Doctoral Thesis
Refine
Year of publication
- 2024 (2)
Document Type
- Doctoral Thesis (2) (remove)
Language
- German (2)
Has Fulltext
- yes (2)
Is part of the Bibliography
- no (2)
Keywords
- Trauma (2) (remove)
Institute
- Klinik und Poliklinik für Chirurgie Abt. für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie (2) (remove)
Modulation der Immunantwort durch Vagotomie im Mausmodell der postoperativen Immundysfunktion
(2024)
Die postoperative Immunsuppression ist ein häufiges Problem nach großen abdominalchirurgischen Eingriffen und geht mit einer erhöhten Mortalität insbesondere durch septische Komplikationen einher. Eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Immunsuppression spielt der Nervus vagus, dies ist schon lange als cholinerger antiinflammatorischer Signalweg (engl. CAP) bekannt, wobei weder die Signalkaskaden auf zellulärer Ebene noch die Effekte des Nervus vagus hinreichend verstanden sind und kontrovers diskutiert werden.
Anhand der vorliegenden Ergebnisse dieser Arbeit lässt sich feststellen, dass das Traumamodell der surgically-induced immune dysfunction (SID) weitreichende Auswirkungen auf das Immunsystem hat. So konnten in-vivo signifikant veränderte Serumspiegel von IFN-γ, IL-2 und IL-6 gemessen und somit vorherige Ergebnisse anderer Arbeiten unserer Forschungsabteilung bestätigt werden. Außerdem führte die SID zu deutlichen Veränderungen hinsichtlich der Abwehrlage des angeborenen Immunsystems: wir fanden erniedrigte CD4+/CD8+-Relationen innerhalb der T-Zell-Population sowie insbesondere in der Spätphase ein erhöhtes Ly6Chigh/Ly6Clow-Verhältnis als Ausdruck einer gestörten angeborenen Immunabwehr durch patrolling macrophages, welche sich zusätzlich durch eine Abnahme der MHCII-Expression auf den Makrophagen unter Vagotomie äußerte.
Bei der ex-vivo-Betrachtung des Immunsystems unter Hinzunahme von Funktionstests mit Lipopolysaccharid (LPS) konnten wir beobachten, dass der Ablauf der Immunreaktion anhand der TNF-α-Ausschüttung von Makrophagen interessante Ähnlichkeiten mit dem bekannten SIRS-CARS-Modell der Sepsis aufweist. Wir konnten zeigen, dass die Vagotomie insbesondere in der Frühphase nach SID die hyperinflammatorische Reaktion der Milzmakrophagen noch weiter verstärkt. In der Spätphase 72 Stunden nach Trauma hat die Vagotomie einen geringeren Einfluss auf die Immunantwort und führt zu einer verstärkten Suppression, die allerdings nicht so stark ausgeprägt ist wie die Hyperinflammation in der Frühphase. Die Ausschaltung des N. vagus führt also in beiden Phasen zu einer Abweichung zu den Extremen hin und bedingt eine nachhaltige Störung des immunologischen Gleichgewichts.
Mit der vorliegenden Arbeit konnte ein wichtiger Beitrag zur Grundlagenforschung dieses klinisch so bedeutsamen Problems geleistet werden. Weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet sind notwendig, um in Zukunft nach operativem Trauma z.B. in Form von spezifischen Agonisten am alpha7-Rezeptor eine wirksame Therapie oder besser eine Prophylaxe zur Vermeidung anbieten zu können.
Die immunologische Dysfunktion nach operativem Trauma und der Einfluss des N. vagus im Mausmodell
(2024)
Trotz aller medizinischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte ist der Einfluss operativer Trauen auf die Immunhomöostase noch weitgehend unklar. Im Falle septischer Komplikationen sind postoperative Patienten meist mit einer noch höheren Mortalität assoziiert als septische Patienten ohne ein vorhergehendes operatives Trauma. Einen Grund dafür stellt die postoperative Immundysfunktion dar, welche von Länge und Ausmaß der Operation abhängt. Die pathophysiologischen Hintergründe sind noch unbekannt und erscheinen traumaspezifisch. Um diese einer näheren Betrachtung unterziehen zu können, wurde in unserer Arbeitsgruppe das Tiermodell der Surgically induced Immune Dysfunction (SID) etabliert. Dafür wird zur Simulation eines abdominalchirurgischen Eingriffs der Dünndarm nach einer medianen Laparotomie dreimal antegrad ausgestrichen. Einen möglichen Baustein zum Verständnis dieser Immundysfunktion stellt die Entdeckung des cholinergen antiinflammatorischen Signalweges (CAIP) dar. Über diesen ist das Zentralnervensystem via den Nervus vagus in der Lage, immunmodulatorisch einzuwirken. Ziel der Arbeit war es, aufgrund dessen unter anderem den systemischen Einfluss des CAIP auf die postoperative Immundysfunktion zuuntersuchen. Dafür wurden einige Versuchstiere sechs Tage vor SID einer Vagotomie unterzogen. Die Analysen erfolgten nach sechs Stunden und drei Tagen.
Zusammenfassend konnte sechs Stunden nach SID eine Akut-Phase-Reaktion beobachtet werden, die durch eine Neutrophilie, Lymphopenie, erhöhte IL-6-Konzentrationen und komplett aktivierte T-Lymphozyten gekennzeichnet war. Gleichzeitig zeigten sich aber auch eine erhöhte IDO-Aktivität und eine reduzierte LPS-Stimulierbarkeit von Blut- und Milzzellen. Diese gedämpfte Immunreaktion auf den in-vitro second hit schlug bemerkenswerterweise nach drei Tagen in eine Hyperreagibilität und damit in einen hyperinflammatorischen Phänotyp um. Gleichzeitig reduzierte sich die Anzahl von Teff- und B-Lymphozyten, während zeitgleich eine relative Treg-Expansion mit gesteigerter CTLA-4-Expression nachweisbar war. Diese Steigerung immunsuppressiver Mechanismen und dergleichzeitige Verlust an Effektorzellen könnte im Falle eines nachfolgenden second hit zu der beobachteten gesteigerten Mortalität postoperativer Patienten beitragen. Wurde vor der SID eine Vagotomie durchgeführt, fiel die Inflammation sechs Stunden später noch intensiver aus: Die Neutrophilie war stärker ausgeprägt und die Konzentration von proinflammatorischen Zytokinen im Plasma war erhöht. Die reduzierte LPS-Stimulierbarkeit von Blut- und Immunzellen wurde im Wesentlichen aufgehoben. Nach drei Tagen verstärkte eine Vagotomie die bereits nach SID beobachtete Hyperreagibilität auf den LPS-Stimulus noch weiter.
Somit lassen diese Ergebnisse auf einen wichtigen immunsuppressiv wirkenden vagalen Einfluss auf die postoperative Immundysfunktion schließen und zeigen einen vielschichtigen zeitlichen Verlauf von Anti- und Hyperinflammation nach operativem Trauma auf. Eine nähere Erforschung dieses multiphasischen Verlaufs kann Implikationen für die klinische Praxis, insbesondere im Bezug auf Re-Operationen geben. Auch eröffnet es die spannende Frage, ob das Immunsystem auf einen postoperativen septischen Fokus in Abhängigkeit vom zeitlichen Abstand zur Operation unterschiedlich reagiert. Nicht zuletzt wird durch die Ergebnisse auch ein wichtiges Schlaglicht auf die Bedeutung von traumareduzierenden Operationsverfahren wie der minimal-invasiven laparoskopischen Chirurgie für das postoperative Outcome geworfen.