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Bei einem Hydrozephalus handelt es sich um eine mitunter folgenschwere Erkrankung, die, wird sie nicht rechtzeitig behandelt, zu schwersten neurologischen Schäden oder sogar zum Tod des Patienten führen kann. Gegenwärtig stehen zwei Behandlungsstrategien
des Hydrozephalus zur Verfügung: Die Implantation eines CSF-Shuntsystems oder
die Durchführung einer endoskopischen Drittventrikulostomie (ETV). Insbesondere bei Patienten mit einer obstruktiven Form des Hydrozephalus, beispielsweise infolge einer idiopathischen Aquäduktstenose oder eines obstruktiv-tumorösen Prozesses, erwies sich die ETV als ausgesprochen erfolgreich. Vergleichbare Ergebnisse für einen kommunizierenden Hydrozephalus wurden hingegen bisher nicht erhalten. Zusätzlich werden Patientenmerkmale wie Alter und Vorhandensein eines vorherigen Shuntsystems
als weitere Einflussfaktoren auf den Operationserfolg diskutiert. Um bestehenden
Unsicherheiten bezüglich der Indikationsstellung für eine ETV beizukommen, entwickelten
Kulkarni et al. den ETV Success Score (ETVSS), zur Anwendung in einer pädiatrischen
Studienpopulation. [3, 11, 13, 24, 34, 35, 38, 39, 49, 61, 62, 73, 75, 82, 100, 116, 123]
Ziel dieser Arbeit war neben der Validierung des ETVSS in einer gemischten
Studienpopulation die Entwicklung eines Vorhersagemodells für die 6-Monats-Erfolgsrate
der ETV bei pädiatrischen und adulten Patienten, wobei insbesondere eine mögliche
positive Prädiktion von Liquorbefunden auf den Operationserfolg untersucht wurde.
Die vorliegende Arbeit umfasst 408 ETV bei insgesamt 378 Patienten, mit einer
Erfolgsrate von 76,9 % nach sechs und 63,6 % nach durchschnittlich 50 Monaten. Als statistisch signifikante Einflussfaktoren auf den Erfolg wurden das Patientenalter, die
Ätiologie des Hydrozephalus, das Vorhandensein eines vorherigen Shuntsystems sowie die Zusammensetzung des Liquor erfasst. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden drei
logistische Regressionsmodelle entwickelt, welche neben grundlegenden demografischen
sowie klinischen Merkmalen auch Bildgebungs- und Liquorparameter berücksichtigen.
Für alle drei Modelle wurde eine zuverlässige Abbildung der Erfolgsunterschiede erreicht, jedoch ergab sich kein signifikanter Mehrwert für die Bildgebungs- und Liquorbefunde. Eine adäquate Prädiktionsfähigkeit des ETVSS in einer gemischten Studienpopulation konnte auch nach Ausgleich des altersbedingten Variabilitätsverlusts nicht gezeigt werden.
Das Krankheitsbild des Hydrozephalus stellt mit seiner komplexen Pathophysiologie eine Herausforderung in der Neurochirurgie dar. Die Folgen dieser Erkrankung können von leichten Beschwerden, über schwere demenzielle Symptome bis hin zum vorzeitigen Tod reichen. [7] Durch eine frühzeitige Behandlung können dessen Symptome und das Risiko für krankheits-bedingte Komplikationen reduziert werden. Als Therapieformen stehen verschiedene Shuntsysteme und die endoskopische Drittventrikulostomie (ETV) zur Verfügung, wobei sich letztere insbesondere bei obstruktivem Hydrozephalus als bevorzugte Therapieoption etablierte [14, 68, 92, 107]. In der bisherigen Literatur wurden die Erfolgsraten bei einem kommunizierenden Hydrozephalus zwischen 21 % und 75 % angegeben [14, 43, 54, 58-61, 64]. Zudem können bei bestimmter Indikation mehrere ETV durchgeführt werden. Bislang wurden diese sogenannten Rezidiv-ETV in 15 Studien analysiert, wobei die Erfolgsrate zwischen 37,1 % und 100% lag [25, 33, 34, 53, 55, 73-82].
Ziel dieser Arbeit war es die Effektivität und Sinnhaftigkeit einer ETV bei kommunizierendem Hydrozephalus und einer Rezidiv-ETV zu überprüfen und im Hinblick auf Alternativtherapien kritisch zu analysieren sowie mögliche Prädiktoren für einen Erfolg statistisch auszuwerten.
Für die vorliegende Dissertation wurden Daten von 378 Patienten mit insgesamt 408 ETV über einen Langzeitverlauf von 294 Monaten ausgewertet, von denen jeweils 29 Patienten eine ETV bei kommunizierendem Hydrozephalus oder mindestens eine Rezidiv-ETV erhielten. Dabei konnten keine Erfolge bei kommunizierendem Hydrocephalus verzeichnet werden, weshalb dieser keine geeignete ETV-Indikation darstellt und somit zukünftig eine Shunt-Implantation sinnhafter ist. Die Gesamterfolgsrate bei Patienten mit Rezidiv-ETV betrug 31%. In der statistischen Analyse fiel auf, dass tendenziell mehr pädiatrische Patienten in der Misserfolgsgruppe der Rezidiv-ETV vorkamen und die Erfolgsgruppe ausschließlich aus männlichen Patienten bestand. Trotzdessen zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Patienten mit Erfolg und Misserfolg der Rezidiv-ETV in Bezug auf Ätiologie, den Misserfolgsgrund der initialen ETV und das Lebensalter. Die statistische Signifikanz hinsichtlich des Geschlechtes sollte kritisch hinterfragt werden. Eine VP-Shunt-Implantation vor initialer ETV zeigte eine leichte, jedoch nicht signifikante, Reduktion der Erfolgsrate einer Rezidiv-ETV. Der umfangreiche Langzeitverlaufs dieser Arbeit erlaubte einen Vergleich zwischen frühem und spätem Versagen einer Rezidiv-ETV, wobei die Erfolgsrate bei frühen Rezidiv-ETV tendenziell geringer, jedoch ohne statistische Signifikanz, ausfiel.
Das Glioblastom ist ein hochmaligner und aggressiver Hirntumor, der von der WHO als Grad IV eingestuft wird. Die Betroffenen haben eine mittlere Überlebenszeit von 12 bis 15 Monaten, was auf dem invasiven Wachstum und der Chemo- und Radioresistenz des Tumors beruht. Dadurch existiert keine kurative Behandlung und es kommt in nahezu allen Fällen zu Rezidiven. Zunehmend wird deutlich, dass das Glioblastom einen stark veränderten Energiestoffwechsel aufweist, wobei das sogenannte lipidomic remodelling (Koundouros und Poulogiannis, 2020), welches für maßgebliche Alterationen im Fettsäuremetabolismus sorgt, besonders interessant erscheint. Die Fettsäureoxidation sowie damit assoziierte Prozesse und Proteine sind als eine bedeutende Energiequelle in den Fokus der Forschung getreten. So auch der hoch-affine Carnitintransporter OCTN2 (SLC22A5), welcher essentiell für den Carnitinhaushalt und damit die β-Oxidation der Zelle ist. In der vorgelegten Arbeit wurde daher das komplexe OCTN2/L-Carnitin System in seiner Funktion als potenzielle pharmakologische Zielstruktur zur therapeutischen Intervention beim Glioblastom tiefergehend untersucht und vorhandenes Wissen weiter ausgebaut. Hierzu diente eine Vielzahl experimenteller Bedingungen und Methoden, um Teilcharakteristiken des Glioblastoms darzustellen und die Bedeutung des OCTN2/L-Carnitin System zu überprüfen.
Da in vorausgegangenen Studien eine erhöhte Expression von OCTN2 mit einem signifikant schlechteren Überleben von Patienten mit Glioblastom nachgewiesen werden konnte, wurden als weitere potentiell interessante Zielstrukturen der niedrig-affine Carnitintransporter OCTN1 (SLC22A4) sowie Komponenten der β-Oxidation (CPT1C, CRAT) in die Patientenanalysen eingeschlossen. Zwar konnte für OCTN1 eine signifikant erhöhte mRNA-Expression in den humanen Glioblastomproben festgestellt werden, diese war jedoch nicht mit dem Überleben der Patienten assoziiert. Auch CPT1C und CRAT zeigten sich nicht als relevante Zielstrukturen beim Glioblastom.
In den durchgeführten Zellkulturexperimenten mit humanen LN-18 und murinen GL261 Glioblastomzellen zeigten sich partiell signifikante Effekte auf die wachstumsfördernden Kinasen AKT1 und ERK1/2, deren Phosphorylierungsgrad durch L-Carnitin moduliert wurde und die damit möglicherweise an carnitinvermittelten Wirkungen beteiligt sein könnten. Auf die Zellviabilität und Zellvitalität ließen sich hemmende Wirkungen des OCTN2-Inhibitors Meldonium sowie des CPT1-Hemmstoffes Etomoxir nachweisen, welche teilweise durch die zusätzliche Gabe von L-Carnitin revertiert wurden. Hinsichtlich der durch Zytostatika (Doxorubicin, Carmustin, Vincristin und Temozolomid) induzierten Apoptose konnte L-Carnitin nur die durch Carmustin in niedriger Dosierung ausgelöste Caspase-3 Aktivierung verhindern. Ein durch L-Carnitin ausgelöster Effekt auf die Migration der Glioblastomzellen konnte nicht nachgewiesen werden, jedoch wurde die migratorische Aktivität durch die Zytostatika Temozolomid und Carmustin, sowie interessanterweise auch durch den CPT1-Inhibitor Etomoxir, beeinträchtigt.
Um die Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie gegen das OCTN2/L-Carnitin System präklinisch zu evaluieren, wurden tierexperimentelle Studien durchgeführt. Unter Verwendung eines orthotopen Glioblastommodelles der Maus konnte gezeigt werden, dass Etomoxir und Meldonium einen hemmenden Einfluss auf das in vivo Tumorwachstum besitzen, wobei dieser Effekt nur für den OCTN2-Inhibitor Meldonium signifikant ausfiel. In den OCTN2-defizienten jvs(-/-)-Mäusen konnte keine ausreichende Anzahl von Versuchstieren erreicht werden, um zuverlässige und finale Aussagen zu tätigen. In den heterozygoten jvs(+/-)-Mäusen, die zwar phänotypisch unauffällig sind, aber durch die geringere OCTN2 Ausstattung verminderte Carnitin-Gewebespiegel aufweisen, zeigte sich eine leichte, nicht signifikante Reduktion des intrazerebralen Tumorwachstums im Vergleich zu den C57BL/6-Wildtyp Mäusen.
Zusammenfassend wurde in der vorliegenden Arbeit das OCTN2/L-Carnitin System und seine Bedeutung für das Glioblastom umfassend dargelegt und experimentell überprüft. Als Endresultat dieser Studie können Etomoxir und Meldonium als Substanzen zur zielgerichteten Beeinflussung des Glioblastomwachstums angesehen werden und sollten in weiteren Versuchsreihen detailliert auf ihre Eignung für die Entwicklung neuer Therapieformen überprüft werden.