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Gutartige knöcherne Läsionen der Wirbelsäule sind häufig, es fehlen jedoch genaue Schätzungen der Bevölkerungsprävalenz. Diese Arbeit zielte darauf ab, die ersten bevölkerungsbezogenen Prävalenzschätzungen bereitzustellen und den Zusammenhang mit Rücken- und Nackenschmerzen zu untersuchen.
Verwendet wurden die Daten aus der bevölkerungsbezogenen Gesundheitsstudie Study of Health in Pomerania (SHIP). Die Ganzkörper-MRT-Untersuchungen wurden am 1,5 Tesla MRT durchgeführt. MRT-Bilder der Wirbelsäule in T1-, T2- und TIRM-Wichtung waren von 3.259 Teilnehmern verfügbar. Die Befundung der spinalen MRT-Bilder erfolgte nach einem standardisierten Protokoll. Die Intraobserverreliabilität war größer als der geforderte Kappa- Werte von 0,98. Die Angaben aus dem standardisierten Fragebogen zu Rückenschmerzen umfassten mitunter die Schmerzintensität, Dauer der Schmerzen und schmerzbedingte Beeinträchtigung. Unterschieden wurden die Zeiträume der letzten sieben Tage und letzten drei Monate.
1.200 (36,8%) Teilnehmer zeigten mindestens eine knöcherne Läsion (insgesamt 2.080 gefundene Läsionen). Bei einem Probanden wurden bis zu acht knöcherne Läsionen gefunden. Ossäre Läsionen waren bei Männern weniger häufig als bei Frauen (35,5% gegenüber 38,9%; P = 0,06). Darüber hinaus war die Prävalenz knöcherner Läsionen bei L2 bei beiden Geschlechtern am höchsten. Mit dem Alter nahm zudem die Prävalenz knöcherner Läsionen zu. beobachtet. Am häufigsten traten Hämangiome (28%) und Lipome (13%) auf. Sklerose (1,7%) und Blastom (0,3%) waren selten. Verschiedene knöcherne Läsionen traten auch häufiger in Kombination miteinander auf.
Der Zusammenhang mit Rücken- oder Nackenschmerzen war bei Betrachtung der ossären Läsion nach Lokalisation in der Wirbelsäule als auch der Art der Entität meist vernachlässigbar. Ossäre Läsionen sind in der Allgemeinbevölkerung zwar häufig, haben jedoch keine klinische Relevanz für Rückenschmerzen. Durch diese bevölkerungsbasierten Daten fällt die Beurteilung der klinischen Relevanz von Knochenläsionen, die bei MRTs von Patienten beobachtet werden leichter.
Das Bewusstsein dafür, dass mit Zufallsbefunden, d.h. nichtintendierten Befunden aus medizinischen Untersuchungen, vielschichtige ethische Herausforderungen einhergehen können, hat in den letzten Jahren zugenommen; dennoch sind Entscheidungen hinsichtlich eines ethisch verantwortlichen Umgangs mit Zufallsbefunden nach wie vor mit großen Unsicherheiten behaftet: Der einschlägige ethische Regulierungsstand bleibt zum Teil vage, die Perspektive der Betroffenen selbst weitestgehend unberücksichtigt. Die vorliegende empirisch-ethische Arbeit untersucht vor diesem Hintergrund am Beispiel von Zufallsbefunden aus dem Kontext der Ganzkörper-MRT-Untersuchung in SHIP, welche Auswirkungen Zufallsbefunde auf die betroffenen StudienteilnehmerInnen haben können; darüber hinaus soll eine Einschätzung der Leistungsfähigkeit des gegenwärtigen ethischen Regulierungsstandes vorgenommen werden. Für den empirischen Teil der Untersuchung wurden, unter Anwendung eines Mixed-Methods-Ansatzes, SHIP-ProbandInnen, die sich im Zeitraum vom 3. März bis zum 23. Juli 2010 in Greifswald einer Ganzkörper-MRT unterzogen hatten, befragt. Das zweistufige Vorgehen beinhaltete zunächst die zweimalige Befragung mittels eines Selbstausfüller-Fragebogens: Der erste (Pre-) Fragebogen wurde den ProbandInnen unmittelbar nach der MRT ausgehändigt und von diesen noch im Untersuchungszentrum ausgefüllt (n=439). Der zweite (Post-) Fragebogen wurde postalisch verschickt, nachdem die ProbandInnen entweder eine Mitteilung über einen Zufallsbefund erhalten hatten oder feststand, dass sie keine Mitteilung erhalten würden (n=409). Die Erhebung abschließend, wurden außerdem noch 20 Face-to-Face Interviews mit ProbandInnen geführt, die in den Fragebogen angeben hatten, dass sie bestimmte Phasen des Untersuchungs- bzw. Mitteilungsprozederes als sehr belastend empfunden haben und/oder eine erneute Teilnahme verweigern würden. Im normativ-theoretischen Teil der Arbeit erfolgt eine Darstellung des derzeitigen forschungsethischen Regulierungs- und Diskussionsstandes. Im Fokus stehen dabei die als besonders relevant identifizierten Problembereiche „Informed Consent“, „Fragen des Umgangs mit Zufallsbefunden“ und „Risk-Benefit-Assessment“. Die Zusammenführung der Ergebnisse der empirischen Untersuchung mit den Überlegungen aus der theoretischen Grundlegung ermöglicht schließlich eine ethische Reflexion in Form eines Abgleichs zwischen dem forschungsethisch Gebotenen (Sollen) und dem über die empirische Untersuchung zugänglich werdenden Ist-Stand (Sein). Ergebnis dieses Abgleichs sind insbesondere ethisch begründete Einschätzungen im Hinblick auf Optimierungspotentiale beim Umgang mit Zufallsbefunden aus bildgebenden Verfahren in populationsbasierter Forschung. Die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung durchgeführten Analysen berechtigen insgesamt zu folgenden Schlussfolgerungen: 1) Das häufig in ProbandInnenstudien auftretende Phänomen der Therapeutic Misconception tritt trotz eines sorgfältigen und mehrstufigen Aufklärungsprozederes vor der Ganzkörper-MRT auch im Studienkontext von SHIP auf und stellt eine Gefährdung des Informed Consent dar. 2) Die Anfälligkeit der ProbandInnen für Therapeutic Misconception schränkt deren Fähigkeit zu einem realistischen Risk-Benefit-Assessment ein, zumal ein solcher Abwägungsprozess insgesamt durch viele Unwägbarkeiten in der Einschätzung von potentiellen Risiken und Nutzen einerseits und durch fundamentale methodische Unklarheiten erschwert ist. Die größte Herausforderung stellt 3) der Umgang mit den Zufallsbefunden dar und zwar sowohl auf einer konkreten als auch auf der theoretisch-regulatorischen Ebene: Belastung entsteht bei den MRT-ProbandInnen vor allem durch die Folgen eines rein schriftlichen Mitteilungsmodus sowie durch lange Zeiten der Ungewissheit bis zur Abklärung der mitgeteilten Ergebnisse. Aber gerade zum Mitteilungs- oder Abklärungsmodus von Zufallsbefunden liegen auf regulatorischer Ebene keine verbindlichen Empfehlungen vor; ebenso wenig abschließend geklärt sind die grundsätzlicheren Fragestellungen, a) was überhaupt als Zufallsbefund angesehen werden soll, b) durch wen Ergebnisse aus ProbandInnenstudien auf Zufallsbefunde untersucht werden sollen und c) wie valide ein Zufallsbefund sein muss, damit er überhaupt mitgeteilt wird. Hier wäre eine Einigung auf eine verbindliche und die Interessen der ProbandInnen berücksichtigende Vorgehensweise wünschenswert.