Doctoral Thesis
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In Zeiten des demographischen Wandels liegt mit dieser Arbeit eine weitere Analyse im Bereich der gerontologischen Forschung zum erfolgreichen Altern vor. Mit dem Hintergrund des salutogenetischen Modells wurde das körperliche Wohlbefinden in den Fokus der Analyse gestellt. Die Studienteilnehmer*innen waren Teil der Greifswalder Altersstudie „Gesund und bewegt ins Alter“ aus dem Jahr 2006. Die Proband*innen wurden über lokale Medien und Flyer rekrutiert. Insgesamt nahmen 387 Personen im Alter von 57 bis 96 Jahren an der Studie teil.
Die Prüfung der Dimensionalität des Fragebogens zur Erfassung körperlichen Wohlbefindens (FEW-16) ergab mittels explorativer Faktorenanalyse eine Extraktion von drei Faktoren, die 72 Prozent der Gesamtvarianz erklärten. Unter der Vorgabe von vier Faktoren zeigte sich mithilfe der konfirmatorischen Faktorenanalyse eine erklärte Gesamtvarianz von 78 Prozent. Weiterhin war das körperliche Wohlbefinden in der Greifswalder Altersstudie geschlechtsunabhängig und altersabhängig mit geringeren Werten im vierten Lebensalter.
Es erfolgte zudem die empirische Prüfung der Zusammenhänge zwischen körperlichem Wohlbefinden, Kohärenzgefühl und ausgewählten Widerstandsressourcen. Zwischen dem körperlichen Wohlbefinden und dem Kohärenzgefühl konnte ein positiver Zusammenhang nachgewiesen werden. Sowohl das Kohärenzgefühl als auch das körperliche Wohlbefinden zeigten sich ressourcenabhängig. Die Widerstandsressourcen erklärten jeweils 48 Prozent des Kohärenzgefühls und des körperlichen Wohlbefindens. Die allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung, das Selbstwertgefühl, die Alltagsaktivitäten, die erwartete soziale Unterstützung, die internale sowie die sozial externale Kontrollüberzeugung zu Krankheit und Gesundheit stellten sich als wichtige Ressourcen heraus. Das Kohärenzgefühl erklärte unter Kontrolle der Ressourcen eine zusätzliche Varianz von fünf Prozent am körperlichen Wohlbefinden. Die Mediatorfunktion des Kohärenzgefühls zwischen den Widerstandsressourcen und dem körperlichem Wohlbefinden konnte ebenso belegt werden. Die Ergebnisse bestätigen die Relevanz des Kohärenzgefühls und verdeutlichen die Notwendigkeit der Förderung des Kohärenzgefühls im Alter mit Hinblick auf das körperliche Wohlbefinden.
In den Studien dieser kumulativen Dissertationsarbeit wurde im Rahmen der Posttraumatic
Growth and Depreciation Study (GRODES) der Universitätsmedizin Greifswald der Einfluss
von Coping und Rumination auf posttraumatisches Wachstum (posttraumatic growth, PTG)
und posttraumatische Minderung (posttraumatic depreciation, PTD) untersucht.
Das Phänomen PTG bezeichnet die während oder nach der Verarbeitung eines
traumatischen Ereignisses subjektiv als positiv bewerteten Veränderungen, die von der
jeweiligen Person für sich als Bereicherung, als Gewinn angesehen werden. Diese
Veränderungen manifestieren sich in den Dimensionen ‚persönliche Stärke‘, ‚Möglichkeiten
im Leben‘, ‚Beziehung zu anderen Menschen‘, ‚Wert des Lebens‘ und ‚spirituell-existentielle
Aspekte‘ (Tedeschi et al., 2018). Dem gegenüber steht das Konstrukt der posttraumatischen
Minderung, das die infolge einer Traumaerfahrung negativ bewerteten Veränderungen auf
denselben fünf Dimensionen bezeichnet (Baker et al., 2008). PTG und PTD sind nicht
bidirektional zu verstehen. Sie können gleichzeitig erlebt werden; die Erfahrung von Zugewinn
auf der einen Seite mindert nicht notwendigerweise das Empfinden von Verlust auf der anderen.
PTG und PTD unterliegen verschiedenen Einflussfaktoren, wie Bewältigungsstil,
Rumination, Selbstoffenbarung, Infragestellen von Grundüberzeugungen oder Zentralität des
Ereignisses. Diese Faktoren werden ebenso wie die Zusammenhänge zwischen PTG und PTD
selbst sowie zwischen PTG/PTD und PTBS-Symptomen in der vorliegenden
Dissertationsarbeit untersucht.
Um den entsprechenden Fragestellungen nachgehen zu können, war die vorherige
Entwicklung eines Fragebogens, das Posttraumatic Growth and Depreciation Inventory –
Expanded (PTGDI-X, Taku et al., 2021), zur simultanen Erfassung von PTG und PTD sowie
die Überprüfung der psychometrischen Eigenschaften des Instrumentes und dessen
interkulturelle Anwendbarkeit erforderlich. In einem weiteren Schritt wurde eine Kurzversion
des Fragebogens, das Posttraumatic Growth and Depreciation Inventory – Expanded – Short
Form (PTGDI-X-SF, Platte, Wiesmann, Tedeschi, Taku, et al., 2022), entwickelt und validiert,
welche die Erhebung von PTG und PTD durch je zehn Fragen ermöglicht.
Schließlich wurde auf Grundlage des PTGDI–X, der Impact of Event Scale – Revised
(IES-R), des Rumination Inventory (ERRI) und des Brief COPE Inventory eine Online-
Befragung durchgeführt. Die Antworten von 253 Erwachsene der deutschen
Allgemeinbevölkerung wurden anschließend hinsichtlich der beschriebenen Fragestellungen
untersucht. Alles in allem bestätigen die im Rahmen der vorliegenden Dissertationsarbeit
gewonnenen Ergebnisse die Eignung des PTGDI-X und der zugehörigen Kurzform zur
simultanen Erfassung von PTG und PTD in der Allgemeinbevölkerung Deutschlands. Dabei
konnte gezeigt werden, dass PTG durch einen selbstständigen Coping-Stil und durch einen
sozialen Coping-Stil begünstigt wird, wohingegen ein vermeidender Coping-Stil zu mehr PTD
führt. Weiterhin war PTG mit positiver Selbstoffenbarung, Erschütterung von
Grundüberzeugungen und bewusster Rumination assoziiert. Es zeigte sich ferner ein positiver
Zusammenhang von PTD mit negativer Selbstoffenbarung, PTBS-Symptomen und kürzlichem
intrusivem Ruminieren.
Die vorliegende Dissertationsarbeit leistet einen wichtigen Beitrag in der Erforschung
posttraumatischer Veränderungen und bei der Entwicklung der entsprechenden
Erhebungsinstrumente. Es konnte nicht nur der bedeutsame Einfluss von Coping, Rumination
und Selbstoffenbarung auf posttraumatische Veränderungen hervorgehoben werden, sondern
auch die kulturelle Variabilität dieser Zusammenhänge verdeutlicht werden. Gewonnene
Ergebnisse und damit zusammenhängende weiterführende Studien können zu klinischen
Interventionen führen, die persönliches Wachstum fördern und negativ bewertete
Veränderungen mildern. Untersuchungen zu der Beziehung zwischen PTG und PTD und den
Einflussfaktoren auf PTG und PTD, insbesondere im interkulturellen Kontext, bieten sich als
ergiebiges Feld für weitere Forschung an. Darüber hinaus sollte in zukünftigen Studien eine Übertragung der vorliegenden Untersuchungsbefunde auf klinische Stichproben überprüft werden.