Doctoral Thesis
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Ziel: In dieser Studie wurde der Zusammenhang zwischen der Ober- und Unterkieferzahnbogenausdehnung in transversalen und longitudinalen Dimensionen und der fazialen Morphologie untersucht. Die differenzierte Merkmalsausprägung von Gesicht und Zahnbogen zwischen den männlichen und weiblichen Probanden fand ebenfalls Beachtung. Es wurden folgende fünf Hypothesen untersucht: (1): Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Oberkieferzahnbogenbreite und der Jochbogenbreite sowie der kranialen Breite. (2): Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Zahnbogenbreite im Unterkiefer und dem Interkondylarabstand. (3): Die Größe des Overjets wird durch die Zunahme der Zahnbogenbreite im Oberkiefer und/ oder durch die Abnahme der Zahnbogenbreite im Unterkiefer beeinflusst. (4): Die Ausprägung der Gesichtshöhe steht in einer positiven Relation zum Overbite. (5): Bei Männern sind die Dimensionen in der fazialen Morphologie sowie in der Ausdehnung der Zahnbögen stärker ausgeprägt als bei Frauen. Methode: Zur Untersuchung wurden von 70 Männern und 91 Frauen (Alter: 20-55Jahre) im Rahmen der Study of Health in Pomerania Ganzkörpermagnetresonanztomografieaufnahmen und Dentalmodelle von Ober- und Unterkiefer angefertigt und vermessen. Für die ersten 4 Hypothesen wurde mit linearen Regressionsmodellen gerechnet, die für Alter und Geschlecht adjustiert wurden. Die Hypothese 5 ließ sich mit der Berechnung der Mittelwerte und den zugehörigen Standardabweichungen anhand von Zweistichproben-t-Tests untersuchen. Ergebnisse: (1): Es wurde ein signifikanter positiver Zusammenhang zwischen der Jochbogenbreite sowie der kranialen Breite und allen gemessenen Distanzen der Zahnbogenbreite im Oberkiefer ersichtlich. Trend: Je weiter posterior die betrachtete Distanz liegt, desto mehr scheint sie von der Jochbogenbreite und der kranialen Weite beeinflusst zu werden. (2): Zwischen dem Interkondylarabstand und der Unterkieferzahnbogenbreite wurde mit wenigen Ausnahmen keine signifikante Relation deutlich. (3): Eine Verringerung der sagittalen Frontzahnstufe ging mit einer Zunahme der vorderen Oberkieferzahnbogenbreite einher. (4): Die Ausprägung der Overbites wurde von der unteren und totalen Gesichtshöhe signifikant negativ beeinflusst. (5): Alle Distanzen zur Beschreibung der Zahnbogen- und Gesichtsdimensionen prägten sich bei den männlichen Probanden signifikant größer aus als bei den Frauen (Ausnahmen: Zahnbogenlängen des Unterkiefers, Overbite, Overjet). Schlussfolgerung: Die Ergebnisse dieser Studie lassen auf einen möglichen gegenseitigen Einfluss von Zahnbogendimensionen und der Gesichtsmorphologie schließen. Besonders im Bereich der Kieferorthopädie und der ästhetischen Chirurgie kann das Wissen um solcher Zusammenhänge helfen die Notwendigkeit einer Behandlung einzustufen, den richtigen Zeitpunkt des Behandlungsbeginns sowie die Dauer der Behandlung zu bestimmen und mögliche Erfolge bereits vor Behandlungsbeginn abzuschätzen.
Die vorliegende Arbeit stellt eine genaue Methode zur Vermessung des Unterkiefers anhand von digitalen Volumentomogrammen vor und beantwortet Fragen nach der Quantifizierung vertikaler und transversaler Dimensionen teilbezahnter bzw. zahnloser Unterkiefer. Es wird dargestellt, welches Knochenangebot atrophierte Unterkiefer aufweisen, um die Indikationsstellung für die funktionelle Rehabilitation durch dentale Implantate zu präzisieren.
Dafür wurden 68 Patienten aus 715 DVT-Datensätzen, die zwischen 2008 und 2014 in einer kieferchirurgischen Praxis in Zwickau/Sachsen angefertigt wurden, nach entsprechenden Kriterien ausgewählt. Es erfolgte eine Einteilung in zwei Untersuchungsgruppen, sodass einer Gruppe bestehend aus 43 im Unterkiefer zahnlosen Patienten (Alter ca. 69,8 Jahre) einer zweiten Gruppe von 25 Patienten (Alter ca. 62,8 Jahre) mit anteriorem Restgebiss gegenübergestellt werden konnte. Jedes DVT wurde durch eine standardisierte Methode zunächst dreidimensional ausgerichtet und dann an sechs Seitenzahn- sowie fünf Frontzahnpositonen in zwei vertikalen und drei bzw. fünf horizontalen Strecken vermessen. Zur Bestimmung des methodischen Messfehlers wurden fünf DVT-Datensätze dreifach vermessen und entstandene Messdifferenzen ausgewertet.
Ein nicht signifikanter durchschnittlicher Altersunterschied von ca. fünf Jahren trennt Gruppe 1 und Gruppe 2. Die Anzahl von Frauen überwiegt in beiden Gruppen. Die Knochenhöhe ist im seitlichen Frontzahnbereich zahnloser Patienten mit ca. 23 ± 1 mm am größten und die kaudale Kortikalis durchschnittlich 4,1 mm dick. In der Unterkiefermitte ist sie mit 6,2 mm 50% stärker. Nach distal fällt die Unterkieferhöhe kontinuierlich zur Position des ersten Molaren ab. Die Angulation der maximalen kranio- kaudalen Ausdehnung bewegt sich durchschnittlich zwischen 11° und 19° gegenüber der Axialachse und entspricht damit der von den Implantatherstellern vorgesehenen Standard-Sekundärteilen. Patienten mit anteriorem Restgebiss weisen in allen Messpositionen des Seitenzahnbereichs ca. 5,2 mm signifikant mehr Knochenhöhe auf als zahnlose Patienten. In allen Messungen beider Gruppen kann signifikant weniger Knochenhöhe bei Frauen als bei Männern festgestellt werden, dabei beträgt die Differenz durchschnittlich 2,2 mm. Es wird gezeigt, dass im Frontzahnbereich die Unterkieferbreite und im Seitenzahnbereich die Unterkieferhöhe reduziert ist.
Den Ergebnissen dieser Arbeit zufolge kann durch Ausnutzen von 75 % der kaudalen Kortikalis im Frontzahnbereich deutlich häufiger implantiert werden. Bezogen auf die einzelnen Messpositionen können 25 % mehr Miniimplantate (Ø 2,1 mm) und 21 % mehr Standardimplantate (Ø 4,1 mm) inseriert werden. Sieben von 43 Patienten, bei denen eine Versorgung mit zwei interforaminalen Implantaten angestrebt wird, profitieren von einer bikortikalen Verankerung, da ansonsten ihr Knochenangebot für eine monokortikale Implantation nicht ausreicht. Weiterhin kann durch die bikortikale Verankerung bei 20 statt nur sieben von 43 zahnlosen Patienten die prothetische Versorgung auf vier interforaminalen Ø 4,1 mm Standardimplantaten realisiert werden. Das entspricht in dieser Studie 30 % mehr Patienten, die mit Implantaten versorgt werden können.
Der therapeutische Nutzen der bikortikalen Verankerung ist zum einen die Möglichkeit der Verwendung längerer Implantate, zum anderen die Erweiterung der Indikation der Versorgung mit Implantaten bei reduziertem Knochenangebot. Bei der Analyse des Knochenangebotes im Seitenzahnbereich wird dargestellt, dass kurze Implantate mit einer Länge von unter 8 mm im Vergleich zu einer Länge von 10 mm zwei bis drei Mal bzw. bei ultrakurzen Implantaten (Länge 4 mm) sogar vier Mal so oft gesetzt werden können. Grundsätzlich gilt: Je kürzer das Implantat, umso häufiger kann es inseriert werden. Eine bikortikale Implantation im Seitenzahnbereich ist nur in Ausnahmefällen, d.h. bei ausreichendem Knochenangebot lateral des Canalis mandibulae, möglich. Auch hier wird mit der vorgelegten Arbeit gezeigt, dass dieser Platz vestibulär zu 7 % (zahnlose Unterkiefer) bzw. zu 18 % (Unterkiefer mit anteriorem Restgebiss) breiter als 6 mm ist.
In der vorliegenden Studie wird eine reproduzierbare Methode vorgestellt, deren Messfehler unter Einsatz von softwarebasierten Werkzeugen der Längen- und Winkelmessung mit den Werten vorheriger Studien zur Genauigkeit der DVT korreliert. Angesichts der hohen Anzahl an zahnlosen Patienten, die nur durch die bikortikale Verankerung mit Implantaten versorgt werden können, sind weitere klinische Studien zum Langzeiterfolg erforderlich. Ferner sollten die genauen biomechanischen Auswirkungen der bikortikalen Verankerung verschiedener Implantatsysteme im Unterkiefer untersucht werden. Durch die wachsende klinische Bedeutung kurzer bzw. ultrakurzer Implantaten im atrophierten Unterkiefer-Seitenzahnbereich sind Langzeitstudien notwendig, um die Ergebnisse der bisherigen, maximal fünf Jahre umfassenden Beobachtungen erneut einschätzen, Komplikationen und Limitationen abwägen und verlässliche Aussagen zur Erfolgsrate treffen zu können.