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Einleitung: Der Gesetzgeber hat die 2001 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) als Grundlage der Rehabilitation in Deutschland im Sozialgesetzbuch IX verankert. Anders als bisherige Klassifikationsmodelle, die einen linearen Zusammenhang zwischen Beeinträchtigung der Funktion und Behinderung annehmen, basiert die ICF auf einem bio-psycho-sozialen Verständnis von Gesundheit und Krankheit. Das ICF-Modell sieht Beeinträchtigungen der funktionalen Gesundheit einer Person als das Ergebnis der negativen Wechselwirkung zwischen den Gesundheitsproblemen sowie den personbezogenen und umweltbezogenen Kontextfaktoren der Person. Ziel einer Rehabilitationsmaßnahme ist die Förderung der gleichberechtigten Teilhabe am Leben der Gemeinschaft und die Selbstbestimmung von behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen. Auf Basis der ICF ist es also Aufgabe der deutschen Rehabilitationseinrichtungen, die Kontextfaktoren mit zu berücksichtigen, um den Rehabilitanden eine bestmögliche (Re-)Integration in die Gesellschaft und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Besonders gefordert sind hierbei ambulante Rehabilitationseinrichtungen, die nach der Akutbehandlung bzw. Frührehabilitation ansetzen, in einer Phase, in der der Rehabilitand bereits in sein gewohntes häusliches Umfeld zurückgekehrt ist, was eine Mitberücksichtigung von Kontextfaktoren in besonderer Weise ermöglicht. Bislang gibt es nur wenige Studien, die explizit das Konstrukt Teilhabe als Zielvariable im Rehabilitationsverlauf untersuchen und beeinflussende Kontextfaktoren mit in den Blick nehmen.
Material und Methoden: In vier empirischen Studien wurden Teilhabeverläufe und beeinflussende Kontextfaktoren in der ambulanten Neurorehabilitation untersucht. Da Depressivität den Behandlungserfolg im Kontext einer ambulanten Neurorehabilitation beeinflussen kann, wurde mit den Depressions-Angst-Stress-Skalen (DASS-21) eine Raschanalyse durchgeführt, um ihre Eignung als Screeninginstrument zu untersuchen.
Ergebnisse und Diskussion: In der ersten Studie wurde explorativ die teilhabebezogene Ergebnisqualität in vier ambulanten Reha-Einrichtungen im österreichischen Vorarlberg erfasst. Es zeigten sich positive Entwicklungen im Reha-Verlauf. In deutschen ambulanten neurologischen Rehabilitationseinrichtungen konnten in Studie 2 mehrheitlich positive Teilhabeentwicklungen im Rehabilitationsverlauf gezeigt werden, darüber hinaus fanden sich aber auch Teilnehmer, deren Teilhabe sich nicht veränderte oder sogar verschlechterte. Als beeinflussende Kontextfaktoren konnten sowohl das Geschlecht als auch das Nettoeinkommen identifiziert werden, wobei die genauen Hintergründe hinsichtlich des Geschlechts noch weiterer Forschung bedürfen. In Studie 3 zeigte sich zudem, dass insbesondere eine niedrige Depressivität am Ende der Rehabilitation die Wahrscheinlichkeit erhöhte, in der Gruppe der Teilhabeverbesserten zu sein. Zu Beginn der Rehabilitation unterschieden sich die Depressivitäts-Werte der zum Ende der Rehabilitation Teilhabeverbesserten und Teilhabeverschlechterten nicht, was auf Einflussmöglichkeiten im Verlauf der Rehabilitation hindeutet. Die Mehrheit der Teilnehmer erfüllte nicht das Vollbild einer klinisch relevanten Depression. Bei der Raschanalyse einer Kurzversion der Depressions-Angst-Stress-Skalen (DASS-21) zeigte sich passend dazu, dass sich insbesondere eine zusammengefasste Skala aus Stress- und Depressions-Items, die den generellen Faktor „psychologischer Distress“ erfassen sollte, für den Einsatz in der ambulanten Neurorehabilitation als besonders geeignet erwies. Auch die Depressions- und die Stressskala konnten jedoch mit einigen Einschränkungen die Kriterien des Rasch-Modells erfüllen, die Angstskala erwies sich bei den Teilnehmern dieser Studie als ungeeignet, die Stichprobe erwies sich hinsichtlich des mit der Angstskala erfassten Angstkonstrukts als wenig ängstlich.
Fazit: Neben ersten, weiter zu erforschenden Erkenntnissen hinsichtlich der ambulanten Neurorehabilitation in Österreich konnten insbesondere Informationen zu unterschiedlichen Teilhabeverläufen und beeinflussenden Kontextfaktoren in der ambulanten Neurorehabilitation in Deutschland gewonnen werden. Insbesondere die kontinuierlich erfasste Variable Depressivität geriet hierbei in den Blickpunkt, die DASS-21 erwiesen sich im Rahmen einer Raschanalyse mit einigen Einschränkungen als geeignetes Screeninginstrument, um besonders gefährdete Patienten herauszufiltern. Neben der Untersuchung weiterer Kontextfaktoren besteht insbesondere noch Forschungsbedarf bei der Frage, welche Unterstützungsmethoden bei psychischem Distress im Rahmen der ambulanten Neurorehabilitation effizient und realistisch umsetzbar eingesetzt werden können
Statistisch gesehen erkrankt weltweit alle 3 Sekunden ein Mensch an Demenz, allein in Deutschland beträgt die jährliche Inzidenz 300.000 Fälle. Demenzerkrankungen sind aufgrund des demographischen Wandels schon jetzt eine Herausforderung für das Gesundheitswesen, welches zusätzlich noch durch einen Mangel an Ärztenachwuchs in der Primärversorgung verschärft wird. Ein prominenter Ärztemangel ist statistisch schwer nachzuweisen, jedoch gibt es ernst zu nehmende Hinweise wie er schon heute beispielweise durch das Phänomen der sogenannten „Over-utilizer“ auftritt. Eine weitere Herausforderung ist, dass Demenz in der älteren Bevölkerung unterdiagnostiziert ist. Allgemein ist über die Quantität der Kooperation zwischen niedergelassenen Haus- und Fachärzten in der Demenzdiagnostik und Therapie wie in der S3-Leitlinie empfohlen, wenig bekannt.
Es besteht der Bedarf an Versorgungsforschung mit Primärdaten über das Thema Diagnostik und Differentialdiagnostik in der Primärversorgung.
Das Ziel der vorliegenden kumulativen Dissertationsschrift ist es, hier einen empirischen Beitrag zu leisten. Unter anderem wurde analysiert wie hoch die Inanspruchnahme niedergelassener Fachärzte durch hausärztlich versorgte Menschen mit mindestens einem V.a. Demenz ist und welche Faktoren damit assoziiert sind. Es wurde auch untersucht ob und wie sich die S3-Empfehlungen zur leitliniengerechten Diagnostik der Demenz bei der Behandlung der Probanden widerspiegeln.
Aus eigenem Interesse lag ein weiterer Fokus auf der Prüfung von Zusammenhängen zwischen experimentellen Scores zur cMRT-Analyse und den in der Versorgung gebräuchlichen kognitiven Kurztests von beteiligten Probanden.
Die Analysen basieren auf Daten von Probanden der DelpHi-Studie. In dieser wurden Probanden mithilfe von Hausärzten unter Anwendung des DemTec rekrutiert. Eingeschlossen wurden Menschen, bei denen aufgrund des Screenings ein Verdacht auf eine Demenz vorlag, diese noch in eigener Häuslichkeit lebten und die ihre informierte Einverständniserklärung abgaben. Bei diesen Probanden wurden die ärztliche Akte, die Facharztkonsultationen und das Bildmaterial angefordert, sowie weitere persönliche Datenerhebungen eingeleitet.
Aufgrund der Analysen der Primärdaten konnte unter anderem die Inanspruchnahme von Fachärzten der Neurologie und Psychiatrie eruiert werden. Abhängig von dem Umstand, ob ein Demenzerkrankter bei einem Facharzt vorstellig gewesen war, wurden die Daten der Studienteilnehmer zur Analyse in 2 Gruppen („GP-only“ und „GP+specialist“) eingeteilt und die beiden Gruppen in ihren Charakteristika miteinander verglichen. Dabei zeigten sich die Variablen „Alter“, „Partnerschaftsstatus“, „Vorhandensein einer formalen Demenzdiagnose bei Studienbeginn“ als statistisch signifikant.
Es zeigt sich, dass Probanden, die einen Facharzt aufgesucht haben, insgesamt eher jünger; eher in einer Partnerschaft leben und dass bei ihnen bereits Demenz diagnostiziert wurde. Werden alle untersuchten Variablen in einem Logistischen Regressionsmodell untersucht, so fallen die Variablen „Alter“ und „B-ADL“ statistisch signifikant auf. Das bedeutet, dass wenn das Alter des Patienten um ein Jahr ansteigt, so sinkt die relative Wahrscheinlichkeit, dass ein MmD zu einem Facharzt überwiesen wird um 5,2 %. Ebenso stellt sich dar, dass wenn die Alltagsmobilität, welche mit dem B-ADL gemessen wurde, um eine Einheit steigt, so erhöht sich die relative Wahrscheinlichkeit, dass ein MmD zum Spezialisten überwiesen wird um 15,2 %,
Des Weiteren konnte ein kritischer Blick auf die Anwendung der aktuellen S3-Leitlinie zur Demenz anhand der Auswertung der DelpHi-Studie geworfen werden. Erstmals wurden in diesem Setting das studienbedingt vorhandene Bildmaterial durch etablierte Scores analysiert und zusammen mit den Ergebnissen aus den kognitiven Kurztests ausgewertet. Dabei wurde in dieser Arbeit ein Fokus auf den MTA-Score von Scheltens et al. gelegt, mit dem die Hippocampusatrophie eines Demenzerkrankten in 4 Schweregrade eingeteilt wird. Anschließend wurden diese Ergebnisse mit den ebenfalls vorhandenen Resultaten der kognitiven Tests des MMST gegenübergestellt, was in fast der Hälfte der Fälle Ambivalenzen auslöste.
Allgemein lässt sich sagen, dass Frauen und Alleinlebende seltener, Jüngere öfter und Patienten mit niedrigerem Funktionsniveau häufiger beim FA gewesen sind und erweiterte bildgebende Diagnostik erhalten haben. Tatsächlich bekamen aber weniger als die Hälfte derer, die überwiesen wurden ein cMRT als erweiterte Diagnostik verordnet. Insgesamt ist es wünschenswert die S3-Leitlinie zur Demenz zu stärken und die Motivation der Fach-, und Hausärzte diese anzuwenden zu steigern, zum Wohle einer umfänglichen Diagnostik von demenzverdächtigen oder erkrankten Patienten. Die Ergebnisse konnten der Fachwelt durch die Publikation in internationalen, peer-reviewed Journals zugänglich gemacht werden.
Die Pflege demenziell erkrankter Menschen geht bekanntermaßen mit einer Belastung für die Pflegepersonen einher. Ziel dieser Studie war es, die Belastung pflegender Angehöriger und professioneller Pflegekräfte unmittelbar nach Krankenhausaufnahme des Menschen mit Demenz zu beschreiben.
In dieser deskriptiven Querschnittstudie füllten 25 pflegende Angehörige und 25 professionelle Pflegekräfte der geschlossenen gerontopsychiatrischen Station eines Krankenhauses in Greifswald einen Fragebogen (BIZA-D-PV)
aus, der in verbundenen Stichproben ausgewertet wurde. Es wurden Häufigkeitsverteilungen, Mittelwertunterschiede und Korrelationen bestimmt. Darüber hinaus erfolgte eine Einordnung der pflegenden Angehörigen in Risikogruppen.
Die pflegenden Angehörigen empfanden eine höhere Belastung durch kognitive Einbußen, Aggressivität und Verwirrtheit des Menschen mit Demenz im Vergleich zu den professionellen Pflegekräften. Statistisch signifikante Unterschiede in Hinblick auf die Belastung durch praktische Pflegeaufgaben ließen sich nicht feststellen. Weibliche Angehörige gaben eine höhere Belastung an als männliche Angehörige, wohingegen in der Gruppe der professionellen Pflegekräfte die männlichen Befragten eine höhere Belastung empfanden.
Es wurden Korrelationen zwischen einzelnen Belastungsdimensionen und dem Alter der Pflegenden, dem Schweregrad der Demenz sowie körperlichen Beschwerden der Pflegenden beschrieben. Die Einordnung der pflegenden Angehörigen in Risikogruppen zeigte ein hohes Risiko für die Entwicklung von Depressionen bei den Pflegenden, für Gewaltanwendung gegenüber den demenziell Erkrankten und deren Heimeinweisung innerhalb der nächsten Monate in 44-72% der Fälle.
Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, Erkenntnisse über die Belastung der Pflegenden im zeitlichen Verlauf der Pflege zu sammeln, um zielgerichtete Interventionen entwickeln zu können. Derartige Interventionen sollten darauf abzielen, eine Reduktion der Pflegebelastung zu ermöglichen und Krankenhauseinweisungen aufgrund einer Krise
der häuslichen Pflege zu vermeiden.
Einleitung
Der EQ-5D ist ein etablierter Fragebogen zur Messung der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität von Erwachsenen. Die Entwicklung einer kinderfreundlichen Version dieses
Instrumentes, namens EQ-5D-Y, ermöglicht die Erhebung von vergleichbaren
Lebensqualitätsdaten bei Kindern und Jugendlichen. Die vorliegende Studie dient der
ergänzenden Validierung und methodischen Absicherung des EQ-5D-Y durch Anwendung
bei kranken Kindern und Jugendlichen.
Methoden
Es wurden 235 akut und chronisch erkrankte Probanden, davon 107 Kinder (5-12 Jahre) und
128 Jugendliche (13-18 Jahre), in die Studie eingeschlossen. Die Befragungen wurden im
Krankenhaus, in ambulanten Sprechstunden und in Rehakliniken durchgeführt. Die
Rehapatienten wurden zum Rehabeginn sowie vor der Abreise befragt, während bei allen
anderen Patienten eine einmalige Datenerhebung erfolgte. Der Patientenfragebogen umfasste
neben dem EQ-5D-Y weitere bereits validierte Lebensqualitätsinstrumente wie den KINDL-R
und den KIDSCREEN-10. Die behandelnden Ärzte beantworteten ebenfalls einen
Fragebogen, der u.a. die Proxy-Version des EQ-5D-Y beinhaltete.
Neben Häufigkeitsanalysen des EQ-5D-Y auf Itemebene wurden die fehlenden Werte
ausgezählt sowie Mittelwerte und Standardabweichungen berechnet und mit dem KINDL-R
und KIDSCREEN-10 verglichen. Eine Varianzanalyse sollte Unterschiede zwischen den
einzelnen Diagnosegruppenmittelwerten detektieren. Zur Bestimmung der konvergenten
Validität wurde der EQ-5D-Y mit den beiden genannten Vergleichsinstrumenten korreliert.
Weiterhin wurden die Patientendaten den Ärztedaten gegenübergestellt und auf
Übereinstimmung überprüft. Die Daten der Längsschnittstudie der Rehagruppe dienten der
Berechnung der Änderungssensitivität. Mithilfe eines Ankerinstrumentes wurden je nach hier
angegebener Veränderung des Wohlbefindens drei Gruppen gebildet (verbesserter,
unveränderter oder verschlechterter subjektiver Gesundheitszustand) und die standardisierten
Effektstärken (SES) berechnet.
Ergebnisse
Die Kinder waren im Durchschnitt 10,31 (SD 1,46) und die Jugendlichen 15,22 (SD 1,52)
Jahre alt. In beiden Altersgruppen wurden im EQ-5D-Y am häufigsten Schwierigkeiten im
Bereich ‚Schmerzen/körperliche Beschwerden‘ und am seltensten in der Dimension ‚für sich
selbst sorgen‘ angegeben. Die von 0-100 transformierten Mittelwerte des EQ-5D-Y lagen bei
90,47 (Kinder) und 84,45 (Jugendliche), die der EQ-VAS bei 82,79 (Kinder), 78,25
(Jugendliche). In der Kinderbefragung blieb im EQ-5D-Y eine Frage unbeantwortet, bei den
Jugendlichen gab es je zwei fehlende Werte beim EQ-5D-Y und bei der EQ-VAS. Die
Deckeneffekte betrugen beim EQ-5D-Y 47,7% in der Kindergruppe und 34,4% in der
Jugendgruppe, bei der EQ-VAS: 21,5% (Kinder), 7,0% (Jugendliche). Ein
schlechtmöglichster Gesundheitszustand wurde nicht genannt. Verglichen mit dem KINDL-R
und dem KIDSCREEN-10 waren die Mittelwerte und Deckeneffekte des EQ-5D-Y größer
und der Anteil fehlender Werte deutlich geringer. In der Varianzanalyse wurden verglichen
mit den anderen Instrumenten die meisten signifikanten Unterschiede für den EQ-5D-Y
insbesondere in der Gruppe mit akuten Erkrankungen berechnet. Die Korrelationen zwischen
dem EQ-5D-Y und den Vergleichsinstrumenten lagen in beiden Altersgruppen insgesamt im
mittleren Bereich. Die EQ-VAS korrelierte in der Kindergruppe schwach und in der
Jugendgruppe mittel bis stark mit dem KIDSCREEN-10 und dem Gesamtwert des KINDL-R.
Im Arzt-Patienten-Vergleich wurden in beiden Altersgruppen die höchsten Werte (Cohens
Kappa) in der Dimension ‚Schmerzen/körperliche Beschwerden‘ berechnet (Kinder: 0,23,
Jugendliche: 0,27). Die stärkste Korrelation nach Pearson fand sich im Item
Schmerzen/körperliche Beschwerden (0,21) in der Kindergruppe. Bei den Jugendlichen lag
der größte Wert bei 0,38 in der Dimension ‚alltägliche Tätigkeiten‘. Die ICC für die EQ-VAS
lag bei 0,05 (Kinder) und 0,23 (Jugendliche). In der Rehapatientengruppe mit unverändertem
Wohlbefinden lagen die SES des EQ-5D-Y bei annähernd Null (-0,08 Kinder; -0,13
Jugendliche). Bei der EQ-VAS lagen die Werte in dieser Gruppe bei 0,50 (Kinder), 0,18
(Jugendliche). In der Gruppe mit subjektiver Gesundheitsverbesserung zeigte der EQ-5D-Y
eine positive Veränderung an (0,47 Kinder; 0,25 Jugendliche). Für die EQ-VAS wurden hier
ebenfalls positive SES berechnet. In der Gruppe mit verschlechtertem Befinden betrugen die
SES des EQ-5D-Y -0,20 (Kinder) und 0,01 (Jugendliche), die SES der EQ-VAS 0,04 (Kinder)
sowie -1,12 (Jugendliche). Die SES der Vergleichsinstrumente waren ebenfalls entsprechend
der Gruppenzuteilung meist positiv, gleichbleibend oder negativ.
Schlussfolgerung
Der EQ-5D-Y-Fragebogen erwies sich bezüglich der durchgeführten Analysen insbesondere
im Vergleich zu den bereits erprobten HRQoL-Instrumenten bei der Anwendung an kranken
Kindern und Jugendlichen als hinreichend valide. Durch die begrenzte Diagnosenauswahl und
relativ kleinen Stichprobenumfänge wäre es jedoch empfehlenswert, die dargelegten
Ergebnisse durch weitere Daten zu ergänzen.
Hintergrund: Aus dem generischen Profilinstrument VR 12 ist es möglich, das präferenzbasierte Lebensquali-tätsinstrument VR-6D abzuleiten. Bislang existieren jedoch keine Untersuchungen, die die Eignung des „deutschsprachigen“ VR-6D für gesundheitsökonomische Fragestellungen adressieren. Die in dieser Arbeit durchgeführten Analysen greifen genau diese Lücke auf.
Methodik: Die vorliegende Arbeit umfasst die Übersetzung des englischsprachigen VR-12 in die deutsche Spra-che sowie die Untersuchung der messmethodischen Eigenschaften des VR-6D an einer Stichprobe von ortho-pädischen und psychosomatischen Patient*innen der medizinischen Rehabilitation. Diese füllten zu Reha-Beginn und am Reha-Ende den VR-12 oder SF-12 Fragebogen u. a. zusammen mit dem EQ-5D Instrument aus. Folgende Eigenschaften wurden analysiert: Fehlende Werte, deskriptive Verteilungseigenschaften, Kennwerte der Übereinstimmungsreliabilität (Intra-Klassen-Korrelationskoeffizienten (ICC) und Bland-Altman-Plots), Kon-struktvalidität (Pearson Korrelationskoeffizient r), Known-Group-Validität von unterschiedlich stark beeinträch-tigten Patient*innen sowie die verteilungsbasierten Effektmaße SES (Standardized Effect Size) und SRM (Stan-dardized Response Mean) zur Erfassung von Gesundheitsveränderungen. Die VR-6D-Ergebnisse wurden mit den Befunden des SF-6D indirekt und mit denen des EQ-5D-5L direkt verglichen. Abschließend erfolgte die Berechnung von Qualitätsadjustierten Lebensjahren (QALYs) mittels des VR-6D, SF-6D und EQ-5D-5L in Abhän-gigkeit der Maßnahmenart (HV= Heilverfahren; AHB= Anschlussheilbehandlung) sowie der körperlichen Funkti-onsfähigkeit (FFbH= Funktionsfragebogen Hannover) für Rehabilitanden der Orthopädie. Hierbei wurde der QALY-Gewinn in einem Zeitraum von einem Jahr ab Rehabilitationsbeginn berechnet.
Ergebnisse Die Übersetzung des englischsprachigen VR-12 in die deutsche Sprache war nur mit sehr wenigen Modifikationen verbunden. Die deskriptiven Kennwerte (MW, SD, Wertebereich, Boden- und Deckeneffekte) des VR-6D zeigten sich vergleichbar mit denen des SF-6D. Es konnten für beide Instrumente weder Boden- noch Deckeneffekte erfasst werden. Übereinstimmungsprüfungen mittels ICC und Bland-Altman-Plots ergaben, dass im indirekten Instrumentenvergleich der VR-6D eine etwas geringere Übereinstimmung mit dem EQ-5D-5L aufweist als der SF-6D mit dem EQ-5D-5L. Zwischen VR-6D und EQ-5D-5L zeigte sich insgesamt eine moderate, jedoch geringere Zusammenhangsstruktur als zwischen SF-6D und EQ-5D-5L, was besonders in der Psychoso-matik zu beobachten war. Die Known-Group-Validität mittels des VR-6D ergab, dass gesundheitlich beeinträch-tigte Patienten einen geringeren Nutzwert aufwiesen als weniger gesundheitlich beeinträchtigte Patient*innen. Vergleichbare Befunde zeigten sich mit dem SF-6D. Die erfassten Änderungssensitivitäten variierten je nach Effektmaß (SES, SRM) und Instrument. Insgesamt konnten mit dem VR-6D kleine bis moderate und mit dem SF-6D moderate Gesundheitsveränderungen erfasst werden. Im Instrumentenvergleich erwies sich der SF-6D in der Orthopädie änderungssensitiver als der VR-6D. Sowohl für Patienten der AHB als auch des HV konnten QALYs generiert werden, wobei sich mit dem VR-6D die geringsten QALYs für die AHB-Patient*innen ergaben. HV-Patient*innen mit einer schlechteren körperlichen Funktionsfähigkeit wiesen ebenfalls einen geringeren QALY-Gewinn mit dem VR-6D als mit dem SF-6D auf.
Diskussion Die mit dem VR-6D erfassten und dem SF-6D ähnlichen deskriptiven Verteilungseigenschaften bele-gen eine gute Vergleichbarkeit der beiden Instrumente und spiegeln internationale Befunde wider. Der VR-6D erwies sich auf Indikationsebene sowie auf Ebene unterschiedlich stark beeinträchtigter Patient*innen als ein differenzierungsfähiges und dem SF-6D vergleichbares Instrument. Die Sensitivität des VR-6D gegenüber Ver-änderungen durch den Erhalt einer rehabilitativen orthopädischen als auch psychosomatischen Behandlung konnte in den hier präsentierten Stichproben belegt werden und stützt internationale Befunde. Die Unter-schiede in den Änderungssensitivitäten zwischen VR-6D und SF-6D in der Orthopädie müssen dennoch weiter erforscht und Vergleichsdaten gegenübergestellt werden. Die Befunde des anwendungsbezogenen Vergleichs halten fest, dass es mit dem VR-6D möglich ist, QALYs für die hier betrachteten Patientengruppen auszuweisen. Die vorliegenden Befunde müssen aufgrund des Fehlens von weiteren Referenzdaten dennoch mit Bedacht interpretiert werden und machen zusätzliche Forschungsaktivitäten notwendig.
Im Rahmen der vorliegenden Analyse wird das Interventionsprogramm Cordiva der AOK Nordost für Menschen mit Herzinsuffizienz auf der Basis von Abrechnungsdaten evaluiert. Die Intention-to-treat Analyse zeigt positive Effekte der telemedizinischen Intervention für die teilnehmenden Versicherten. Das adjustierte OR für Überleben nach einem Jahr beträgt 1,47 gegenüber der gemachten Kontrollgruppe (95%-CI: 1,21 - 1,80, p < 0,001) und ist auch nach zwei Jahren ähnlich groß (adjustiertes OR = 1,51, 95%-CI: 1,28 - 1,77, p < 0,001). Bei den Gesundheitskosten unterscheiden sich die Ergebnisse in städtischen (-18 Euro pro Quartal und Versicherten) und ländlichen Regionen (-276 Euro pro Quartal und Versicherten). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Intervention insgesamt wirksam und für große Patientengruppen auch gesundheitsökonomisch effizient ist.
Die ambulante geriatrische Komplexbehandlung (AGKB) verfolgt das Ziel der Vermeidung bzw. Verminderung von Pflegebedürftigkeit und der Vermeidung von Hospitalisierungen. Die AGKB wurde als Modellprojekt für multimorbide, geriatrische Patienten im Jahr 2008 für gesetzlich Versicherte der AOK Nordost in Mecklenburg-Vorpommern eingeführt. Die Effektivität der AGKB wurde bisher nur durch unkontrollierte Studiendesigns und einem Follow-up von 6 Monaten evaluiert [16, 18]. Der Einfluss der AGKB auf die Anzahl verschreibungspflichtiger Arzneimittel (bzw. Wirkstoffe) und potenziell inadäquater Medikamente (PIM) wurde bisher nicht untersucht. Wir evaluierten die AGKB mittels drei unterschiedlichen Studien mit unterschiedlicher Datenherkunft. Eine Beobachtungsstudie auf Basis klinischer Primärdaten der AGKB Teilnehmer ohne Kontrollgruppe, eine gematchte Kohortenstudie auf Basis von Abrechnungsdaten der AOK Nordost und eine Beobachtungsstudie auf Basis von Abrechnungsdaten der AOK Nordost zum Effekt der AGKB auf Polypharmazie und potenziell inadäquate Arzneimittel.
Die Beobachtungsstudie auf Basis klinischer Primärdaten zeigte einen positiven Effekt der AGKB auf Selbstständigkeit, Mobilität, Gleichgewicht, Sturzrisiko und der subjektiven Einschätzung des Gesundheitszustands. Die Ergebnisse der gematchten Kohortenstudie zeigten keinen Vorteil der AGKB gegenüber der Routineversorgung im Hinblick auf Pflegestufenprogression, Pflegeheimaufnahme, Krankenhausaufnahme, Frakturen und Mortalität. Bei Berücksichtigung der Kosten der Intervention sind auch keine kostenrelevanten Vorteile zu erkennen. Einen positiven Effekt der AGKB auf die Anzahl der verordneten Arzneimittel und die Anzahl der PIMs konnte durch unsere Studie nicht beobachtet werden. Eine mögliche Erklärung der unterschiedlichen Ergebnisse unserer Studien könnte, trotz des Matchings, eine unzureichende Vergleichbarkeit der AGKB Teilnehmer und den Kontrollen sein. Es lagen uns für die gematchte Kohortenstudie keine klinischen Daten und psychosozialen Merkmale der Versicherten vor. Diese könnten ausschlaggebend für den Einschluss der Patienten in die Intervention gewesen sein. Der fehlende positive Effekt der AGKB auf Polypharmazie und PIMs kann durch das Nicht-Vorhandensein eines systematischen Medikamentenreviews als Teil der AGKB Leistung erklärt werden. Vor einer flächendeckenden Einführung ist eine Evaluation mit einer randomisiert kontrollierten Studie notwendig.