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Für den erfolgreichen Erhalt von Natur und Landschaft sowohl in Schutzgebieten als außerhalb davon ist die Akzeptanz der jeweiligen Gebietsbewohner notwendig und ihr aktives Engagement hilfreich. Häufig gibt es jedoch Widerstand gegenüber Naturschutzmaßnahmen und wenige aktiv Engagierte. Ein Grund wird in der überwiegend naturwissenschaftlichen Argumention gesehen, die offenbar die Bedeutung von Natur und Landschaft für die Bevölkerung nicht ausreichend widerspiegelt. In der vorliegenden Arbeit wird daher der Frage nachgegangen, ob und wie ästhetische und emotionale Wertschätzungen das Portfolio von Argumenten für den Natur- und Landschaftserhalt bereichern können. Das empirische Material wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes (gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, DBU, 2009-2012) gewonnen, dessen Ziel die Entwicklung und Erprobung von Erhebungsmethoden für ein sozioökonomisches Monitoring in den vier UNESCO-Biosphärenreservaten Mittelelbe, Schaalsee, Schorfheide-Chorin und Südost-Rügen war. Der zentrale Fokus der vorliegenden Arbeit mit soziologischer Forschungsperspektive liegt darauf, wie die Bewohner der vier untersuchten Biosphärenreservate ihre Region emotional und ästhetisch wertschätzen. Neben geographischen wurden vor allem die soziologischen Theorieansätze Social Identity Theory (SIT) und die Identity Process Theory (IPT) erörtert, um mögliche emotionale und ästhetische Argumente fundiert einordnen zu können. Es wurde eine quantitative CATI-Befragung mit mindestens 300 Interviews pro Biosphärenreservat auf der Grundlage einer Zufallsstichprobe durchgeführt. Die Daten wurden neben deskriptiven Untersuchungen mittels binär logistischer Regressionsanalysen und Varianzpartitionierungen als schließende statistische Methoden untersucht. Ein grundlegendes Ergebnis der Analysen ist, dass die Bewohner in allen vier Gebieten eine hohe regionale Verbundenheit aufweisen. Weiterhin scheinen Natur und Landschaft maßgeblich zur emotionalen Verbundenheit zur Region beizutragen. Außerdem stellte sich heraus, dass regionale Verbundenheit sowohl allgemein als auch mit explizitem Landschaftsbezug wichtige Themen für viele Menschen sind und kein Nischenthema einer speziellen Personengruppe darstellen. Denn zwar scheinen einige soziodemographische und andere Faktoren die emotionale Verbundenheit zu verstärken, diverse Parameter, wie etwa Geschlecht und ehrenamtliches Engagement, spielen dagegen aber kaum eine Rolle. Aus den Ergebnissen wurden folgende Handlungsempfehlungen für die Argumentation für Natur- und Landschaftserhalt abgeleitet: (1) Natur und Landschaft haben eine hohe emotionale und ästhetische Bedeutung für viele Bewohner, daher sollten alle raumwirksamen Aktivitäten umfangreich und so zeitig wie möglich erläutert und diskutiert werden. (2) Landschaftliche Vielfalt wird geschätzt und Natur und Landschaft werden nicht als rein stereotype Ansammlung von Landschaftselementen wahrgenommen, sondern mit regionsspezifischen Charakteristika. Wenn Maßnahmen in Natur und Landschaft zu diesen ästhetischen Werten beitragen haben sie ein großes Potenzial, die Unterstützung für Naturerhalt zu erhöhen. Daher wird empfohlen, diese Einflüsse der Maßnahmen besonders zu betonen. (3) Der Bildungsstand scheint grundsätzlich ein besonders wichtiger Faktor für die untersuchten Phänomene zu sein. Daher wird geraten, wenn möglich, die zielgruppenspezifische Kommunikation mit ästhetischen und emotionalen Argumenten sowie Angebote für ein Engagement so auszugestalten, dass Personen aus verschiedenen Bildungsmilieus erreicht werden. (4) Um Menschen für ein naturerhaltendes Engagement zu motivieren wird empfohlen, allgemein an der Region interessierte Personen zu suchen und anzusprechen. (5) Es scheint ratsam, bei der Formulierung von emotionalen Argumenten für den Erhalt von Natur und Landschaft auf den Begriff Stolz zu verzichten. Der Terminus findet unter Akademikern weniger Zustimmung, wenngleich sie eine hohe regionale Verbundenheit haben können. Der Heimatbegriff sollte nur benutzt werden, solange er sich auf kollektiv geteilte, eudaimonistische Werte bezieht und zukunftsgerichtet verwendet wird. (6) Neben der regionalen Verbundenheit können besonders die eudaimonistischen Werte Ruhe, Erholung und andere nicht mit Naturschutzzwecken konfligierende Freizeitnutzungen zielführend in der Argumentation für den Naturerhalt sein. Insgesamt wird für den Natur- und Landschaftserhalt tätigen Akteuren empfohlen, das offensichtlich bestehende Potenzial ästhetischer und emotionaler Argumente stärker zu nutzen und naturwissenschaftliche Argumente damit sinnvoll zu ergänzen. Die in dieser Arbeit diskutierten Ergebnisse liefern dafür eine fundierte Grundlage, da sich aus der nun vorliegenden vergleichenden Analyse von vier unterschiedlichen UNESCO-Biosphärenreservaten in Deutschland belastbare Empfehlungen ableiten lassen, die deutlich über die Untersuchungsgebiete hinaus anwendbar sind.
Zusammenfassung
Der Iran besitzt zwölf UNESCO-Biosphärenreservate, die reich an einmaligen Natur- und Kulturschätzen und hohem menschlichen Potenzial aus verschiedenen ethnischen Gruppen sind. Die ersten neun Biosphärenreservate wurden frühzeitig mit den ersten Biosphärenreser-vaten der Welt im Jahr 1976 gegründet, die auch gleichzeitig andere Kategorien der Schutz-gebiete im Iran wie Nationalparks, geschützte Lebensräume für Wildtiere und Naturschutzge-biete beinhalten und bis heute unter ihrem alten Status verwaltet werden. Damit entsprechen sie nicht den aktuellen internationalen Anforderungen an Biosphärenreservate und besteht die Gefahr, dass diese Gebiete in baldiger Zukunft ihre natürlichen und kulturellen Werte verlie-ren und irreversibel beschädigt werden.
Diese Studie untersucht und bewertet die zwei exemplarisch ausgewählten iranischen Bio-sphärenreservate Golestan und Dena unter Berücksichtigung der UNESCO-Kriterien, unter anderem die Ziele und Grundlagen der Sevilla-Strategie und der Internationalen Leitlinien für das Weltnetz der Biosphärenreservate (1995). Das Biosphärenreservat Golestan wurde im Jahr 1976 gegründet und ist somit eines der ältesten Biosphärenreservate des Irans. Bei dem im Jahre 2010 gegründeten Biosphärenreservat Dena, handelt es sich um das jüngste Biosphä-renreservat im Iran zu Beginn der Studie.
Beide Schutzgebiete sind gebirgig und beinhalten die wichtigsten Waldökosysteme mit einer großen Biodiversität. Das Biosphärenreservat Golestan befindet sich im Nordosten des Irans im östlichsten Teil des Elburs-Gebirge und Dena liegt im zentralen Zagros-Gebirge im Westiran.
Für den methodischen Ansatz dieser Studie wurde ein Methodenmix aus qualitativen Elemen-ten: Oral History, Interviews, offenen Fragen und Teilnehmender Beobachtung und quantita-tiven Elementen: SWOT-Analyse (engl. Akronym für Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Bedrohungen) und Auswertung der Fra-gebögen mit Hilfe des statistischen Programms SPSS20 angewendet.
Die untersuchten Gruppen bestanden gemäß der jeweiligen Analyse aus Experten des De-partments für Umwelt (DoE) in Teheran, den Provinz-Umweltschutzbehörden von Golestan und Kohgiluye und Boyer Ahmad, Akademikern, der Nationale Commission for UNESCO in Teheran, Zeitzeugen, lokaler Bevölkerung, Rangern, Umwelt-NGOs (engl. Non-Governmental Organization), dem Tourismus-Sektor und den Umwelt-Medien.
Die Ergebnisse in dieser Studie zeigen, dass die Entwicklung der iranischen Biosphärenreser-vate seit ihrer Gründung 1976 bis heute von den Veränderungen der wirtschaftlichen, politi-schen und gesellschaftlichen Situation des Irans und demzufolge von den Veränderungen in der Organisationsstruktur des Departemants für Umwelt (DoE) und der Prioritätensetzung in Bezug auf die Gesetze zu Umwelt- und Naturschutz beeinflusst wurden.
Überdies stellen die Ergebnisse dar, dass in den beiden untersuchten Biosphärenreservaten Golestan und Dena hinsichtlich der internationalen UNESCO-Kriterien und Richtlinien ver-gleichsweise ähnliche Defizite und Mängel bestehen:
• fehlende nationale Rechtsstruktur für die Biosphärenreservate im Iran,
• fehlender Managementplan für Biosphärenreservate und somit auch schwaches Mana-gementsystem der Biosphärenreservate,
• Mangel an Kenntnissen über Biosphärenreservate,
• beschränkte Beteiligung an den Angelegenheiten der Biosphärenreservate seitens aller untersuchten Gruppen – von der lokalen Bevölkerung bis hin zu den staatlichen Ent-scheidungsträgern und
• ungenügende Zusammenarbeit zwischen Staat und Interessengruppen in diesen Gebie-ten.
Ebenso wurde in dieser Studie versucht, konkrete Lösungsansätze zur Verwirklichung der Ziele der Biosphärenreservate bzw. der Verbesserung ihrer aktuellen Situation zu empfehlen.
In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, dass Gesetze für die Biosphärenreservate auf nationaler Ebene definiert und die vorhandenen Biosphärenreservate im Iran gründlich nach internationalen Kriterien untersucht und mit einem systematischen Managementplan auf wis-senschaftlicher Grundlage verwaltet werden. Des Weiteren benötigen diese Gebiete für ihre Funktionalität eine Erhöhung und Verbesserung der Kenntnisse über die Biosphärenreservate der aktiven Personen, sowie der Kooperation und Kommunikation zwischen allen zuständigen Behörden und Interessengruppen. Hiermit soll allen sozialen, kulturellen, geistigen und wirt-schaftlichen Anliegen der Interessengruppen, vor allem aber der lokalen Bevölkerung, Rech-nung getragen werden, entsprechend dem weltweiten Ansatz der UNESCO-Biosphärenreservate.