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Adjuvante Poetry-Therapie in der Psychiatrie : eine Analyse von 50 Poetry-Gruppentherapiesitzungen
(2015)
Problem: In dieser Doktorarbeit werden 50 protokollierte Gruppentherapiestunden in der Psychiatrie aus den Jahren 1985 bis 1987 von SCHRÖDER (unveröff.), in denen Poetry-Therapie (PT) angewendet wird, in mehreren Ebenen analysiert. Methode: Die ersten 25 PT-Gruppenstunden werden in der geschlossenen Psychiatrie, die letzten 25 Stunden in der offenen Psychiatrie durchgeführt. Nach dem reihum Vorlesen eines vom Therapeutenteam ausgewählten dichterischen Textes folgt ein teils freies, teils vom Gruppentherapeuten strukturiertes Gruppengespräch über den zuvor gelesen Text. Währenddessen protokolliert der Gruppentherapeut anfangs schematisch, in späteren Stunden detailliert das PT-Gruppengespräch. Der PT-Gruppenstunde schließt sich eine ca. 15minütige Therapeutenteambesprechung ohne Anwesenheit der Patienten an. In den Gesprächsprotokollen lässt sich ein regelmäßiger PT-Gruppengesprächsverlauf beobachten, der in dieser Arbeit zu der Entwicklung einer Fünf-Phasen-Regel führt: Phase 1: Interpretation des Textes, Phase 2: Bewertung des Textes oder des Protagonisten, Phase 3: Einbringen von eigenen Erlebnissen in Bezug auf Inhalt des Textes, Phase 4: Gruppengespräch löst sich vom Text, Phase 5: Austausch von Erfahrungen, Gefühlen, Meinungen, Erinnerungen, Wünschen und Hoffnungen unabhängig vom Text. Des Weiteren ist bei der Bearbeitung der Gesprächsprotokolle eine Klassifizierung der ausgewählten Texte entstanden: in sehr gute, gute, mittelmäßige PT-Literatur. Die Einteilung erfolgt anhand von 10 Bewertungskriterien. Abschließend wird mithilfe der statistischen Tests von Kendalls Tau und Goodman und Kruskals Gamma überprüft, ob eine Korrelation zwischen der Literaturklassifizierung und der Fünf-Phasen-Regel existiert. Ergebnis: Es werden die einzelnen PT-Texte, die Gruppentherapieverläufe, die anschließende Teambesprechung sowie tabellarisch das Erreichen der verschiedenen Gesprächsphasen mit Gesprächsauszügen dargestellt. 75% der sehr gut geeigneten Literatur, 64% der gut geeigneten und 45% der mittelmäßig geeigneten Literatur führen zu einer guten Entwicklung des Gesprächs (Gesprächsphasen 4 und 5). 25% der sehr guten Literatur, 36% der guten und 54% der mittelmäßig geeigneten Literatur führen zu gering entwickelten Gesprächen (Gesprächsphasen 2 und 3). Es zeigt sich keine statistisch signifikante Korrelation zwischen angewendeter Literaturklassifizierung und Gesprächsentwicklung nach der Fünf- Phasen-Regel. Diskussion: Eine solche oder ähnliche Einteilung bei angewendeter dichterischer PT findet sich bisher nicht in der Literatur, wohl aber testpsychologische Untersuchungen, die einen Erfolg adjuvanter PT mit verhaltenstherapeutischen Texten in der Behandlung z.B. von Depression, von Panikstörungen und zur Suizidprophylaxe, etc. verzeichnen. Aufgrund von Effektivität und Kostenersparnis sollte über einen breiteren Gebrauch von adjuvanter Poetry-Therapie in Deutschland nachgedacht werden.
Hintergrund: Die vorliegende Arbeit setzt sich mit dem Auftreten von Alexithymie bei Zwangspatienten und deren erstgradigen Angehörigen unter Berücksichtigung komorbider Erkrankungen auseinander. Einige Studien beschreiben bereits eine Assoziation zwischen Alexithymie und Zwangsstörung. Unbeantwortet bleibt aber bisher die Frage, ob und in welchem Maße alexithyme Charakterzüge bei Zwangspatienten auf ein familiäres Defizit im kognitiven Verarbeiten und Ausdrücken von Gefühlen zurückzuführen sind. Folgende Hypothesen liegen den Untersuchungen zugrunde: Zwangspatienten zeigen im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden verstärkt alexithyme Züge, ungeachtet vorhandener komorbider Erkrankungen. Auch ihre erstgradigen Angehörigen sind in höherem Maße alexithym als die Angehörigen von Kontrollprobanden. Die TAS-20-Werte sind innerhalb der Familien korreliert. Methode: Aus dem Projekt „German Epidemiologic Network for OCD-Studies“ (GENOS) wurden 82 Zwangsprobanden mit 169 erstgradigen Angehörigen 76 Kontrollprobanden mit 144 erstgradigen Angehörigen gegenübergestellt. Von diesen Probanden lagen die Toronto-Alexithymie-Skala (TAS-20) und das PADUA-Inventory (PI-WSUR) vor. Die direkten Interviews wurden mit der „Schedule for Affective Disorders and Schizophrenia - Lifetime Anxiety for the assessment of DSM-IV diagnoses“ (SADS-LA-IV) und die Fremdbefragungen mit dem „Instrument Family Informant Schedule and Criteria“ (FISC) in den jeweiligen deutschen Übersetzungen durchgeführt. Ergebnisse: Es zeigten sich signifikant erhöhte Alexithymiewerte bei den Zwangsprobanden gegenüber den Kontrollprobanden. Die TAS-20-Werte der erstgradigen Zwangsangehörigen, der Kontrollprobanden und deren erstgradigen Angehörigen wiesen keine signifikanten Unterschiede auf. Das Vorhandensein komorbider Erkrankungen hatte keinen Einfluss auf diese Ergebnisse. In linearen Regressionsanalysen konnte eine signifikante intrafamiliäre Assoziation der TAS-20-Werte in den Kontrollfamilien, nicht aber in den Familien der Zwangsprobanden gefunden werden. Diskussion: Die Zwangsstörung ist eine psychische Erkrankung, die –unabhängig von anderen komorbiden Störungen- mit Schwierigkeiten in der Emotionswahrnehmung und im Emotionsausdruck assoziiert ist. Diese Schwierigkeiten treten lediglich bei den Zwangsprobanden, nicht jedoch bei ihren Angehörigen auf. Hinsichtlich der Alexithymieentwicklung bei Zwangspatienten kann neben psychoanalytischen Ansätzen auch ein lerntheoretischer Ansatz angeführt werden, der die Ursache der Alexithymieentwicklung in familiären Gegebenheiten, nämlich in einem Defizit der Mutter-Kind-Beziehung sieht, was zu einer mangelnden Entwicklung des affektregulierenden Systems führt.
The experience of abuse in the period of childhood and youth is a key stressor that has con-sequences on the developing brain and is associated with the genesis of mental disorders. Childhood abuse and depression often cooccur together and have both been associated with cortical thickness resulting in a difficulty to detangle the influence of each factor. In prior studies, childhood abuse and depression were inconsistently related to whole-brain cortical thickness. Thus, this thesis aims to investigate the link between childhood abuse, depres-sive symptoms, and alterations of the cortex.
Therefore, this study analyses 1,551 individuals of the general population. A significant in-teraction effect of childhood abuse and depressive symptoms is observed for whole-brain cortical thickness. Yet, the results indicate no influence of childhood abuse or depression alone. A thinner cortex was associated with more severe depressive symptoms in the abused, but not in the non-abused group. In non-depressed participants, an increased whole-brain cortex was found in the abused, compared to the non-abused group. Similar interaction effects were observed in 12 out of 34 cortical regions.
The results suggest, in line with prior findings, that depressed individuals with a history of childhood abuse are a specific ecophenotype which is also reflected in specific brain altera-tions. Cortical regions that are distinct associated with the interaction of depressive symp-toms and childhood abuse are involved in various fields such as sensory processing, self-conception, and memory. Greater cortical thickness in subjects with childhood abuse and without depressive symptoms might act compensatory and thus reflect resilience against depressive symptoms.
Practical implications concern the treatment and diagnostic system as well as the im-portance of early prevention programs. An individualised treatment is necessary as various studies found a less favourable outcome in depressive patients with a history of maltreat-ment. Therefore, it seems urgent to assess experiences of childhood abuse at the beginning of psychiatric and psychotherapeutic treatment. In addition, early prevention programs are in need to support vulnerable family systems and thereby strengthening the economic, health and social system.
Kindesmisshandlungen als Risikofaktor für depressive Erkrankungen im Lebensverlauf ist einer der stabilsten Befunde in der Fachliteratur. Neuere Studien postulieren einen distinkten Depressionssubtyp durch lebensgeschichtlich frühen Stress mit spezifischen neurobiologischen und endokriniologischen Auffälligkeiten, der sich möglicherweise auch in einem distinkten Symptomprofil der Depression niederschlägt. Dennoch entwickeln nicht alle von Misshandlungserfahrungen in der Kindheit Betroffenen eine depressive Störung im Lebensverlauf, so dass angenommen werden muss, dass protektive Faktoren wie Resilienz (psychische Widerstandfähigkeit) auf das bestehende Risiko für depressive Erkrankungen gegenläufig einwirken. Weiterhin gehen depressive Erkrankungen mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko einher, das vermutlich über das Metabolische Syndrom (MetS) (teil-)vermittelt wird. Ziel dieser Arbeit sollte es daher sein, auf Grundlage der populationsbasierten Stichproben der Study of Health in Pomerania (SHIP) die postulierten Assoziationen zwischen retrospektiv erfassten Kindesmisshandlungen und depressive Erkrankungen und das protektive Wirken von Resilienz auf diese Assoziation zu prüfen. Außerdem sollte geprüft werden, ob sich Kindesmisshandlungen distinkt in der späteren Depressionssymptomatik niederschlagen und symptomatische Überschneidung mit dem atypischen oder melancholischen Subtyp der depressiven Erkrankung aufweisen. Weiterhin sollten Alters- und Geschlechtseinflüsse auf die Assoziation von depressiven Erkrankungen und dem MetS untersucht werden und geklärt werden, ob erlebte Kindesmisshandlungen ursächlich mit dem MetS in Zusammenhang stehen. Aus den Ergebnissen der Analysen verschiedener populationsbasierten Stichproben (SHIP-0, SHIP-LEGENDE, SHIP-TREND-0) in dieser Dissertation lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: 1. Retrospektiv erfasste Erfahrungen von Kindesmisshandlungen unterliegen Alters- und Geschlechtseffekten und sind mit einem erhöhten Risiko für depressive Erkrankungen im Lebensverlauf assoziiert. 2. Resilienz wirkt als unspezifischer protektiver Faktor auf die Assoziation von Kindesmisshandlungserfahrungen und depressiven Erkrankungen im Lebensverlauf. 3. Personen mit depressiven Erkrankungen im Lebensverlauf und Kindesmisshandlungserfahrungen in der Vorgeschichte unterscheiden sich auf Symptomebene von Personen mit depressiven Erkrankungen ohne Erfahrungen von Kindesmisshandlungen. Allerdings konnte nicht belegt werden, dass dieses distinkte Symptomprofil bei Personen mit depressiven Erkrankungen und Kindesmisshandlungen in der Vorgeschichte eine umfassende symptomatische Überschneidung mit dem atypischen oder melancholischen Subtyp der depressiven Erkrankung aufweist. 4. Alter und Geschlecht haben einen differentiellen Einfluss auf die Assoziation von depressiven Erkrankungen und dem MetS. Misshandlungserfahrungen im Kindesalter sind nicht mit einem erhöhten Risiko für das MetS assoziiert, wenn depressive Erkrankungen als Einflussgröße berücksichtigt werden. Die Ergebnisse werden im Rahmen des neurobiologischen Ätiologiemodells der depressiven Erkrankung diskutiert und somit unter der Theorie, dass depressive Erkrankungen Stresserkrankungen sind und Kindesmisshandlungen (im Sinne von lebensgeschichtlich frühem Stress) einen besonders nachteiligen Einfluss auf neurobiologische und endokrinologische Systeme haben und mit einer erhöhten Vulnerabilität für depressive Erkrankungen einhergehen. Zukünftige Studien sollten sich an einem integrativen Ätiologiemodell der depressiven Erkrankung orientieren und die artifizielle Trennung zwischen biologischen Risikofaktoren und psychosozialen Einflüssen bzw. Lebensereignissen überwinden, um der Heterogenität der depressiven Erkrankung gerecht zu werden. Besonders im Hinblick auf die anhaltende Diskussion über Subtypen der depressive Erkrankung und der Wirkung von protektiven Faktoren besteht Forschungsbedarf.
Hintergrund: Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) sind in Deutschland inzwischen weit verbreitet, deren Nutzen für gerontopsychiatrische Patienten jedoch wenig untersucht. Methoden: In einem Prä-Post-Studiendesign werden Effekte durch die PIA-Behandlung hinsichtlich Hospitalisierung, Polypharmazie und Effizienz analysiert. Datengrundlage sind retrospektiv erhobene Routinedaten der Jahre 2003 bis 2006 von 114 im Jahr 2006 durch die PIA Stralsund behandelten Altenheimbewohnern. Ergebnisse: Für Patienten ohne stationäre Voraufenthalte während der dreijährigen Präphase vor Behandlung durch die PIA und Heimbewohner mit geringem stationärem Behandlungsbedarf finden sich keine signifikanten Ergebnisse. Bei Patienten mit hohem Behandlungsbedarf (heavy-user) ist hinsichtlich der Hospitalisierungsdauer- und Häufigkeit eine Reduktion um durchschnittlich 50 Tage (83%) bzw. 2 Aufenthalte (69%) festzustellen. Auch ist für diese Patientengruppe eine Effizienzsteigerung in Höhe von mehr als 10.000€ pro Patient und Jahr nachweisbar. Es wird für keine der drei Patientengruppen eine Abschwächung des zuvor beobachteten Trends zunehmender Verschreibung somatischer und psychiatrischer Arzneimittel gefunden. Diskussion und Schlussfolgerung: Heavy user profitieren von der aufsuchenden und multiprofessionellen Behandlung der PIA, für weitere Heimbewohner deutet sich die Behebung einer bisherigen Unterversorgung an. Insbesondere für jüngere Patienten und langjährige Heimbewohner scheint eine Reduktion der Polypharmazie möglich. Für beide Aspekte sind weiterführende Untersuchungen notwendig.
Adipositas stellt weltweit ein zunehmendes Problem dar. Es besteht kein Zweifel an
den systemischen schädlichen Auswirkungen des übermäßigen Körperfetts. Auch
das Nervensystem ist von den pathologischen Prozessen betroffen, die durch
Adipositas angestoßen werden. Die genauen Mechanismen, die diesen Prozessen
zugrunde liegen, sind noch unklar. Auch gibt es bislang keine klinisch etablierten
Biomarker, die eine gezielte Diagnostik und ein Therapiemonitoring der neuronalen
Schäden ermöglichen. NSE ist ein Marker für Neurodestruktion. Bei Adipositas und
Demenz weisen Studien auf das Potenzial von NSE als Marker für die zerebralen
Auswirkungen dieser Erkrankungen hin. Daher behandelt diese Dissertation die
Zusammenhänge zwischen NSE, BMI, GMV und Alter. Darüber hinaus wurde die
Assoziation zwischen dem weiteren Biomarker BDNF sowie Vitamin D und
Adipositas untersucht. Die Daten wurden im Rahmen der SHIP-Studie in einer
Teilstichprobe (SHIP-TREND) erhoben.
Es zeigten sich altersabhängig geschlechtsspezifische Unterschiede der NSE-
Spiegel. Während bei Frauen die NSE-Werte im Alter anstiegen, sanken sie bei
Männern. Zwischen NSE-Werten und BMI fand sich eine parabolische Assoziation
mit fallenden NSE-Werten ab einem BMI ≥25 kg/m². Kein Zusammenhang fand sich
zwischen NSE und GMV, Alter und magnetresonanz-tomographischen Mustern der
Gehirnalterung. Zwischen Vitamin D und Adipositas fand sich eine inverse
Assoziation, zwischen BDNF und der WHR ein U-förmiger Zusammenhang. Als
zugrunde liegende Pathomechanismen werden geschlechtsspezifische Unterschiede
der Hirnalterung, neuronale Degeneration, Veränderungen des neuronalen
Glukosemetabolismus und der neuronalen Differenzierung sowie Neuroinflammation
diskutiert.
Im Einklang mit der aktuellen Studienlage kann im Frühstadium von Adipositas eine
akute neuronale Schädigung angenommen werden. Jedoch scheint das
Fortschreiten und Andauern von Adipositas tiefgreifende Veränderungen durch das
überschüssige Körperfett anzustoßen, die sich auf neuronaler Ebene manifestieren.
Weitere Studien zur Evaluierung von Biomarkern bei Adipositas sind nötig, um
klinisch wirksame Handlungsstrategien entwickeln zu können.
Die zukünftige Erfassung von Biomarkern bei Adipositas im klinischen Alltag könnte
so die Therapieadhärenz von Patienten verbessern und durch gezielte Interventionen
bei Risikopatienten ein Fortschreiten neuronaler Schäden verhindern.
Depression und Adipositas sind weit verbreitet und eng miteinander verbunden. Brain-
derived neurotrophic factor und Vitamin D stehen in Diskussion an neuronaler Plastizität beteiligt zu sein, insbesondere bei Depression. Es wurde berichtet, dass niedrige BDNF und Vitamin D Spiegel auch mit Adipositas assoziiert. Auch bei Adipositas scheint Neuroplastizität eine Rolle zu spielen. Serum Neuronen-spezifische Enolase, wird als Marker für neuronale Schädigung diskutiert. Über das Zusammenspiel von BDNF und Vitamin D ist bisher wenig bekannt. In der vorliegenden Dissertation wurden die vermuteten Zusammenhänge und Interaktionen von BDNF und Vitamin D mit Depression und Adipositas in einer großen, bevölkerungsbasierten Kohorte untersucht. Dabei wird auch auf den Zusammenhang zwischen sNSE und Adipositas eingegangen. Die Daten kamen aus der epidemiologischen Study of Health in Pomerania (SHIP)-Trend. Die logistischen Regressionsmodelle erbrachten eine negative Assoziation von Vitamin D mit Depression und Adipositas. Zwischen BDNF und Depression oder Adipositas zeigte sich in der logistischen Regression kein signifikanter Zusammenhang. Allerdings erbrachten multivariable lineare Regressionsmodelle einen U-förmigen Zusammenhang zwischen BDNF und WHR. Die Interaktion von BDNF und Vitamin D in Bezug auf Depression zeigte keine statistische Signifikanz (p-Wert=0,065). sNSE Spiegel und BMI waren nicht linear assoziiert, es zeigte sich ein parabelförmiger Zusammenhang mit fallenden sNSE Werten ab einem BMI von >25 kg/m2. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Vitamin D negativ mit Depression und Adipositas assoziiert war. BDNF zeigte einen Zusammenhang mit Adipositas, aber nicht mit Depression. In Übereinstimmung mit anderen Studien scheint es im Frühstadium von
Adipositas zu akuten neuronalen Schäden zu kommen, wobei die Auswirkungen auf das Gehirn mit steigendem Körperfett zunehmen. Um die Auswirkungen von Depression und Adipositas auf neuronale Schädigung und Differenzierung besser beurteilen zu können und BDNF, Vitamin D und sNSE als Biomarker für diese Prozesse einsetzen zu können, sind weitere Studien nötig. Im klinischen Alltag könnten sich so neue, wirksame Diagnostik- und Therapiestrategien ableiten lassen.
Da die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas weiterhin ansteigt, wird die Prävention sowie die Behandlung von Adipositas und ihren Folgeerkrankungen in Zukunft eine entscheidende Rolle in der Medizin spielen.
Um jedoch passende Präventionsstrategien und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln, ist es von großer Bedeutung, die pathophysiologischen Grundlagen dieser Volkskrankheit zu erforschen.
Da die Prävalenz erst in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist, gibt es bislang nur wenige Langzeitstudien zu Adipositas und ihrem Effekt auf Hirnparameter.
Die vorliegende Studie verwendet jedoch einen Versuchsaufbau, der es ermöglicht strukturelle Adipositaseffekte des Gehirns über einen Zeitraum von durchschnittlich 4,9 Jahren zu dokumentieren. Gleichzeitig ermöglicht diese Arbeit die Beobachtung langfristiger Auswirkungen polygener Adipositas auf die graue Substanz.
Nach standardisierter Erhebung somatometrischer Daten von 502 Probanden, erfolgte die Durchführung von ebenfalls standardisierten MRT-Untersuchungen des Hirns an zwei Messzeitpunkten, jeweils unter den gleichen Bedingungen. Daraufhin erfolgte die statistische Auswertung dieser Daten unter Verwendung einer Zielregion- sowie Globalanalyse. Eine mögliche altersbedingte Verzerrung wurde durch die Adjustierung an das Alter verhindert. Es konnten strukturelle Unterschiede der grauen Substanz des Gehirns dokumentiert und bestätigt sowie eine mögliche Verbindung zwischen hohen BMI-Werten und einer konsekutiven Hirnatrophie formuliert werden.
Die Ergebnisse liefern erste Hinweise auf einen möglichen kausalen Zusammenhang struktureller Adipositas-Effekte auf das Gehirn.
Im Zuge dieser Arbeit wurde herausgefunden, dass hauptsächlich die kortikale Dicke sowie das Volumen des OFC und des AC-MPFC durch einen höheren Ausgangs-BMI-Wert negativ beeinflusst werden. Allerdings ergibt sich aus den vorliegenden Daten kein Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen genetisch bedingter BMI-Erhöhung und Hirnatrophie.
Eine Vielzahl von unterschiedlichen Mechanismen könnten dabei eine mögliche Rolle bei der Entstehung einer Hirnatrophie bei adipösen Personen spielen. Um diese besser zu verstehen, sind weitere Studien notwendig und aufgrund der hohen Prävalenzen sicher auch von medizinischem, aber auch wirtschaftlichem Interesse.
Inwieweit wird das Krankheitsbild Depression in der Allgemeinbevölkerung als Burnout bezeichnet, und hat dies Auswirkungen auf die Einstellungen zu den Betroffenen sowie auf die Behandlungsempfehlungen, Ursachenzuschreibungen und emotionalen Reaktionen? Repräsentative Bevölkerungsumfragen in Deutschland 2001 und 2011. Die Verwendung der Bezeichnung Burnout für eine Depression hat deutlich zugenommen. Ein Burnout ist im Vergleich zu einer Depression mit einer etwas geringeren Ablehnung verbunden. Menschen mit einer Depression wird in stärkerem Maße professionelle Hilfe empfohlen. Als ursächlich für einen Burnout wird berufliche Belastung, für eine Depression Vererbung angenommen. Die Bezeichnung Burnout ist mit positiveren emotionalen Reaktionen verbunden, als die Bezeichnung Depression. Leichten Vorteilen bei der sozialen Akzeptanz stehen deutliche Nachteile hinsichtlich der Behandlungsempfehlungen gegenüber, so dass die Gefahr besteht, dass Erkrankungen übersehen und nicht behandelt werden. Vererbung als Ursache ist eher mit der Bezeichnung Depression, beruflicher Stress eher mit der Bezeichnung Burnout assoziiert. Einordung der Symptome als Extremform normaler Alltagserfahrungen ist ebenfalls mit der Bezeichnung Burnout verbunden. Der Burnout-Begriff ist mit spezifischen Krankheitsvorstellungen assoziiert, weist aber auch Überschneidungen mit dem Begriff Depression auf. Insgesamt zeigt die vorliegende Arbeit, dass die emotionalen Reaktionen eher positiver sind, wenn das Problem Burnout genannt wird und eher negativer sind, wenn es Depression genannt wird. Wir diskutieren mögliche Ursachen für diese Unterschiede.