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Bis vor einigen Jahren galt die chronisch myeloische Leukämie (CML) als eine Erkrankung mit schlechter Prognose. Nach Einführung des Tyrosinkinaseinhibitors Imatinib stieg jedoch die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von 50-70% unter früher üblicher Interferon alpha basierter Standardtherapie auf etwa 90%. (Saussele 2012) So zeigt sich klar die therapeutische Überlegenheit von Imatinib – zumindest bei Studienpatienten mit einer neu¬diagnostizierten CML in chronischer Phase. Jedoch bleibt offen, wie vergleichbar diese Studienergebnisse gegenüber neuerkrankten CML-Patienten außerhalb von Studienbedingungen sind. Ebenso stellt sich die Frage nach dem Ansprechen auf die Imatinibtherapie bei CML-Patienten, die über einen längeren Zeitraum mit Interferon alpha/ und Hydroxyurea vorbehandelt wurden. Zur Klärung dieser Fragestellungen betrachtete ich das molekulare Ansprechen auf die Therapie mit Imatinib bei Patienten mit einer Imatinibtherapie als Erstlinientherapie und bei Patienten, die Imatinib nach einer Vortherapie mit INF α/ und Hydroxyurea erhielten. Dabei zeigte sich, dass das major molekulare Ansprechen (MMR) bei den Pa¬tienten im Firstline-Imatinibtherapiearm unserer Studie genauso gut ist wie in der International Randomized Study of Interferon Versus STI571 (IRIS). Im Gegensatz dazu zeigt sich bei unseren Patien¬ten des Secondline-Imatinibtherapiearms ein deutlich schlechteres molekulares An¬sprechen als in der Gruppe der Firstline-IM-Therapie. Aber auch im Vergleich zu Secondline-IM-Patienten aus Studien schneiden unsere Secondline–IM-Patienten schlechter ab. Hierfür kommen als Ursache einige Unterschiede zwischen unseren Patienten zu denen aus der GIMEMA-Studie/ IRIS-Studie in Frage. So waren unsere Patienten im Secondline-Imatinib¬therapiearm älter und hatten eine längere Vortherapie erfahren als die Vergleichs¬gruppe in der GIMEMA-Studie. Zumal es in unserer Patientenpopulation keine Ausschlusskriterien hinsichtlich Nebenerkrankungen und Lebensalter über 70 Jahre gab. Der Vergleich des Langzeitüberlebens zeigte keine Unterschiede zwischen unseren Patienten und denen aus IRIS und der GIMEMA-Studie, dies gilt für den Firstline- und Secondline-Imatinibtherapiearm. Hierbei muss aber beachtet werden, dass unsere Imatinibtherapiearme wesentlich kleinere Patienten-zahlen aufweisen als in den Vergleichsstudien und uns nur eingeschränkte Infor¬mationen über das hämatologische und zytogenetische Ansprechen vorliegen. Insgesamt besteht ein deutlich niedrigeres und verspätetes major molekulares Ansprechen bei unseren Patienten im Secondline-Imatinibtherapiearm gegenüber dem Firstline-Imatinibthera¬piearm unserer Studie. Wir konnten in den vorliegenden Untersuchungen keine klare Ursache identifizieren. Als Möglichkeiten kommt eine längere Therapie vor Imatinibbeginn, vermehrt Begleiterkran¬kungen die eine effektive Therapie erschweren und eine größere Zurückhaltung der behandelnden Ärzte in Frage. Bei der Bewertung dieser Ergebnisse muss berücksichtigt werden, dass unsere Daten außerhalb von Studienbedingungen erhoben wurden. Daher erfolgten die mole¬kularen Kontrollen nicht in eng gefassten Zeitintervallen und der Einschluss der Patienten in unsere Untersuchung unterlag keiner Selektion. Somit sind unsere Ergebnisse vor allem für die tägliche Praxis interessant, da sie die Reaktion auf die Imatinibtherapie in einer allgemeinen Erkrankungspopulation widerspiegeln.
Das Ziel der vorliegenden Studie war zum einen die retrospektive Abbildung der qPCR-Werte von BCR-ABL und der Medikamentenadhärenz und zum anderen die Identifikation von Einflussfaktoren und Prädiktoren für die Medikamentenadhärenz von Patientinnen und Patienten mit Chronischer Myeloischer Leukämie. Als Parameter des molekularen Therapieansprechens wurden Ergebnisse der routinemäßig durchgeführten Bestimmungen der BCR-ABL-Werte erfasst. Zur Bestimmung der Adhärenz dienten standardisierte psychometrische Instrumente, welche zu einer Fragebogenbatterie zusammengefasst wurden.
Von 13 onkologischen Praxen und Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern, welche sich initial bereit erklärt hatten, nahmen sieben Einrichtungen an der Studie teil. Aus diesen sieben onkologischen Behandlungseinrichtungen konnten die Fragebögen von 44 Patienten in die Untersuchung mit einbezogen werden. Insgesamt wurden drei Befragungen durchgeführt in einem Abstand von jeweils einem Jahr. Der Großteil der Patientinnen und Patienten befand sich im Untersuchungszeitraum in First-line TKI-Therapie. Als biologische Validation für die Medikamentenadhärenz wurde das molekulare Ansprechen auf den TKI benutzt. Gemäß der ELN-Leitlinien zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit CML stellt das Erreichen einer „Major Molecular Response“ (MMR=BCR-ABL / ABL-Ratio ≤ 0,1 %) ein optimales Therapieansprechen dar. Bei 34 Patientinnen und Patienten (77,3 %) konnte ein optimales Therapieansprechen in den 12 Monaten vor der Datenerhebung nachgewiesen werden. Das molekulare Ansprechen von 6 Patientinnen und Patienten (13,6 %) schwankte ohne Verlust der MMR. Bei 4 Patientinnen und Patienten (9,1 %) wurde ein Therapieversagen (nach ELN-Empfehlungen) deutlich. Das molekulare Ansprechen in den vergangenen 12 Monaten vor Beginn der Untersuchung korrelierte signifikant mit dem initialen molekularen Ansprechen. Die Auswertung ergab laut Patienten-Selbsteinschätzung eine fast durchgängig gute Medikamentenadhärenz. Ein Zusammenhang zwischen Adhärenz-Selbst-einschätzung und dem molekularen Ansprechen konnte nicht nachgewiesen werden.
Untersucht wurde auch das Patientenwissen über die CML. Insgesamt zeigte ein Viertel der Patientinnen und Patienten gute bis befriedigende Kenntnisse. Das vorhandene Wissen geht zumeist auf die Informationen der behandelnden Onkologen zurück. Mehr als 50 % der Patientinnen und Patienten wünscht sich mehr Informationen zur CML und deren Behandlung. Entgegen der aktuellen Studienlage scheint das individuelle Wissen die Medikamentenadhärenz in unserer Studie kaum zu beeinflussen. In unserer Studie konnten wir allerdings feststellen, dass höheres Wissen über die CML signifikant mit geringerer wahrgenommener Bedrohlichkeit durch die CML korrelierte. Hinsichtlich des Geschlechts und des Patientenalters konnte kein signifikanter Zusammenhang mit dem Wissen über die CML detektiert werden. Patientinnen und Patienten mit geringerer Erkrankungsdauer zeigten ein höheres Wissen über das Krankheitsbild der CML. Wichtig ist es, Komorbiditäten wie depressive Symptome durch enge Anbindung an psychologische Zentren mit zu betreuen. Ein stabiles soziales Umfeld, ein gutes Arzt-Patienten- Verhältnis sowie eine starke subjektive Motivation einer jeden Patientin bzw. eines jeden Patienten sind sicherlich zentrale Säulen einer guten Adhärenz. Diese Faktoren bieten gleichzeitig Ansatzpunkte für Interventionen zur Steigerung der Therapietreue.