osteoporosepatienten eine parodontale Erkrankung aggressiver abläuft und schneller zum Zahnverlust führt als bei knochengesunden Personen. Ziel der vorliegenden Studie war es, unter Berücksichtigung bekannter Risikofaktoren den Zusammenhang von Knochenmetabolismus und Parodontalerkrankungen sowie Zahnverlust an einer repräsentativen Bevölkerungsgruppe darzustellen. Methoden: Grundlage der Untersuchungen war die Study of Health in Pomerania mit einem Probandenkollektiv von 4310 Männern und Frauen im Alter von 20 bis 80 Jahren. Als Maß für die Beurteilung des Knochenstoffwechsels wurden bei 4105 Probanden die renalen Konzentrationen der Desoxypyridinoline bestimmt. Die zahnmedizinischen Untersuchungsdaten beinhalteten die Dokumentationen zur Anzahl der verbliebenen Zähne sowie die durchschnittlich gemessenen Attachmentverluste. Individuelle Angaben und Risikofaktoren wurden dem computergestützten Interview entnommen. Zur Ermittlung der statistischen Zusammenhänge zwischen Knochenmetabolismus und Parodontitis bzw. Zahnverlust erfolgte mittels multiplen Regressionsanalysen. Die Auswahl der unabhängigen Einflussvariablen berücksichtigte relevante Risikofaktoren für die Pathogenese der Parodontitis: Alter, Geschlecht, Rauchen, Bildung, Diabetes mellitus und Zeitpunkt des letzten Zahnarztbesuches. Ergebnisse: Bei den Probanden der vorliegenden Studie ergaben sich keine signifikanten Zusammenhänge von renaler DPD-Konzentration und den klinischen Zeichen einer Parodontitis (Attachmentverlust). Bei den Berechnungen zur Analyse des Zusammenhanges Knochenstoffwechsel und Zahnverlust konnten statistische Signifikanzen nur für Frauen der Altersgruppe 61 bis 80 Jahre (p<0,05), nicht jedoch für Männer sowie Frauen der Altersgruppe 20 bis 60 Jahre, präsentiert werden. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der vorliegenden Studie lassen nur bei den postmenopausalen Frauen (Altersgruppe 61 bis 80 Jahre) annehmen, dass ein negativer Knochenstoffwechsel einen Risikofaktor für den Zahnverlust darstellt. Die Parodontitis scheint im vorliegenden Probandenkollektiv nicht von der DPD-Konzentration beeinflusst zu sein.
Aim: To evaluate the association of Insulin-like Growth Factor (IGF) I related variables with periodontitis in the population-based Study of Health in Pomerania (SHIP). Material and Methods: From the cross-sectional SHIP, 2293 subjects with clinical attachment loss (CAL) data and 2398 subjects with tooth count data aged 20-59 years were analysed. Serum IGF-I and IGF binding protein (BP)-3 levels were determined by chemiluminescence immunoassays. Linear and logistic regressions with fractional polynomials were used to study associations between IGF-related variables and mean CAL or high tooth loss. For non-linear relations between IGFBP-3 and mean CAL, graphical presentations of fractional polynomials were used to deduce knots for linear splines. Results: In fully adjusted models, for serum IGFBP-3 values ≤1200 ng/mL, mean CAL increased significantly for decreasing serum IGFBP-3 levels (B=-0.027 (95% CI, -0.049; -0.005), p=0.02). The odds for high tooth loss decreased significantly for high serum IGFBP-3 values (OR=0.97 (0.95; 0.99), p=0.02). Serum IGF-I levels and the IGF-I/IGFBP-3 ratio were not related to mean CAL or tooth loss after full adjustment. Conclusions: Low serum IGFBP-3 levels might be associated with higher levels of periodontal disease. Neither serum IGF-I nor IGF-I/IGFBP-3 ratios were associated with periodontitis.
Diabetes mellitus has been linked with an increased risk for oral diseases, especially periodontitis. However, studies results were not consistent. The present study was conducted to evaluate whether both type 1 (T1DM) and type 2 diabetes mellitus (T2DM) are associated with increased prevalence and extent of periodontal disease and tooth loss compared with non-diabetic subjects within a homogeneous adult study population. T1DM, T2DM and non-diabetic subjects were recruited from the population-based Study of Health in Pomerania (SHIP). Additionally, T1DM subjects were retrieved from a Diabetes Centre in the same region. The total study population comprised 145 T1DM and 2,647 non-diabetic subjects aged 20-59 years, and 182 T2DM and 1,314 non-diabetic subjects aged 50-81 years. Multivariable regression revealed an association between T1DM and mean attachment loss (B=0.40 [95% CI; 0.19, 0.61], adjusted). Also, T1DM was positively associated with increased number of missing teeth after full adjustment (p<0.001). The association between T1DM and tooth loss was enhanced in subjects aged 40-49 and 50-59 years (p for interaction=0.01). In T2DM subjects, mean attachment loss was significantly higher compared with non-diabetic subjects (B=0.47 [95% CI; 0.21, 0.73], adjusted). The effect of T2DM was significantly enhanced in 60-69-years-old subjects (p for interaction=0.04). The association between T2DM and number of missing teeth was not statistically significant after adjustment (p=0.25). Analyses showed that the effect of T2DM on tooth loss was pronounced in females compared with males (p for interaction=0.01). In accordance with previous literature, present results suggested that periodontal diseases and tooth loss can been seen as a complication of both types of diabetes. Generally, periodontal diseases are preventable and treatable. Therefore, appropriate goals and strategies for improving periodontal health in subjects with diabetes need to be developed. Further, early detection and careful managed therapeutics with the physician and dentist working hand-in-hand may prove beneficial to the patient–s general health.
Die Körpergröße kann als ein Marker der Entwicklungsgeschichte von Individuen angesehen werden und ist damit auch durch eine besondere Krankheitsempfindlichkeit beeinflusst. Wenn schon im frühen Lebensalter eine Disposition zu entzündlichen Erkrankungen vorliegt, kann diese eine lebenslange inflammatorische Belastung mit sich bringen und zu einem verzögerten Längenwachstum führen. Auswirkungen der frühen Entwicklung können durch die Körpergröße auch im späteren Leben noch zu einem gewissen Maße nachvollzogen werden. Die Basisstudie SHIP-0 (Study of Health in Pomerania) zeigte einen Zusammenhang zwischen der Körpergröße und Entzündungen des Parodonts. Die 5-Jahres-Folgestudie (SHIP-1) sollte diesen Zusammenhang bestätigen. Folgende Ergebnisse wurden erzielt: 1. Die Körpergröße hatte nur einen geringen Einfluss auf die Veränderung der parodontalen Situation in den fünf Folgejahren. 2. Es zeigte sich eine Tendenz des Zusammenhangs des Attachmentverlustes mit der Körpergröße. 3. Es gab Hinweise darauf, dass größere Probanden in Zusammenhang mit den Risikofaktoren einen geringeren Attachmentverlust aufwiesen als die Kleineren. 4. Die Risikofaktoren (Rauchverhalten, Bildungsniveau, Diabetes mellitus, Alter und Geschlecht) zeigten einen größeren Einfluss auf die Schwere und das Ausmaß der Parodontitis. 5. Der Zusammenhang der Körpergröße mit der parodontalen Erkrankung im Zusammenwirken mit den Risikofaktoren konnte nicht vollständig bestätigt werden. 6. Die Entzündungsparameter WBC und CRP wiesen bei den größten Probanden die geringsten Werte auf im Vergleich zu den kleinsten Probanden. 7. Von den 4290 Probanden der SHIP-0-Studie nahmen nur noch 3300 Probanden an der SHIP-1-Studie teil. Dadurch hat sich die Verteilung der Risikofaktoren verändert. Daher ergibt die Folgestudie nicht mehr bevölkerungs-repräsentative Aussagen, weil besonders die risikobelasteten Patienten dem follow-up ferngeblieben sind. Mit dieser Studie konnte der Zusammenhang der Körpergröße und Entzündungen mit der Parodontitis nicht vollständig bestätigt werden. Der Zeitraum von fünf Jahren ist möglicherweise nicht ausreichend, so dass die 10-Jahres-follow-up-Studie eine Klärung bringen sollte.
Die Parodontitis gehört zu den häufigsten Erkrankungen des Menschen. Als Reaktion des Immunsystems auf die bakterielle Besiedlung der Mundhöhle mit parodontal-pathogenen Mikroorganismen, kommt es zur Zerstörung des Parodontiums. Das Gram-negative Bakterium A. actinomycetemcomitans (A.a.)wird dabei als Haupterreger der Parodontitis beschrieben. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Charakterisierung einer experimentell-induzierten Parodontitis in der Maus. Es wurden C57BL/6J-Wildtyp-Mäuse, iNOS-KO- und gp91-phox-KO-Mäuse oral mit A.a. infiziert. Fünf Wochen nach Ende der Infektionen konnte signifikant Knochenabbau sowohl morphometrisch als auch volumetrisch mittels Computertomografie in gp91-phox-KO-Mäusen, verglichen mit infizierten C57BL/6J-Wildtyp-, infizierten iNOS-KO-Mäusen und den Kontrollen, nachgewiesen werden. Unterschiede in der Kolonisationsdauer von A.a. in den verschiedenen Mausstämmen zu verschiedenen Zeitpunkten konnten zwischen den drei Untersuchungsgruppen festgestellt werden. Mit 38 Tagen nach Ende der Infektionen konnte A.a. in gp91-phox-KO-Mäusen am längsten nachgewiesen werden. Eine Korrelation zwischen Kolonisationsdauer von A.a. und parodontalem Knochenabbau konnte in gp91-phox-KO-Mäusen signifikant, im Vergleich zu infizierten iNOS-KO- und Wildtyp-Mäusen sowie den Kontrollgruppen, belegt werden. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die NADPH-Oxidase der polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten oder Makrophagen bedeutend für die Abwehr von A.a. ist und somit vor der Ausbildung einer Parodontitis schützt.
Periodontitis is one of the most prevalent oral diseases worldwide caused by multifactorial interactions between host and oral bacteria. Altered cellular metabolism of host and microbes releases a number of intermediary end-products known as metabolites. Recently, there is an increasing interest in identifying metabolites from oral fluids like saliva to widen the understanding of the complex pathogenesis of periodontitis. It is believed, that some metabolites might serve as indicators toward early detection and screening of periodontitis and perhaps even for monitoring its prognosis in the future. Because contemporary periodontal screening methods are deficient, there is an urgent need for novel approaches in periodontal screening procedures. To this end we associated oral parameters (clinical attachment level, periodontal probing depth, supragingival plaque, supragingival calculus, number of missing teeth, and removable denture) with a large set of salivary metabolites (n=383) obtained by mass spectrometry among a subsample (n=909) of non-diabetic participants of the Study of Health in Pomerania (SHIP-Trend-0). Linear regression analyses were performed in age-stratified groups and adjusted for potential confounders. A multifaceted image of associated metabolites (n=107) with considerable differences according to age groups was revealed. In the young (20-39 years) and middle-aged groups (40-59 years), we found metabolites predominantly associated with periodontal variables; whereas among the older subjects (60 + years), tooth loss was strongly associated with metabolite levels. Metabolites associated with periodontal variables were clearly linked to tissue destruction, host- defence mechanisms and bacterial metabolism. Across all age groups, the bacterial metabolite phenylacetate was significantly associated with periodontal variables. Our results revealed alterations of the salivary metabolome in association with age and oral health status. Among our comprehensive panel of metabolites, periodontitis was significantly associated with the bacterial metabolite phenylacetate, a promising substance for further biomarker research.
Im Rahmen dieser Dissertation wurden die Daten von 257 Patienten aus dem Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Greifswald, Poliklinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Endodontologie, Abteilung Parodontologie von 1995 bis einschließlich 2010 erfasst, ausgewertet und interpretiert. Der Zweck dieser Studie lag darin, die Überlebenswahrscheinlichkeiten für Zähne unter verschiedenen Einflussfaktoren zu schätzen. Außerdem sollten in diesem Zusammenhang die Inzidenzraten für Zahnverlust unter verschiedenen Faktoren ermittelt werden. Da es für den Behandler oft schwierig ist, den Erfolg seiner Langzeitbehandlung einzuschätzen, können die Ergebnisse dieser Arbeit einen Beitrag dazu leisten, diejenigen Faktoren besser einzuschätzen, die für die Überlebenswahrscheinlichkeit von Zähnen von Relevanz sind. Mathematisch ausgewertet wurden die Daten mit Mitteln der Überlebenszeitanalyse. Anders als bei der linearen Regression ermöglicht es das hier angewandte Mittel der Überlebenszeitanalyse, die Information, wie lange ein Zahn mindestens überlebt hat, bis er zensiert wurde, zu verwerten. Diese Zensierung konnte beispielsweise durch das Studienende vor dem Ereigniseintritt, den Umzug oder den Tod des Patienten eintreten. Eine weitere Zielstellung lag in der Erfassung der Entwicklung der Sondierungstiefen über den Zeitraum der gesamten Erhaltungstherapie hinweg. Da die Sondierungstiefe als Parameter für die gegenwärtige Entzündung des Parodontiums gilt, konnte der Erfolg der Parodontaltherapie hieran gut beurteilt werden. Die Unterschiede bei den Überlebenskurven waren bei den folgenden Variablen signifikant: Alter, Beruf, behandelnde Schwester, Plaque, Anzahl der fehlenden Zähne, Kieferart, Mundtklasse, Zahntyp, Beweglichkeit, Furkation, initiale Sondierungstiefe und initialer Knochenverlust. Die Unterschiede bei den Überlebenskurven der Variablen Geschlecht, Raucher, Antibiotika, Compliance und Therapieart waren hingegen nicht signifikant. Anschließend wurde die multivariate gemischte Cox-Regression angewandt, die es einerseits ermöglicht, im Gegensatz zur Analyse der Überlebenskurven, mehrere Variablen gleichzeitig zu betrachten und andererseits, neben der Zahnebene, zusätzlich die Patientenebene zu berücksichtigen. Als Modellauswahlverfahren kam die Stepwise Variable Selection zur Anwendung, um die beste Auswahl von Variablen zu erhalten. Dabei wurden die Variablen Geschlecht, Raucher, Antibiotika, Compliance, Plaque, Mundtklasse und Therapieart nicht in das Modell hinzugefügt. All diese Faktoren hatten in der multivariaten Betrachtung keinen zusätzlichen Einfluss auf die Hazardrate. Es stellte sich heraus, dass ein hohes Alter, ein niedriger Berufsstatus, eine schlechter behandelnde Schwester, eine hohe Anzahl fehlender Zähne, die Zahnlage im Oberkiefer, der Zahntyp Molar, eine hohe Beweglichkeit, Furkationsbefall, eine erhöhte Sondierungstiefe zu Beginn der Erhaltungstherapie und ein erhöhter initialer Knochenverlust den Zahnverlust in der Erhaltungstherapie begünstigen. Die Inzidenz des Zahnverlusts nahm mit zunehmender Sondierungstiefe zu. Insbesondere ab Sondierungstiefen, die größer als 4 mm waren, zeigte sich ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu physiologischen Sondierungstiefen. Bezüglich der Entwicklung der Sondierungstiefen ließ sich ein starker Rückgang pathologischer Taschen nach aktiver Therapie feststellen, der über die Dauer des Recalls leicht abnahm.
Parodontitis als eine Volkskrankheit ist die Entzündung des Zahnhalteapparates. Sie wird durch parodontalpathogene Mikroorganismen im Biofilm der Mundhöhle verursacht und kann unbehandelt über zunehmenden Attachmentverlust und Knochenabbau bis hin zum Zahnverlust führen. In der Ätiologie ist die bakterielle Plaque der entscheidende Auslöser, während Verlauf und Schwere durch die Wirtsreaktivität und modulierende Faktoren (Genetik, systemische Vorerkrankungen, Verhaltensfaktoren) determiniert werden. Durch Bestandteile und Stoffwechselprodukte der in der Plaque enthaltenden Bakterien wird die Immunantwort des Wirtes initiiert. Infolgedessen zerstören freigesetzte proinflammatorische Mediatoren das umgebende Stützgewebe und den Knochen.
Auch das proinflammatorische Lipidmolekül Sphingosin-1-phosphat (S1P) scheint bei der Pathogenese der Parodontitis eine Rolle zu spielen. S1P ist an zahlreichen physiologischen Prozessen wie Zellproliferation, vaskulärer Barrierefunktion und Lymphozyten-Zirkulation beteiligt und beeinflusst pathologische Zustände wie beispielsweise das Entzündungsgeschehen und Osteoporose. Die zellulären Signalwege werden durch eine Familie von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (S1PR1 bis 5) gesteuert, wobei die S1P Ausgangskonzentrationen und die unterschiedliche Rezeptoren-Expression in den Geweben entscheidend sind. Verschiedene Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen Parodontitis und S1P hin: Durch Eingriff in den Knochenmetabolismus fördert S1P insgesamt die Knochen-Resorption und steigert die Expression von Zytokinen in humanen gingivalen Epithelzellen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde basierend auf der randomisierten Bevölkerungsstudie Study of Health in Pomerania (SHIP) untersucht, ob die individuellen S1P-Serumkonzentrationen mit der Parodontitis-Prävalenz in der SHIP-Trend-Kohorte assoziiert sind. Darüber hinaus wurden die individuellen S1P Konzentrationen mit verschiedenen Parodontitis-Variablen (Taschentiefe, klinischer Attachmentverlust, Anzahl der Zähne) und mit klassischen systemischen Entzündungsparametern (hoch-sensitives C-reaktives Protein, Leukozytenzahl, Fibrinogen) korreliert. Außerdem wurde anhand von Gewebeschnitten untersucht, inwiefern Enzyme des S1P-Stoffwechsels im Parodontalgewebe exprimiert sind und ob sich deren Expression im entzündeten Gewebe verändert.
Sowohl höhere Werte der untersuchten Parodontitis-Variablen als auch höhere Werte der untersuchten Entzündungsmarker waren konsistent mit höheren S1P-Konzentrationen assoziiert. S1P stellt somit einen potentiellen Biomarker für Parodontitis dar und ist möglicherweise in der Lage, das lokale parodontale Entzündungsgeschehen als systemische Konzentrationserhöhung im Serum zu reflektieren.
Kein Zusammenhang konnte zwischen Karies-Variablen und S1P gefunden werden, wodurch die Spezifität der Assoziation zwischen den Parodontitis-Variablen und S1P hervorgehoben wird.
Die Enzyme des S1P-Stoffwechsels waren sowohl in gesunden Gewebeproben als auch im Gewebe von parodontal erkrankten Probanden nachweisbar. Allerdings waren die Enzyme Sphingosin-Kinase 1 und S1P-Lyase im Gewebe von Probanden mit Parodontitis hochreguliert und zunehmend auch in anderen Zelltypen exprimiert, sodass womöglich ebenso die lokalen S1P-Gewebekonzentrationen bei Parodontitis erhöht sind.
Basierend auf den in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnissen und den bereits existierenden Studien zum Thema ist ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und S1P anzunehmen. Bei einer Parodontitis liegen sowohl ein lokal verstärkter S1P-Metabolismus im Gewebe als auch systemisch erhöhte S1P-Konzentrationen im Serum vor.
Die Anfälligkeit für Parodontitis und weitere chronische Entzündungskrankheiten, wie z. B. Morbus Crohn, wird durch ein komplexes Zusammenspiel zwischen Bakterien,Immunsystem
sowie Umweltfaktoren bestimmt und durch Gene reguliert. Modernste genetische Methoden konnten bisher zahlreiche Suszeptibilitätsgene identifizieren, die zum Teil nicht nur mit einer Krankheit assoziiert wurden, sondern die bspw. auch in der Pathogenese mehrerer chronisch
entzündlicher Entitäten involviert sind.
In der vorliegenden Dissertation wurde untersucht, ob eine Assoziation zwischen Parodontitis und zwei Einzelnukleotidpolymorphismen (Single Nucleotide Polymorphism, SNPs) in den Genen SLC22A4 bzw. SLC22A5 besteht. Diese wurden zuvor als Suszeptibilitätsgene für
chronisch entzündliche Erkrankungen, insbesondere Morbus Crohn, identifiziert. Bei den untersuchten SNPs handelt es sich um den Austausch von Cytosin zu Thymin (c.1507C>T) im
Exon 9 von SLC22A4 und um den Austausch von Guanin zu Cytosin (−207G>C) in der Promotorregion von SLC22A5. Beide Polymorphismen befinden sich im Kopplungsungleichgewicht und bilden einen risikoassoziierten T-C-Haplotyp. Die
entsprechenden Gene kodieren für die organischen Kationentransporter OCTN1 (SLC22A4) und OCTN2 (SLC22A5), welche in vielen Geweben exprimiert werden. OCTN1 vermittelt u. a. den Transport des Antioxidans L-Ergothionein. OCTN2 spielt vor allem eine entscheidende
Rolle beim Transport von Carnitin und ist somit maßgeblich an der Carnitin-Homöostase beteiligt.
Zunächst wurde das Vorkommen der beiden Transporter im Parodontium mittels Immunfluoreszenz-Mikroskopie geprüft. Für die anschließende Analyse eines möglichen Einflusses der Genvarianten wurde auf die Querschnittsdaten von 4.308 Probanden der „Study of Health in Pomerania“ (SHIP-0) zurückgegriffen, für welche zum großen Teil Genotypisierungsdaten bezüglich der OCTN-SNPs vorlagen. Für die Erkennung indirekter Effekte der SNPs auf das Parodontium wurden u. a. anthropometrische Daten und bestimmte Laborparameter, insbesondere Entzündungsparameter und Serumcholesterolwerte, in die
Auswertung einbezogen.
OCTN1 und OCTN2 wurden sowohl im gesunden als auch im erkrankten Parodontium detektiert, vor allem im Epithel und Gefäßendothel. Deutliche Unterschiede in ihrer Expression in Abhängigkeit vom parodontalen Gesundheitszustand wurden nicht festgestellt.
Für die Ermittlung der Genotypfrequenzen von SLC22A4 standen 4.186 und für SLC22A5 4.105 DNA-Proben zur Verfügung. Der SLC22A4-TT-Genotyp hatte in der untersuchten SHIP-0-Population eine Häufigkeit von 16,6 %, der CT-Genotyp 48,4 % und der CC-Genotyp 35,0 %. Der SLC22A5-CC-Genotyp war mit einer Häufigkeit von 19,9 %, der CG-Genotyp mit 50,2 % und der GG-Genotyp mit 29,9 % vertreten. 19,3 % waren homozygote T-C-Haplotyp-Träger. Die Genotypverteilung entsprach vergleichbaren Populationen.
Es wurde keine Assoziation zwischen parodontalen Indizes, wie Sondierungstiefen (Taschentiefen, TT) und Attachmentverlusten (AV), und den SNPs verzeichnet, sodass ein direkter Zusammenhang zwischen den Genvarianten von SLC22A4 bzw. SLC22A5 und Parodontitis ausgeschlossen werden kann. Ferner waren die Genvarianten nicht mit etablierten Entzündungswerten (high-sensitive-Creaktives Protein (hs-CRP), Fibrinogen) sowie HbA1c und anthropometrischen Daten assoziiert.
Mit Berücksichtigung des bekannten engen Zusammenhangs zwischen Adipositas und Parodontitis erfolgte die Stratifizierung der Probanden in adipös (BMI ≥ 30 kg/m²) und nicht adipös. Dabei zeigte sich eine signifikante Assoziation zwischen erniedrigten HDL-Cholesterol-Werten (HDL-c) und erhöhten Gesamtcholesterol-, LDL-Cholesterol- (LDL-c) und Apolipoprotein B-Werten in der Gruppe der adipösen Variantenträger. Dieser Geneffekt wurde sowohl bei homozygoten Trägern einer der beiden Genvarianten als auch bei Trägern beider Genvarianten (homozygote Risiko-Haplotyp-Träger) beobachtet. Die Ergebnisse zeigen
weiterhin, dass bei einem niedrigeren BMI die Varianten hinsichtlich des LDL-c-Spiegels eher günstig erscheinen, währenddessen sie die Hypercholesterinämie bei adipösen Probanden fördern.
Weiterhin wurde festgestellt, dass der Einfluss des Parodontitisschweregrads auf einen grenzwertig hohen LDL-c-Wert von über 3,61 mmol/l bei homozygoten Risiko-Haplotyp-Trägern höher war als bei Probanden ohne Genvarianten.
Zusammenfassend kann den Genvarianten ein direkter BMI-abhängiger Einfluss auf Serumcholesterolwerte zugeschrieben werden. Ferner haben sie einen verstärkenden Einfluss auf die Wechselwirkung zwischen LDL-c-Werten und Parodontitis.