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Die Transkription von Genen der Phospholipidbiosynthese in S. cerevisiae wird durch ein ICRE (inositol/choline responsive element) genanntes UAS-Element aktiviert, welches durch die Phospholipid-Vorstufen Inositol und Cholin (IC) gesteuert wird. ICRE-Motive werden durch ein Heterodimer der bHLH-Proteine Ino2 und Ino4 erkannt, wobei Ino2 über zwei Transkriptionsaktivierungsdomänen (TAD) die Expression vermittelt, während Ino4 dem Kernimport des Komplexes dient. Negativer Regulator ist Opi1, der mit Ino2 interagiert. SUA7 (TFIIB) wird durch die Interaktion mit Ino2 an den Promotor rekrutiert. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Untersuchungen durchgeführt, um ein Heterodimer aus heterolog exprimiertem Ino2 und Ino4 über chromatographische Methoden zu reinigen. Es wurde eine affinitätschromatographische Strategie entwickelt, die es gestattet, epitopmarkiertes Ino2 und Ino4 von einem Großteil der Fremdproteine abzutrennen. Mit größeren Zellmengen könnte es künftig gelingen, ein Ino2/Ino4-Heterodimer zu reinigen und es nach Kristallisierung zusammen mit einem ICRE-Motiv einer Röntgenstrukturanalyse zugänglich zu machen. Unter Verwendung genomischer Sequenzdaten von S. cerevisiae wurden in dieser Arbeit weitere Gene identifiziert, die ICRE-Motive in ihrer Promotorregion tragen, aber keine offensichtliche Rolle bei der Phospholipidbiosynthese spielen. Untersuchungen zeigten, dass die ICRE-tragenden Gene FAR8, RSF1, YEL073C und URA8 relativ stark, die Gene ARG4, ERG20, GPD2 und VHT1 nur moderat durch IC beeinflusst werden. Für das in S. cerevisiae stark IC-abhängige INO1 Gen (50-fache Derepression bei IC-Mangel) wurde gezeigt, dass drei distinkte ICRE-Motive für diese Regulation verantwortlich sind. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden mit Transkriptomanalysen anderer Gruppen verglichen und die Aussagekraft von in silico-Recherchen bewertet. Candida albicans ist eine opportunistisch pathogene Hefe. Auch C. albicans ist in der Lage, Inositol, Cholin und Fettsäuren de novo zu synthetisieren. Ein Funktionshomolog zu INO1, das CaINO1, vermag eine entsprechende Nullmutation in S. cerevisiae zu komplementieren. Ebenso wurden in C. albicans die Gene CaCHO1, CaFAS1 und CaFAS2 für die Synthese von Cholin bzw. Fettsäuren identifiziert. Ferner besitzt C. albicans das dem Opi1-Protein strukturell und funktionell ähnelnde CaOpi1, welches ebenfalls in der Lage ist, eine IC-abhängige Genregulation in S. cerevisiae zu vermitteln. Die in silico Identifikation potentieller C. albicans Orthologer zu INO2 sowie zu INO4 gab Anlass zu der Annahme, dass die Regulation der Phospholipidbiosynthese in S. cerevisiae und C. albicans konserviert vorliegt. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein unkonventionelles Intron im mutmaßlichen CaINO4 Gen identifiziert und durch RT-PCR eine intronfreie cDNA des CaINO4 Gens erhalten. Mit den Produkten der mu tmaßlichen Gene CaINO2 und CaINO4 wurden Protein/DNA- und Protein/Protein-Interaktionen untersucht und mit der Situation in S. cerevisiae verglichen. CaIno2 und CaIno4 sind in der Lage zu heterodimerisieren und an ICRE-Motive aus S. cerevisiae zu binden, jedoch konnte keine Bindung an den CaINO1 Promotor gezeigt werden. Weiterhin ist das Heterodimer der C. albicans-Proteine in der Lage, einer S. cerevisiae ino2 ino4 Doppelmutante ein Wachstum auf IC-freiem Medium zu ermöglichen. Keines der Gene kann jedoch allein die jeweils entsprechende ino2 oder ino4 Einfachmutation komplementieren. Weder CaIno2 noch CaIno4 interagieren mit CaOpi1, hingegen interagiert CaIno2 mit Opi1, ebenso CaOpi1 mit Ino2. Ferner interagiert CaIno2 wie auch CaIno4 mit CaSua7, nicht jedoch mit Sua7. Es konnte keine Interaktion zwischen Ino2 bzw. Ino4 mit CaIno4 bzw. CaIno2 festgestellt werden, ebensowenig eine Homodimerisierung der Proteine. Ähnlich wie Ino2 enthält auch CaIno2 zwei Transkriptionsaktivi erungsdomänen an entsprechenden Positionen und vergleichbarer Aktivierungsleistung. Es gelang im Rahmen dieser Arbeit nicht, homozygote Mutationen der Gene CaINO2 und CaINO4 durch Gendisruption in die diploide Hefe C. albicans einzuführen, es konnten lediglich heteroallele Mutanten hergestellt werden. Dieser Befund ist ein Hinweis auf eine Rolle von CaIno2 und CaIno4 bei der Aktivierung essentieller Gene in C. albicans. Daher wurde mit Genaktivierungstests nach der CaIno2/CaIno4-Konsensusbindesequenz gesucht und diese dann verwendet, um potentielle Zielgene in silico zu identifizieren. Als Konsensussequenz wurde das Motiv BWTCASRTG erhalten. Dieses Motiv wurde weder vor CaINO1, CaFAS1 oder CaCHO1 gefunden, jedoch zeigte sich eine deutliche Häufung des UAS-Elements vor mitochondrialen Genen, vor Genen der Ergosterolbiosynthese und besonders vor einer Vielzahl von Genen ribosomaler Proteine. Es kann aus diesen Daten gefolgert werden, dass CaIno2 und CaIno4 für die Aktivierung anderer, vermutlich essentieller Zielgene erforderlich sind als ihre Orthologen aus S. cerevisiae, während CaINO1 durch bisher unbekannte Faktoren reguliert wird.
Background: Computational tools for the investigation of transcriptional regulation, in particular of transcription factor binding sites (TFBS), in evolutionary context are developed. Existing sequence based tools prediction such binding sites do not consider their actual functionality, although it is known that besides the base sequence many other aspects are relevant for binding and for the effects of that binding. In particular in Eukaryotes a perfectly matching sequence motif is neither necessary nor sufficient for a functional transcription factor binding site. Published work in the field of transcriptional regulation frequently focus on the prediction of putative transcription factor binding sites based on sequence similarity to known binding sites. Furthermore, among the related software, only a small number implements visualization of the evolution of transcription factor binding sites or the integration of other regulation related data. The interface of many tools is made for computer scientists, although the actual interpretation of their outcome needs profound biological background knowledge. Results and Discussion: The tool presented in this thesis, "ReXSpecies" is a web application. Therefore, it is ready to use for the end user without installation providing a graphical user interface. Besides extensive automation of analyses of transcriptional regulation (the only necessary input are the genomic coordinates of a regulatory region), new techniques to visualize the evolution of transcription factor binding sites were developed. Furthermore, an interface to genome browsers was implemented to enable scientists to comprehensively analyze their regulatory regions with respect to other regulation relevant data. ReXSpecies contains a novel algorithm that searches for evolutionary conserved patterns of transcription factor binding sites, which could imply functionality. Such patterns were verified using some known transcription factor binding sites of genes involved in pluripotency. In the appendix, efficiency and correctness of the used algorithm are discussed. Furthermore, a novel algorithm to color phylogenetic trees intuitively is presented. In the thesis, new possibilities to render evolutionary conserved sets of transcription factor binding sites are developed. The thesis also discusses the evolutionary conservation of regulation and its context dependency. An important source of errors in the analysis of regulatory regions using comparative genetics is probably to find and to align homologous regulatory regions. Some alternatives to using sequence similarity alone are discussed. Outlook: Other possibilities to find (functional) homologous regulatory regions (besides whole-genome-alignments currently used) are BLAST searches, local alignments, homology databases and alignment-free approaches. Using one ore more of these alternatives could reduce the number of artifacts by reduction of the number of regions that are erroneously declared homologous. To achieve more robust predictions of transcription, the author suggests to use other regulation related data besides sequence data only. Therefore, the use and extension of existing tools, in particular of systems biology, is proposed.
MRP4 (multi drug resistance protein 4) ist ein Transporter aus der ATP-binding-cassette Familie (ABCC4) und verfügt über ein sehr breites Substratspektrum. Dieses beinhaltet Xenobiotika u.a. Cephalosporine, Diuretika und Zytostatika sowie endogene Substanzen wie Gallensäuren, Steroide, Eicosanoide und auch Nukleotide, wie den second messenger zyklisches AMP (cAMP). MRP4 wird in einer Vielzahl von Geweben exprimiert u.a. in der Niere, in der Leber, im Gehirn, in Blutzellen und in vaskulären glatten Muskelzellen. Über die Regulation von MRP4 ist weniger bekannt, daher war es das Ziel dieser Arbeit die transkriptionelle Regulation von MRP4 näher zu betrachten. Zur Bearbeitung dieser Zielstellung wurde die Promoter-Region des ABCC4/MRP4-Gens in ein Luciferase-Reporter-System kloniert. Anschließend wurde in Zellversuchen mit HeLa und HepG2-Zellen der Einfluss verschiedener Substanzen auf die Transkription von MRP4 untersucht. Zusätzlich wurde mittels Western Blot und quantitativer RealTime-PCR die Expression von MRP4 auf Protein- und mRNA-Ebene betrachtet. Keine bzw. nur geringe Effekte auf die Promoteraktivität wurden in den erwähnten Zelllinien u.a. nach Behandlung mit Glucocorticoiden, Zytokinen, cGMP, Nrf2-/AhR-Aktivatoren und unter dem Einfluss verschiedener Glucose-Konzentrationen beobachtet. Dagegen zeigte sich ein signifikanter Einfluss des zellulären cAMP-Spiegels. MRP4 vermittelt physiologisch einen Auswärtstransport von cAMP. Bei Inkubation mit dem membranpermeablen cAMP-Analogon Dibutyryl-cAMP zeigte sich eine signifikante Steigerung der Promoter-Aktivität von MRP4. Auch auf mRNA- und Protein-Ebene konnte eine signifikante Steigerung der Expression nach Behandlung mit cAMP detektiert werden. Durch Ko-Inkubation mit Inhibitoren der Proteinkinase A (PKA) und der Extracellular signal-regulated kinases 1/2 (Erk1/2) konnte weiterhin gezeigt werden, dass dieser Effekt nicht über die PKA, dem häufigsten Effektor von cAMP, sondern über Erk1/2 vermittelt wird. Die Induktion von MRP4 durch cAMP, welches selbst Substrat des Transporters ist, könnte eine Art Feedback-Mechanismus darstellen und darauf hinweisen, dass MRP4 eine größere Rolle im zellulären cAMP-Stoffwechsel zukommt, als bisher angenommen. Der zelluläre Export stellt neben dem Abbau von cAMP durch Phosphodiesterasen einen alternativen Mechanismus der Signalregulation dar, der entweder nur als Ventilmechanismus bei hohen cAMP-Spiegeln oder Zelltyp- und Kompartiment-abhängig möglicherweise auch als hauptsächlicher Eliminationsweg dient. MRP4 könnte somit neben der Inhibition der Phosphodiesterasen einen weiteren Angriffspunkt zur Erhöhung zellulärer cAMP-Spiegel z.B. im Rahmen der Therapie von Erkrankungen wie der pulmonalen Hypertonie darstellen.
Diese Arbeit widmet sich der funktionellen und strukturellen Untersuchung von SCO3201, einem Protein aus der Klasse der TetR-Repressoren, dessen Struktur bisher unbekannt war und das eine geringe sequenzielle Ähnlichkeit zu anderen Mitgliedern seiner Familie besitzt. SCO3201 wurde als Repressorprotein identifiziert, das durch Überexpression sowohl die Antibiotikaproduktion, als auch die morphologische Differenzierung von Streptomyces coelicolor unterdrückt. In früheren Arbeiten wurde gezeigt, dass SCO3201 an mindestens 16 verschiedene Promotor-Sequenzen binden kann. Das Protein konnte in E. coli exprimiert und anschließend isoliert werden. Wegen des Fehlens geeigneter Strukturmodelle gelang eine Strukturlösung mittels Molekularem Ersatz nach erfolgreicher Kristallisation zunächst nicht. Mittels Single-Wavelength-Anomalous-Dispersion-Methode konnte die Struktur des teilweise induzierten Proteins jedoch aufgeklärt werden. Zudem wurde eine Apo-Form des Proteins kristallisiert und ebenfalls strukturell aufgeklärt. Dies erlaubte die Lokalisation der Ligandenbindungstasche und ließ Rückschlüsse auf die Domänenbewegungen zu, die durch den Prozess der Induktion ausgelöst werden. Daneben wurde mittels Röntgenkleinwinkelstreuung die Struktur von SCO3201 in Lösung untersucht, um eventuelle Kristallisationsartefakte auszuschließen. Durch den Electrophoretic Mobility Shift Assay (EMSA) wurde außerdem die Interaktion zwischen dem Regulator SCO3201 zu seinen Operatoren untersucht.
Bei dem weit verbreiteten, Gram-positiven Bakterium Bacillus subtilis handelt es sich um einen der am besten charakterisierten Organismen. Drei Faktoren haben insbesondere zur Etablierung von B. subtilis als Modellorganismus beigetragen: I.) die einfache genetische Manipulierbarkeit und Handhabung im Labor, II.) das Interesse an zellulären Differenzierungsprozessen wie der Bildung von Endosporen und III.) die biotechnologische Bedeutung von Bacillus-Arten. Deshalb sind die zellulären Komponenten, wie Proteine, Metabolite und regulatorische RNAs, und physiologischen Prozesse von B. subtilis, einschließlich seiner Anpassungsmechanismen an verschiedene Nährstoff- und Stressbedingungen, bereits sehr gut charakterisiert. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stand die Anpassung der Genexpression von B. subtilis an hyperosmotische Bedingungen, mit denen das Bakterium in seinen natürlichen Habitaten häufig konfrontiert ist.
Die Konstruktion genomreduzierter Stämme ist ein Ansatz, die Interaktionen zwischen den zellulären Komponenten sowie die Funktion aller Proteine und funktionellen RNAs eines Organismus besser zu verstehen. Das MiniBacillus-Projekt verfolgt das Ziel, durch schrittweise Deletion aller nicht-essentiellen genomischen Regionen einen B. subtilis-Stamm zu entwickeln, der mit einem minimalen Set an Genen in komplexen Medien wachsen kann. In einer von der Arbeitsgruppe um Prof. J. Stülke (Georg-August-Universität Göttingen) koordinierten Studie erfolgte die bisher umfassendste Multi-Omics-basierte Charakterisierung von genomreduzierten Stämmen. Die zwei analysierten Stämme wiesen eine Genomreduzierung von ca. 35 % auf. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden das Transkriptom der Stämme im Vergleich zum Ausgangsstamm unter Verwendung von strangspezifischen Tiling-Arrays untersucht sowie phänotypische Merkmale der Zellen mittels Fluoreszenzmikroskopie analysiert. Die Studie lieferte wichtige Befunde zur Verteilung der zellulären Translationskapazität und zeigte beispielsweise, dass der Anteil der essentiellen Proteine am gesamten Proteom in den drei B. subtilis-Stämmen größer als 50 % ist, während Proteine mit unbekannter Funktion weniger als 3 % des Proteoms ausmachen. Weiterhin wurden die Auswirkungen der Deletionen auf die Genexpression und den Metabolismus untersucht, wobei sich die Unterschiede zwischen den genomreduzierten Stämmen und dem Ausgangsstamm zum größten Teil mit Veränderungen der Menge oder der Aktivität von Transkriptionsfaktoren erklären lassen. Die Multi-Omics-Studie trug nicht nur zum besseren Verständnis der zellulären Netzwerke bei, sondern identifizierte auch Ansatzpunkte für die gezielte Deletion weiterer genomischer Bereiche.
Eine weitere Transkriptomanalyse wurde im Rahmen eines Projektes mit der Arbeitsgruppe um Prof. J. Stülke zur Charakterisierung der physiologischen Rolle des sekundären Botenstoffs c-di-AMP durchgeführt. c-di-AMP ist ein essentielles Signalnukleotid vieler Bakterien, das bei Gram-positiven Organismen eine wichtige Rolle bei der zellulären Kalium-Homöostase spielt, aber auch weitere Funktionen wie den Zellwandmetabolismus beeinflusst. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Genexpressionsmuster des B. subtilis-Stammes 168 und einer Mutante, die c-di-AMP nicht abbauen kann, miteinander verglichen, um die Auswirkungen einer Akkumulation von c-di-AMP auf globaler Ebene zu untersuchen. Zu den stärksten Effekten gehörte die Repression der beiden Operons, die für die Biofilmbildung entscheidend sind. In weiteren Experimenten in Göttingen wurde mit einem nicht domestizierten Stamm gezeigt, dass B. subtilis bei hohen intrazellulären c-di-AMP-Konzentrationen keinen Biofilm ausbilden kann.
Ebenfalls im Rahmen eines Kooperationsprojektes mit der Arbeitsgruppe um Prof. J. Stülke wurde eine Transkriptomanalyse durchgeführt, um den Zusammenhang zwischen Veränderungen der DNA-Topologie und dem Glutamatstoffwechsel von B. subtilis aufzuklären. Der Ausgangspunkt dieser Analyse waren Studien der Göttinger Arbeitsgruppe zum zentralen Regulator der Kohlenstoff-Katabolitenrepression, CcpA, dessen Inaktivierung dazu führt, dass B. subtilis Glutamat nicht selbst synthetisieren kann. Die Ursache dafür ist die konstitutive Expression des rocG-Gens, das einen negativen Effektor des Transkriptionsaktivators GltC kodiert. Bestimmte Supressormutanten, die ohne Zugabe von Glutamat wachsen können, besitzen aufgrund einer Punktmutation im topA-Gen eine hyperaktive Form der Topoisomerase I, die mit einer Reduktion des negativen DNA-Supercoilings verbunden ist. In der durchgeführten Transkriptomanalyse wurden mehr als 1100 Gene identifiziert, die in der ccpA topAhyper-Mutante eine im Vergleich zur ccpA-Mutante veränderte Expression aufwiesen. Die damit verbundenen Auswirkungen auf das metabolische Netzwerk von B. subtilis führen dazu, dass RocG seine regulatorische Funktion nicht mehr ausüben kann und GltC dadurch in der Lage ist, die Transkription des Glutamat-Biosynthese-Operons gltAB zu aktivieren. Insgesamt hat die Studie Verbindungen zwischen der DNA-Topologie und dem metabolischen Netzwerk gezeigt, die unter physiologischen und biotechnologischen Aspekten von Interesse sind.
Um ein Absinken des Turgors unter hyperosmotischen Bedingungen zu vermeiden, akkumulieren Bakterien kompatible Solute im Zytoplasma. B. subtilis kann mit Hilfe von fünf osmotisch induzierbaren Aufnahmesystemen (OpuA bis OpuE, engl. osmostress protectant uptake) mindestens 15 verschiedene osmoprotektive Substanzen aus der Umgebung aufnehmen. Die aus einem Genduplikationsereignis hervorgegangenen Transporter OpuB und OpuC weisen eine Sequenzhomologie von über 70 % auf, unterscheiden sich aber dennoch deutlich hinsichtlich ihres Substratspektrums. Während OpuB weitgehend spezifisch für das Glycin-Betain-Vorläufermolekül Cholin ist, kann der OpuC-Transporter eine Vielzahl an verschiedenen Substanzen, einschließlich Glycin-Betain und Cholin, aufnehmen. Für das opuB-Operon wurde in einer vorangegangenen Transkriptomstudie ein Antisense-Transkript mit der Bezeichnung S1290 identifiziert, welches eine starke transiente Induktion nach Einwirkung eines Salzschocks zeigte. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die bioinformatisch vorhergesagte Abhängigkeit der S1290-Expression vom alternativen RNA-Polymerase-Sigmafaktor SigB, dem zentralen Regulator der generellen Stressantwort von B. subtilis, experimentell bestätigt und die potentielle regulatorische Rolle der asRNA (engl. antisense RNA) untersucht. Es wurde gezeigt, dass die S1290-asRNA für die zeitlich verzögerte Induktion von opuB nach einem Salzschock verantwortlich ist. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass B. subtilis die effektive Nutzung der vorhandenen osmoprotektiven Substanzen und der energetischen Ressourcen erreicht, indem zunächst vorrangig die Gene induziert werden, die für den relativ unspezifischen OpuC-Transporter kodieren, und erst danach die Synthese des Cholin-spezifischen Transporters OpuB aktiviert wird.
Neben der Akkumulation von osmoprotektiven Substanzen sind andauernde hyperosmotische Bedingungen mit vielen weiteren Veränderungen der Genexpression und Physiologie von B. subtilis verbunden. Dazu zählen unter anderem Veränderungen im Zellwandmetabolismus, die Induktion einer Eisenlimitationsantwort, eine reduzierte Motilität und die Unterdrückung der Sporulation. Um zusätzliche Facetten der Anpassung von B. subtilis an ein kontinuierliches Wachstum unter hyperosmotischen Bedingungen aufzudecken, erfolgte im Rahmen dieser Arbeit eine globale Analyse des Transkriptoms unter Verwendung strangspezifischer Tiling-Arrays. Der Vergleich der Transkriptmengen unter Hochsalzbedingungen (1,2 M NaCl) und unter Standardbedingungen zeigte Veränderungen der Expression von mehr als einem Viertel der proteinkodierenden Gene sowie zahlreicher nicht-kodierender RNAs. Es wurden bisher nicht bekannte Anpassungsreaktionen von B. subtilis an hyperosmotische Bedingungen identifiziert, wie beispielsweise eine anhaltende nicht-maximale Induktion des SigB-Regulons und eine erhöhte Expression CymR-abhängiger Gene. Ein weiteres Ergebnis der durchgeführten Studie war, dass eine hohe Osmolarität der Umgebung nicht nur die Motilität der B. subtilis-Zellen negativ beeinflusst, sondern auch zu einer stark verringerten Biofilmbildung führt. Die Akkumulation von osmoprotektiven Substanzen wie Glycin-Betain wirkt der Dehydrierung des Zytoplasmas entgegen, kann aber zelluläre Prozesse auch durch eine stabilisierende Wirkung auf Proteine und Nukleinsäuren beeinflussen. Die genomweiten Effekte von Glycin-Betain auf die Genexpression von B. subtilis wurden in dieser Arbeit zum ersten Mal untersucht. In Gegenwart von 1,2 M NaCl und 1 mM Glycin-Betain wiesen 40 % der Gene, die unter Hochsalzbedingungen im Vergleich zur Kontrolle induziert waren, eine signifikant verringerte Expression auf. Darunter befanden sich Gene, die für Opu-Aufnahmesysteme kodieren, sowie viele Gene des SigB-Regulons. Demgegenüber wird die bei hohen Salzkonzentrationen unterdrückte Expression der Sporulationsgene durch die Supplementation des Mediums mit Glycin-Betain nicht aufgehoben. Die Transkriptmengen von 150 Genen waren durch Glycin-Betain sowohl unter Hochsalz- als auch unter Kontrollbedingungen beeinflusst. Mit dieser Studie wurden umfassende Daten zur Genexpression von B. subtilis unter hyperosmotischen Bedingungen generiert, wodurch neue Facetten der zellulären Anpassung sowie globale Effekte der osmoprotektiven Substanz Glycin-Betain aufgedeckt werden konnten.